Weihnachten naht und für Markus Götze damit die Zeit des Feinschliffs. Seit 2003 ist er Kantor der Kirchengemeinde Schwarzenbek. Am 22. Dezember dirigiert er in der St. Franziskus-Kirche Johann Sebastian Bachs berühmtes Weihnachtsoratorium. Eine Aufführung mit Solisten, mehreren Chören und Orchester. Im Gespräch mit Kulturportal-Herzogtum.de spricht er über Weihnachten, Weihnachtsmusik und seinen Weg zum Kirchenmusiker.
Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Götze, wie klingt Weihnachten?
Markus Götze: Weihnachten klingt nach „O du fröhliche“ und Advent nach „Tochter Zion“. Beides sind sehr schwungvolle und festliche Stücke. Bei „O du fröhliche“ wartet das Publikum immer darauf, dass der Zimbelstern in der dritten Strophe zum Einsatz kommt. Wenn das nicht der Fall ist, werde ich darauf hingewiesen, dass dies beim nächsten Mal doch bitte wieder so sein möge.
KP: Wie viel haben diese Klänge mit dem Menschen Markus Götze zu tun?
Götze: Die Frage habe ich mir so noch gar nicht gestellt. Ich verbinde mit dieser Musik eine volle Kirche. Die Musik hat insofern mit mir selbst zu tun, dass ich es als etwas ganz Besonderes empfand, als ich mit 18 als Organist anfing, mit so vielen Leuten, die ich nicht einmal kannte, Musik zu machen. Ich erinnere mich auch, dass ich mit einem Trompeter zu Andachten in Altenheimen gefahren bin und Musik gemacht habe. Das fand ich reizvoll, winterliche Landschaften und Orte aufzusuchen. Das gab es nur zu Weihnachten.
KP: Sind Sie deshalb Organist geworden?
Götze: Nein. Organist wollte ich werden, nachdem ich mich das erste Mal an die Orgel gesetzt hatte. Das war der Auslöser für mich, Kirchenmusik zu studieren. Da war ich 17. Ich fand die Orgel noch faszinierender als das Klavier.
KP: Kommen wir zurück zur Weihnachtsmusik. Mein persönlicher Kindheitssound ist eine James Last-Platte mit all den Klassikern wie „Jingle Bells“, „Fröhliche Weihnacht“ oder „Stille Nacht“, die die Eltern zur Adventszeit und Heiligabend immer spielten. Wie sind Ihre Kindheitserinnerungen?
Götze: Bei uns zu Hause war es zu Weihnachten schön geschmückt, sowohl mit dem Adventskranz als auch mit Fensterschmuck. Gesungen haben wir zu Hause aber weniger. Das Interesse an den kirchlichen Weihnachtsliedern kam bei mir erst mit 17, als ich im Chor gesungen habe. Ich erinnere mich aber auch gerne an meine Grundschulzeit, in der im Advent morgens in der einen oder anderen Stunde bei Kerzenschein weihnachtliche Geschichten vorgelesen wurden.
KP: Mögen Sie die Weihnachtslieder überhaupt noch – oder haben Sie sich daran überhört? Für die Adventszeit sind das ja regelrechte Evergreens, die in jedem Supermarkt aus schlechten Lautsprechern scheppern.
Götze: Nein, das liegt daran, dass ich das ganze Jahr über andere Lieder spiele. Weihnachtslieder sind für mich nicht wichtiger als andere Kirchenlieder. Toll ist, dass die Motivation bei den Chören noch höher ist als sonst.
KP: Womit wir bei Ihrem Weihnachtsprogramm wären. Am 15. Dezember geben Sie mit den Kirchturmspatzen, dem Jugendchor und dem Posaunenchor der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schwarzenbek ein Adventskonzert. Worauf darf sich das Publikum freuen?
Götze: Der Jugendchor geht gerne auch mal in eine andere Richtung. Viele der jungen Leute haben Lieblingslieder aus dem englischsprachigen Bereich. Eigens dafür habe ich ein Liederbuch angeschafft, in dem englische und deutsche Lieder, auch weihnachtliche, gesammelt sind. Lieblingstitel sind momentan „Shout to the Lord“, „May the Lord send Angels“ und „Amazing Grace“.Ich gehe aber immer wieder in den klassischen Bereich, um die jungen Leute auch mit dieser Musik vertraut zu machen. Hinzu kommt, dass die meisten Konzertbesucher die klassischen Advents- und Weihnachtslieder besser kennen. Sie werden von uns ja auch zum Mitsingen eingeladen. Der Posaunenchor wird für den kräftigen Klang sorgen.
KP: Ein Klassiker ist auch Bachs Weihnachtsoratorium, was am 22. Dezember unter ihrer Leitung zu hören ist. Warum ist diese Komposition so beliebt?
Götze: Es ist einfach ein tolles Stück und lässt sich gut singen. Außerdem verbinden vieledas Stück mit Weihnachten. Für die ist Weihnachten ohne Oratorium kein Weihnachten. Ein Nebeneffekt ist: Kinder und Jugendliche sind beim Oratorium leichter zu motivieren, mitzumachen. Das klappt besser als bei jedem anderen Stück.
KP: Sie sagen, dass sich das Oratorium gut singen lässt. In meinen Ohren klingt es durchaus anspruchsvoll…
Götze: Die Choräle sind tatsächlich gut singbar. Es gibt aber einige anspruchsvolle Chöre. Der Ehre-Chor zum Beispiel ist schwer – wohl das schwerste Stück des Oratoriums und immer wieder eine Herausforderung für jeden Chor.
KP: Sie sind aber, was die Aufführung am 22. Dezember anbelangt, guter Dinge – oder?
Götze: Auf jeden Fall. Nach 2004, 2008 und 2014 ist es das vierte Mal, dass wir es aufführen. Viele kennen das Oratorium schon, die Neuen schwimmen einfach mit. Das macht es einfacher. Es wird in diesem Jahr auch eine Gruppe aus meinem Kinderchor und aus meinem Jugendchor im Sopran der Kantorei mitsingen. Grundsätzlich besteht die Kunst darin, zu fordern und nicht zu überfordern. Aber der Chor ist allgemein ziemlich firm geworden. Natürlich gibt es mal Stücke, wo es schwer wird und man sich fragt: Wie wollen wir das schaffen? 2015, als wir das Brahms-Requiem gemacht haben, war es beispielsweise so. Aber die Motivation unter den Sängern ist sehr groß. Deshalb hat es am Ende doch geklappt.
KP: Wie viel Zeit müssen die Sänger für eine Aufführung wie das Oratorium investieren?
Götze: Wir proben regelmäßig zwei Stunden die Woche. Dann gibt es noch eine Probefreizeit. Da singen wir von Freitag bis Sonntagmittag. Das bringt immer sehr viel.
KP: Herr Götze, ich danken Ihnen für das Gespräch.