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„Der Weg nach Bethlehem I“

Lothar Obst ist nicht nur in der antiken Geschichte bewandert, er ist auch ein Kenner des Neuen Testaments. Zuletzt hat er sich aus der Perspektive des Historikers intensiv mit diversen Fragen rund um die Geburt Christi befasst. Im Folgenden widmet er sich Bethlehem und Nazareth und der Reisezeit zwischen den beiden Orten zur Geburt Christi. Kulturportal-Herzogtum.de veröffentlicht den Text in mehreren Abschnitten. Darüber hinaus erscheint am Montag (21. Dezember) ein Podcast mit Obst, in dem er sich der Frage widmet, seit wann Christen Weihnachten feiern.

„Und du, Bethlehem Ephratha, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist“ – so weissagt der Prophet Micha den Geburtsort Christi (Mi 5,1), den wir sodann bei Matthäus (Mt 2,1 und 2,5-6) und Lukas wiederfinden, indem letzterer über den Weg Josephs und Mariens von Nazareth nach Bethlehem schreibt: „Da machte sich auf auch Joseph aus Galiäa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum, dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger“, vgl. Lk 2,4-5.

Bethlehem oder „Beth Lahm“, wie der Ort im Hebräischen zur Zeit Christi Geburt hieß, liegt knapp 8 Kilometer südlich von Jerusalem und ist heute mit seinen rund 30.000 Einwohnern zu einem Vorort der Hauptstadt angewachsen. Vor 2000 Jahren umfasste der Ort vielleicht maximal gerade einmal 30 bis 40 Häuser, die zweigeschossig ausgeführt waren und im Erdgeschoss das Vieh beherbergten, während im Obergeschoss die Großfamilie über mehrere Generationen in einer Einraum-Wohnung lebte, nicht selten mehr als zehn Personen zusammen. Jedes der Häuser war mit einer Mauer umgeben, eine zusätzliche Mauer umgab noch mal den ganzen Ort, der nur über zwei Tore betreten bzw. verlassen werden konnte. Das Tor im Norden führte nach Jerusalem, das Südtor in das kleine, etwa drei Kilometer entfernte Dorf Beit Sahur (s.u. Geburtsort Davids). So wird Beth Lahm wohl rund 500 Einwohner gehabt haben und war damit in etwa genauso groß wie Nazareth. Der Name wird hebräisch mit „Haus des Brotes“ übersetzt, der Beiname „Ephratha“ dient zur Unterscheidung eines gleichnamigen Ortes in Galiläa. Es war eine fruchtbare Stadt, die Landwirtschaft war ertragreich und neben Feldfrüchten herrschten vor allem die Viehwirtschaft und der Weinbau vor.

Und es war vor allem eine sehr alte Stadt. Hier war in Beit Sahur 1000 Jahre vor Christus nach dem 1. Buch Samuel David, der erste wahre König Israels, geboren worden, den Gott aus dem Hirtenstand zum König Israels erwählte und zu einem der bedeutendsten Herrscher erhob, auf den sein noch berühmterer Sohn Salomon folgte (1 Sam 16,1). Aber die Stadt ist noch viel älter und taucht bereits im Buch Genesis auf. Jakob begrub nördlich von Bethlehem seine verstorbene Frau Rahel an der Straße nach Ephratha („Und als ich aus Mesopotamien kam, starb mir Rahel im Land Kanaan auf der Reise, als noch eine Strecke Weges war nach Ephratha, und ich begrub sie dort an dem Wege nach Ephratha, das nun Bethlehem heißt“, 1 Mose 48,7 und 35,19). Aus Bethlehem heraus eroberte David „Urusalaim“, das spätere Jerusalem, in dem der Tempel des Herrn unter König Salomon entstand und dessen Berg Zion die Königsburg trug. Mit dem Lukas-Bericht schließt sich dieser bedeutungsvolle historische Zusammenhang, in dem der Zimmermann Joseph, ein sesshafter Bürger der noch relativ jungen Stadt Nazareth, gemeinsam mit seiner Angetrauten Maria vom hügeligen Galiläa in die alte Königsstadt Bethlehem reist, „darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war“.

Nazareth und Bethlehem liegen ungefähr 160-170 Autokilometer voneinander entfernt. Das entspricht ungefähr der Strecke von Mölln nach Heide in Dithmarschen oder nach Schleswig, wenn man von hier nach Norden fährt, nach Celle im Süden, nach Ribnitz-Damgarten im Osten oder Bremen im Westen. Eine Strecke, die Maria und Joseph zu Fuß zurücklegten und dafür ungefähr 10 Tage, mit Ruhetagen vielleicht 13-14 Tage brauchten (s.u.).

Zwischen Galiläa und Judäa treffen wir auf eine reiche topografische Abwechselung: Im Westen die Küste des Mittelmeeres, im Osten die Jordan-Senke und südlich der Oase Jericho das Tote Meer mit dem tiefsten Punkt der Erde (400 m unter Meereshöhe), dazwischen ein gestaffeltes Gebirge mit bis zu 800 m Höhe. Während Galiläa im Norden mit seinen wilden sog. Haufenbergen sehr hügelig ist, gleitet dagegen die Landschaft im südlichen Judäa in eine ruhige Ebene aus.

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Aus der Stiftung Nördlich der A24

Empfang der Stiftung Herzogtum Lauenburg schließt

Wegen des Lockdowns ist der Empfang der Stiftung Herzogtum Lauenburg im Möllner Stadthauptmannshof ab Mittwoch, 16. Dezember, geschlossen. Dementsprechend ist auch ein Weihnachtsbummel zugunsten Lauenburgischer Künstlerinnen und Künstler in der Remise nicht mehr möglich.

Die Stiftung hatte Anfang Dezember in Kooperation mit dem MARKT-Verlag die Weihnachtsaktion „Lauenburgische Kunst verschenken“ auf den Weg gebracht. Dafür hatten Kulturschaffende aus der Region eine Auswahl ihrer Arbeiten in der Remise für den Verkauf ausgestellt.

Um die Künstlerinnen und Künstler weiterhin zu unterstützen, plant die Stiftung Herzogtum Lauenburg, den Verkauf im neuen Jahr fortzusetzen. Voraussetzung dafür ist allerdings die Aufhebung des harten Lockdowns.

Angebotsübersichten finden Interessierte weiterhin unter www.kulturportal-herzogtum.de sowie unter www.stiftung-herzogtum.de. Unabhängig vom Verkauf in der Remise bieten einige Künstlerinnen und Künstler ihre Werke online an.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/12/14/wo-ist-loors-weihnachstfilm-fuer-kinder-stiftung-herzogtum-lauenburg/
https://kulturportal-herzogtum.de/2020/12/14/stille-corona-weihnachten-kantor-thimo-neumann-moelln/

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Inge Pusback liest…

Geschichten kann man ja ohnehin nie genug bekommen. Wenn sie dann noch auf dem Silbertablett serviert werden, umso besser. Kulturportal-Herzogtum.de freut sich, dass sich die Plattdeutschbeauftragte Inge Pusback vors Mikro gesetzt hat. Das Ergebnis sind drei Storys op Platt, die es nun in der Adventszeit zu hören gibt. Zum Start liest Inge Pusback „De plietsche Ganther“ von Inge Rohwer. Zu dieser Geschichte geht es hier.

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„Wi künnt ok anners“

Keine Konzerte, keine Vorträge, keine Lesungen– das Zentrum für Niederdeutsch in Holstein (ZfN) hat wegen der Covid-19-Pandemie für die kommenden Wochen sämtliche Veranstaltungen abgesagt. Immerhin: Damit die Kultur der Heimat nicht vollkommen zum Erliegen kommt, hat das ZfN die „Wi künnt ok anners – Platt ut Holsteen“ gestartet. Darin werden plattdüütsche Institutionen, Akteure, Theatergruppen und mehr vorgestellt. Den Auftakt bildet ein Interview mit Klaus Schlie, Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages.

Darin betont Schlie unter anderem die Bedeutung, die das Niederdeutsche für ihn ganz persönlich hat. Zum Interview geht es hier.

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„Ihr werdet euch ärgern, wenn ihr das nicht abgebt!“

Während die Ausbreitung von Covid-19 kurz vor Weihnachten die Debatte um schärfere Maßnahmen befeuert, hat Dr. Anke Mührenberg schon die Zukunft im Visier. Die amtierende Kreisarchivarin – die promovierte Volkskundlerin übernimmt im neuen Jahr die Leitung des Kreismuseums und des A. Paul-Weber-Hauses – sammelt aussagekräftige Dokumente, die nachfolgenden Generationen ermöglichen sollen, sich ein Bild von dieser Zeit zu machen. Ein aufwändiges und anspruchsvolles Unterfangen, wie sich im Interview mit Kulturportal-Herzogtum.de zeigt.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Dr. Mührenberg, noch während der ersten Covid-19-Welle haben Sie die Menschen aufgefordert, Ihnen Dokumente aus dieser Zeit zur Verfügung zu stellen. Warum?

Dr. Anke Mührenberg: Weil ich finde, dass es etwas ganz Besonderes ist, was da auf uns zugerollt ist. Insofern ist es wichtig, dass wir auch die Zeitdokumente sammeln. Es ist ja so: Wenn ich in zehn Jahren nach Corona frage, dann hat keiner mehr irgendwas. Deshalb ist es für uns Archivare wichtig, dass wir gleich sagen – Leute gebt uns etwas ab, wenn ihr etwas habt! Wir dachten ja auch nach der ersten Welle im Frühjahr, so jetzt ist es vorbei.

KP: Das scheint mir ein neuzeitliches Phänomen zu sein. Zumindest wenn ich an frühere Epidemien denke. Da haben die Behörden Verordnungen erlassen und die Toten gezählt. Das kollektive Gedächtnis spielte eine untergeordnete Rolle…

Mührenberg: Das würde ich so nicht sagen. Es ist damals einfach nur viel weniger angefallen, als wir heute haben. Wir produzieren heute viel, viel mehr – ob nun auf Papier oder digital. Die Verordnungen, die ausgegeben wurden, sind auch damals schon abgelegt worden. Wenn man gesagt hat: So man sperrt jetzt die Grenzen, weil da die Pest ausgebrochen ist, aus dem und dem Ort dürfen die Leute nicht mehr ins Lauenburgische kommen. Diese Verordnungen haben wir hier auch. Natürlich ist da nicht mit dem Hinblick gesammelt worden, wie ich das jetzt mache. Ich gucke in die Zukunft und ich sage: In zehn Jahren werdet ihr euch ärgern, wenn ihr das nicht abgebt. Dann guckt ihr euch das Foto an und fragt euch: Warum trage ich da eine Maske?

KP: Die Maske – das verräterische „Accessoire“…

Mührenberg: Wir werden jedes Foto aus dem Jahr 2020, voraussichtlich auch noch aus dem Jahr 2021 sehr gut identifizieren können. Weil die Masse die Maske trägt. Gerade die Kinder, die jetzt in der Kita sind und noch gar nicht richtig verstehen, werden als Teenager oder junge Erwachsene fragen: Wie ist das damals gelaufen? Die werden gucken, gibt es da noch Bilder? Was hat da in der Zeitung gestanden?

KP: Ist Ihr Vorgehen heute Usus in den Archiven? Oder ist es etwas Besonderes?

Mührenberg: Das gab es schon einmal und zwar in den Zeiten der Industrialisierung. Im 19. Jahrhundert sind zum Beispiel die Heimatmuseen entstanden. Die Leute, die sich damals für die Geschichte interessierten, sagten: Die Welt ändert sich so schnell, wir müssen das bewahren, was wir hier von alt hergebracht kennen, sonst geht es verloren. Wir in den Archiven machen das eigentlich schon seit einigen Jahrzehnten, dass wir auch zeitdokumentarisch sammeln. Das wird uns in unserer Ausbildung mitgegeben. Auch die Tageszeitung sammeln wir und zum Beispiel Plakate oder Veranstaltungsflyer. Das machen wir schon sehr lange. Es hat bislang nur niemand so richtig wahrgenommen. Die Bevölkerung aufgerufen haben wir im Kreisarchiv in dieser Hinsicht das erste Mal bei Corona. Die meisten sagen sonst: Mein Plakat kommt in den Müll. Das interessiert niemanden mehr. Wo ich sage – doch, doch uns Archive interessiert das schon sehr.

KP: Das ist für mich der Punkt: Das ist so ein besonderes Ereignis und die Menschen sind darin gefangen. Dann fällt eigentlich erst einmal alles hinten runter. Als Mensch ist man da in seinem Tunnel. Ich habe eben gefragt, ob dieses Sammeln parallel zum Ereignis heute Usus ist. Was sagt das eigentlich über uns als Gesellschaft aus?

Mührenberg: Na ja – was sagt das über unsere Gesellschaft? Das Sammeln ist für das Archiv ja eine gesetzlich verpflichtende Aufgabe. Entstanden 1945 und 1989 durch die zwei Diktaturen, in denen man Akten vernichtet hat. Daraus sind unsere Archivgesetze entstanden. Das darf man auch nicht aus dem Blick verlieren. Und wenn man die Menschen dann mitnimmt, ist das Ok. Es ist ja nicht so, dass die Gesellschaft zu mir kommt oder die Bevölkerung sagt: Ich gebe das hier ab, ohne dass ich etwas sage, sondern sie müssen schon von mir den Zuspruch bekommen oder die Aufforderung und das dann auch bei mir abgeben. Ich denke auch, dass man verstanden hat, dass es aufbewahrenswert ist. Die Menschen gehen ja gerne in Museen und gucken sich das noch mal an. Sie nutzen die Archive. Wir haben unheimlich viele Nutzer hier, die keinen wissenschaftlichen Hintergrund haben. Diese Menschen kommen einfach und gucken und suchen. Irgendwas, was vor 50 oder 60 Jahren passiert ist.

KP: Das ist die Erklärung aus der Perspektive der Verwaltung. Wenn man weiß, dass Menschen andernorts womöglich auf mündliche Überlieferung angewiesen sind, ist das schon etwas Besonderes, dass man das so angehen kann. Was sagt das über uns aus?

Mührenberg: Dass wir im Wohlstand leben. Dasswir in einem gewissen Überfluss leben. Das finde ich bei der Sache noch gar nicht so prägnant. Das fällt mir eher auf, wenn ich an die Fotos denke – an die Digitalfotografie. Jeder kann mit seinem Handy, mit seinem Tablet, mit seiner Digitalkamera – die meisten benutzen ja ihr Handy – fotografieren. Da macht einer 1.000 Fotos. Vor 20 Jahren hatten wir noch den 36er Film. Das ist für mich eine interessante Sache, weil man geguckt hat: Was nehme ich auf? Heute wird wild umhergeknipst und keiner weiß, was das eigentlich abbildet. Wir leben  natürlich in einer ganz anderen Gesellschaft als eine Gesellschaft, die sich nur mündlich austauscht oder nicht viel besitzt.

KP: Wie haben die Menschen auf Ihren Aufruf reagiert?

Mührenberg: Zuerst ein bisschen verhalten. Ich glaube auch, weil die Menschen wirklich noch so sehr drinsteckten. Das war ja noch zur Zeit des ersten Lockdowns, wo es wirklich total still war und alle im Homeoffice waren, wo die Geschäfte geschlossen waren, wo sich kaum einer raustraute. Ich beobachtete das, wenn ich hier saß. Ich bekam dann Fotos digital zugeschickt mit den Geschichten dazu. Im Sommer hatte ich hier das Fenster auf. Da lag dann irgendwann ein Brief. Da ging es um eine Familie, die ihre Mutter geholt hat, um sie bei sich zu haben und sie zu schützen. Andere haben von ihrem Corona-Test berichtet. Ein Lehrer hat, bevor die Schule wieder losging, nach den Sommerferien wirklich alles fotografiert – die Einbahnstraßenregelung oder dass die Kinder sich desinfizieren sollen. Wenn die Schüler irgendwann erwachsen sind, können sie sich nochmal zurückerinnern. Das eigene Gedächtnis spielt uns ja oft einen Streich.

KP: In der Tat. Waren denn auch viel Papierdokumente dabei?

Mührenberg: Tatsächlich ist es mehr Papier.

KP: Müssen Sie das alles scannen?

Mührenberg: Die Fotos mit Sicherheit. Wir haben die Vorgabe, dass Karten, Pläne und Fotos irgendwann digital vorliegen. Bei den Akten werden wir gucken, was wir digitalisieren. Die Kreistagsprotokolle ab den 70er Jahren sind ja zum Beispiel schon digital im Netz zu einzusehen. Aber wir werden niemals die Akten aus dem 16. Jahrhundert bis heute digitalisieren. Das ist finanziell auch nicht machbar.

KP: Besteht nicht grundsätzlich die Gefahr des Overkills – dass man schlicht zu viele Zeugnisse hat?

Mührenberg: Wir übernehmen ja nicht alles, was wir angeboten kriegen. Wir sind zwar angehalten Sammlungen wie zu ‚Corona‘ aufzubauen. Da redet man aber vorab mit den Leuten. Wenn man einen Nachlass angeboten bekommt, fragt man sich: Ist das wichtig für den Kreis, das aufzuheben? Wenn man ‚nein‘ sagt, kommt der gar nicht hierher. Wenn ich die Akten aus der Verwaltung herbekomme, dann gibt es die ganz normale Anbietungspflicht, die die Mitarbeiter der Kreisverwaltung mir gegenüber haben. Davon übernehme ich aber höchstens 10 Prozent. Da miste ich schon aus. Das ist das sogenannte Bewerten. Es gibt gewisse Sachen, die muss ich aufnehmen. Das sind die Protokolle von allen Sitzungen und Rechtssachen, das ist ganz klar. Es gibt aber Bestände, wo ich nur jede zehnte Akte aufhebe. Das wird digital genauso sein. Da muss man gewisse Abläufe generieren. Zum Beispiel was wirklich zu mir ins Archiv kommt und welche Dokumente schon auf dem Weg gelöscht werden. Da sind wir gerade dabei, zu klären, wie das Ganze dann ablaufen soll.

KP: Besteht nicht die Gefahr, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht?

Mührenberg: Nein, da gibt es ja ganz klare Bewertungskriterien.

KP: Ich meine nur, dass man es heute womöglich wegen der vielen Quellen schwerer hat, wenn man sich als Historiker oder Archivar ein Bild machen möchte…

Mührenberg: Mit Sicherheit. Die Digitalisierung macht es schwerer. Heute hat man manchmal irgendwo tausende Fotos auf einem Speichermedium. Da kommen wir gar nicht mehr hinterher. Das ist für uns schwieriger als früher, wenn wir das Fotoalbum von Opa Ernst bekommen haben. Da wussten wir, das ist in Lanken aufgenommen worden und das können wir so archivieren. Wenn man einen Chip mit 1.500 Fotos bekommt, ist da weitaus mehr Arbeit. Da muss man dann gucken: Macht man das wirklich? Da geht auch viel verloren. Das ist generell mit der Digitalisierung so. Wenn ich mir überlege, ich habe immer noch die Briefe meiner lieben Freundin Conny. Im Leistungskurs haben wir uns unter der Bank immer geschrieben. Die Briefe haben wir aufbewahrt und ich habe ihr ihre zum 40. Geburtstag eingescannt. Sie hat mir ihre gegeben. Die haben wir wirklich komplett. Wenn wir heute daran denken, wie die Jugendlichen über Whatsapp kommunizieren – das ist weg. Das wird nicht mehr aufbewahrt. Die SMSen werden irgendwann gelöscht. Das ist das Problem, dass wir da eine gewisse Jugendkultur nicht mehr abbilden können.

KP: Das bedeutet: Sie schauen, was habe ich für Quellen? Was kann ich da rauslesen? Sind das gute Quellen? Sind das zu viele? Meine These war: Je mehr Quellen es werden, desto schwieriger kann die Interpretation sein. Jetzt haben Sie ein Beispiel gegeben, das man womöglich zu wenig hat…

Mührenberg: Das ist beidseitig eine Gefahr. Man kann tatsächlich viel zu viel Fotos haben. Andererseits ist so etwas heute schnell weg, weil es digital ist. Papier ist immer noch geduldiger.

KP: Ich möchte noch einmal, auf die grassierende Covid-19-Pandemie zu sprechen kommen. Haben Sie – verglichen mit anderen Regionen – irgendwelche Besonderheiten im Kreis ausmachen können?

Mührenberg: Die Besonderheit sehe ich, wenn ich an die Grenzlage zu Mecklenburg denke. 30 Jahre nach der Grenzöffnung hatten wir plötzlich wieder eine Grenze. Das ist für diejenigen, die gependelt sind und für den kleinen Grenzverkehr – wenn ich an Klein-Zecher, Seedorf und Zarrentin denke – natürlich schwierig. Ich weiß nicht, wie es in anderen Grenzregionen war. Aber da hat sich absurderweise die Geschichte wiederholt.

KP: Ich bin während des ersten Lockdowns illegal über die Grenze in Klein-Zecher und habe erst hinterher von jemanden gehört, dass das verboten war. Ich war mit dem Fahrrad unterwegs. Da hat mich niemand angehalten.

Mührenberg: Ostern stand die Polizei vor Zarrentin und hat niemanden mehr durchgelassen. Ich bin ja auch Grenzgänger. Ich habe mir einen Dienstausweis geholt, damit ich hin- und herfahren durfte. Das war schon sehr speziell mit Mecklenburg.

KP: Grenzwertig im wahrsten Sinne des Wortes.

Mührenberg: Man dachte ja, dass so etwas nie wieder passiert. Wenn jetzt auch unter anderen Vorzeichen…

KP: Frau Mührenberg, ich danke für das Gespräch.

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Kurz notiert – unterwegs im Nordkreis

Adventssingen: Markus Schell singt – der Kirchenmusiker hat ein Video aufgenommen, mit dem er die Menschen zum Mitsingen animieren möchte. Anlass ist das für die Adventssonntage in Kuddewörde und Basthorst geplante Adventssingen, das wegen der Pandemie entfallen muss. Weitere Infos gibt es unter www.kirche-kuddewoerde.de. Zum Video geht es hier.

Adventszeit: Adventszeit bei Kulturzeit – Weihnachtliches gibt es am Sonntag, 13. Dezember, bei der Sendung aus Ratzeburg zu hören. Zum dritten Advent dürfen sich die Zuhörer auf Gedichte, Geschichten und Musik rund um das Fest freuen. Die Sendung wird am Dienstag, 15. Dezember, um 17 Uhr wiederholt. Zu empfangen ist Kulturzeit auf der Frequenz 98,8 MHz (106,5 Kabel) und als Direktsendung im Internet unter www.okluebeck.de.

Auszeit: Die Tourist-Information im Ratzeburger Rathaus ist vom 23. bis zum 31. Dezember geschlossen. Wegen der Feiertage können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gäste und Bürger erst ab Montag, 4. Januar, wieder willkommen heißen.

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Pop up-Art in der Möllner City

Mit „Pop up-Art“ ist eine weitere Weihnachtsaktion der Stiftung Herzogtum Lauenburg zugunsten von Künstlerinnen und Künstlern der Region angelaufen. Für Besucher der Möllner Innenstadt ist es die Gelegenheit, den Geschenkebummel mit einer Kunstschau oder gar einem Kunstkauf zu verbinden. Möglich wurde die Aktion durch Kooperationsbereitschaft des Citymanagements und der Geschäftsleute.

Im Reisebüro Schlien am Wasserkrüger Weg 2 präsentiert in diesen Tagen die Malerin Sabine Stecker eine Auswahl ihrer Werke. Dazu zählen neben abstrakten Werken in Öl auch Kreidezeichnungen. Wer sich darüber hinaus für die Arbeit von Sabine Stecker interessiert, findet ihr Atelier am Klopstockweg 5 in 19246 Stintenburg  (Zarrentin am Schaalsee). Termine nach Vereinbarung unter Tel. 0174-4769373 oder per Mail unter mail@stecker-kunst.de. Weitere Infos unter www.stecker-kunst.de.

In der DB Reiseagentur am Bahnhof, Grambeker Weg 1, macht Monika Basedau ab Donnerstag, 10. Dezember, Platz für Werke von Sonja Reiche. Die Malerin ist in dieser Woche am 10., 11. und 12. Dezember jeweils von 10 bis 18 Uhr vor Ort. Ansonsten kommen Interessierte montags und freitags mit ihr ins Gespräch. Sie können sich vom analytischen Blick und der präzisen Pinselführung der Malerin überzeugen. Die Bad Oldesloer Künstlerin arbeitet zum Teil mit scharfen Kontrasten, die sie für Karikaturen nutzt. Arbeiten wie das Bild „The ghost in you“ (Foto) sind bis zum 29. Januar in der DB Reiseagentur am Bahnhof zu sehen. Mehr Infos unter https://sonja-reiche.de/.

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Aus der Stiftung

Her mit euren Ideen!

Aus dem von der Pandemie wolkenverhangenen Himmel zurück ans Wasser: Unter dem Motto „Am Ufer – die Freiheit“ veranstaltet die Stiftung Herzogtum Lauenburg vom 5. Juni bis 5. Juli 2021 den 16. Kultursommer am Kanal. Für die laufende Programmplanung freuen sich Intendant Frank Düwel und Managerin Farina Klose über Anregungen und Ideen von den Kulturschaffenden im Kreis.

Fest steht bereits, dass der KulturSommer am Kanal 2021 in Büchen startet. Dort werden sich die Besucherinnen und Besucher mit dem Fahrrad auf eine Kunsterlebnis-Tour begeben. Zudem darf das Publikum sich erneut auf „Kunst am Wegesrand“ freuen. Nachgeholt wird die abgesagte Kanu-Wander-Theater-Aufführung von Shakespeares „Was ihr wollt“. Neu ist unter anderem die Open Air-Konzertreihe „Klanggärten“.

„Wir möchten im kommenden Jahr an möglichst vielen Orten im Kreis Kunst und Kultur anbieten“, sagt dazu Düwel. Unabhängig von der Pandemie arbeite man hart daran, den KulturSommer am Kanal weiterzuentwickeln. Gleichwohl spiele Covid-19 bei den Planungen für 2021 eine wichtige Rolle. „Hygiene und Abstandsregeln sind für uns die Grundlage eines erfolgreichen Festivals“, so der Intendant.

Anregungen und Ideen nimmt das KulturSommer-Team per Mail unter kultursommer@norden-theater.de entgegen. Redaktionsschluss ist der 28. Februar.

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„Die Wichtelmänner“

Anna Malten hat für die Stiftung Herzogtum Lauenburg das Märchen „Die Wichtelmänner“ aufgenommen. Die Geschichte des verarmten Schusters, der auf wundersame Weise zum wohlhabenden Mann wird, stammt aus der Feder der Gebrüder Grimm.

Die in Siebeneichen lebende Anna Malten ist ausgebildete Märchenerzählerin. Sie tritt mit ihrer Kunst regelmäßig – etwa beim KulturSommer am Kanal – auf.

Zum Podcast geht es hier.

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Umzug vom Markt zum Domhof

Anke Mührenberg ist ein heimatverbundener Mensch. Die Tatsache, dass sie ein Büro in Ratzeburg bezogen hat, ist ein Beleg dafür. Die Leiterin des Kreisarchivs, geboren in Lübeck, hätte auch in Karlsruhe bleiben können. Dort wertschätzte man ihre Arbeit, dort hatte sie 2001 ihre berufliche Karriere begonnen.

In der nordbadischen Stadt hatte die promovierte Volkskundlerin zunächst ein Volontariat im Museumsbereich absolviert und 2005 die Leitung des städtischen Pfinzgaumuseums übernommen. Lange sah es so aus, als wäre sie dorthin gekommen, um zu bleiben.

Doch die Heimat bekam sie nie so richtig aus dem Kopf. Ihr war klar: Irgendwann will ich zurück. Als Sprungbrett erwies sich ausgerechnet ihre neue Tätigkeit für die Stadt Karlsruhe. „Bei der Leitung des Pfinzgaumuseums handelte es sich um eine halbe Stelle“, sagt Mührenberg. „Die andere halbe Stelle betraf das Stadtarchiv. Die Museumsleitung hatte ich mit der Maßgabe bekommen, mich im Archivwesen weiterzubilden.“

Und so stellte sich Mührenberg nach dem Magisterstudium in Volkskunde, Geschichte und Osteuropäischer Geschichte und der Doktorarbeit über „Die kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse von Landarbeitern im Kreis Herzogtum Lauenburg“ der nächsten akademischen Herausforderung: Sie nahm ein Fernstudium für das Archivwesen auf. Mit Erfolg versteht sich, weshalb sie sich 2012 als Leiterin der Archivgemeinschaft Schwarzenbek im südlichen Kreis Herzogtum Lauenburg bewerben konnte. Wieder: Mit Erfolg.

2018 trat sie dann die Nachfolge von Cordula Bornefeld im Kreisarchiv an. Hier ist sie noch bis Ende des Jahres die Herrin über die Akten und Dokumente aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg. 2021 stellt sie sich dann einen neuen beruflichen Herausforderung: Ab Januar übernimmt sie die Leitung des Kreismuseums und des A. Paul-Weber-Hauses. Aufgaben, die das Herz der Volkskundlerin höher schlagen lassen. Und das Gute ist: Der neue Arbeitsplatz liegt nur wenige hundert Meter vom alten entfernt. Sie bleibt also in heimatlichen Gefilden.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/12/07/interview-kreisarchivarin-dr-muehrenberg-corona-lauenburg/