Es soll Menschen geben, die sich hinter ihrem Schreibtisch verschanzen, als verteidigten sie eine Burg gegen eine feindliche Übermacht. Sicher ist: Christian Lopau gehört mitnichten zu diesen Kandidaten. Er ist ein kontaktfreudiger Mann, was sich in regelmäßigen Auftritten in der Öffentlichkeit äußert.
Das passt gut in eine Zeit, wo Menschen von Kindesbeinen an darüber nachdenken, wie sie sich in der Öffentlichkeit darstellen und dabei eine möglichst gute Figur machen. Lopau übernahm vor knapp 30 Jahren das Amt des Möllner Archivars. Er begann mit einer halben Stelle. Zuvor hatte sich ein Ehrenamtler um die historischen Zeugnisse der Stadt gekümmert.
Für Lopau war es die Chance, das Feld neu zu bestellen. Er nutzte sie. Dabei halfen ihm fachliche Kompetenz, Freude an der Sache, Weitblick und die beschriebene Offenheit. Vorträge, Rundgänge, Radtouren haben ihn zu einem in der Region bekannten Mann gemacht. Diese Verbindung zur Region findet sich mittlerweile auch in seiner Arbeitsplatzbeschreibung wieder. Seit 2009 ist er Leiter der Archivgemeinschaft Nordkreis Herzogtum Lauenburg, der die Stadtarchive Mölln und Ratzeburg sowie die Amtsarchive Berkenthin, Breitenfelde, Lauenburgische Seen und Sandesneben-Nusse angehören.
Mit seinem Amtsverständnis und seinen Auftritten unterstreicht Lopau, welche Bedeutung das Archiv für das kollektive Gedächtnis hat. Wenn wir keine Ahnung von unserer Geschichte haben, wie bitte sehr sollen wir dann das Wesen und die Funktion von Aufklärung, Pluralismus und Demokratie begreifen? Als das Römische Reich der Antike mit seiner weit entwickelten Verfasstheit und Bürokratie unterging, folgte in Europa das Mittelalter. Eine lange Epoche, die einen langen Anlauf benötigte, um etwas Vergleichbares auf die Beine zu stellen.
Was sagt das? Fortschritt hat keine Zwangsläufigkeit. Ohne kollektives Gedächtnis – und dafür stehen Archive – kann aus Fortschritt Rückschritt werden. Lopau hat das begriffen. Dementsprechend übt er seinen Beruf aus. Der studierte Historiker hat die Zeitläufte im Blick. Er hat registriert, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Geschichte in Politik und Gesellschaft geschwunden ist, dass es Zeit ist, hier gegenzusteuern. Dementsprechend möchte er, dass das Archiv nicht nur als „kulturelle Einrichtung“ wahrgenommen wird, sondern auch als „demokratische Institution“.
Diese Marschroute verfolgt er ohne Polemik, sondern so – wie es seinem Charakter entspricht. Geradlinig, korrekt, dabei freundlich und mit seinen Gesprächspartnern stets auf Augenhöhe. Ein Glücksfall für die Region.
Helge Berlinke