Renate Lefeldt lebt seit 17 Jahren in Geesthacht. Als Vertreterin der Grünen sitzt die pensionierte Lehrerin in diversen Ausschüssen der Geesthachter Ratsversammlung. Obendrein engagiert sie sich für einen kulturellen Aufbruch der Kommune an der Elbe. Lefeldt ist Mitbegründerin und Sprecherin der Gruppe „Geesthachter Kulturvisionen“. Eine von mehreren Mitstreiterinnen und Mitstreitern an ihrer Seite ist Gundel Wilhelm. Sie arbeitete, bis sie in den Ruhestand ging für die Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt (GKSS), heute Helmholtz-Zentrum. Wilhelm zog vor 55 Jahren nach Geesthacht. Das Kulturportal unterhielt sich mit beiden Frauen über die Ziele ihrer Gruppe.
Kulturportal: Frau Lefeldt, wie kam es überhaupt zur Gründung der Gruppe?
Renate Lefeldt: Da muss ich ein wenig ausholen. Während des Landtagswahlkampfes hatten wir uns als Grüne entschlossen, das Thema Kultur auf die Tagesordnung zu setzen und zu der Veranstaltung „Kultur im Dialog“ ins SmuX eingeladen. Die Resonanz war überraschend gut. Es wurde sehr lebhaft diskutiert. Ich schlug deshalb vor – falls das Interesse bestünde –, den Dialog fortzusetzen. Dafür konnten sich die Teilnehmer in eine Liste eintragen.
KP: Was hat Sie und Ihre Mitstreiter so bewegt, dass Sie sich jetzt regelmäßig treffen?
Gundel Wilhelm: Anfangs ging es nur um die Teppichfabrik und wie wir das Areal nutzen können, um das Image Geesthachts über die Kultur aufzuwerten.
KP: Ist das Image der Stadt so schlecht?
Wilhelm: Das Geesthacht-Image könnte besser sein. Das hat auch mit diesem Gelände zu tun. Während des Zweiten Weltkrieges schufteten dort in einer Munitionsfabrik 20.000 Zwangsarbeiter. Die Menschen wurden schlecht behandelt, waren unterversorgt.
KP: Diese Geschehnisse liegen immerhin mehr als 70 Jahre zurück. Sind die wirklich noch so präsent?
Wilhelm: Wir wollen zu unserer Vergangenheit stehen. Aber die Gruppe, das muss ich zugeben, ist da durchaus gespalten. Die eine Seite ist stark auf die Vergangenheit fixiert, die andere blickt mehr in die Zukunft.
Lefeldt: Ich persönlich wünsche mir ein Kulturkonzept für die Stadt, in der auch die Vergangenheit ihren Platz hat. Im Übrigen gibt es bei uns noch eine dritte Gruppe, die sich nur für Teppichfabrik interessiert.
Wilhelm: Die Teppichfabrik ist Vergangenheit und Zukunft!
KP: Frau Lefeldt, Sie sagten gerade, dass Sie sich ein Kulturkonzept für Geesthacht wünschen. Fehlt es der Stadt an Strukturen?
Lefeldt: Auf jeden Fall. Die Stelle des Kulturdezernenten wurde vor Jahren gestrichen. Wir brauchen aber einen Kulturverantwortlichen, einen Kulturetat – und ein Kulturkonzept.
KP: Und ist das alles in Sicht?
Lefeldt: Einen Etat gibt es bereits. Ein Kulturverantwortlicher soll kommen. In der Gruppe haben wir über die Entwicklung eines Kulturkonzeptes nachgedacht. Aber ganz ehrlich: Wenn man sich die Konzepte anderer Städte ansieht und den Arbeitsaufwand, den das bedeutet, ist das für uns nicht zu schaffen. Diese Aufgabe ist im Rathaus besser aufgehoben.
KP: Finden Sie dort Gehör?
Lefeldt: Ja, unbedingt. Wenn Bürgermeister Schulze kann, nimmt er an unseren Sitzungen teil…
Wilhelm: Er ist sehr engagiert…
Lefeldt: …und aufgeschlossen, wenn es um unsere Vorschläge und Ideen geht.
KP: Apropos Ideen. Was plant Ihre Gruppe aktuell, um den Kulturstandort Geesthacht zu stärken? Was wird aus der Teppichfabrik?
Lefeldt: Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie da der Stand ist. Der Insolvenzverwalter verlangt 3 Millionen Euro…
Wilhelm: … und ist nicht kooperationsbereit. Es wird gepokert. Das Ganze steht auf des Messers Schneide.
KP: Angenommen Sie könnten einen Teil der denkmalgeschützten Gebäude für die Kultur nutzen, was würden Sie machen?
Lefeldt: Es gibt in Geesthacht viele kleine Museen und Vereine wie das Heimatmuseum, das Geesthacht Museum, den Heimat- und Geschichtsverein oder den Förderkreis Industriemuseum, die man dort unter einem Dach unterbringen könnte.
Wilhelm: Ich weiß von drei Privatleuten, die ihre Sammlungen zur Verfügung stellen würden. Allerdings nur, wenn deren Ausstellungen Hand und Fuß haben.
Lefeldt: Ein weiterer Vorschlag ist es, ein Kultur- und Begegnungszentrum mit Proberäumen für Bands und Ateliers für Künstler zu etablieren. Aber das alles liegt für mich derzeit in weiter Ferne und ist bei unseren letzten Treffen auch nicht Thema gewesen.
KP: Was war denn Thema?
Lefeldt: Wie wir das Image von Geesthacht aufwerten können und wie wir Leben in die City bringen. In der Adventszeit hat Frank Kaldenbach in der Fußgängerzone erstmals einen Weihnachtsmarkt organisiert, der gut angenommen wurde und dieses Jahr wiederholt werden soll. Am 9. Juni plant die Stadt mit unserer Unterstützung eine große Kulturnacht mit Lesungen, Musik – auch für Kinder, Vorträgen und Sketchen.
Wilhelm: Die Veranstaltungen finden alle citynah statt, sind also fußläufig zu erreichen.
Lefeldt: Solche Events sind natürlich erst ein Anfang. Um das Image der Stadt zu verbessern und die Stadt überregional bekannter zu machen, werden wir noch einiges tun müssen.
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https://kulturportal-herzogtum.de/2018/01/31/kulturaufbruch-in-der-wachsenden-stadt/