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Ausstellungen

Sündenböcke, Weibsbilder & Visionen

Der KulturSommer am Kanal ist auch ein Festival der Bildenden Künstler, die in der Zeit vom 15. Juni bis 15. Juli mit ihren offenen Ateliers und Ausstellungen locken. Mit dabei sind unter anderem Monika Scheer (Breitenfelde), Jürgen L. Neumann (Büchen) und eine Gruppe von Grambeker Künstlern. Sie alle hat Eva Albrecht für Kultursommer-am-Kanal.de am vergangenen Wochenende besucht. Hier ihr Bericht:

„In Grambek haben die ansässigen Künstler und Kreativen im Dorfgemeinschaftshaus einen wahren Fundus an Schöpferischem versammelt. Gleich am Eingang stehen vier Papiermachébüsten Parade: ein gekrönter Butt, Paula Moderssohn-Becker, Frida Kahlo, Pablo Picasso. Stephanie Buller hat sie mit erfahrener Hand kreiert. Sie modelliert seit 20 Jahren und beliefert inzwischen als Spezialistin auch Geschäfte.

Ein feuriges Weibsbild von Tatjana Switala-Schütthof beherrscht die Ecke. „Visionen“ nennt die Kunsttherapeutin das energiegeladene Selbstbild einer Frau. „Birken“ sind ihre Nachbarn – eine Spiegelung von Bäumen, Licht und Wasser am Kanal. Britta Friesicke hat Natur und Landschaft mit der Kamera unaufgeregt in den Fokus genommen: klar, ungekünstelt und mit entschiedenem Blick für das heimatlich Schöne. Sichtlich handfester, doch alles andere als grob sind die Objekte von Bruno Kluß. Seine Plastiken aus bearbeitetem altem Holz und Schmiedeeisen bestechen durch schnörkellose Formen und starke Symbolik.

Weiter geht es zu Jürgen L. Neumann nach Büchen. Der Maler und Grafiker ist seit Jahrzehnten als Freiberufler schöpferisch tätig. ‚Ich stehe auf den Schultern der Klassiker und werde zunehmend satirisch‘, sagt er über sich selbst. Sein Atelier umfasst das ganze Haus. Man taucht ein in ein Meer leuchtender Farben und Formen. Es wimmelt von großen Ölbildern, Farbzeichnungen und Aquarellen, dazwischen Linolschnitte, Holzreliefs, Tiermasken, prägnanten Sägefiguren und Skizzenbüchern. Künstliche Intelligenz, Tiere, Tundra und Terraner sind seine Themen, von denen der Maler beeindruckend erzählen kann. Neumann schöpft auch aus Eindrücken, die er in vielen Ländern aufgesogen hat. Ganz besonders auf dem afrikanischen Kontinent. Dessen Farbfreude prägt seine künstlerische Handschrift nicht weniger als der kubistische Touch.

Die nächste Station der Reise ist das Atelier von Monika Scheer – auch sie ist Profi. Seit 55 Jahren malt sie, fast genauso lange arbeitet sie schon als Kunsttherapeutin und -dozentin. An den Wänden hängen mehrere Schichten Gemälde. Riesige Emus beäugen einen unfertigen „alten Meister“ (Menzel), den die Künstlerin gerade kopiert – zum Lernen. Davor stemmen drei bunte „Sündenböcke“ aus Papiermaché ihre Beine in den Gang: Schuldträger für Verbocktes – Schuld, die wir lieber einem anderem zuschieben, als dass wir uns unserem Anteil an einer Misere zuwenden.

Scheer schickt ihren Arbeiten oft intensive Recherchen und Denkprozesse voraus. Besonders, wenn sie unbewusste Phänomene und deren Kräfte sichtbar machen will, wie etwa bei der „Kränkung“ durch übergreifende Silhouetten. Monika Scheer lässt für ihr Schaffen und ihre Schüler keinerlei Beschränkung gelten: „Man soll malen, was Freude macht“, sagt sie. Dazu will sie Mut machen.“