Hanne Lenze-Lauch muss das Große und Ganze im Blick haben. Auf Details zu achten, sagt sie, bringe relativ wenig. Die junge Frau weiß, wovon sie spricht. 2019 war sie erstmals bei dieser sehr speziellen Produktion dabei. Sie kennt das Gelände am Schaalseekanal – die Bühne des Kanu-Wander-Theaters. Sie ist theoretisch wie praktisch in der Lage, die besonderen Umstände der Aufführungen in ihre Ideenwelten miteinzubeziehen.
Zwei Dinge nennt sie, auf die es für die Produktion ankommt: Die Kleider müssen für das Publikum, das sich mit dem Kanu von Szene zu Szene vorarbeitet, gut sichtbar sein. „Eine Signalwirkung haben“, wie die Kostümbildnerin es ausdrückt. Und: Für die Helden des Stücks, die an den verschiedenen Stationen von verschiedenen Darstellern gespielt werden, müsse man sich etwas einfallen lassen, dass einen „Wiedererkennungswert“ habe.
Die aktuelle Produktion – 2020 steht William Shakespeares „Was ihr wollt“ auf dem Spielplan – dürfte für die erfahrene Kostümbildnerin* in dieser Hinsicht ein Klacks sein. Viola, Orsino und Co. sollen mit ihrer Kluft im modetechnisch schillernden und schrägen Zeitalter von Boy George, Nena und Co. landen.
„Ich finde, dass in den 80er Jahren viel aus Shakespeares Zeiten drinsteckt“, begründet Lenze-Lauch den Schritt, sich dem Neobarock zuzuwenden. Vom Grundschnitt, stellt sie klar, hätte auch der große Dramatiker des 16. Jahrhunderts solche Kleider tragen können.
Die schrillen Textilien haben natürlich auch einen dramaturgischen Hintergrund: Regisseurin Michelle Affolter inszeniert das Stück als berauschende Silvestersause. Dementsprechend „überschäumend“ sollen die Kleider sein. Zudem unterstreichen sie das Melodramatische der Shakespearschen Verwechslungskomödie.
Affolter – 2019 noch Regieassistentin – führt nach dem Fortgang von Kerstin Steeb erstmals Regie. Affolters alte Rolle füllt nun Lisa Pottstock aus. Geblieben sind der Spaß und die gute Stimmung im Team, was Lenz-Lauch sehr wichtig ist. „Der Humor ist die Basis von allem“, stellt sie fest. Wichtig sei aber auch, dass man ähnliche ästhetische Vorstellungen habe.
Diese Vorstellungen müssen jetzt, da die heiße Vorbereitungsphase für die Produktion beginnt, nach und nach endgültig Gestalt annehmen. Die Frauen werden deshalb in den kommenden Wochen immer mal wieder die Köpfe zusammenstecken, um zu entscheiden, wie die Charaktere am Ende optimal angezogen sind. Dabei werden sie darauf achten, dass die Kostüme für die Darsteller auch praktikabel sind – und nicht zum Klotz am Bein mutieren. Das vorauszusehen, sei nicht immer einfach, sagt Lenze-Lauch. Abgesehen davon kann sie sich auf eine gewisse „Leidensfähigkeit“ der Darsteller verlassen. Beim letzten Mal, sagt die Kostümbildnerin hätten einige einen Wollpullover tragen müssen – mitten im Sommer!
*Hanne Lenze-Lauch entwirft seit 2007 Kostüme für Theateraufführungen. Grundlage ihrer Arbeit ist der äußerst praktisch orientierte Studiengang Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis, den die geborene Aumühlerin in Hildesheim absolviert hat.
„Was ihr wollt“ , Kanu-Wander-Theater, KulturSommer am Kanal, 12. & 13. Juni, ab Schmilauer Brücke, Schaalseekanal, Freitag ab 15 Uhr, Sonnabend ab 11 Uhr