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KulturSommer am Kanal 2024

Der KulturSommer ist in vollem Gange – vom 29. Juni bis zum 29. Juli.

Mehr Infods unter www.kultursommer-am-kanal.de

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Foto: Stiftung Herzogtum Lauenburg

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„Die Natur muss der Gesetzgeber sein“

Es ist ein stiller Dienstagmorgen am Grünen Weg. Sturm und Wind haben sich endlich mal verzogen. Das Wetter ließe sich auch symbolisch deuten: Berit Kröner ist allein. Kinder und Ehemann sind unterwegs. Für den Besuch von Kulturportal-Herzogtum.de hat sich die Ratzeburger Künstlerin eine sturmfreie „Bude“ verschafft. Kröner ist Mitglied im Lauenburgischen Kunstverein (LKV). 2021 zeigte sie eine Auswahl ihrer Arbeiten im Rahmen der LKV-Ausstellung „Kultur trotz(t) Corona“. Vor kurzem hat sie mit ihrer Kollegin Mirja Schellbach die Gemeinschaft „die brachiale“ gegründet. Unter diesem Namen laden die beiden Frauen ab 1. März zu einem Kunst-Happening im Haerder-Center (Lübeck) ein. Zudem planen sie eine Schau im Rahmen des KulturSommers am Kanal. Im Interview mit Kulturportal-Herzogtum.de spricht Kröner über ihren Werdegang und ihre Kunstauffassung.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Kröner, muss man als Designerin immer auch Künstlerin sein?

Berit Kröner: Ich möchte da nicht für andere Designer sprechen. Bei mir war die Richtung schon vorhanden. Im Studium gab es dann auch die Möglichkeit, in freie Klassen zu gehen. In so einer freien künstlerischen Klasse war ich.

KP: Mir ist zumindest aufgefallen, dass ich – wenn ich mich mit Design beschäftige – immer wieder auf Leute treffe, wo die Kunst automatisch mitschwingt.

Kröner: Das kann schon sein. Ich habe zuletzt festgestellt, dass einige Künstler angefangen haben, ins Design zu gehen und damit den umgekehrten Weg einschlagen. Aber – nochmal – ich kann da nur für mich sprechen. Bei mir war die Kunst immer schon da. Ich merke das auch bei meinen Kindern. Da ist so eine Energie.

KP: Laut Ihrem Lebenslauf waren und sind Sie aber auch sehr stark mit Designarbeiten beschäftigt…

Kröner: Ich bin tatsächlich erst einmal den Weg als Kommunikationsdesignerin gegangen. Das Objekt- oder Industriedesign hat mich dabei auch sehr interessiert. Ich habe Lampen entworfen und gebaut. Die Kunst ist zwar zwischenzeitlich in den Hintergrund getreten, aber sie war nie weg. Sie hat immer gewartet.

KP: Wie ist dieses Künstlerische bei Ihnen zum Ausdruck gekommen?

Kröner: Ich musste immer schon etwas mit den Händen machen. Früher habe ich mit Draht gearbeitet. Dabei sind viele Skulpturen entstanden. Ich habe Drahtlampen, Drahtschildkröten und sogar ein Drahtklapptier gebaut, das man zusammenklappen und mitnehmen kann. So ging es bei mir los. Es passierte einfach. Die Ideen waren die ganze Zeit da. Immerzu.

KP: Kunstvoll hergestellte Lampen sind ja auch „nützlich“. Da gibt es also bei Ihnen eine Brücke zum Funktionellen. Mir kommt da die Bauhaus-Maxime „Form follows function“ in den Sinn…

Kröner: Der Grundsatz „Form follows function“ ist ja nicht gerade neu. Ich drehe es um: „Function follows form“. Mich interessieren in meiner Kunst vor allem natürliche Formen. Ich finde, dass man heute der Naturform folgen muss. Die Natur muss der Gesetzgeber sein. Das gilt auch im Zusammenhang mit Design. Da passiert auch gerade ganz viel. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir nicht nur in der Natur leben, sondern auch ein Teil davon sind.

KP: Einer solches Naturorientierung folgen mittlerweile auch viele Forscher, die an nachhaltigen Innovationen arbeiten. Da fällt mir als Erstes die Nanotechnologie ein. Auf mich wirkt das so, als eröffnete sich hier eine Schnittstelle…

Kröner: Die ist da auf jeden Fall drin.

KP: Welche Rolle hat bei Ihrer Entwicklung eigentlich Fritz Dommel gespielt? Auf Ihrer Webseite haben Sie seinen Namen ausdrücklich erwähnt.

Kröner: Dommel, der leider nicht mehr lebt, war während des Studiums mein Professor. Das Studium war damals so aufgebaut, dass man erst einmal Themen wie Linie, Fläche, Zeit und Raum durchlaufen musste. Danach konnte man sich seine Klasse aussuchen. Dommel war ein freier Grafiker, der die Leute aufnahm, die sich nicht festlegen wollten. Diese Studenten kamen aus der Fotografie, aus der Typografie, aus der freien Kunst. Ich habe damals immer noch gedrahtet. Ich habe mich bei ihm mit einer kleinen Mappe beworben. Er war der erste Prof., der mir sagte, dass ihm das gefällt, was ich da mache. Dommel hat etwas in mir gesehen, hat meine Ideen erkannt. Eigentlich war er recht wortkarg. Es war aber schön, diesen Austausch zu haben. Das fehlt mir heute manchmal…

KP: Inwiefern?

Kröner: Der Austausch mit einem Mentor, was er damals für mich war, ist einfach sehr hilfreich und unterstützend für die vielen Ideen, um sie greifbar zu machen und dann in ein fertiges Projekt umzusetzen. Er hat sich beispielsweise hingestellt und gesagt: „Das ist überflüssig wie ein Kropf.“ Schwierig wurde es mit ihm, als ich ein bisschen Grafikdesign machen wollte. Da hat er gar keinen Bock draufgehabt.

KP: Er war also offensichtlich eher ein Künstler.

Kröner: Auf jeden Fall. Er war Kunstgrafiker. Leider ist von ihm online leider nicht viel zu finden, aber in seiner Region war er sehr angesehen.

KP: Das Studium haben Sie an der Universität der Künste Berlin absolviert…

Kröner: Als ich anfing, hieß es noch Hochschule der Künste Berlin.

KP: Würden Sie sagen, dass Sie in dieser Zeit eine Philosophie entwickelt haben?

Kröner: Das kann man schon so sagen. Ich habe zum Vordiplom damals mein „Meer Stadtbuch“* bei Fritz Lommel gemacht. Auch da habe ich schon Artefakte und Natur zusammengesetzt, woran ich heute wieder anknüpfe. Ich bin da nur zehn Stufen weiter, was die ganze Denke, die dahintersteht, angeht.

KP: „Meer Stadtbuch?“

Kröner: Ich habe damals in Berlin gewohnt und Sehnsucht nach dem Meer gehabt. Ich habe daraufhin angefangen, in der Stadt Fotos zu machen – von Strukturen, von Rauten auf dem Boden, irgendwelchen Linien auf Asphalt und abgeplatzten Fassaden. Als ich dann meine Freundin am Meer besuchte, habe ich dort Wasser, Schaum und Steine fotografiert. Ich habe diese Aufnahmen nebeneinandergelegt und gemerkt: die Rauten, die Linien – irgendwie passt das. Ein bisschen Schieben reichte. Ich fand das total faszinierend. Das wirkte auf mich alles so ähnlich. Es war schön danach durch die Stadt zu gehen und das Meer zu sehen.

KP: Sie schufen sich quasi Ihre Heimat.

Kröner: Genau. Ich bin ja aus Mecklenburg. Aber ich glaube, dass sich auch viele Berliner oder andere Großstädter nach dem Meer sehnen. Ich habe meine Arbeit dann noch weitergetrieben. Ich setzte mich beispielsweise auf die Frankfurter Allee und nahm das Rauschen der Autos auf. Diese Aufnahme schnitt ich mit dem Rauschen des Meeres zusammen. Die Geräuschkulisse ließ sich kaum noch unterscheiden.

KP: Das Meeresrauschen und der Verkehrslärm in schöner Eintracht –  das ist für unser kulturelles Selbstverständnis ziemlich irritierend.

Kröner: Man muss da nur mal die Augen schließen und die Fantasie einschalten. Aber Vorsicht: Ich möchte nicht, dass man jetzt denkt, man kann entspannt einfach so weitermachen. Mein Gedanke ist, dass alles, was wir machen, immer irgendwie eine Anleihe bei der Natur ist.

KP: Nur eine Anleihe oder auch schon ein Stück weit Ausbeutung?

Kröner: Ausbeutung sowieso. Die Ausbeutung erfolgt parallel. Auf der anderen Seite gibt es aber eben auch das Visuelle, das ich sichtbar machen möchte – was ebenso Natur ist.

KP: In Ihrer aktuellen Kunst entdecke ich immer wieder den Zusammenprall einer brachialen Zivilisation mit der Natur.

Kröner: Was ich damit sagen will, ist: Wenn wir Menschen die Sachen stehen lassen, dann kommt die Natur und holt sie sich wieder. Die Menschen können sich etwas noch so Tolles ausgedacht haben, zehn Jahre später sieht das ganz anders aus. Die Sachen verändern sich, wenn sie nicht ständig gewartet und hergerichtet werden. Ihr ursprünglicher Sinn wird langsam leiser oder verschwindet sogar …

KP: Ist das für Sie eine Art Hoffnungszeichen?

Kröner: Ich weiß nicht. Ich wünsche mir einfach Respekt vor der Natur – der sollte einfach unendlich viel größer sein.

KP: Frau Kröner, ich danke Ihnen für das Gespräch.

*Der exakte Titel lautet „Ich suche das Meer in der Stadt“

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Zeit und Raum für die Kunst

Am Anfang wird da nicht einmal das Wort sein. Am Anfang wird es da nur die Leere geben. Und die Stille, die Stille des Raums. Doch die gute Nachricht für Menschen, die Leere und Stille nicht ertragen können, dürfte nicht lange auf sich warten lassen: Die „Brachiale“ zieht es dorthin. Dort – das ist im 1. Stock des Lübecker Haerder-Centers, wo einst eine Budni-Filiale zu Hause war. Ab dem 1. März öffnet die Kunstgemeinschaftin diesem Leerstand einen Monat lang die „Produzentengalerie für Dialoge im Zwischenraum“.

„Wir gehen da rein und spannen da erst einmal ein Netz – in Form eines Maschendrahtzauns – auf“, sagt Berit Kröner, die die „Brachiale“ zusammen mit ihrer Kollegin Mirja Schellbach gegründet hat. „Und dann spielen wir Tennis und setzen die Unterhaltung fort, die wir eh schon die ganze Zeit führen. Das wird so eine Art Kunsthappening.“

Die Unterhaltung, die die beiden Frauen führen, dreht sich vor allem um zwei Fragen: Wie kann es ihnen als Künstlerinnen und Mütter gelingen, genügend Zeit für ihr Schaffen zu bekommen? Und: Wie können sie ungenutzte Räume und Flächen für ihre Kunst nutzen?

In beiden Fragen schlummert bereits das Label, mit dem sie nun an den Start gegangen sind: Ihre Kreativität lag aus familiären Gründen weitgehend brach, Orte lagen und liegen brach. „Brachiale“ haben die Frauen ihre Kunstgemeinschaftaber auch genannt, weil sie mit Nachdruck ihr Recht auf Zeit und Raum einfordern wollen. Kröner zitiert in diesem Zusammenhang die Schriftstellerin Virginia Woolf. „Eine Frau muss Geld haben und ein eigenes Zimmer, wenn sie Literatur schreiben will“, sagt sie. Dies gelte natürlich auch für Frauen, die Kunst machen. Die Alternative sei eine von männlichen Ideen dominierte Welt.

Dagegen setzen Kröner und Kollegin Schellbach nun ihre Kunst. Im Haerder-Center wird der Dialog der beiden Frauen auch in der gemeinsamen Präsentation ihrer Werke bestehen. Exponat um Exponat soll sich der rund 400 Quadratmeter große Raum füllen. Eine Art „Zwischenbilanz“ kann das Publikum am 17. März im Rahmen einer Midissage ziehen. Am 31. März endet das Gastspiel der „Brachiale“ dann mit einer Finissage.

Einen weiteren großen Auftritt planen die beiden Frauen im Juni. „Für den KulturSommer am Kanal habe ich in Ratzeburg die kleinen und mittleren Brachen ausfindig gemacht“, sagt Kröner. „Dafür bin ich mit einer Freundin durch die ganze Stadt geradelt.“ Entdeckt hat sie 15 Litfaßsäulen und den Pavillon der Schlosswiese, die mit Werken der „Brachiale“ bestückt werden sollen.

Aber erst einmal geht es in Lübecks Zentrum: Die „Produzentengalerie für Dialoge im Zwischenraum“ im Haerder-Center ist montags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Weitere Infos gibt es auf www.diebrachiale.de sowie auf https://www.instagram.com/diebrachiale/. Mehr über Berit Kröner können Interessierte unter https://beritkroener.de/ erfahren.

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Bebilderte „Plauderstunden“

Das Thema der Woche trägt diesmal den Titel „Hausbesuch“. Mit Fug und Recht muss man sagen. Zweieinhalb Stunden haben mein Kollege Tom Koops und ich am vergangenen Dienstag mit Berit Kröner geplaudert. Die Ratzeburger Künstlerin erzählte uns von ihrem Werdegang und ihren Werken und gab uns einen Einblick in ihren Arbeitsalltag. Dafür führte sie uns durch Haus und Garten und versetzte uns mit ihrer Kunst und ihren Aussagen immer wieder ins Erstaunen.

Das Ergebnis dieses Hausbesuchs sind ein ausführliches Interview, die Vorstellung der Kunstgemeinschaft „Die Brachiale“ und eine Story mit bewegten Bildern, die Interessierte unter https://www.instagram.com/stories/stiftungherzogtumlauenburg/2780640509564573686/ finden.

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„Zeit der Wölfe“ im Stadthauptmannshof

Finnischen Folk gibt es am Sonntag, 13. März, im Möllner Stadthauptmannshof auf die Ohren. Um 18 Uhr betreten die vier Sängerinnen von „Suden Aika“ die Herrnhaus-Bühne. In ihren Liedern widmen sie sich alten Sagen, Zaubersprüchen und Gedichten. Zudem präsentieren sie eigene Stücke.

Die Texte der Eigenkompositionen nutzen das Versmaß, das schon im finnischen Nationalepos Kalevala Verwendung fand. Daraus formt das Quartett kraftvolle Vokalstücke, die es behutsam mit finnischer Kantele, Flöten und Perkussion begleitet. Dass diese Musik und die Lieder eine entspannende, bisweilen mystische Wirkung entfalten, erklärt Katariina Airas, die das Quartett 2003 mitgegründet hat, so: „Im Zentrum steht zumeist die Harmonie zwischen den Elementen der Natur und dem Menschen, was durch die musikalischen Harmonien der nordischen Folkmusik noch unterstrichen wird. Selbst wenn die Zuhörer die gesungenen Texte nicht verstehen, ahnen sie schnell, worum es geht. Denn letztlich ist es die Musik, die die Geschichten erzählt.“

Suden Aika“ – deutsch „Zeit der Wölfe“ – sind Katariina Airas (Gesang, Mora-Harpa), Karoliina Kantelinen (Gesang, Kantele, Perkussion), Liisa Matveinen (Gesang, Kantele) und Veera Voima (Gesang, Flöten, Perkussion). Wer sich einen Eindruck vom Können und von der Aura der Formation verschaffen möchte, dem sei die Homepage der Band www.sudenaika.com empfohlen.

Für die Veranstaltung kooperieren der Förderverein Möllner Folksfeste, der Folkclub Mölln und die Stiftung Herzogtum Lauenburg. Karten können über info@folkclubmoelln.de oder per Telefon unter der Rufnummer 04542-87000 reserviert werden. Es gelten die aktuellen Corona-Bestimmungen des Landes.

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Foto: Johanna Sauramäki

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„Im Prinzip geht es um unsere Zukunftsfähigkeit“

Wie so viele Institutionen hat die Otto-von-Bismarck-Stiftung pandemiebedingt anstrengende Zeiten hinter sich. Und die Zukunft – wie sich im Interview von Kulturportal-Herzogtum.de mit Geschäftsführer Ulrich Lappenküper und Natalie Wohlleben, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, schnell herausstellt – dürfte nicht weniger anstrengend werden. Die Stiftung plant eine neue Dauerausstellung. Dafür hat sie kürzlich das nur einen Steinwurf von ihrem Sitz in Friedrichsruh entfernte Bismarck-Museum erworben.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Lappenküper, das Bismarck-Museum gehört seit kurzem der Stiftung. Sie planen, dort eine neue Dauerausstellung zu installieren. Liegt das Konzept dafür schon in der Schublade?

Prof. Dr. Ulrich Lappenküper: Unser Ziel ist es tatsächlich, in diesem Gebäude eine neue Dauerausstellung zu installieren. Voraussetzung ist, dass das Gebäude zunächst einmal grundsaniert wird. Das wird sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen – sowohl was die Baumaßnahmen als auch was die Finanzierung angeht. Hintergrund ist, dass die Ausstellung hier im Hause mittlerweile 22 Jahre auf dem „Buckel“ hat. Wer sich mit Dauerausstellungen auskennt, weiß, dass sie nach spätestens 15 Jahren dringend der Modernisierung bedürfen. Wir wollen unsere aktuelle, die noch hier im Bahnhofsgebäude ist, aufheben und im Museumsgebäude mit seinen wunderschönen Exponaten dann in einer neuen Dauerausstellung über Otto von Bismarck und seine Zeit zusammenführen.

KP: Sie sagten gerade, dass das Museum vorab grundsaniert werden muss. Haben Sie schon eine Vorstellung davon, wie viel Zeit das in Anspruch nehmen wird?

Lappenküper: Das Entscheidende wird die Frage der Finanzierung sein. Alles hängt davon ab, wie rasch wir die Mittel dafür zur Verfügung gestellt bekommen. Wir sind da in Gesprächen und hoffen, dass sobald wie möglich das „Go“ aus Berlin kommt. Erst dann können wir in die Planungsphase eintreten. Natürlich haben wir schon Ideen, wie man Dinge umsetzen kann.

KP: Die weitere finanzielle Unterstützung durch den Bund ist also bloß eine Frage der Zeit…

Lappenküper: Der Kauf des Museums war ja von vornherein mit der Idee eines Kulturzentrums inklusive einer neuen, modernen Dauerausstellung verbunden. Uns geht es ja auch darum, dass man die weiteren Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Vorträge nutzen kann und die Beengtheit hier im Gebäude endlich aufhebt. Im Prinzip geht es um die Zukunftsfähigkeit der Stiftung.

KP: Wissen Sie schon, wie die Aufteilung des Gebäudes ausfallen wird?

Lappenküper: Nein. Der Umbau des Gebäudes hängt von verschiedenen Parametern ab und von der Frage, inwieweit der Denkmalschutz unsere Ideen absegnet. Da müssen noch viele Gespräche geführt werden. Eines ist aber vollkommen klar: Das Gebäude ist, so wie es da steht, für eine neue Dauerausstellung nicht geeignet. Wir müssen uns beispielsweise über Barrierefreiheit Gedanken machen.

KP: Gehen wir davon aus, dass die Sanierung des Gebäudes hoffentlich schon bald von statten geht. Wie würde dann das Museum darin aussehen? Ich nenne mit „Bestand“ und „Digitalisierung“ einfach mal zwei Stichpunkte.

Lappenküper: Der Bestand, den wir haben, ergibt sich aus den Exponaten, die uns als Eigentümer zur Verfügung stehen. Wobei es natürlich nicht unser Ziel ist, das Museum gewissermaßen 1 zu 1 zu erhalten. Es soll eine moderne Dauerausstellung mit mehr Originalobjekten sein, als es bisher hier im Hause der Fall war. Natürlich auch mit medialen Zugängen. Das Problem ist: In dem Moment, wo eine Dauerausstellung eröffnet wird, ist sie fast schon wieder veraltet. Wir müssen also gewissermaßen das Zeitfenster mit in unsere Planung einbeziehen – auch in Hinblick auf die Frage der Technisierung.

KP: Wie steht es um die inhaltliche Ausrichtung?

Lappenküper: Die Themenstrukturen sind für uns gewissermaßen vorgegeben. Der Ausstellungstitel lautet ja „Otto von Bismarck und seine Zeit“. In den vergangenen Jahren haben sich da natürlich weitere Themen, die wir hier bisher nur am Rande behandelt haben, in den Mittelpunkt geschoben. Das gilt zum Beispiel für die Kolonialpolitik.

KP: Denken Sie auch darüber nach, Exponate zusätzlich zum Bestand zu erwerben?

Lappenküper: Wenn sowohl der Magazinbestand als auch der Bestand im Museum selbst unseren Überlegungen nicht entspricht, werden wir gegebenenfalls einzelne – wenige – Exponate ankaufen. Aber das sind Fragen, die wir erst in dem Moment klären können, wenn wir die Raumfrage geklärt haben.

Natalie Wohlleben: Grundsätzlich haben wir mit dem Museum und mit dem Archiv wirklich einen sehr reichhaltigen Fundus, aus dem wir schöpfen können.

KP: Andererseits eröffnet sich hinter der Überschrift „Otto von Bismarck und seine Zeit“ ein extrem weites Feld. Da kann es ja bei einer Neukonzeption durchaus mal an einer Illustrationsmöglichkeit fehlen…

Lappenküper: Wenn ich von „Otto von Bismarck und seine Zeit“ spreche, geht es im Prinzip um 200 Jahre. Es geht dabei auch um die Frage des Mythos, der sich um Bismarck gebildet hat, und die Frage, wie wir damit heute umgehen. Das wird sicherlich weit intensiver zu behandeln sein, als es bisher der Fall gewesen ist. Da besitzen wir tatsächlich auch das eine oder andere Exponat.

KP: Wie muss eine moderne Ausstellung über „Otto von Bismarck und seine Zeit“ ausgestattet und konzipiert sein?

Lappenküper: Da muss man einfach auch ein Stück weit Prophetie an den Tag legen und mit einplanen, in welche Richtung es in Zukunft gehen könnte – sowohl inhaltlicher Art als auch in der Art des Zugangs. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich ja durchaus Revolutionäres entwickelt. Heutzutage geht man häufig von der Erzählung einer Geschichte ab und versucht bestimmte Aspekte in den Mittelpunkt zu rücken. Darüber werden wir uns Gedanken machen müssen, ob das für uns der Weg sein kann. Ich bin offen gestanden skeptisch. Dieser neue Zugang wird auch schon wieder hinterfragt, weil er Defizite aufgewiesen hat. Wir als Otto-von-Bismarck-Stiftung haben nicht die Möglichkeit wie manch anderes Haus, Fehler nach drei, vier Jahren aufzufangen. Unsere Ausstellung wird einige Jahre, ja Jahrzehnte halten müssen.

KP: Und die Technik – welche Rolle kann sie, soll sie unter dieser Bedingung spielen?

Lappenküper: Wir werden auch da ganz gewiss dem aktuellen Stand der Museumspädagogik entsprechen müssen. Aber auch da neige ich zur Vorsicht. Man sieht hier und da im Land durchaus eine Übertechnisierung von Museen, mit zum Teil sehr anfälligen Ausstattungen.

KP: Herr Lappenküper, Sie sagten gerade, dass in den Museen heute nicht mehr die Erzählung einer Geschichte präsentiert werde. Sebastian Barsch, Professor für Geschichtsdidaktik in Kiel, meint, die Zeit der reinen Faktenvermittlung sei vorbei. Wie kann man dann überhaupt noch Geschichte im Museum erzählen?

Lappenküper: Die Zeit der reinen Fakten-Aufzählung ist vorbei, ja, aber die Frage ist doch, wie man erzählt. – Eine Geschichte bedarf einer gewissen Chronologie, nur darf es nicht im Sinne des 19. Jahrhunderts das Aneinanderreihen von Daten sein. Das ist vollkommen klar. Ob aber der vor 20 Jahren in der Museumspädagogik beschrittene Weg, Geschichte nur noch auf wenige Fakten zu reduzieren, zukunftsweisend war, da habe ich meine Zweifel. Das werden wir hier in einem größeren Kreis noch diskutieren müssen. Natürlich besteht immer auch die Möglichkeit, durch verschiedene Ebenen, die nicht auf den ersten Blick sichtbar sind – eben durch Technik – Lücken zu füllen. Trotzdem muss man sich immer fragen, wen wollen wir mit unserer Ausstellung ansprechen? Was erwartet unser heutiges und unser zukünftiges Publikum? Ich bin mir sicher, dass wir im Laufe der für uns zur Verfügung stehenden Zeit einen Weg finden werden.

KP: Ein größerer Kreis heißt, dass Sie auch Expertise von außen heranziehen werden?

Lappenküper: Auf jeden Fall. Wir haben natürlich unsere Expertise. Ich glaube, es gibt in der Bundesrepublik nur wenige, die sich so gut mit Bismarck und seiner Zeit auskennen. Aber das Wissen ist das eine, es zu vermitteln, das andere. Und dann auch noch über das Museale – da gibt es einfach die Notwendigkeit für uns, Expertise von außen mindestens einzubinden und verschiedene Zugänge kennen zu lernen. Am Ende werden wir dann eine Entscheidung treffen, bei der wir alle Gremien der Stiftung und natürlich die Kolleginnen und Kollegen hier vor Ort einbeziehen werden.

KP: Birgt so ein Prozess nicht die Gefahr, dass es ein Zuviel an Ansätzen und Ideen gibt?

Wohlleben: Wir haben schon unsere wichtigen Ankerpunkte. Wir haben ein allgemeines Publikum, das aus dem In- und Ausland zu uns kommt. Außerdem sind wir wichtig für die politische Bildung. Man darf nicht vergessen, dass das hier ein außerschulischer Lernort ist. Allein unsere letzte Sonderausstellung haben 70 Gruppen besucht.

KP: Wie kann dieses außerschulische Lernen in Zeiten von TikTok und Instagram weiterhin gelingen?

Wohlleben: Ich denke – Herr Lappenküper hat das schon angedeutet –, dass wir über mehrere Ebenen rangehen müssen, damit jeder Besucher auf seine Art glücklich wird. Man kann den klassischen Museumsbesucher bedienen, der durch die Räume schlendert. Und wer Lust hat, sich die Dinge genauer durchzusehen, für den gibt es heute Apps. Aber wie gesagt: Unser Stichwort ist die politische Bildung.

Lappenküper: Was jetzt nicht heißt, dass man nicht doch möglicherweise hier und da ein inszenatorisches Element einbringt. Eins ist aber vollkommen klar: Wir werden hier keinen Eventcharakter haben. Auch wenn wir immer bemüht sein müssen, ein sehr breites Publikum zu erreichen. Die Schulklassen sind da ein Thema, ein anderes ist die Mehrsprachigkeit und die Art und Weise, wie die deutsche Sprache präsentiert wird – Stichwort „einfache Sprache“. Sie sehen also, wir stehen vor einer Menge an Überlegungen und Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Ich denke aber, dass ist eine fantastische Aufgabe, sobald man uns dann endlich lässt.

KP: Herr Lappenküper – Frau Wohlleben, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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Das Leben des Kanzlers kommt ins Netz

„Business as usual“ ist nicht in der Otto-von-Bismarck-Stiftung. Schon lange nicht mehr. Wie im Rest der Republik mischt auch im Alten Bahnhof Friedrichsruh die Pandemie die Karten immer wieder neu. Hinzu kommt ein großes Projekt, an dem die wissenschaftlichen und pädagogischen Expertinnen und Experten des Hauses schon seit anderthalb Jahren feilen: die Online-Biografie Otto von Bismarcks.

„Unsere Idee ist es, das Leben Otto von Bismarcks multimedial zu präsentieren und so ein breiteres Publikum zu erreichen“, erläutert Geschäftsführer Prof. Dr. Ulrich Lappenküper das Vorhaben. Die Freischaltung der eigenständigen Webseite ist für den Sommer geplant. Um tatsächlich mehr Menschen für das Leben des legendären Reichskanzlers zu interessieren, seien die Beiträge „locker“ mit Bildmaterial aufgebaut und essayistisch formuliert. Inhaltlich habe man die Biographie in bestimmte Rubriken wie das Private und das Politische aufgeteilt. „Wir haben dabei auch Aspekte am Start, die man sonst vielleicht nicht so auf dem Schirm hat“, so Lappenküper. „Zum Beispiel die Frage, wie viele Reisen hat Bismarck unternommen? Wen hat er da im Laufe seines langen Lebens getroffen?“

Mit der Online-Biografie setzt die Stiftung die begonnene Digitalisierung weiter fort. Im Zuge der Pandemie gab es zuletzt diverse Online-Veranstaltungen, darunter wissenschaftliche Vorträge und die Eröffnung der Sonderausstellung „1870/71. Reichsgründung in Versailles“. „Da hatten wir mehr als 1.000 Besucherinnen und Besucher“, freut sich Lappenküper, „eine Zahl, die wir in Präsenz niemals erreichen könnten“. Auch die digitalen Vorträge würden gut angenommen. Die Klickzahlen lägen da zumeist im dreistelligen Bereich, die Spitze bei 5.000. 

Das sind durchaus beeindruckende Zahlen. Kein Wunder also, dass Lappenküper im Digitalen das Potential sieht, mehr Menschen zu erreichen. Da ist es nur konsequent, dass die Online-Biographie barrierefrei und auf Englisch und Französisch abrufbar sein wird.

Darüber hinaus liegt für die Stiftung in diesem Projekt die Chance, Maßstäbe zu setzen. „Bislang“, betont Lappenküper, „gibt es noch nicht allzu viele biografische Online-Biographien zu herausragenden Persönlichkeiten der europäischen Zeitgeschichte.“

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Grundlagen des Antisemitismus

Die von den Bundesländern für März angekündigten Lockerungen dürften auch die Otto-von-Bismarck-Stiftung freuen. Damit dürfte den geplanten Veranstaltungen in Präsenz nichts im Weg stehen. Zuletzt hatte die Einrichtung den Vortrag Christopher Dowes „Gegen den Obrigkeitsstaat. Matthias Erzberger als Wegbereiter deutscher Demokratie“ noch ins Netz verlegt.

Als Nächstes steht dann ein bedeutsamer Ausschnitt aus der Geschichte des Rassismus im Fokus: Am Donnerstag, 10. März, um 19.30 Uhr spricht Sven Fritz im historischen Bahnhof Friedrichsruh über „Denken und Wirken Houston Stewart Chamberlains im deutschen Kaiserreich“. Chamberlain, Autor von „Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts“, galt und gilt als Vordenker des rassisch begründeten Antisemitismus. Mit diesem Thema wird sich die Stiftung dann noch mal in der zweiten Jahreshälfte befassen. Dafür hat sie Imke Scheib eingeladen, die am 27. Oktober den „Antisemitismus im Kaiserreich“ einer Analyse unterzieht.

Einem ganz anderen Themenfeld widmet sich am Donnerstag, 28. April, Prof. Dr. Horst Günther Linke (Universität Bonn) im historischen Bahnhof. Er stellt das Verhältnis Otto von Bismarcks zu Aleksandr M. Gorčakov in den Mittelpunkt. Zu keinem anderen seiner Amtskollegen unterhielt der Reichskanzler so intensive und langandauernde Beziehungen wie zu dem Russen. Der Vortrag zeigt die Verbundenheit, aber auch Unstimmigkeiten und Spannungen auf. Die Veranstaltung beginnt ebenfalls um 19.30 Uhr.

Anmeldungen werden per Mail unter info@bismarck-stiftung.de oder unter der Rufnummer 04104-977110 entgegengenommen.

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Ein Gefäß, das mit Leben gefüllt sein will

Wie festgekrallt hockt er auf der Anhöhe. Wuchtig und unübersehbar. Ein gedrungener Riese, der Blicke abprallen lässt, als ertrüge er es nicht, im Rampenlicht zu stehen. Als wäre es ihm lieber, auf die Gräber und den geschmeidigen Löwen zu verweisen. Doch Standort und Architektur lassen keine Wahl: Die Blicke gehen immer wieder zurück zum Dom, dessen zu klobig geratener Turm in diesen Tagen eingerüstet ist.

Christian Skobowsky sitzt in der Küche und nippt an seinem Latte Macchiato. Das Gotteshaus liegt quasi nebenan. Skobowsky ist Kirchenmusiker mit Leib und Seele. Er ist der Domkantor und das Gotteshaus ist sein Hauptarbeitsplatz. Aber irgendwie ist es auch mehr als das.

Im Laufe der Jahre hat er ein persönliches Verhältnis zum Ratzeburger Dom aufgebaut. Wenn es um einen Menschen ginge, könnte man es als tief und innig beschreiben. Er hat sich über das Abweisende – über die Schroffheit des Bauwerks – hinweggesetzt und sich so Zugang verschafft.

Als er den Dom das erste Mal sah, war er noch an der Schweriner St. Paulskirche beschäftigt. „Wir hatten hier auf der Bäk Ende der 90er Jahre ein Treffen mit Kollegen“, erinnert er sich. Den Dom habe er damals aber nur am Rande wahrgenommen.

2007 ist die Stelle des Domkantors vakant. Skobowsky spielt mit dem Gedanken, sich zu bewerben. Aber er ist unsicher. Er sieht sich den Dom deshalb „incognito“ an. Sein Urteil fällt eher nüchtern aus. „Der Raum wirkte nicht unmittelbar auf mich. Es war keine Liebe auf den ersten Blick.“

Dennoch ringt er sich zu der Bewerbung durch. Tatsächlich tritt er im Herbst den Dienst für die Domgemeinde an. Rund 15 Jahre und diverse Proben, Gottesdienste, Andachten, Bittgebete und Konzerte später haben die Erinnerungen und die daran gekoppelten Emotionen den Blick verändert. Das Schlichte des Gotteshauses empfindet er heute als Schönheit und als Möglichkeit.

„Der Dom zwingt mich, ihn mit Ideen zu füllen“, sagt er. „Er ist wie ein Gefäß, das auf Inhalt wartet.“ Daraus ergebe sich ein Wechselspiel, das er sehr inspirierend empfinde. Zuneigung speist sich bekanntlich nicht nur aus dem großen, aus dem schönen Schein. Was nützt schon blanke Pracht, wenn aus ihr nichts folgt?

Ohnehin ist die Frage nach dem schönen Schein längst hinter der Vertrautheit mit dem 800 Jahre alten Gemäuer verschwunden. Die unzähligen Begegnungen haben dazu geführt, dass sich Skobowsky einfach nur gerne in der Kirche aufhält. Nach Konzerten nehme er gerne das Mobiliar in die Hand, räume noch ein wenig auf, verrät er. „Das ist für mich keine Last. Ich möchte auch etwas für den Raum tun.“

Der Raum revanchiert sich und erweist sich als guter Klangkörper. „Der Nachhall beträgt drei Sekunden. Für Orgelmusik ist das ideal.“ Auch für Blasinstrumente und menschliche Stimmen sei die Akustik im Dom gut. Streicher haben es „schwerer“. Als die Kirche gebaut wurde, habe man noch „gregorianisch“ gesungen. „Damals gab es noch keine Orchester“, stellt Skobowsky nüchtern fest.

Die Bedingungen sind nun mal in Stein gemeißelt. Für ihn ist das kein Grund, zu lamentieren. Im Gegenteil: Der Raum und seine Geschichte sind für ihn zum Faszinosum geworden – die Vorstellung etwa, dass dort, wo er heute dirigiert oder einfach nur zuhört, sich schon im Mittelalter Menschen versammelten.

Vom Latte Macchiato ist mittlerweile nur noch ein wenig Milchschaum übrig. Skobowsky macht sich bereit für eine Exkursion zu seinem Arbeitsplatz. Er schlüpft in den Mantel und marschiert los. Draußen hockt unverrückbar unter dem wolkenverhangenen Himmel der Dom. Vorm Paradies – der Vorhalle des Gotteshauses – bleibt er unvermittelt stehen. Er deutet auf die Gräber. Einige, die hier bestattet seien, sagt er, habe er gut gekannt. Er erinnere sich an einen besonderen Moment, während des ersten Lockdowns sei das gewesen, als er an den Gräbern vorbeischritt. Da habe er gedacht: „Hier möchtest du auch eines Tages sein.“

Die Pandemie ist nun ein weiterer Teil dieser – seiner – Geschichte mit dem Dom. Er berichtet von den wenigen, aber intensiven Begegnungen in deren erster Phase, von der bemerkenswerten Entwicklung des Domchores, der trotz großer Einschränkungen gewachsen sei.

Die Menschen – sie sind ein weiterer Baustein für sein inniges Verhältnis zu diesem Ort. Sie füllen das Gefäß. Sie füllen es mit Leben.

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Ein Wahrzeichen braucht Hilfe

Große Freude in Ratzeburg: Das Land Schleswig-Holstein beteiligt sich mit insgesamt 600.000 Euro an der dringend notwendigen Sanierung des Doms. Weitere Fördermittel des Bundes werden benötigt und beantragt. Insgesamt belaufen sich die Sanierungskosten auf mehr als 1,26 Millionen Euro.

Der Ratzeburger Dom mit seinem fast 48 Meter hohen Turm ist das Wahrzeichen der Kreisstadt und weit über die Grenzen des Herzogtum Lauenburgs hinaus bekannt. Die dreischiffige Pfeilerbasilika mit ihrem kreuzförmigen Grundriss ist eine der frühesten Backsteinbauten Norddeutschlands und damit ein Denkmal von nationaler Bedeutung. Auf Initiative von Heinrich dem Löwen war mit dem Bau 1154 begonnen worden. Vollendet wurde der Dom im Jahre 1220.

Seit mehr als drei Jahren ist der Turm mit einem Gerüst verhüllt. „Bei der Erneuerung des Kupferdaches 2018/19 wurden zum Teil erhebliche Schäden in der Fassade festgestellt“, sagt Antje Nordhaus, Vorsitzende des Bauausschusses der Domkirchgemeinde. Die Situation sei derart prekär, dass schlimmstenfalls sogar Steine herunterfallen könnten. „Wegen eindringender Feuchtigkeit müssen dringend Fugen saniert und voraussichtlich auch viele Ziegelsteine erneuert werden betont die ehrenamtlich tätige Bauingenieurin.

Bereits im November 2019 hatten Experten des Berliner Büros für Bauforschung und Restaurierung (KVO) mit der Untersuchung des historischen Backsteinturms begonnen und ein Schadensgutachten erstellt. Dieser Expertise zufolge bezifferte das landeseigene Gebäudemanagement Schleswig-Holstein (GMSH) die notwendigen Investitionen zuletzt mit 1,26 Millionen Euro. „Angesichts der aktuellen Materialkrise auf dem Bau werden wir damit nicht mehr hinkommen“, berichtet Domprobst Gert-Axel Reuß (Foto: KKLL Thomas Biller), zugleich Vorsitzender des Kirchengemeinderates.

In einem ersten Schritt hat jetzt das Land Schleswig-Holstein seine Unterstützung zugesagt. Auf Initiative von CDU, Grünen und FDP hat die Landesregierung in Kiel 600.000 Euro in den Haushalt eingestellt. Der Landtag hat dem Förderpaket zugestimmt, das in zwei Teilen in diesem und im kommenden Jahr als Investitionszuschuss in die Sanierung des Ratzeburger Doms fließen wird. „Dadurch können jetzt konkrete Planungen angeschoben werden. Sobald die gesamte Finanzierung steht und das Ausschreibungsverfahren abgeschlossen ist, kann vielleicht schon im Spätsommer mit den ersten Arbeiten begonnen werden. Dann bekommen wir hoffentlich schnell den Ratzeburger Domturm wieder ohne Gerüst zu sehen“, so der Domprobst.

Große Hoffnungen setzt die Dom-Gemeinde auf weitere Finanzierungshilfe durch den Bund. Die örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer machte sich jetzt selbst vor Ort ein Bild von den Schäden und informierte sich direkt bei den Fachleuten der Kirche über die notwendigen Maßnahmen. Anlässlich ihres Besuchs sagte sie: „Der Dom zählt zu den historisch herausragend bedeutsamen Bauwerken der Region. Daher werde ich mich für Bundesmittel zur Sanierung einsetzen.“

Im Idealfall gelingt es, auch eine Fördermittelzusage des Bundes in entsprechender Höhe zu ermöglichen. Die Kirchengemeinde selbst wird ebenfalls einen maßgeblichen finanziellen Anteil zum Erhalt beisteuern. „Verständlich, dass gern das Nötige gegeben wird, wenn man das große ehrenamtliche Engagement hier sieht. Besonders beeindruckend ist, wie der Kirchenbau nach wie vor mit Leben gefüllt wird. Einladend und inspirierend“, sagt André Schlesselmann, verantwortlich für Fundraising beim Kirchenkreis.

Lauenburgs Pröpstin Frauke Eiben (Foto li.) ist beeindruckt: „Das Engagement im Land und auf Bundesebene verfolge ich mit großer Freude. Es zeigt eindrücklich, welch hohen Stellenwert unser Ratzeburger Dom nicht nur für uns als Kirche, sondern auch gesellschaftlich und politisch hat. Dafür danke ich von ganzem Herzen“, betont Frauke Eiben. Unterdessen hat die Synode des Kirchenkreises beschlossen, dass der Ratzeburger Dom künftig Predigtstelle der Pröpstin beziehungsweise des Propstes im Herzogtum Lauenburg sein wird.

Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.