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Nördlich der A24

Das Pandemiepuzzle

Corona, Covid-19, Lockdown, Shutdown, Impfstoff, Kontaktverbot, AHA-Regeln, Maskenpflicht, Homeoffice, Homeschooling, Triage – die Liste der Wörter, die aufgrund der Pandemie Eingang in die Alltagssprache gefunden haben, ist lang.

Corona, Covid-19, Lockdown, Shutdown, Impfstoff, Kontaktverbot, AHA-Regeln, Maskenpflicht, Homeoffice, Homeschooling, Triage – die Liste der Wörter, die aufgrund der Pandemie Eingang in die Alltagssprache gefunden haben, ist lang. Jedes für sich Teil eines Puzzles, das zusammengefügt das Bild einer verwundeten Gesellschaft ergibt.

Darin hat alles seinen Platz. All die Toten, die fern der Liebsten einsam gestorben sind. Die Ärzte, die Krankenschwestern, die Pfleger. Menschen, die bis zur Erschöpfung, ja, bis zum Umfallen ihren Dienst getan haben (und in diesem Augenblick immer noch tun). Die gestressten Lehrer, die gestressten Eltern, die Kinder, die Kulturschaffenden, die Einzelhändler, die Alten, die Obdachlosen. In diesem Gewimmel, in dem bisweilen das Chaos regiert und wo jeder für sich auf seine eigene Art mit dem Virus zu kämpfen hat, ist es schwer, den Überblick zu bewahren. Das Virus – dieses vermaledeite Virus – hat sämtliche Lebenswelten auf den Kopf gestellt. Seither liegen – wo immer man hinschaut – Anforderung, Herausforderung und Überforderung im permanenten Gefecht miteinander.

Puzzleteil für Puzzleteil formen sich Schicksale. Jedes für sich ein Schrei nach Verständnis, ein Flehen um Hilfe. Selbst die Coolsten und Erfahrensten auf dem sich abzeichnenden Bild starren mit offenem Mund in die Welt. Man sieht die Kanzlerin. Emotional. Die Ministerpräsidenten. Steuern und Umsteuern auf Sicht.

„Wir alle werden uns viel verzeihen müssen!“ Was wäre dieser Ausspruch Jens Spahns für ein ausgezeichneter Puzzletitel. Ein Satz wie ein Monument. Nur bleibt er leider unsichtbar im sich abzeichnenden Bild. Einsicht und Selbstkritik haben keine Konjunktur. Dafür drängen viele, allzu viele ins Bild, die meinen, recht zu haben. Jene etwa, die das Twittergewitter vor die Tür gelockt hat. Menschen, denen nichts ferner ist, als die Einsicht in die eigene Schwäche und Fehlbarkeit. Schulter an Schulter stehen sie. Auf engstem Raum. Vereint in einem Feldzug, der der keine Toten kennt. Leidend am Pippi Langstrumpf-Syndrom machen sie sich die Welt, wie sie ihnen gefällt.

Helge Berlinke