Das Grenzhus Schlagsdorf erinnert am 3. Juni 2023 an die Zwangsaussiedlungen an der innerdeutschen Grenze.
In zwei Aktionen, 1952 und 1961, müssen insgesamt über 11.000 Menschen aus dem Grenzsperrgebiet ihre Heimat verlassen. Sie gelten als politisch unzuverlässig und werden in das Innere der DDR zwangsumgesiedelt, müssen sich eine neue Existenz unter widrigen Umständen schaffen.
Wie kommt es dazu? 1952 liegt das Kriegsende erst sieben Jahre zurück. Deutschland ist geteilt, aber viele Menschen hofften noch auf eine Umkehr dieser Entwicklung. In der großen Weltpolitik ringen die Supermächte USA und Sowjetunion um Einfluss und Machtausbau. 1952 wird dabei zu einem Schlüsseljahr für Deutschland, denn die Sowjetunion scheitert mit ihrer Politik, die Westeinbindung der Bundesrepublik zu verhindern. Daraufhin befiehlt der sowjetische Diktator Stalin den DDR-Kommunisten im April 1952, beschleunigt das sowjetische Gesellschaftsmodell auf Ostdeutschland zu übertragen. Zum Maßnahmebündel gehört auch die Abriegelung der Grenze zur Bundesrepublik. Es wird das 5 km breite Sperrgebiet eingerichtet. Seine Einwohner werden registriert und überprüft. Der Zugang eingeschränkt und überwacht.
Volkspolizei, Staatssicherheit und SED-Funktionäre stellen Listen mit Personen zusammen, die zwangsausgesiedelt werden. Dazu gehört auch die Familie Steding aus dem kleinen Dorf Lankow, unmittelbar an der Demarkationslinie. Vater und Sohn mit ihren Familien müssen die Sachen innerhalb von 48 Stunden packen. Vorbereitete Laster bringen den Hausrat und die Menschen zum Bahnhof nach Schönberg. Zwei Tage sind sie unterwegs, bis sie in Grimmen ankommen. Dort werden sie auf umliegende Dörfer verteilt. Die jungen Stedings sollen in eine verfallene Wohnung einziehen und weigern sich. Sie bekommen eine Wohnung im Forsthaus. Später übernehmen sie eine Landwirtschaft. Doch in die alte Heimat dürfen sie bis 1990 nicht wieder zurück. 1976 fallen die letzten Häuser von Lankow der Grenzsicherung zum Opfer.
Erst seit 1990 können die Betroffenen offen über ihre Erfahrungen sprechen und es beginnt ein zähes Ringen um Wiedergutmachung. Die Vorträge auf dem Erinnerungstag in Schlagsdorf zeigen den Umfang der politischen Repression Anfang der 1950er Jahre in der DDR. Neben den Zwangsaussiedlungen im Grenzsperrgebiet, werden Bauernfamilien enteignet und umgesiedelt oder Hotel- und Pensionsbesitzer an der Ostseeküste enteignet. Die Gefängnisse sind völlig überfüllt, viele Menschen fliehen in den Westen. Wie erinnern wir uns heute an diese Ereignisse, ist eine weitere wichtige Fragestellung an diesem Tag, die auf dem Podium mit Zeitzeugen diskutiert wird. Am Schluss der Veranstaltung steht eine Gedenkveranstaltung auf dem Gedenk- und Lernpfad zum geschleiften Dorf Lankow auf dem Programm.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Weitere Informationen unter www.grenzhus.de
Eine Anmeldung ist über Telefon 038875/20326 oder per Email: info@grenzhus.de möglich.
Foto von einer Zwangsräumung 1961 in Tripkau/Elbe, Foto © Sammlung Kuno Karls.
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