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„Die Jugendverfolgung war auch hier – bei uns!“

Kreismuseum zeigt Ausstellung „Verfolgung und Widerstand im Dritten Reich“

Anita Julia Zöllner starb am 14. Februar 1945. Sie nahm sich das Leben. Aenne Raaz folgte ihr vier Tage später. Die beiden jüdischen Frauen – die eine aus Aumühle, die andere aus Ratzeburg – wussten keinen Ausweg mehr. Zum Ende des Krieges sollten sie deportiert werden. Ein mutmaßliches Todesurteil, dem sie mit der Selbsttötung zuvorkamen.

Mit dem Tod der beiden Frauen erlosch auch der letzte Rest jüdischen Lebens im Lauenburgischen. Ihre Verfolgung war eines von vielen Vorzeichen einer gegen Kriegsende immer weiter voranschreitenden Radikalisierung des NS-Regimes. Im Angesicht des drohenden Untergangs schlugen die Nationalsozialisten um sich. Es regierte die Willkür, die ihren Ausdruck in Mord und Totschlag und Todesmärschen fand.

Anita Julia Zöllner und Aenne Raaz hätten – weil sie mit „arischen“ Männern verheiratet waren – laut den Nürnberger Rassegesetzen von 1935 vor Verfolgung geschützt sein sollen. Alle anderen lauenburgischen Jüdinnen und Juden hatten diesen „Schutz“ nicht. „Die jüdischen Familien, die hier lebten, hatte man gegen Kriegsende schon vertrieben“, sagt Dr. Anke Mührenberg, Leiterin des Kreismuseums in Ratzeburg. Aktuell präsentiert ihr Haus eine Ausstellung über „Verfolgung und Widerstand im Dritten Reich. Ein Blick in die Archive des Kreises“.

Die Schau belegt auf vielfältige Art und Weise, dass sich die NS-Verbrechen vor der eigenen Haustür abspielten. Und sie zeigt: Die systematische Entrechtung der Juden war ebenso sichtbar wie die Drangsalierung und Verfolgung Andersdenkender.

„Mit der Ausstellung wollen wir Anreize setzen, dass die Menschen genau das erkennen: Das war auch hier – bei uns – vor Ort“, betont Mührenberg. Wenn sie „wir“ sagt, spricht sie gleichzeitig für die Archivarinnen und Archivare im Kreisgebiet. „Ich wollte ihnen Gelegenheit geben, sich zu diesem Thema im Kreismuseum zu präsentieren. Im Gegensatz zu den Archiven haben wir den Platz dafür.“

Hoffen auf möglichst viele Ausstellungsbesucherinnen und -besucher: Volontär Moritz Bach und Kreismuseumsleiterin Dr. Anke Mührenberg.

Die Idee kam an. Neben dem Kreisarchiv Herzogtum Lauenburg haben die Archivgemeinschaft Nordkreis Herzogtum Lauenburg mit den Stadtarchiven Mölln und Ratzeburg, die Archivgemeinschaft Schwarzenbek sowie das Stadtarchiv Geesthacht zur Ausstellung beigetragen. Am vergangenen Donnerstag, 27. Januar, wurde sie eröffnet: dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz.

Das Enddatum – der 6. März – ist weit weniger symbolträchtig, aber ebenso bewusst gewählt: „Der 6. März ist der Tag der Archive“, so Mührenberg. Sie hofft, dass das noch mal möglichst viele Menschen in das Kreismuseum lockt. Grundsätzlich hofft sie auf das Interesse von Schulen: „Es ist wichtig, die Kinder an dieses Thema heranzuführen“, sagt sie. Wichtig sei es auch, dass dies nicht nur digital geschehe. Sie selbst habe das schon beobachtet. „Es ist etwas anderes, wenn die Kinder sehen: Das ist echt, das ist anders als auf dem Bildschirm.“

Das Kreismuseum hat seinen Sitz im Domhof 12 (Ratzeburg). Es ist aktuell täglich außer montags von 10 bis 13 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Anmeldungen für die Führungen werden unter der Telefonnummer 04541-860712 oder per Mail unter bach@kreis-rz.de entgegengenommen. Weitere Informationen gibt es unter http://www.kmrz.de/.

Fotos: Kreisarchiv/Kulturportal-Herzogtum.de

Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.