Wolfgang Lehmann ist keiner, der aus seinem Herzen eine Mördergrube macht. Geht ihn etwas gegen den Strich, holt er die Bürste raus. „Ich trage meine Schnauze einen halben Meter vor mir her“, sagt der 68-Jährige über sich selbst.
Vermutlich braucht man diese Direktheit, wenn man wie er eine Art heimlicher Mr. KulturSommer ist und sich die Arbeit während der Festivalzeit verdichtet. Lange, umständliche Diskussionen sind da fehl am Platz. Zu viele Dinge, die – am besten schnell – zu tun sind und Dinge, von denen man noch gar nicht weiß, dass sie im nächsten Moment zu tun sein werden. Plötzlich bimmelt es und „Frank ruft an“ oder „ich bekomme eine Whatsapp von Daniela“. Frank, damit ist der KulturSommer-Intendant Frank Düwel gemeint und mit Daniela dessen Assistentin, Daniela Kiesewetter.
Anruf oder Whatsapp heißt in der Regel: Lehmann setzt sich ins Auto – um Kostüme für eine Aufführung abzuholen und an Ort und Stelle zu bringen. Oder die Darsteller zu ihrer Vorstellung zu fahren. Manchmal sitzt in diesen Tagen auch Intendant Düwel in seinem Wagen, der von Veranstaltung zu Veranstaltung eilt, um sich einzubringen oder auch nur zu schauen, wie die Dinge so laufen.
Sozusagen im Schnelldurchlauf erlebt Lehmann all das beim Kanu-Wander-Theater. Da ist er ab 9 Uhr am Start. „Standby“, wie er sagt, um dafür zu sorgen, dass es bei dieser aufwändigen Produktion nicht „irgendwann hängt oder kneift“. Lehmann packt mit an – etwa beim Aufhängen des legendären roten Vorhangs. Oder er verteilt noch mal auf die Schnelle Requisiten oder fährt Darsteller und Regisseurin Kerstin Steeb durch die Landschaft. Die Aufführung ist ein Marathon – nicht nur für die Schauspieler, die das Stück bei Wind und Wetter mehrfach durchziehen – auch für Lehmann. 13 Stunden dauert sein Kanu-Wander-Theater-Tag.
Der KulturSommer geht indes weiter und endet erst am 15. Juli mit dem „Blauen Montag“. Bis dahin steckt Lehmann im Festival-Mehrkampf: Fahren, schleppen, kassieren, Kaffee kochen, Bier ausschenken – was so alles an Dienstleistungen anfällt.
Wenn der KulturSommer 2019 vorbei ist, hat Lehmann das Dutzend als Helfer voll. Was bringt ihn dazu, auch 2020 wieder mit dabei zu sein? Es seien vor allem die Künstler, sagt er, es mache einfach Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Auch freue er sich über kleine Gesten der Anerkennung. Etwa wenn er zum Dank für seine ehrenamtliche Arbeit am Ende eine Flasche Whisky bekomme („Dann kann man so schlecht nicht gewesen sein.“).
Mehr braucht es nicht, um ihn zufriedenzustellen. Er sei keiner, der in der ersten Reihe stehen müsse, sagt Lehmann. Er drücke lieber „von hinten, damit gute Ideen auch umgesetzt werden“. Wichtig sei, dass man als Team funktioniere und man sich aufeinander verlassen könne.