Seit 2018 gibt es unter dem Dach der Stiftung Herzogtum Lauenburg die Literaturwerkstatt für Nachwuchsschriftstellerinnen und Nachwuchsschriftsteller. Anstoß für die Gründung war der Schreibwettbewerb „Wanted Junge Autor*inn*en“. Nun liegt ein weiterers Ergebnis dieses Wettstreits auf den Tisch: Das Buch „Wanted Junge Autor*inn*en“ mit den Gewinnertexten der Jahre 2018 und 2019. Es ist ab sofort bei der Stiftung Herzogtum Lauenburg und in einigen Buchhandlungen der Region erhältlich. Zudem kann das Buch Wanted Junge Autor*inn*en“ beim Osburg Verlag nachbestellt werden. Anbei eine Kurzreportage aus der Literaturwerkstatt.
Thies ist fertig mit seinem Text. Wohin mit sich jetzt? Sein Blick wandert zur Decke. Dort oben ist er fix. Die anderen brüten noch über ihrem Papier. Die Kulturremise ist in diesem Moment Ort der stillen Konzentration. Ohne sie keine Ode an die Worte, die Hannah Rau – die die von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufene Literaturwerkstatt leitet – hier regelmäßig anstimmen lässt.
Anabel, Magdalena und Meike schreiben an einem Akrostichon. „Kennst du nicht, ne?“ fragt Hannah den Redakteur. Nöö. Keine Ahnung. Nie gehört. Klingt sperrig, ist aber ziemlich simpel. Es ist ein Gedicht oder Text, bei dem die Buchstaben der Zeilenanfänge ein Wort ergeben.
Thies hat ein Gedicht geschrieben. „Tage wie diese“, liest er.
„Heute“
„Irgendwie seltsames“
„Esoterisches Verlangen“
„Schreiben, schreiben bis die Welt auseinanderbricht“
„Das Esoterische passt gar nicht zu dir“, findet Hannah. Thies widerspricht nicht. Sein Text bringt ihn nach Hause. „Immer wenn ich etwas schreibe, höre ich: Ich verstehe das nicht.“
„Aber du versuchst es immer wieder“, sagt Hannah.
„Meiner Familie fehlt das literarische Verständnis. Dabei verschlingt mein Vater viele Bücher.“
„Wem lest ihr in der Familie vor?“ fragt Hannah.
„Ich lese keine Texte vor. Aber wenn, dann würde ich zu meiner Mutter gehen“, meint Anabel.
„Ich gehe zu meinem Papa“, stellt Magdalena klar, die mit Abstand die Jüngste in der Runde ist. Meike und Anabel sind schon volljährig, Thies ist 16. Magdalena hat offensichtlich ein Faible für Tiere: Maus, Affe, Giraffe, Dachs, Ameise, Lachs, Ente, Nashorn und ein Alloliton haben sich bei ihr auf dem Papier versammelt.
Alloliton? „Das ist ein Tier, das im Herzen Afrikas zu Hause ist.“ Nie gehört. Thies zückt sein Handy. Gibt es nicht. Reingelegt! Magdalena lacht.
Anabel und Meike sind bei sich selbst gelandet. Wer bin ich? Was bin ich? Niemals gemein, Alles andere als engstirnig, Bodenständig, Einfühlsam, Loyal steht auf Anabels Zettel. Meike verbindet ihre ausgemalten Großbuchstaben mit den Attributen Musikalisch, Ehrgeizig, Italienverliebt, Kreativ, Erzieherin.
„Akrostichon macht Spaß“, stellt Hannah fest. „Vor allen Dingen, wenn man nicht weiß, was man schreiben soll.“
Was die Arbeit mit ihren Nachwuchsliteraten angeht, gehen ihr die Ideen offensichtlich nicht aus. Schon jetzt steht fest: Wenn der Frühling kommt, möchte sie mit der Gruppe rausgehen. Über Till würde sie gerne schreiben lassen. Zum Beispiel. Jetzt aber ist erst einmal Zeit für ein Ungeheuer. Lange nichts gehört von Nessi. Ist der Klimawandel schuld? Die Umweltverschmutzung? Der Brexit? Wo ist das schottische Ungeheuer hin? Ist es vielleicht hier – im Schulsee?
Anabel, Magdalena, Meike und Thies nehmen die Stifte in die Hand. Die Kulturremise verwandelt sich wieder in einen Ort der stillen Konzentration. Geschichten wollen gefunden und erfunden werden. Die Vier machen, was sie so gerne tun – sie schreiben. Es ist Zeit für die nächste Ode an die Worte.