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Fliegende Finger in Zeiten leerer Stühle

Stadthauptmannshof im Frühjahr 2021. Es ist die Zeit der leeren Stühle. Die Zeit, in der die für Januar und Anfang Februar angekündigten Veranstaltungen schon im Dezember Schnee von gestern waren. Hier rührt sich nichts. Keine Stimme, die nach kurzem Räuspern einen Vortrag beginnt. Kein Zuhörer, der mit dem Hosenboden auf seinem Platz unruhig hin- und herrutscht, um eine wichtige Frage loszuwerden. Die Mikros sind abgebaut, verstauben mit dem restlichen Equipment im Lager.

Um dem Virus keine Bühne zu bieten, hält sich die Stiftung Herzogtum Lauenburg wie alle anderen Kulturträger auch an die staatlich verordnete Eventpause. Einerseits. Andererseits klappert es in den Büros. Fliegen Finger über Tastaturen, klingeln Telefone, reden sich die Leute in Videoschalten die Köpfe über die Zukunft heiß.

„Trotz Lockdown muss es ja weitergehen“, sagt Geschäftsführerin Andrea Funk. Nach der Planung ist für sie vor der Planung. Wenn wie aktuell ein Event des Halbjahresprogramms nach dem anderen der Pandemiebekämpfung zum Opfer fällt, wird halt umdisponiert. „Ab Mitte Februar starten wir unsere digitale Reihe ‚Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten‘“, so Funk. Gleichzeitig geht ihr Blick schon über das erste Halbjahr hinaus. „Wir hoffen, dass sich die Lage im Sommer verbessert und wollen der Kulturszene im August erneut kostenlos eine Open Air-Bühne zur Verfügung stellen.“

Für Vizepräsident Wolfgang Engelmann sind es solche Projekte wie auch die diversen digitalen Veranstaltungsformate, mit denen sich die Stiftung in den vergangenen Monaten immer wieder als „Rettungsanker“ für Künstler und Kulturschaffende erwiesen habe. „Die Mitarbeiter gehen sehr kreativ mit der Situation um“, lobt Engelmann. Lob hat er auch für Frank Düwel parat. Der Intendant des KulturSommers am Kanal habe nicht gezaudert, als es darum gegangen sei, das von der Stiftung veranstaltete, bedeutendste Festival der Region umzuplanen und auf pandemietaugliche Beine zu stellen. „Diese Flexibilität werden wir auch in den kommenden Monaten benötigen“, betont Engelmann.

Die gute Nachricht, die sich dahinter verbirgt, lautet: Wie 2020 setzt die Stiftung auch 2021 alles daran, dass der KulturSommer am Kanal wieder stattfindet. Die Planungen dafür laufen bereits auf Hochtouren. Der Flyer mit den Veranstaltungshighlights ist in Arbeit. Pandemiebedingte Unwägbarkeiten werden vom Intendanten und seinem Team mit eingeplant. Düwel bezeichnet dieses Planen in Was-wäre-wenn-Szenarien als „Jonglieren mit vier Bällen“.

Hygiene, Abstand halten und Kontaktbeschränkungen sind aber nicht die einzigen Hürden, die der KulturSommer am Kanal 2021 nehmen muss. Auch finanziell muss das Festival wohl zurückstecken. „Viele unserer Sponsoren leiden unter der angespannten Lage“, erklärt Stiftungspräsident Klaus Schlie den Rückgang des Budgets um knapp ein Achtel. Dem KulturSommer stehen damit mehr als 20.000 Euro weniger zur Verfügung. Sollte es dabei bleiben, müsste der zweite Veranstaltungstag des Kanu-Wander-Theaters gestrichen werden.

Aber so weit ist es noch nicht. Klaus Schlie hofft auf weitere Sponsoren. Er setzt da auch auf die Arbeit der Fördergesellschaft der Stiftung Herzogtum Lauenburg. „Ich glaube schon, dass der neue Vorstand um Meinhard Füllner noch stärker ins Bewusstsein bringen kann, dass wir im Kreis Herzogtum Lauenburg die zuständige Stelle für die Kultur sind und dann auch Privatpersonen dazu bringen können, uns zu unterstützen.“ Selbst die Krise und die damit anstehenden Verteilungskämpfe machen ihn nicht bange: „Ich glaube, dass den Menschen die Bedeutung der Kultur bewusster geworden ist.“

https://kulturportal-herzogtum.de/2021/02/08/stiftung-herzogtum-lauenburg-wanted-junge-autorinnen-schreibwettbewerb-2021/
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„Wir leisten Pionierarbeit und finden neue Methoden“

Die Kulturszene durchlebt gerade ihren zweiten Lockdown. Veranstaltungen gibt es – wenn überhaupt – im Internet. Galerien und Museen haben geschlossen. Jörg-Rüdiger Geschke muss sich gerade vorkommen wie in einem Alptraum. Ihm, dem Sänger und Musiker, dem Mann, der als Vorstandsmitglied der Stiftung Herzogtum Lauenburg oder als Veranstalter des Möllner Folksfestes das kulturelle Leben im Kreis maßgeblich mitprägt, sind derzeit weitgehend die Hände gebunden. Vom Lockdown betroffen ist auch sein Berufsleben, das sich darum dreht, jungen Menschen eben diese darbende Kultur als Lehrer und Kreisfachberater für kulturelle Bildung nahezubringen. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihm über diese anspruchsvolle Arbeit in Zeiten der Pandemie.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Geschke, Sie sind Kreisfachberater für kulturelle Bildung. Unabhängig davon engagieren Sie sich schon lange als Pädagoge und Musiker für dieses Thema. Für den Laien stellt sich da zunächst einmal die Frage, was ist eigentlich „kulturelle Bildung“?

Jörg-Rüdiger Geschke: Darunter versteht man ganz allgemein Kulturvermittlung für Erwachsene und Kinder. Nach neuerer Lesart ist Kultur nicht etwas, was man L’art pour L’art in die Welt setzt und guckt, ob es bei den Menschen ankommt. Man guckt auch immer, wie man es an die Adressatengruppen heranbringen kann.

KP: Welche Adressatengruppen haben Sie da im Blick?

Geschke: Wenn ich als Kreisfachberater für kulturelle Bildung auftauche, dann bezieht es sich eher auf die Schule. Und wenn es um die kulturelle Bildung in der Schule geht, ist es immer auch ganz wichtig, dass nicht die einzelnen Fächer gemeint sind. Es sind nicht gemeint Kunst, Musik, Theater oder Literatur. Gemeint ist ein Fächer übergreifender Ansatz, der Kinder für kulturelle Bildung öffnet im Zusammenhang mit ihrer eigenen Lebenswelt. Ich nehme mal ein ganz einfaches Beispiel: Wenn wir uns in Geschichte mit Ludwig XIV. befassen und einen Film dazu drehen, ist das ein Beitrag zur kulturellen Bildung im Geschichtsunterricht.

Kulturportal-Herzogtum.de: Das wäre schon in „normalen“ Zeiten eine anspruchsvolle Aufgabe. Jetzt kommt noch die Pandemie oben drauf. Lässt sie sich unter den derzeitigen Umständen überhaupt bewältigen? 

Geschke: Tatsächlich ist es aktuell schwierig. Gerade die Fächer der musisch-ästhetischen Erziehung sind im Distanzlernen schwer zu machen. Das hängt natürlich damit zusammen, dass Kultur davon lebt, dass Kommunikation stattfindet und dass diese Art der Kommunikation eher analog ist. Theaterspielen findet analog statt. Der Künstler atmet die gleiche Luft wie sein Publikum. Doch im Moment geht das nicht. Das heißt, dass wir uns jetzt ganz neue Dinge ausdenken müssen. Da sind wie die Künstler und die Kulturschaffenden auch die Lehrer gefragt.

KP: Was macht man denn da als Lehrer?

Geschke: Der Theaterunterricht findet auch online statt. Da geht es dann um theaterwissenschaftliche Themen. Die Schülerinnen und Schüler recherchieren über Theaterstücke. Das Zweite ist der praktische Unterricht. Natürlich kann ich die Aufgabe vergeben, sich eine Szene auszudenken. Oder ich entwickele ein digitales Filmprojekt. Die Schülerinnen und Schüler erhalten dann die Aufgabe, einzelne Szenen zu drehen. Anschließend treffen wir uns per Videokonferenz und tauschen unsere Ergebnisse und unsere Erfahrungen aus. Am Ende ist es dann Aufgabe des Lehrers oder eines Schülers, den Film zusammenzuschneiden. Im Bereich Kunst haben wir beim ersten Lockdown die Kinder animiert, ihre Situation im Homeschooling bildnerisch-künstlerisch darzustellen und haben dann eine Online-Ausstellung* gemacht. So etwas ist Kunsterziehung und Kulturvermittlung, andererseits ist es Lebenshilfe, mit der Situation des Lockdowns klarzukommen.

KP: Würden Sie sagen, dass eine Art Werkzeugkasten entstanden ist, wie Unterricht unter Corona-Bedingungen funktionieren kann? 

Geschke: Ja – und wir arbeiten immer weiter daran. Die Kreisfachberater aus Schleswig-Holstein sind gerade dabei, eine „Kulturkiste“ zusammenzustellen. Das heißt, wir haben die Kulturvermittler – das sind weitestgehend bildende Künstler und Musiker, die sich zum Kulturvermittler haben weiterbilden lassen – aufgefordert, sich kleine Kulturprojekte auszudenken, die für die Schule sofort umsetzbar sind. Voraussetzung ist, dass sie über das Internet funktionieren.

KP: Würden Sie sagen, dass da ein digitaler Schub ausgelöst worden ist oder macht man da gerade eher aus der Not eine Tugend?

Geschke: Natürlich machen wir das jetzt aus Not. Andererseits leisten wir da eine Pionierarbeit und erfinden neue Methoden. Und diese Methoden werden wir auch weiterhin brauchen. Die Digitalisierung wird nicht rückgängig zu machen sein, selbst wenn wir die Pandemie im Griff haben. Es gibt sogar Leute, die warnen: Nach der Corona-Pandemie ist vor der nächsten Pandemie. Auch deshalb ist es gut, wenn wir uns neue Formate überlegen. Was heute als Notlösung erscheint, wird rückblickend wahrscheinlich als das Erkunden neuer kultureller Methoden angesehen werden.

KP: Wenn Sie über Methoden sprechen, spürt man, dass da nicht nur der Fachmann für kulturelle Bildung spricht, sondern auch der Lehrer Geschke. Ich weiß, dass Sie erst kürzlich mit Schülerinnen und Schülern ein Theaterstück inszeniert haben. Wie lief das ab?

Geschke: Das fand ja noch in der Zeit des Teillockdowns statt, als wir noch analog vor reduziertem Publikum auftreten konnten. Wir mussten mit Abstand und mit Mundschutz inszenieren. Beides war sogar Thema im Stück.

KP: Man kann also sagen, dass das Miteinander sehr stark von der Pandemie überschattet war. 

Geschke: Nein. Die Einschränkungen haben nicht dazu geführt, dass die Kinder weniger Theater miteinander gespielt haben oder keine Lust mehr dazu hatten. Schwieriger wäre es jetzt, wo wir keinen Präsenzunterricht haben. Wie gesagt – ohne Präsenzunterricht müssen wir uns ganz andere Sachen überlegen. Es gibt Theaterpädagogen, die nutzen Zoom-Konferenzen als Theatertool. Da guckt der Zuschauer am Bildschirm und die Schauspieler sind in ihren Zoom-Fenstern in einzelnen Kacheln gefangen. Das ist auch eine Möglichkeit.

KP: Kommen wir nochmal auf Ihre Arbeit als Kreisfachberater für kulturelle Bildung zurück. Was können Sie angesichts des sich hinziehenden Lockdowns eigentlich noch tun? Sind Ihnen nicht weitgehend die Hände gebunden?

Geschke: Ich könnte da einige Bausteine aufzählen.

KP: Legen Sie los!

Geschke: Für uns als Kreisfachberater heißt Lockdown erst einmal Videokonferenzen über Videokonferenzen. Wir standen und stehen untereinander in ganz engem Austausch. Wir machen Projekte wie Schülerinnen@homeart oder IQSH-Fortbildungen wie „Theater mit Abstand“. Als Kreisfachberater bin ich außerdem für Museen, Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit zuständig. Da geht es darum, Bestandsaufnahmen zu machen und zu fragen: Wie können wir die Zusammenarbeit der Schulen mit den Museen und umgekehrt verbessern? Viele unserer Museen im Kreis werden ehrenamtlich geleitet. Man kann die Lockdown-Zeit für die Entwicklung digitaler Formate nutzen, damit sie an den Schulen noch präsenter werden, als sie es ohnehin schon sind.

KP: Sie fungieren also als Schalt- und Vermittlungsstelle zwischen den Schulen und den Museen?

Geschke: Genau. Wenn ich zwischen Museen und Schulen vermitteln will, frage ich einerseits: Sagt mir doch mal: Was wollt ihr von den Schulen? Aber genauso kann ich an die Schulen gehen und sagen: Was wünscht ihr euch eigentlich von den Museen? Ich plane zum Beispiel mit Frau Stockhaus vom Barlachhaus in Ratzeburg – ein wunderbares, sehr modernes und digitales Museum – eine Fortbildung. Da lade ich die Lehrer dann über das IQSH ein.

KP: Wie ist die Resonanz bei solchen Angeboten? 

Geschke: Ich arbeite daran, dass sie stetig besser wird. Dafür müssen die Schulen überhaupt erstmal verstehen, was kulturelle Bildung ist. Inwiefern kann sie unseren Schulalltag erleichtern? Da erdenke ich Projekte – auch mit den Schulen. Ich frage: Was würdet ihr denn erleichternd finden? Und dann gibt es die Projekte, die schon seit Jahren bei uns im Kreis laufen – zum Beispiel das Möllner Folksfest, wo ich als Kreisfachberater für kulturelle Bildung Schulkonzerte vermittele. Also, dass Künstler in die Grundschulen gehen und Konzerte spielen oder dass wir den Schulen Ausstellungen anbieten. Die Schulen müssen sich um nichts weiter kümmern, als mir bescheid zu sagen, in welchem Zeitraum sie die Ausstellung haben wollen. Ich organisiere dann den Rest.

KP: Aktuell haben Sie da ja so gut wie keinen Handlungsspielraum. Wie steht es während des Lockdowns, um den Kontakt zu den Schulen beziehungsweise zu den Lehrerinnen und Lehrern?

Geschke: Im Lockdown ist es sehr schwer, an sie heranzukommen. Das muss man mit Fingerspitzengefühl machen. Ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen alle – und das sage ich voller Hochachtung – hart an der Überforderung arbeiten. Und als Kulturfachberater dann mit tollen Projekten zusätzlich zu kommen – das wäre blauäugig. Man muss es momentan mit Fingerspitzengefühl machen – mit kleineren Angeboten wie der „Kulturkiste“.

KP: Dafür suchen Sie dann aber den Kontakt?

Geschke: Ich schreibe an die Schulen im Kreis regelmäßig einen Rundbrief. Und grundsätzlich versuche an allen Schulen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu finden. Ganz viel geht über die persönliche Ansprache. Wenn ich an Schulen eine Person kenne, mit der ich telefonieren kann, habe ich schon mal ganz viel erreicht. Dann läuft die Zusammenarbeit automatisch gut.

KP: Herr Geschke, ich danke Ihnen für das interessante Gespräch.

*Gemeint ist Schülerinnen@homeart – ein von den Kreisfachberatern während des ersten Lockdowns im April landesweit angeschobenes Kunstprojekt. Schülerinnen und Schüler sollten künstlerisch ihre persönliche Sicht auf die Corona-Zwangsschulpause verarbeiten. Die Kunstwerke sind unter http://schuelerinnenathomeart.kulturvermittler-sh.de/ veröffentlicht.

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Schreiben, malen, drehen

Auch wenn die Schülerinnen und Schüler sich derzeit im Lockdown befinden, bleibt das Thema „Kulturelle Bildung“ auf der Tagesordnung. Aktuell läuft die dritte Auflage des von der Stiftung Herzogtum Lauenburg initiierten Schreibwettbewerbs „Wanted: Junge Autor*inn*en“. Mittendrin als Juryvorsitzender und Vorstandsmitglied der Stiftung ist auch Jörg-Rüdiger Geschke – vom Beruf Fachberater für kulturelle Bildung im Kreis Herzogtum Lauenburg.

„Wanted: Junge Autor*inn*en“ ist eine von mehreren Aktionen, mit denen jungen Menschen die Gelegenheit gegeben werden soll, sich auf kreative Art und Weise mit gesellschaftlichen, ökologischen und sozialen Themen auseinanderzusetzen. Eine weitere, Natur und Kultur verbindende Aktion läuft unter dem Motto „Kinderblütenreich“. Dafür suchen Geschke und seine Kollegin Elisabeth von Meltzer, Kreisfachberaterin für Natur- und Umweltbildung, Menschen, die Blühflächen zur Verfügung stellen oder Blütenpatenschaften eingehen. Aufgabe der Schülerinnen und Schüler wäre es dann das Grün und die bunten Blüten, künstlerisch ins Bild zu setzen. Diese kreative Arbeit soll klassenweise erfolgen.

Darüber hinaus hat die Diplom-Designerin Sandra Hansen das schon laufende Projekt „Out of my Box“ angeschoben. Es ermöglicht Schülerinnen und Schüler ab der 9. Klasse, sich ästhetisch mit der Auswirkung der Pandemie auf ihre Lebenswelt auseinanderzusetzen. Als Ausdrucksmittel kommen Bild, Text, Audio- und Videodatei in Frage. Wer will, kann für seine Darstellung auch Medien miteinander kombinieren. Die digitalen Werke sollen auf eine digitale Pinwand hochgeladen werden. Die Teilnahme für Schulen ist kostenfrei. Anmeldungen nimmt Sandra Hansen persönlich entgegen. „Out of my Box“ ist Teil der von Kreisfachberater Geschke und seinen Kollegen initiierten „Kulturkiste“. Dahinter verbergen sich digitale Projektangebote, die den Schulen Unterrichtsmöglichkeiten für kulturelle Bildung in Zeiten des Lockdowns an die Hand geben sollen.

Kontakt:  

„Out of my Box“: Tel. 0176-55233425 und hansen@design-la-vie.de.

„Blütenreich“, Tel. 04156-256460 sowie e.vonmeltzer@posteo.de sowie joerg-geschke-rz@kfkb-sh.de.

„Wanted: Junge Autor*inn*en“: Fragen und Texte an info@stiftung-herzogtum.de. Anzugeben sind Namen, Anschrift, Geburtsdatum und Telefonnummer. Die Stiftung Herzogtum Lauenburg hat ihren Sitz in der Hauptstraße 150, 23879 Mölln. Weitere Infos zum Wettbewerb unter www.stiftung-herzogtum.de.

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„Die ganz neuen Leiden der jungen W.“

Jeder junge Mensch leidet auf seine ganz eigene Art und Weise. So auch Emma, die es fortzieht nach Berlin, um all ihre schlechten Erinnerungen hinter sich zu lassen. So wie sie sich sieht, ist sie eine bessere, erfolgreichere Emma. Das will sie beweisen – in einem Altenheim.

Altenheim statt DDR-Baubrigade, junge Frau statt junger Mann – der Kurs für Darstellendes Spiel der Gemeinschaftsschule Mölln hat unter der Leitung von Jörg-Rüdiger Geschke „Die neuen Leiden des jungen W.“ von Ulrich Plenzdorf in die Gegenwart transportiert und der jugendlichen Selbstfindung auch noch eine Pandemie mit auf den Weg gegeben. Ein gelungenes Manöver, wie sich bei der Welturaufführung zeigt. Das coronabedingt reduzierte Publikum, das aus zwei Klassenkohorten besteht, fühlt und leidet mit dieser Emma.

In dem Altenheim, in dem Emma arbeitet, stehen alle unter Anspannung. Die Seuche hat den Alltag auch in dieser Einrichtung aufgemischt. Alle tragen Maske, alle sind auf Abstand. Die Stimmung ist gereizt. Wie soll da Nähe entstehen? Wie können da Gefühle herunterkochen? Wo findet sich Trost in der Distanz? Und die Liebe? Ist nicht in Sicht in dieser vor allem von Frauen bestimmten Welt. Immerhin: Charlotte ist da, zu der Emma sich hingezogen fühlt.

Emmas Schicksal wird Stück für Stück über Rückblenden zu Tage befördert. Dafür bringt die Regie ihren Vater – im Leben nur eine Randerscheinung – ins Spiel. Emmas Vater begibt sich auf Spurensuche. Er spricht mit den Kolleginnen der Tochter, versucht herauszufinden, was seiner Tochter widerfahren ist. Wie Plenzdorfs Edgar in der Urfassung stirbt Emma an einem elektrischen Schlag. Bei Plenzdorf ist es eine selbstgebaute Maschine, die den Unfall auslöst, bei der Adaption ist es ein Föhn.

„Der Föhn ist ihre letzte Chance, zurückzukommen und zu zeigen, dass sie etwas kann“, sagt Geschke. Der Pädagoge und Kreisfachberater für kulturelle Bildung hat die Neufassung geschrieben. Diese Arbeit ist auch eine Reminiszenz an die eigene Vergangenheit. „Plenzdorfs Roman ist Teil meiner Jugend“, sagt er. Verblüfft habe ihn bei den Proben mit den Schülerinnen und Schülern dessen Aktualität. Für „Die ganz neuen Leiden der jungen W.“ habe er problemlos die Kulissen wechseln können. Es brauche keine 70er Jahre DDR, keine Brigade – der Kern des Stücks funktioniere, ganz gleich wo.

Offensichtlich ist die Sehnsucht der Jugend nach Anerkennung universell, allein Emmas Leid ist individuell. Geschke hofft, dass sich davon im neuen Jahr ein noch größeres Publikum überzeugen kann. Bislang haben sich die Inszenierung der Zehntklässlerinnen und Zehntklässler lediglich ein sehr kleines Premierenpublikum und vier Klassenkohorten am Vormmittag danach ansehen können.

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„Wer kann, sollte jeden Tag eine Stunde rausgehen“

Beate Schicker ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutin. Die Möllnerin arbeitet seit 33 Jahren in diesem Beruf, seit 27 Jahren führt sie ihre eigene Praxis. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit der erfahrenen Therapeutin über ihre Arbeit während des Lockdowns und die Möglichkeiten, mit dem veränderten Alltag klarzukommen.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Schicker, wie erleben Sie als Privatmensch den Lockdown?

Beate Schicker: Ich kann das gar nicht unabhängig von meinem Beruf sehen, weil der Beruf ein Punkt ist, der mir den Lockdown eigentlich erleichtert. Der Beruf ist das, was mein Leben zum großen Teil strukturiert. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen gehe ich meiner beruflichen Tätigkeit unverändert nach. Ich habe Kontakt. Meine Patienten kommen ja zu mir. Das ist nicht anders als vor der Zeit des Lockdowns.

KP: Der Beruf steht also nach wie vor im Mittelpunkt?

Schicker: Ja, und es ist ein psychisch stabilisierender Faktor. Obwohl ich einen helfenden Beruf habe, stabilisiert der Beruf mich selber auch. Ich werde weiterhin gebraucht und ich habe einen Rhythmus.

KP: Gibt es außerhalb dieser beruflichen Welt irgendetwas, was Sie im Zuge des Lockdowns begonnen beziehungsweise geändert haben?

Schicker: Ich bin ein Mensch, der die Natur und die Musik liebt. Wenn ich eine große Palette an Emotionen erleben will, gehe ich in die Oper. Wobei das zurzeit ja nicht möglich ist. Aber ich habe die Natur, ich habe meinen Hund, mit dem ich spazieren gehe. Das ist etwas, was weiterläuft. Aber ich habe etwas intensiviert. Ich hatte mir vor zwei Jahren nach sehr langer Pause wieder ein Tasteninstrument zugelegt – ein E-Piano. Im Herbst habe ich angefangen, mich mehr damit zu beschäftigen. Ich mache an dem Instrument jetzt neue Sachen. Ich suche mir ab und zu einen Kirchenchoral oder ein Kirchenlied und harmonisiere das selber. Ich nehme auch kleine Musik-Videos auf und stelle sie ins Internet. Da wähle ich dann aus meinem großen Fundus an Naturfotografien passende Bilder aus. Das ist eine Form der Kreativität, die ich jetzt neu im Lockdown begonnen habe und die mir viel Freude macht.

KP: Wie wichtig ist es gerade jetzt, dass man Dinge hat, auf die man sich freuen kann?

Schicker: Das ist ganz, ganz wichtig.

KP: Und wenn man sie nicht hat – muss man sie sich suchen – oder?

Richtig. Da muss man die Augen offenhalten. Mit den Chorälen habe ich angefangen, weil wir sie normalerweise gesungen hätten. Ich singe ja im Nicolaichor. Deshalb hatte ich einige Noten von Chorälen aus dem Weihnachtsoratorium von Bach zu Hause liegen und da habe ich mich dann einfach mal hingesetzt. Ich habe mittlerweile auch ein  Musikaufnahme-Programm und habe diese Choräle mit verschiedenen Stimmen aufgenommen. Irgendwann ist es dann passiert, dass ich meine eigenen Akkorde hinzugefügt habe und jetzt ist es leicht verjazzt. Das macht einfach Freude. Das führt einen sofort in eine andere Welt. Inzwischen ist es fast so ein bisschen wie Verliebtsein. Es gibt so einen inneren Impuls, die Nähe des Klaviers zu suchen.

KP: In dieser anderen Welt gibt es dann auch keinen Lockdown…

Schicker: Das ist der sogenannte Flow. Das ist dieser Zustand, wo das Bewusstsein und die Sinne konzentriert sind und alles andere ausgeschaltet ist. Gerade jetzt in der Pandemie, wo schlechte Nachrichten auf uns einprasseln, ist es gut, dass wir trotzdem in einen Flow kommen, der uns in eine schöne, angenehme und harmonische Welt versetzt.

KP: Der Lockdown betrifft uns ja nun alle. Werden Sie auch von Bekannten, Verwandten und Freunden um Rat gefragt?

Schicker: Nicht mehr als sonst. Ich lebe eher zurückgezogen. Und ich kann mich auch wirklich sehr gut abgrenzen. Das wissen die Menschen in meinem persönlichen Umfeld auch. Ich bin nicht so die Ratgeberin in allen Lebenslagen. Das bin ich beruflich – im Privatleben aber nicht.

KP: Wahrscheinlich braucht man als Psychotherapeut auch mal Abstand von der Arbeit…

Schicker: Ich bin halt so ein Mensch. Ich bin keine, die Stunden lang am Telefon hängt und spätabends noch quasselt. Dann würde wohl die Gefahr bestehen, dass man mich zur Ratgeberin macht.

KP: Aber wenn Sie jetzt ein Freund oder Freundin anspräche, würden sie schon reagieren – oder?

Schicker: Natürlich. Nur: Wenn einem eine sehr nahestehende Person anspricht, besteht dann wieder das Problem, das man keine neutrale Person ist. Um wirklich einen professionellen Rat geben zu können, muss ich eine neutrale Person sein. Also wenn ich jetzt mit jemandem in meiner Freizeit Sport mache, dann wäre ich für denjenigen keine gute Therapeutin.

KP: Ich hätte darauf gewettet, dass die Menschen in Ihrem privaten Umfeld das Virus und den Lockdown zum Thema machen. Schließlich sind die Nerven momentan bei vielen sehr angespannt.

Schicker: Wenn wir jetzt Chorproben hätten, wäre ich einmal in der Woche unter vielen Leuten. Da hätte man auch Zeit, vorher und auch hinterher zu reden, und dann kämen wohl auch solche Gespräche zustande. Aber momentan gibt es nun mal keine Chorproben. Und die Spaziergänge mit dem Hund mache ich alleine.

KP: Wie sieht es denn bei Ihnen in der Praxis aus? Suchen da mehr Menschen als sonst Ihre Hilfe?

Schicker: Ich habe noch nie erlebt, dass wenig Bedarf an Psychotherapie besteht. Gerade zum Jahresanfang habe ich viele Anmeldungen, weil die Menschen – das ist völlig unabhängig von politischen und sonstigen Gegebenheiten – sich zum Jahresanfang vornehmen, etwas für sich zu tun. Viele sagen sich: Jetzt fange ich endlich mal eine Therapie an.

KP: Es gibt da trotz Pandemie und Lockdown tatsächlich keine Unterschiede im Vergleich zu den vergangenen Jahren?

Schicker: Es ist es genauso wie in den Jahren davor.

KP: Das hätte ich nicht gedacht.

Schicker: Es melden sich auch so vielmehr, als ich bewältigen kann. Ich könnte ein Vielfaches an Stunden arbeiten.

KP: Wie ist es mit denen, die bei Ihnen aktuell in Therapie sind. Wie gehen diese Menschen mit der Situation um?

Schicker: Die Reaktionen sind unterschiedlich. Es gibt tatsächlich Personen, die sagen, der Lockdown tut ihnen gut, weil er Stress aus ihrem Leben rausnimmt. Ich habe zum Beispiel viele Patienten, die nach Hamburg oder sonst wohin pendeln. Wenn diese Menschen jetzt Homeoffice oder Kurzarbeit machen, haben die natürlich sehr viel weniger Stress. Das ist ja klar. Auch Mütter, deren Kinder viele Hobbys haben, sagen mir, dass sie weniger Stress haben, weil sie nicht ständig zum Schwimm- oder Musikunterricht fahren müssen. Einige meiner Patienten sagen, der Lockdown tue ihnen gut. Das sind Menschen, die gerne zurückgezogen leben.

KP: Es gibt doch aber bestimmt auch Menschen, die unter der Situation leiden?

Schicker: Natürlich gibt es auch die anderen, die darunter leiden. Das sind dann diejenigen, die aus therapeutischen Gründen Rehasport machen oder Physiotherapien und Selbsthilfegruppen besuchen. In Mölln gibt es das Haus „Lebenswelten“, ein Treffpunkt, wo Menschen mit Psychiatrieerfahrung Mittag essen, spielen und sich unterhalten. Das fällt jetzt natürlich alles weg.

KP: Was raten Sie diesen Menschen? Das muss bei einer psychisch kranken Person doch für einen immensen Leidensdruck sorgen…

Schicker: Normalerweise würde ich einigen Patienten empfehlen, regelmäßig Schwimmen zu gehen, weil das für Körper, Geist und Seele eine tolle Bewegungsart ist. Auch Fitnessstudios können ein therapeutischer Faktor sein, fallen aber derzeit ebenfalls weg.

KP: Gibt aktuell es überhaupt Alternativen?

Schicker: Jeder Mensch, der die Möglichkeit dazu hat, sollte auf jeden Fall eine halbe Stunde am Tag raus- und spazierengehen. Oder besser eine Stunde. Man kann zu Hause auch Gymnastik machen. Bei Youtube gibt es ja alles Mögliche – Atmungsübungen, Dehnungsübungen, Gleichgewichtsübungen.

KP: Nun gibt es Menschen, die Probleme haben, sich selbst aufzuraffen.

Schicker: Das ist richtig. Ich empfehle immer, sich nicht zu viel vorzunehmen. Es gibt Menschen, die Wochen lang nichts gemacht haben und sich dann völlig überfordern. Wenn ich drei Stunden losmarschiere und mit hängender Zunge zu Hause ankomme, ist das nicht sehr motivierend. Da reicht beim ersten Mal ein Gang um den Block.  

KP: Frau Schicker, ich danke Ihnen für das spannende Gespräch.

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Was macht eigentlich Antje Ladiges-Specht?

Der Lockdown ändert vieles, aber nicht alles bei Antje Ladiges-Specht. Nach wie vor geht sie jeden Morgen vor dem Frühstück in den Garten, um bei Wind und Wetter zu meditieren. Und natürlich arbeitet sie an neuen Kunstwerken, die sie im kommenden KulturSommer am Kanal zeigen wird. Zudem gibt es viele andere Dinge, die erledigt sein wollen.

„Ich habe sonst ein Programm, das ich mir vornehme“, sagt die Künstlerin, die ihr Atelier in der Alten Schule in Klein Zecher hat. Aber im Moment falle es ihr schwer, die gesteckten Ziele zu erreichen. „Manchmal frage ich mich, wie hast du das vor der Pandemie alles geschafft?“ sagt sie. „Die Zeit rast irgendwie dahin. Es ist erschreckend.“

Am Anfang der Pandemie sei sie wie gelähmt gewesen. Dann habe sie einen Energieschub bekommen und jetzt habe sie das Gefühl, von einer „innerlichen Lethargie“ erfasst worden zu sein. Zu schaffen machen ihr auch die fehlenden sozialen Kontakte. Zwar telefoniere sie regelmäßig und ausführlich mit Freunden, doch sie vermisse dieses „gelöste Miteinander“. Sie komme sich psychisch ausgebremst vor. Gleichzeitig fühle sich das alles irgendwie surreal an. „Wie in einem Film“, meint Ladiges-Specht.

„Ich weiß“, sagt sie, „dass ich auf hohem Niveau jammere.“ Schließlich wohne und lebe sie in einem schönen Umfeld. Sie wisse, dass es den Menschen in anderen Teilen der Welt wesentlich schlechter mit der Pandemie ergehe. Sorge mache ihr zudem die andauernde Zerstörung der Umwelt, die sie seit Jahren beobachte, und auch die drohende globale Auswirkung der Pandemie beunruhige sie – insbesondere für die Menschen in den ärmeren Regionen.

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Kennenlernen im Online-Modus

Julia Dombrowski hat sich keine leichte Zeit für ihren Start „ausgesucht“. Die frischgebackene Stadt- und Kulturmanagerin Geesthachts übernahm im Dezember – in der Zeit des „Lockdown light“ – ihren neuen Job, um kurz darauf im harten Lockdown zu landen. Live-Musik, Ausstellungs- und Theaterbesuche, die ohnehin schon untersagt waren, rückten in noch weitere Ferne.

Totenstille und tote Hose statt Bühnenaction. Wie soll eine Stadt- und Kulturmanagerin da in die örtliche Kunstszene eintauchen und jenen Menschen begegnen, die letztendlich der Grund ihrer Anwesenheit sind? Wenn jemand da ins Grübeln und Hadern käme, könnte man das verstehen. Aber der Typ Mensch scheint Dombrowski nicht zu sein. Sie sieht sehr wohl Möglichkeiten, mit den Kulturschaffenden ins Gespräch zu kommen. „Mit der guten alten E-Mail oder dem Telefon lassen sich durchaus erste Kontakte knüpfen“, so Dombrowski. Zudem gebe es Optionen wie Jitsi, die Videokonferenzen auch mit mehreren Menschen ermöglichen. Sie habe begonnen, persönliche Termine für die kommenden Monate auszumachen. Umgekehrt freue sie sich über jede Person, die mit ihr Kontakt aufnehme.

Dombrowski sieht in der Pandemie auch eine Chance für den Kulturbetrieb. „Sie ist ein Ideenkatalysator und zwingt Kulturschaffende, aber auch Stadtverwaltungen, Stiftungen und all die, die im weiten Feld der Kultur agieren, neue Wege zu beschreiten.“ Sie sei immer wieder erstaunt, wie die Beteiligten sich in den letzten Monaten bewegt haben. „Zahlreiche Akteurinnen und Akteure haben sehr flexibel und kreativ auf die Situation reagiert“, meint Dombrowski. Es seien neue Formate, Netzwerke und Möglichkeiten entstanden.

Die Geesthachter Kulturmanagerin denkt da vor allem an die digitalen Möglichkeiten, die Kulturschaffende in der Krise für sich entdeckt haben. Sie selbst bezeichnet sich als „sehr digitalaffin“ und hofft, „dass sich kulturelle Angebote auch nach Corona vermehrt digitale Räume erschließen und damit auch neue Zugänglichkeiten ermöglicht werden“. Dombrowskis Auffassung nach ist die strikte konzeptionelle Trennung von einem digitalen oder einem „analogen“ Raum überholt. „Beide Bereiche sind untrennbar miteinander verbunden und ich wünsche mir sehr, dass Kulturangebote diese Schnittstellen in Zukunft vermehrt mitdenken“, betont sie.

Und was bedeutet das nun alles für den Kulturaufbruch Geesthacht? Hat sie sich darüber schon Gedanken gemacht? Dombrowski möchte zunächst einmal ein „innovatives, kommunikatives Umfeld und Netzwerk“ aufbauen. Ein Kulturkonzept könne grundsätzlich nur in Kontakt mit den Kulturschaffenden entwickelt werden. Zugleich seien solche Konzepte für sie aber nie in Stein gemeißelt. „Es gilt, sie immer wieder zu überprüfen und anzupassen – wie beispielsweise in Zeiten von Corona“, betont sie.

Erst einmal heißt es für Dombrowski aber, sich einzuarbeiten und die Stadt kennen zu lernen. Ausgangspunkt dafür ist das Büro, das sie im Krügerischen Haus bezogen hat. Das ist insofern praktisch, als neben dem Kulturmanagement die zeitgenössische Museumsarbeit ein weiterer Schwerpunkt ihres Jobs ist. In diesem Bereich hat sie eine große Portion Erfahrung mit nach Geesthacht gebracht. Neun Jahre lang arbeitete Dombrowski am „Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt“ (MARKK). Mitgenommen hat sie von dort die Maxime, dass sich Vermittlungsarbeit an alle Altersgruppen richten sollte.

Bürgermeister Olaf Schulze hat sie mit diesem Ansinnen schon mal überzeugt. Er freue sich auf die Impulse, die von Julia Dombrowski ausgehen werden, so Schulze bei ihrer Vorstellung. Dies gilt im Übrigen auch für Christoph Raneberg, der im Krügerischen Haus kürzlich sein Amt als Stadtarchivar übernommen hat.

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Angriff der Mutanten

Die Hiobsbotschaften wollen nicht abreißen. Aktuell heißen sie B.1.1.7 und B.1.351– Corona-Mutanten mit einer um ein Vielfaches höheren Ansteckungsrate. Karl Lauterbach, Politiker und Epidemiologe, spricht von einer neuen Pandemie in der Pandemie. Die Hoffnung auf die große Massenimpfung, die Hoffnung auf Licht am Ende des Tunnels – sie liegt noch fern. Wegen der Lieferengpässe. Und sie steht auf tönernen Füßen, weil niemand weiß, wie wirksam die entwickelten und zugelassenen Impfstoffe die Mutanten bekämpfen.

Die Realität ist ein bis zum 14. Februar verlängerter Lockdown. Und die Wahrscheinlichkeit, dass das nicht der letzte Nachschlag war, ist hoch. Über die Folgen wird seit Wochen in den Talkshows diskutiert: Firmen gehen Pleite, Familien leiden unter Lagerkoller, Menschen verlieren ihre Jobs, Leute vereinsamen.

Sollte man besser Schluss machen mit dieser Politik? Wohl besser nicht. Die Ansteckungen würden in kürzester Zeit durch die Decke gehen. Und mehr Ansteckungen bedeuten mehr Tote. Und je mehr Tote es gibt, desto schwieriger wird es auch für die Wirtschaft und die Verwaltung, die eigenen Aufgaben zu bewältigen. Der Motor Deutschland könnte auch dann massiv ins Stottern geraten.

Wir müssen klarkommen. Irgendwie. Und wem es gutgeht in diesen Tagen, darf sich freuen. Ja, es sind schwierige Zeiten und man darf sie nicht kleinreden. Covid-19 trifft (zu) viele mit voller Wucht. Ich persönlich habe mir aber geschworen, nicht in Selbstmitleid zu verfallen. Schließlich bin ich immer noch privilegiert. Ich sitze an meinem Schreibtisch, bin gesund und kann arbeiten.

Helge Berlinke

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„Wir sind glücklich, dass da jetzt jemand ist“

Ausgerechnet in diesen für die Kultur so düsteren Zeiten erreichte Renate Lefeldt kürzlich diese gute Nachricht: Julia Dombrowski hat den Dienst für die Stadt Geesthacht aufgenommen. Die junge Frau ist als Stadt- und Kulturmanagerin ab sofort Fixpunkt für den von Bürgermeister Olaf Schulze und den engagierten Kulturschaffenden gewünschten Kulturaufbruch.

„Wir sind unheimlich glücklich darüber, dass da jetzt jemand ist“, sagt Lefeldt. Wir – damit meint die Geesthachterin die Ausstellungsgemeinschaft Lauenburgischer Künstler und die lose, mittlerweile nicht mehr aktive Gruppe der Geesthachter Kulturvisionen, die seit Jahren Lobbyarbeit für die Kultur machen beziehungsweise gemacht haben. Lefeldt setzt sich zudem als Politikerin im Rathaus hartnäckig für die Interessen von Künstlerinnen und Künstlern ein.

Das Engagement zahlt sich aus. Lefeldt und ihre Mitstreiter finden Gehör. Nicht nur bei den Parteien, auch beim Bürgermeister. „Olaf Schulze hat immer gesagt, dass er an dem Thema Kulturmanagerin dran ist.“ Mit der Einstellung von Julia Dombrowski, die neun Jahre lang für das „Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt“ (MARKK) gearbeitet hat, hat er nun Fakten geschaffen. Die Personalentscheidung ist ein Quantensprung für den Kulturbereich. Hinzu kommen weitere Erfolge der letzten Jahre – etwa, dass Künstlerinnen und Künstler, die eine Ausstellung machen, Zuschüsse erhalten. Aktuell wünscht sich Renate Lefeldt die Erstellung eines „Kulturraumkatasters“, also einen Überblick über Veranstaltungsorte in der Stadt.

Wesentlich höher hinaus zielt Renate Lefeldt, wenn es um die Arbeit der Kulturmanagerin geht. „Wir wünschen uns ein Kulturkonzept. So etwas ist für uns eine Nummer zu groß. Da hoffen wir, dass Frau Dombrowski sich kümmert.“

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Geesthacht als Ort der Industriegeschichte entdecken

Passend zum angestrebten Kulturaufbruch Geesthachts lädt seit kurzem eine Route der Industriekultur zu einem Entdeckungsspaziergang an der Elbe ein. 20 Stationen umfasst die Tour. Der Industriearchäologe Sven Bardua hat die Historie der Orte nachrecherchiert und in der Broschüre jedes Objekt einzeln bebildert und kompakt dargestellt. Die Geesthachter Route der Industriekultur ist ein gemeinsames Projekt der Metropolregion Hamburg und der Tourist-Information Geesthacht.

Die Stadt an der Elbe hat eine bewegte (Industrie-)Geschichte. Zwei große Sprengstofffabriken brachten ihr als „Pulverkammer Deutschlands“ viel Wohlstand und prägten die Region. Davon zeugen auch der Wasserturm und das Wasserwerk, die die Trinkwasserversorgung der Beschäftigten in der angrenzenden Wohnsiedlung sicherstellten.

Nur mühsam erholte sich die Stadt von den Folgen der Demontage der Fabriken nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Pumpspeicherkraftwerk und das Kernkraftwerk Krümmel waren wichtige Bausteine. 2011 wurde es stillgelegt. Sein Rückbau wird bis zu 20 Jahren dauern.

Mit der einzigen Staustufe im deutschen Teil der Elbe entstand seit 1957 auch eine Schleuse. In zwei parallelen, jeweils 230 Meter langen und 25 Meter breiten Kammern können Schiffe damit den Höhenunterschied von bis zu 3,50 Metern überwinden.

Diese Orte können coronagerecht auf Spaziergängen in der Regel losgelöst von Öffnungszeiten erkundet werden. Die Broschüre ist digital unter https://metropolregion.hamburg.de/industriekultur/routen/ verfügbar. Gedruckte Exemplare der Geesthachter-Route können bei der Tourist-Info Geesthacht unter der Telefonnummer 04152-836258 sowie im Netz über http://web4.deskline.net/geesthacht/de/brochure/list bestellt werden.

Foto: Sven Bardua

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