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„Sehe mir immer alle Ausstellungen an“

So etwas wie das Sommerloch kennt Susanne Raben-Johns nicht. Im Büro der Standesbeamtin für das Amt Lauenburgische Seen (Ratzeburg) geht es zu wie im Taubenschlag. Kollegen und Kunden geben sich die Klinke in die Hand. Dementsprechend startet das vereinbarte Interview für Kulturportal-Herzogtum.de mit Verspätung. Raben-Johns hat die 15. Auflage von „Dörfer zeigen Kunst“ organisiert, die am 28. Juli beginnt. Im Interview erzählt sie von den Anfängen der Veranstaltung und ihrer Arbeit für die große Kunstschau, die in diesem Jahr in 20 Gemeinden zu sehen ist.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Raben-Johns, wie kam es eigentlich zu Ihrem Engagement bei „Dörfer zeigen Kunst“?

Susanne Raben-Johns: Da muss ich ein wenig ausholen: Vor 15 Jahren gab es bei uns in der Verwaltung die Dorfentwicklungsplanung. Im Zuge dessen wurden Radwege und Reetdachhäuser saniert und es entstanden in den Gemeinden Dorfkaffees und Direktvermarkterläden. Martin Fischer, damals Amtsvorsteher, stellte daraufhin die Frage, wie wir das mit Leben füllen können. Er wollte, dass auch andere das erleben.

KP: Und die Antwort lautete „Dörfer zeigen Kunst“?

Raben-Johns: Zunächst einmal luden wir Menschen ein, von denen wir wussten, dass es Kunstschaffende sind. Außerdem mussten die Gemeinden sich bereit erklären, die Dorfgemeinschaftshäuser zur Verfügung zu stellen. Beim ersten Mal – das war 2005 anlässlich des 850. Geburtstages des Bistums Ratzeburg – hieß die Veranstaltung dann zunächst „Mit Kunst durch die Natur“.

KP: Ich komme noch mal zu meiner Eingangsfrage zurück. Wie kam es dazu, dass Ihnen die Organisation angetragen wurde?

Raben-Johns: Wie es bei Gesprächsrunden manchmal ist – es wurde mit dem Finger auf mich gezeigt. Ich war damals Protokollführerin des Förderprogramms.

KP: Hatten Sie denn überhaupt einen Bezug zur Kunst?

Raben-Johns: Ich wurde dank meiner Patentante, die Kunst unterrichtet, schon als Kind an sie herangeführt. Das heißt aber nicht, dass ich im Urlaub sofort in jedes Kunsthaus renne. Prinzipiell würde ich mir gerne mehr anschauen, aber privat fehlt mir oft die Zeit dafür.

KP: Bei „Dörfer zeigen Kunst“ gibt es in diesem Jahr Bilderschauen in 20 Gemeinden. Haben Sie sich schon überlegt, welche Sie besuchen werden?

Raben-Johns: Bisher habe ich es immer geschafft, mir alle Ausstellungen anzusehen. Mir macht das einfach Freude. Ich plane die Besuche immer mit der Karte. Drei oder vier Orte an einem Tag kann man gut schaffen. Zudem laden die Gemeinden ja zu einer Vielzahl besonderer Veranstaltungen ein.

KP: Wenn Sie zurückblicken, wie sehen Sie die Entwicklung der Veranstaltung seit 2005? Würden Sie sagen, dass das Interesse größer geworden ist?

Raben-Johns: Ja. Die Besucherzahlen sind mit jedem Jahr gestiegen. Es sind in jedem Jahr neue Künstler vertreten. Die Medien – sogar NDR Kultur – berichten darüber, dass man mittlerweile erstaunt ist, wenn man auf Menschen trifft, die noch nichts von „Dörfer zeigen Kunst“ gehört haben.

KP: Das klingt ausgesprochen positiv. Planen Sie als Organisatorin, künftig noch mehr Gemeinden einzubinden oder ist mit 20 das Ende der Fahnenstange erreicht?

Raben-Johns: Zunächst einmal würde ich mich selbst nicht als Organisatorin bezeichnen. Bei mir laufen lediglich die Fäden zusammen. Für vier Wochen sind 20 – wenn die Ausstellungen immer nur an den Wochenenden öffnen – eine gute Zahl. Damit gibt man jedem die Möglichkeit, sich alle Orte anzuschauen.

KP: Sie sagten gerade, Sie seien nicht die Organisatorin der Veranstaltung, sondern diejenige, bei der die Fäden zusammenlaufen. Wie darf sich der Laie die Organisation dieser großen Veranstaltung denn vorstellen?

Raben-Johns: Viele Dinge haben sich mittlerweile eingespielt und haben sich dadurch vereinfacht. Im Oktober oder spätestens November frage ich bei den Gemeinden an, ob sie im Jahr darauf dabei sein wollen. Im Januar laden wir dann alle Gemeinden und Künstler zu einem Rückblick und Ausblick ein. Die Planungen für die Ausstellungen finden dann jeweils vor Ort statt. Ich kümmere mich um die Ankündigung im Reisebegleiter des KulturSommers am Kanal, die Erstellung des Flyers und die Aktualisierung der Internetseite. Das alles funktioniert aber nur, weil wir wirklich eine Gemeinschaft sind und jeder seine Punkte erfüllt.

KP: Frau Raben-Johns, vielen Dank für das Gespräch.

Mehr zur Veranstaltung:

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/07/23/jetzt-gehts-los/

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/07/23/mit-dem-rad-auf-kunstkurs/

https://www.doerfer-zeigen-kunst.de/index.php/startseite.html

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„Heimat – Ich bin ein Mensch“

Das Grenzhus Schlagsdorf zeigt vom 27. Juli bis 16. September im Garten die Freilichtausstellung „Heimat – Ich bin ein Mensch. Leben in Mecklenburg-Vorpommern“. Aus dem Foto- und Interviewprojekt von Manuela Koska wurden für die Ausstellung in Schlagsdorf 24 Portraits von Menschen mit verschiedenen Nationalitäten, Ursprüngen und Wurzeln ausgewählt. Die Portraits zeigen Einwohner aus Mecklenburg-Vorpommern mit ihren Vorstellungen über Heimat, Identität, Verwurzelung, Sehnsüchten, aber auch Enttäuschungen und Hoffnungen.

Oft zufällig traf Manuela Koska auf die Menschen, die sie dann vor ihre Kamera holte und mit denen sie zugleich Interviews führte. Menschen, die in Mecklenburg-Vorpommern zu Hause sind. Wobei sie sich nicht nur auf „Ur-Einwohner“ beschränkte, sondern auch auf jene, die von irgendwoher kamen und blieben, mit ihren Kulturen, Weltanschauungen, Lebensweisen und Besonderheiten. Sie alle hat sie portraitiert: die „Zuwanderer“, die „Ausländer“ und “Einheimischen“. Eine Art Bestandsaufnahme, ohne Wertung, ohne Bewertung. Einige sind ausgezogen in die Welt. Alle sind hängengeblieben in Mecklenburg-Vorpommern. Freiwillig. Unfreiwillig. Der Liebe wegen. Des Krieges wegen. Was ist Heimat für sie? Das Kunstprojekt zeigt ganz viele Antworten.

Zur offiziellen Eröffnung der Ausstellung am Freitag, 27. Juli, erwartet die Besucher ein Rahmenprogramm mit Musik und Vorträgen. Zur Begrüßung spricht um 17 Uhr Martin Klähn. Prof. Dr. Matthias Pfüller befragt zudem László Sólya zum Thema Heimat.

Weitere Infos unter Tel.: 038875/ 20326 oder per Mail unter aw@grenzhus.de.

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„Wundersame Begegnungen“

Müll zu Kunst – das wäre ein passendes Arbeitsmotto für Margaret Odefey-Tanck. Schließlich nutzt die Künstlerin für ihre Werke konsequent Abfall wie geschreddertes Papier, Taschentücher und benutzte Teebeutel. Wie das dann aussieht, können Besucher des Augustinums Aumühle von Montag, 18. Juni, an in Augenschein nehmen. Die Eröffnung der Ausstellung mit dem Titel „Wundersame Begegnungen“ beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Die Bildfläche der Bilder von Odefey-Tanck ist wie eine Bühne: In ihren Arbeiten trifft der Tiger aus einem persischen Teppich auf einen Vogel aus einer koptischen Textilarbeit. Unterschiedliche Gestalten, Vögel und Pflanzen aus verschiedensten Lebensbereichen betreten die Spielfläche ihrer Werke und erzählen eine neue Geschichte, die sowohl lustig als auch nachdenklich-philosophisch sein kann.

Die Arbeiten leben von der Lust am technischen Experiment, von der unterschiedlichen Anmutung verschiedener Materialien. Durch Komposition, collageartige Techniken, Zeichnung und Malerei kommen die Einzelteile zu einem harmonischen Ganzen zusammen; dieser Prozess wird unterstützt durch gestickte oder genähte Linien, die die Bildfläche um eine haptische, d.h. greifbare, Dimension bereichern.

Ihre Motive findet Margaret Odefey-Tanck überall, etwa in der Natur, in Museen oder, inspiriert von Werkzeugen und Objekten, in ihrer Werkstatt. Das daraus entstehende Zusammenspiel folgt einer eigenen Dynamik, die Motive erlangen in diesem Kosmos eine neue Bedeutung, die sich rational nur schwer oder auch gar nicht erfassen lässt. Manches bleibt für den Betrachter vielleicht für immer ein Rätsel. Das muss er aushalten. Es gibt Bildelemente, die sich ihm erschließen. Und es gibt im besten Falle Geheimnisvolles, Heiteres, Beruhigendes, aber auch Beängstigendes, das den Betrachter berührt, ihn erinnert, ohne eindeutig rückführbar zu sein.

 

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Die Motive sind frei

Das Wetter war ziemlicher Mist. Tobias Duwe sagt es nicht so, aber – wer zwischen den Zeilen lesen kann, weiß Bescheid. Im Frühsommer war der Künstler mit seinen Kollegen – den Norddeutschen Realisten – im Kreis unterwegs, um zu malen.

Das ist ihr Ding: Rausgehen, dem Gegenstand, der Natur, der Stadt – was auch immer – ins Auge schauen. Wenn´s plattert, kann das ganz schön hart sein. Doch Pardon wird nicht gegeben. „Wir wollen uns mit den Dingen, denen wir begegnen, auseinandersetzen. Wir wollen sie erleben und wollen bei unserer Kunst ein hohes Maß an Authentizität erreichen“, sagt Duwe.

Dabei sind die Motive frei für die Norddeutschen Realisten. „Es gibt keine gedankliche Schere“, stellt Duwe klar. „Das Empfinden entzündet sich an einer bestimmten Stelle.“ Und dann gibt es kein Vorbeikommen mehr. Wie im Falle des Silos im Möllner Hafen, den er und auch die Kollegen Till Warwas und Meike Lipp in den Fokus genommen haben. „Ich bin wegen der starken geometrischen Formen und der starken Grafik daran hängengeblieben“, sagt Duwe.

Er hat sich dem großen, hellen Gebäude von hinten angenähert. Der Blick ist nicht frei. Karge Bäume und Zweige drängen sich ins Bild. Vor dem aufschießenden Turm trotzen noch andere Industriegebäude dem Wind. Backsteinhäuser und große zylinderförmige Speicherbehälter. „Für mich hat das Szenario etwas Industrielles, aber auch etwas Romantisches“, meint der Maler.

Natürlich haben die Künstler noch mehr Dinge mit Händen, Fingern und Pinsel in Angriff genommen. Das alte Mölln zum Beispiel. Ratzeburg. Klar. „Das kannte kaum einer von den Kollegen – das war ein echtes Highlight.“ Und selbstverständlich haben sich die Maler der Lauenburgischen Landschaft gewidmet. Eine herrliche Landschaft sei das, schwärmt Duwe, die je weiter man in den Osten komme, noch imposanter werde.

Dass die norddeutschen Realisten trotz des „durchwachsenen Wetters“ – so die höfliche Umschreibung des Malers für das „Schietwetter“ – zum Teil einen Tag länger blieben als geplant, hatte auch mit der Gastfreundschaft der Lauenburger zu tun. So hatten die Maler etwa Zutritt zum Möllner Freibad, obwohl die Saison dort noch gar nicht eröffnet war. Ein besonderes Lob geht in diesem Punkt an Augustin Noffke: „Der hat sich für uns ordentlich ins Zeug gelegt. Zum Beispiel hat er dafür gesorgt, dass wir ins Naturschutzgebiet vorgelassen wurden.“

Die Bilder der Norddeutschen Realisten sind noch bis zum 3. September im Möllner Museum und in der Galerie AC Noffke zu sehen. Die Galerie am Domhof 41 in Ratzeburg hat sonnabends und sonntags jeweils von 11 bis 17 Uhr geöffnet, das Möllner Museum montags bis freitags von 10 bis 19 Uhr sowie sonnabends und sonntags von 10 bis 17 Uhr. Mehr Infos unter kulturportal-herzogtum.de/2017/07/07/hartgesottene-realisten.

Am Silo im Möllner Hafen entzündete sich Tobias Duwes Blick. Foto: Kulturportal