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Plötzlich ohne Einnahmen

Plötzlich ist alles futsch. Der Terminkalender, eben noch prall gefüllt, gelöscht. Anna Malten hat das in eine Schockstarre versetzt. Sich daraus zu lösen, hat ein paar Tage gedauert. „Dieses Jahr wäre unser bislang bestes Jahr gewesen“, sagt die Märchenerzählerin und Theatermacherin. Malten lebt mit ihrem Mann Wolf in Siebeneichen. Zusammen betreiben sie das Lübecker Wassertheater.

Die Schockstarre hat sie mittlerweile überwunden. Geholfen habe da die große Solidaritätswelle, die kurz darauf losgebrochen sei, sagt sie. Trost spendet ihr auch das Gefühl, Teil einer Schicksalsgemeinschaft zu sein. Alle anderen seien ja auch betroffen.

Wegen ihres Berufes wähnt sie sich angesichts Krise sogar ein wenig im Vorteil: „Wir Künstler sind besser dran, weil wir immer auf dem Drahtseil tanzen“, sagt Anna Malten. Man sei Absagen gewohnt, müsse immer überlegen, wie es weitergehe. Die erste Antwort, die die Maltens auf diese Frage gefunden haben, ist die Zwangspause kreativ zu nutzen. Sie arbeiten an einem neuen Stück und sie hoffen dafür auf Fördermittel. Gleichwohl, räumt sie ein, sitze einem „die Angst im Nacken“. Denn – das stellt sie unmissverständlich klar: „Wenn wir keine Fördermittel bekommen, war´s das schon im Sommer.“

Große Sorgen um ihre Existenz macht sich auch Anja Witt (Foto: Asja Caspari). Wie bei den Maltens hat das Virus bei der Künstlerin die Planungen über den Haufen geworfen. Die Malschule? „Musste ich komplett streichen“, sagt die Künstlerin, die in Aumühle ihr Atelier hat. Ausstellungen? Wird es erstmal nicht geben. Die Institute, die Galerien – alles dicht. Eigentlich wäre sie an neun Kunstschauen beteiligt gewesen. Drei Einzelausstellungen hatte sie sich vorgenommen.

Bilder gibt es in Zeiten von Covid 19 nur noch digital zu sehen. Für Anja Witt ist das keine Alternative. „Die Leute müssen vorm Original stehen“, sagt sie. In der Online-Galerie werde nichts gekauft.

Was ihr bleibt, ist die Vermietung von Kunst. Etwa an Kanzleien. Dieses Standbein funktioniert aktuell noch. Sie hoffe, dass die Kunden auch weiterhin ihre Bilder mieten. Damit erziele sie Einnahmen in Höhe von 1.000 Euro. Die Summe deckt ihre Betriebskosten. Für die Sozialabgaben und den Lebensunterhalt reicht es nicht.

Wie die Maltens mit ihrem Theater hofft die Malerin in der Krise auf Finanzhilfen. Vom Landeskulturverband hat sie die Zusage über 500 Euro. Ein Anfang. Um sich auf Dauer zu behaupten, braucht es aber mehr. Anja Witt hofft, dass die vom Staat aufgelegten Förderprogramme auch ihr unter die Arme greifen. Doch sie ist skeptisch. Die vom Bund auf den Weg gebrachte Finanzunterstützung für kleine Betriebe – in ihrem Fall ginge es um eine Summe von 9.000 Euro – gehe beispielsweise an ihr vorbei. „Das Problem mit dem Förderantrag zum Einmalzuschuss ist, dass er sich auf die Betriebskosten bezieht“, sagt die Malerin. In diesem Punkt habe sie aber keinen Liquiditätsengpass. Ihr Problem sei der ausbleibende Gewinn.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/03/30/uebersicht-finanzhilfen-fuer-kulturschaffende/
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„Wir haben mittlerweile 70.000 Euro gesammelt“

Als Vorsitzender des Landeskulturverbandes (LKV) fallen Guido Froese derzeit zwei Aufgaben zu. Er sammelt Spenden und er spendet Trost. Vor zwölf Tagen hat der LKV einen Nothilfefonds ins Leben gerufen. Aus diesem Topf können Kreative einen Zuschuss von 500 Euro beantragen.

„Mittlerweile haben wir 70.000 Euro gesammelt“, freut sich Froese über die beachtliche Spendenbereitschaft. Für die nächsten Wochen hoffe er auf weitere Hilfen. Eine Ausschüttung ist bereits erfolgt. „Wir haben die ersten 100 Anträge unter Aufsicht ausgelost“, so Froese. Aktuell liege die Zahl der Anträge bei 130.

Froese und Team sammeln aber nicht nur Geld, sie schenken momentan auch immer mal wieder besorgten Künstlern ein Ohr. „Bei vielen hilft schon mal das Gespräch, um ihnen die Existenzangst zu nehmen“, sagt Froese. Er versuche die Menschen zu beruhigen und für Vertrauen zu den staatlichen Institutionen zu sorgen.

Manchmal werde er auch zu Antragsformularen und Fördermitteln des Bundes und Schleswig-Holsteins befragt. Der LKV könne allerdings – stellt er klar – keine Förderberatung leisten. Umso wichtiger ist ihm, dass sich kulturelle Einrichtungen, die durch das Raster der Hilfsprogramme fallen, bei ihm melden. Es gehe darum „alle im Blick“ zu haben.

Für so etwas wäre sicherlich eine Datenbank für Kulturschaffende hilfreich. So etwas gibt es aber (noch) nicht. So freut sich Froese, dass er durch die Krise erfährt, wo welche Künstler zu Hause sind. Viele, erklärt er, kommen aus Kiel, aus Lübeck oder Flensburg. Da seien es mehr als im „Flächenbereich der Kreise“.

Wer den Nothilfefonds in Anspruch nehmen möchte, findet unter https://www.landeskulturverband-sh.de/category/kulturhilfesh/ die Auszahlungsbedingungen. Kontakt per Mail gibt es unter kulturhilfe@landeskulturverband.de.

Wer spenden möchte, kann dies unter dem Stichwort „Kulturhilfe“ tun. Das eigens dafür eingerichtete Konto hat die IBAN DE51 2145 0000 0105 0396 71 (BIC: NOLADE21RDB). Spenden werden zudem via Paypal unter www.paypal.me/kulturhilfeSH entgegengenommen.

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Grenzhus Schlagsdorf sucht Zeitzeugen

Es ist der erste Exodus, der da im 16. November 1945 von statten geht. Herden von Rindern, Schafen und Pferden drängen sich auf der Straße. Landwirtschaftliches Gerät wird abtransportiert. Hier und da ist das laute Donnern eines Panzers zu vernehmen.

Hab und Gut von Bauern, die östlich des Schaalsees zu Hause sind, verschwinden an diesem Tag Richtung Westen. Seit dem 14. November wissen die Menschen aus Lassahn, dass ihre Heimat ab dem 28. November zur sowjetischen Einflusszone gehört, die Dechower und Thurower erfahren es am Tag darauf. Im Gegenzug gehen Römnitz, Bäk, Mechow und Ziethen an die Briten. General Colin Muir Barber und Nikolai Grigorjewitsch Ljaschtschenko haben sich darauf geeinigt. Es ist ein von den Briten angeschobener Deal, weil die Gebiete östlich vom Schaalsee für sie nur schwer zu erreichen waren.

Der zweite Exodus startet eine Woche später: Die Menschen aus der Region östlich des Schaalsees verlassen in Scharen ihre alte Heimat. Allein aus Dechow fliehen mehr als 1.000 Menschen der 1.237 Einwohner. Offensichtlich schreckt es einen Großteil der Menschen ab, der Herrschaft Stalins ausgesetzt zu sein.

Rund 75 Jahre nach diesem Ereignis widmet sich das Grenzhus Schlagsdorf diesem Ereignis. Die Einrichtung sucht Zeitzeugen, die sich an das Geschehen in der Region Mitte der 40er Jahre erinnern. Welche Emotionen verbinden diese Menschen mit dem Barber-Ljaschtschenko-Abkommen? Wie blicken sie heute auf den Vertrag zurück? Was bedeutete das Abkommen kurz- und langfristig für die Region diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs? Auf diese und weitere Fragen hofft das Grenzhus Antworten zu bekommen.

Zeitzeugen können sich per Mail unter info@grenzhus.de sowie telefonisch unter der Rufnummer 038875-20326 melden. Weitere Infos zu der Einrichtung gibt es unter www.grenzhus.de.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/03/22/grenzhus-leiter-andreas-wagner-ausstellung-zum-barber-ljaschtschenko-abkommen-schlagsdorf/
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Erinnerungen an die verschwundene Heimat

Das Grenzhus Schlagsdorf arbeitet derzeit an einer Ausstellung zum Barber-Ljaschtschenko-Abkommen – einem Gebietstausch zwischen den Besatzungsmächten Großbritannien und der Sowjetunion im November 1945 – rund ein halbes Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Tausch fand direkt vor unserer Haustür statt. Er betraf Dörfer im Lauenburgischen und Mecklenburgischen. Mit Jochen Friedrich hat das Grenzhus einen Zeitzeugen aus Hakendorf ausfindig machen können. Leiter Andreas Wagner sprach mit ihm über seine Erinnerungen. Hier lesen Sie seinen Bericht.

Jochen Friedrich ist 1931 in Schlesien geboren. Die Familie betreibt in Metkau (heute Mietków) bei Breslau eine kleine Landwirtschaft. Sie flüchtet Ende des Krieges mit vier Pferden und zwei Wagen in Richtung Westen und landet in Britz bei Eberswalde. Sieben Menschen gehören zur Gruppe, darunter Stiefvater, Mutter und Jochen Friedrich.

Ende April 1945 erreicht die Gruppe Schwerin. Von dort zieht sie weiter Richtung Westen. In Bennin, dann Tüschow (südöstlich von Zarrentin) und Granzin (bei Boizenburg) finden die Flüchtenden schließlich Unterkünfte. Das Kriegsende nehmen sie kaum wahr. Als die Briten Westmecklenburg am 1. Juli 1945 an die Russen übergeben, dürfen sie vom Stall in ein Zimmer ziehen. Von Juli bis Dezember 1945 kommen sie in einer leerstehenden Jagdhütte, ohne Strom und Wasser, unter.

Die Versorgung der Pferde gehört zu den Pflichten von Jochen Friedrich. Schon früh geht er mit ihnen los, damit sie am Wegesrand Futter finden. Eine Weide haben sie nicht. Das Hab und Gut der Flüchtlinge ist auf dem größeren und gummibereiften Wagen untergebracht: Kleidung, Waschwanne und Betten. Auf dem kleineren transportieren sie Hafer für die Pferde.

Weihnachten 1945 hört der Stiefvater von den leergezogenen Dörfern am östlichen Schaalseeufer. Fast alle Einwohner sind den abziehenden Briten gefolgt. Der Stiefvater erkundet die Lage und findet ein leeres Haus in Hakendorf.  In dem Ort sind nach Abzug der Briten nur noch zwei Häuser bewohnt: Familie Bruhn und Fischer Drostatis. Am 2. Januar 1946 zieht die Familie in das abgelegene Dorf nördlich von Zarrentin. Sie hat Glück – im Stall liegt das ungedroschene Getreide, in der Miete die Futterrüben. Die Felder sind bestellt.

Dennoch ist der Anfang schwer. Es fehlen Technik und Werkzeuge. Das Dorf ist von der Außenwelt abgeschnitten und das Grundwasser liegt tief. Im Dorf sind sowjetische Soldaten für den Grenzdienst untergebracht. Sie beanspruchen oft Pferd und Wagen für Transporte in die umliegenden Orte, was man ihnen nicht verweigern kann.

Besonders aufwändig ist der Transport der gemolkenen Milch. Jeden Tag muss sie in die 13 Kilometer entfernte Molkerei nach Zarrentin gebracht werden. Die Familien aus dem Dorf wechseln sich mit dem Transport ab.

Mangelware sind in diesen Tagen Schmiede und Eisenmaterial. So geht der Stiefvater im ersten Winter mit den Pferden über den zugefrorenen Schaalsee nach Schleswig-Holstein, um die Pferde beschlagen zu lassen oder Hufnägel und Hufeisen gegen Butter zu tauschen.

1950 verlässt Jochen Friedrich Hakendorf, um auf die Landwirtschaftsfachschule zu gehen. Nach einem schweren Unfall geben Stiefvater und Mutter die Landwirtschaft 1960 auf und verlassen Hakendorf. Der Stiefvater stirbt 1962.  

Die Häuser in Hakendorf fallen in den 1970er Jahren der DDR-Grenzsicherung zum Opfer. Auch das Haus, in dem Jochen Friedrich 1946 eine neue Heimat findet, muss weichen. Heute lebt er in Hagenow. Gleichwohl lässt ihn sein altes Zuhause nicht los. Er sucht Kontakt zu Alt-Hakendorfern, die 1945 das Dorf verlassen haben.

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Aus der Stiftung Nördlich der A24

Künstler mit Zauberkraft

Die neue Ausgabe von „Unser Herzogtum“ ist raus. Das von „Klar & Deutlich Media“ herausgegebene Magazin enthält wieder jede Menge spannende Storys aus der Region, darunter eine Fortsetzungsgeschichte über Karlheinz Goedtke, die Klaus Schlie, Präsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg und Vorsitzender des Freundeskreis Karlheinz Goedtke verfasst hat. Den ersten Teil veröffentlicht Kulturportal-Herzogtum.de mit freundlicher Genehmigung von „Klar & Deutlich Media“. Zur gesamten Ausgabe geht es hier.

Karlheinz Goedtke Bildhauer und Grafiker aus Mölln – Teil I

 „Als 1955 Schüler meiner zehnten Klasse für eine Gemeinschaftsarbeit Motive aus der Kunstlandschaft Schleswig-Holsteins suchten, da wählten sie für das Herzogtum Lauenburg neben dem Ratzeburger Dom den Eulenspiegel auf dem Möllner Marktplatz. Sie sahen in dieser lebensgroßen Figur den Geist Eulenspiegels, wie er ihnen aus der Literatur geläufig war, so vollendet eingefangen und einbezogen in die Umgebung, dass er ihnen Funktion oder Teil des historischen Marktes schien“. So beschrieb Hans Jürß in einer Laudatio 1977 das sicher bekannteste Werk des Möllner Bildhauers Karlheinz Goedtke. Bereits diese erste öffentlich aufgestellte Plastik auf dem Marktplatz in Mölln besitzt „symbolische Kraft“ für  die  Stadt  Mölln, in  der  Till  Eulenspiegel  bis  heute  „lebt“.   

„Zauber der Identifikation“ nennt es der Autor Karl Strube in einem Aufsatz über Goedtke. Dieser „Zauber der Identifikation“ wird bei uns im Kreis Herzogtum Lauenburg durch sehr viele Werke von Goedtke deutlich. Gleich, ob der „Junge Weidehengst“ in Ratzeburg als Symbol, das sich im Wappen des Kreises wieder findet oder die „Wölfe“ in Schwarzenbek, der „Lauenburger Rufer“ oder der „Taschenmann“ vor dem Kreissparkassengebäude in Ratzeburg – immer ist die Plastik Goedtkes ein Symbol für den Ort, wo sie aufgestellt ist.

Über 500 plastische Werke stehen als „Kunst im öffentlichen Raum“ auf Wegen oder Plätzen oder finden ihren Weg in die privaten Sammlungen. Unbekannter sind dagegen Goedtkes Skizzen und Zeichnungen, die in kleiner Auflage gedruckt wurden. Noch unbekannter sind eine ganze Reihe von Skizzenbüchern, die seit den frühen siebziger Jahren auf vielen Reisen durch Europa und dem afrikanischen Kontinent entstanden sind. Auf diesen Reisen fand Goedtke zahlreiche Anregungen für seine neuen Motive. 

Die Begegnungen mit den Menschen und den Tieren Afrikas, die Safaris in die Steppen, Savannen und Wüsten hat der Künstler in einer Vielzahl von Motiven verewigt. Diese „kleinen Arbeiten“ waren sicherlich auch die entscheidende Anregung zur weiteren Arbeit in seinem Atelier in Alt-Mölln. Die kompletten Darstellungen von Nashörnern, Elefanten oder die stolze Haltung einer Beduinengruppe haben ihren Ursprung in diesen Reisen, die den künstlerischen Horizont von Karlheinz Goedtke entscheidend erweitert haben. Bereits 1990 wurde in den Räumen der Stiftung Herzogtum Lauenburg als „besondere Auszeichnung des Künstlers Karlheinz Goedtke“ eine permanente Ausstellung seiner Werke im Stadthauptmannshof in Mölln eröffnet, die allerdings nicht lange Bestand hatte.“

Klaus Schlie

Teil II erscheint in Ausgabe 18 von „Unser Herzogtum“.

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Nördlich der A24

„Programm wird sich ändern“

Überall im Land ist das kulturelle Leben zum Erliegen gekommen. Es kann nicht mehr geprobt, geschweige denn aufgetreten werden. Wie lange werden diese Einschränkungen bleiben? Was für Folgen hat das für den KulturSommer am Kanal? Diese Fragen treiben Intendant Frank Düwel und Managerin Farina Klose in diesen Tagen um. In einem offenen Brief haben Sie sich nun an Künstler, Kulturträger, Helfer und Publikum gewandt. Hier das Schreiben im Wortlaut:

„Liebe Freunde, Kulturschaffende, liebe Gäste des KulturSommers am Kanal,

auch wir haben in den letzten Wochen die Entwicklungen der Covid-19-Pandemie verfolgt. Wie wahrscheinlich viele von Ihnen sind wir mit einer Situation konfrontiert, die wir so noch nicht erlebt haben und deren Entwicklung wir nicht abschätzen können.

Aus diesem Grund möchten wir mit der Entscheidung, ob der KulturSommer am Kanal innerhalb des geplanten Zeitraumes vom 07.06. – 06.07. diesen Jahres stattfinden kann, bis zum 20. April warten.

Produktionen / Proben

Sicher ist, dass sich das Programm in diesem Jahr in Umfang und Form der Veranstaltungen verändern wird, da zur Zeit alle Proben und Treffen zu den Produktionen ruhen. Dies betrifft die Eröffnung in Büchen, das Kanu-Wander-Theater, Beat ´n Dance und weitere Produktionen.

Der Reisebegleiter /Programmplanung

Angesichts der Ungewissheit werden wir den Reisebegleiter nicht im gewohnten Print-Format publizieren. Durch die große Anzahl an Einzelveranstaltungen, an denen viele Kunst- und Kulturschaffende beteiligt sind, ist das Risiko groß, dass das Heft bei Redaktionsschluss schon nicht mehr aktuell ist. Um flexibler auf mögliche Inhalts- und Terminänderungen eingehen zu können, arbeiten wir zur Zeit an einer Online-Version des Reisebegleiters.

Ungeachtet dessen widmen wir uns im Homeoffice weiter dem Programm des KulturSommers. Sobald Planungsicherheit besteht, möchten wir eine Broschüre mit allen Terminen veröffentlichen.

Ausblick

Wir hoffen, dass Kunst, Kultur, Musik und Theater und die damit verbundenen Begegnungen in nicht allzu ferner Zukunft wieder ein Bestandteil unseres gemeinsamen Lebens sein werden.

Sollte der KulturSommer am Kanal 2020 als Kunst- und Kulturfestival im seinem üblichen Zeitrahmen von vier Wochen nicht stattfinden können, beginnen wir Ideen zu entwickeln, künstlerische Projekte des KulturSommers in einer anderen Form und innerhalb eines anderen Zeitraumes zu präsentieren.

Es grüßt herzlich ihr KulturSommer Team Frank Düwel und Farina Klose“

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„Schreiben ist meine Impulskontrolle“

Seit etwa anderthalb Jahren leitet Hannah Rau die Literaturwerkstatt der Stiftung Herzogtum Lauenburg. Im Stadthauptmannshof widmet sich die Begründerin der Lübecker Wortwerft alle vier Wochen den Schreibtalenten aus der Region. Bei den Jugendlichen punktet sie mit einer Fülle von Ideen und Anregungen und – natürlich – mit Fachkompetenz. Dabei bewegt sie sich stets auf Augenhöhe mit den Teilnehmern. Rau selbst verfasst Lyrik und Prosatexte. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihr über Schreibprozesse, die Bedeutung des Lesens und Coaching.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Rau, wie wichtig ist es, zu lesen, wenn man schreiben will?

Hannah Rau: Wenn man schreiben möchte, ist es schon gut, auch zu lesen. Wenn man schreibt, liest man anders. So wie jemand, der Häuser baut – der guckt sich Häuser einfach anders an, wenn er sie betritt.

KP: Kennen Sie einen berühmten Autor, der nicht gelesen hat?

Rau: Es gibt da ein Zitat: „Das Bisschen, was ich noch lese, schreibe ich mir selber“ – war es Sartre? Das ist natürlich ein Kokettieren. Ich glaube, Ideen und Stile entwickeln wir durch unsere Vorbilder. Wenn jemand zu mir kommt, der einen Lyrikband veröffentlichen will, dann frage ich: Wie viel Lyrik hast du im Regal? Wenn da keine Lyrik steht, sage ich, dann lass das mal mit dem Lyrik-Schreiben. Wir sollten niemals etwas schreiben, was wir nicht auch selbst lesen wollen.

KP: Wie ist es bei Ihnen? Was lesen Sie?

Rau: Gerade lese ich von Mirko Bonné „Der eiskalte Himmel“ – ein älteres Buch von ihm über Shackletons Antarktisdurchquerung. Mich begeistern Extremgeschichten. Oder Peter Wittkamps grandioses Buch über Zwangsstörungen „Für mich soll es Neurosen regnen“. Ich lese viel und oft Lyrik, Belletristik und Sachbuch gleichzeitig. Ein Gedichtband liegt immer in der Küche oder am Bett. Auf dem Kindle habe ich viel Belletristik, weil ich nicht gerne Sachen mit mir herumschleppe. Ich muss lesen, wie ich essen muss. Das Gedicht ist meine Praline. Prosa ist mein Butterbrot.

KP: Holen Sie sich aus dieser Lektüre Inspirationen fürs Schreiben?

Rau: Nein eigentlich nicht. Meine Ideen kommen aus dem Alltag. Ich stehe immer so unter Beschuss von meinen Eindrücken. Dadurch bekomme ich ganz viele Impulse. Freunde sagen manchmal zu mir: Du erlebst aber auch verrückte Sachen! Dabei geht es wahrscheinlich allen Menschen so, die meisten merken es nur nicht. Ich bin unglaublich assoziativ unterwegs. Ich sitze mit einem komischen Typ im Bus und schon entsteht eine Geschichte.

KP: Was drängt Sie an den Schreibtisch? Sind es diese Inspirationen?

Rau: Das ist keine Frage für mich. Ich schreibe und es schreibt mich. Es gibt für mich kein Leben ohne Schreiben. Wenn ich anfange zu schreiben – wenn ich fiktional schreibe, bin ich komplett weg. Das ist der klassische Flow. Ich muss schreiben, sonst platze ich. Schreiben beruhigt. Es strukturiert. Es ist Ausdruck, aber still. Es ist im Grunde meine Impulskontrolle, eine ausgelagerte Impulskontrolle.

KP: Sie schreiben auch Lyrik. – Bei Verlagen gilt diese Textform in finanzieller Hinsicht als tödlich – warum?

Rau: Die Lyrik hat eine große Nähe zur bildenden Kunst. Sie hat nichts Konkretes. Es gibt Dinge, die kannst du nicht benennen, weil sie unbenennbar sind, aber Lyrik kann es. Abstrakte Kunst kann es. Und das ist der Reiz. Ich schreibe aber auch Prosa. Gerade habe ich einen Roman in mir. Ich bin noch auf der Suche, wie ich das machen kann. Weil ich mich beim Schreiben verausgabe, brauche ich Zeit und eine klare Struktur. Der Roman ist aber schon da. Es schreibt in mir.

KP: Wie meinen Sie das – der Roman ist schon da?

Rau: Ich weiß ungefähr, was für Figuren ich habe und lasse sie machen. Ich weiß nicht, wo es hingeht. Ich schreibe einfach nur mit, was in meinem Gehirn passiert.

KP: Schriftsteller genießen den Ruf des weltabgewandten Eigenbrötlers. Sie hingegen sitzen nicht nur in Ihrem stillen Kämmerlein, sondern suchen auch das Rampenlicht – zum Beispiel bei Poetry Slams.

Rau: Auf Slams gehe ich nur noch, wenn ich eingeladen werde. Was ich mache, nennt sich Slam-Recording. Ich gehe auf Konferenzen und schreibe alles mit, was ich höre – was an Vorträgen kommt, was die Menschen neben mir in der Sitzreihe augenrollend sagen. Am Ende gehe ich auf die Bühne und fasse die Inhalte der Tagung in 15 Minuten zusammen Ich beleuchte alles anders, verrückt, höre anders zu. Wenn zum Beispiel die Suchtbeauftragte gesagt hat, das Thema Sucht muss endlich in der Gesellschaft als Krankheit wahrgenommen werden wie Hämorriden und niemand traut sich zu lachen, dann komme ich später auf die Bühne und frage: „Na, wie geht’s euren Hämorriden?“ und endlich dürfen alle lachen. Ich bin da der Narr.

KP: Im Rampenlicht stehen Sie auch, wenn Sie eine Literaturwerkstatt – wie die der Stiftung Herzogtum Lauenburg – leiten…

Rau: Nein – bei der Literaturwerkstatt bin ich nur die Leitung. Es geht da nicht um mich. Es geht darum, Teilnehmern Impulse zu geben und Freude am Schreiben zu wecken. Ich sage, stell´ dir vor, du könntest fliegen. Stell´ dir vor, du könntest eine App entwickeln, mit der du andere Menschen steuern kannst. Was würdest du tun? Die Schreibbegeisterung zu wecken, heißt für mich da anzudocken, wo die Teilnehmer sich befinden.

KP: Welche Fähigkeit braucht es noch, um eine Literaturwerkstatt zu leiten?

Rau: Wirkliche Leitung sein, heißt, zu gucken, dass jeder bekommt, was er oder sie braucht. Es gilt neben den Quirligen auch die Stillen zu beachten – ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern. Man muss Regeln einfordern – zum Beispiel Respekt und freundliche Rückmeldungen fördern. In Mölln war das von Anfang an keine Frage. Für schwierige Situationen habe ich die Poesietherapie als Zusatzausbildung gemacht. Ich habe als Teilnehmerin selbst erlebt, wie eine alte Frau bei einer Schreibaufgabe weinend den Raum verlassen hat, ohne dass die Leitung reagiert hat.. Das wollte ich nicht erleben. Die Therapieausbildung brauche ich allerdings meist fürs Autorencoaching.

KP: Wie gehen Sie mit Ihrer Schreibwerkstatt vor?

Rau: Ich gucke, was die Gruppe braucht und gehe auf das ein, was sie sich wünscht und danach organisiere ich meinen Unterricht.

KP: Macht es einen Unterschied, ob Sie beispielsweise mit Alt oder Jung oder gemischten Gruppen arbeiten?

Rau: Das ist vollkommen egal. Es spielt weder eine Rolle, welche Altersmischung ich habe, noch ob es Männer oder Frauen sind, weil wir alle schreiben. Ich verzichte gern  auf Vorstellungsrunden. Ich möchte nicht, dass Karl-Heinz aus der Verwaltung sich als Karl-Heinz aus der Verwaltung vorstellt. Ich möchte, dass Karl-Heinz sich mit seinem verrückten Text über ein Nashorn vorstellt.

KP: Frau Rau, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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Unterstützung für Kulturschaffende

Landauf, landab bemüht sich die Politik, den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise entgegenzuwirken. Dabei stehen auch die Künstler und Kulturschaffenden im Fokus. So hat das Land Schleswig-Holstein ein Soforthilfeprogramm auf den Weg gebracht, das zeitnahe und unbürokratische Hilfen für Freiberufler, Selbständige, Kulturschaffende und Unternehmen ermöglicht. Die von der Landeregierung als Schutzschirm bezeichnete finanzielle Unterstützung beläuft sich auf 100 Millionen Euro.

An der Umsetzung des Hilfsprogramms wird derzeit gearbeitet. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) hofft, dass noch in dieser Woche Anträge gestellt werden können. „Sobald dies der Fall ist, werden das Land und die Förderinstitute darüber öffentlich informieren. Wir bitten darum dringend, vorher noch keine Anfragen zu stellen“, so Buchholz.

Speziell um Hilfe für Künstler und Freischaffende bemüht sich der Landeskulturverband Schleswig-Holstein (LKV). Unter #KulturhilfeSH hat der LKV einen Nothilfefonds für Künstler und Freischaffende der Kulturwirtschaft ins Leben gerufen. Bis zum vergangenen Freitag (20. März) waren dort bereits 45.000 Euro eingegangen. Das eigens dafür eingerichtete Konto hat die IBAN DE51 2145 0000 0105 0396 71 (BIC: NOLADE21RDB). Das Stichwort lautet „Kulturhilfe“. Spenden werden zudem via Paypal unter www.paypal.me/kulturhilfeSH entgegengenommen.

Wer den Nothilfefonds in Anspruch nehmen möchte, findet unter https://www.landeskulturverband-sh.de/category/kulturhilfesh/ die Auszahlungsbedingungen. Kontakt per Mail gibt es unter kulturhilfe@landeskulturverband.de.

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Was soll das?

Was soll das? Diese Frage fällt oft, wenn Menschen mit Gegenwartskunst konfrontiert sind. Nicht selten wirkt das, was sich da auf den ersten Blick offenbart, unverständlich. Für Marita Landgraf ist das kein Argument, um sich abzuwenden. Die Expertin für Kunst- und Kulturvermittlung empfiehlt Neugier und Offenheit als Eigenschaften, um sich der modernen Kunst anzunähern. Am Donnerstag, 12. März, spricht sie darüber im Möllner Stadthauptmannshof. Der Vortrag beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis weiß Landgraf, wovon sie spricht. Seit 2016 fungiert sie als Künstlerische Leiterin des Künstlerhauses Lauenburg, in der die moderne Kunst per se eine Heimat hat. Das Künstlerhaus vergibt jedes Jahr fünf Stipendien an junge Menschen, die mit ihren Konzepten und Werken in der Ästhetik des 21. Jahrhunderts verankert sind. Reine Retro-Kunst hat dort keine Chance. Im Künstlerhaus geht es immer auch um das Neue, das Bahnbrechende, das Avantgardistische.

Künstlerinnen und Künstler stehen im 21. Jahrhundert eine Vielzahl von Materialien und Methoden zur Verfügung: von Fotografie, Malerei, Zeichnung und Bildhauerei bis hin zu Video, Performance, Sound, Licht oder Installation. Gewählt wird in der Regel das Medium, das die Arbeit am besten zum Ausdruck bringt. Diese unterschiedlichen und für viele immer noch ungewohnten Ausdrucks- wie ästhetischen Erscheinungsformen geben ihren Inhalt meist nicht auf den ersten Blick preis.

Anmeldungen für den Vortrag werden unter Tel. 04542-87000 oder per Mail unter info@stiftung-herzogtum.de entgegengenommen.

„Eine Annäherung an die zeitgenössische Kunst“, 12. März, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr, freier Eintritt

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Auf die Idee kommt es an

Auf die Idee kommt es an – sagt Ai Weiwei und er muss es wissen. Schließlich ist er ein international anerkannter Künstler. Im Zusammenspiel mit einer Baumarkt-Kette hat er jetzt ein Kunstwerk zum Nachbauen kreiert. Dafür braucht es ein paar Stangen, neonfarbene Jacken – und Kabelbinder. Gibt es alles vor Ort und ist „facile á faire“, wie die Franzosen sagen.

Die Idee dahinter? Ai Weiwei hat sie nicht verraten. Was man sieht ist, dass die Jacken beim Aufstellen des Kunstwerkes in die Höhe schießen. Sie leuchten orange-rot. Ein symbolisches Rettungsboot, das sich entfaltet? Oder sollen die vielen herren- und frauenlosen Jacken an Menschen erinnern, die verschwunden sind? Auf jeden Fall muss man Ai Weiwei unterstellen, dass hinter seinem Kunstprodukt eine Portion Ethik steckt. Einer wie er, der seine Heimat aus politischen Gründen verlassen musste, macht so etwas nicht ohne Hintersinn.

Dass es Betrachter gibt, die dennoch an der Sinnhaftigkeit eines solchen Objektes zweifeln, ist Ai Weiwei nicht anzukreiden. Das Zweifeln an sich hat die moderne Kunst schon vor Urzeiten gesät. Es hat Heerscharen von Kunstignoranten und Kunstmuffeln hervorgebracht, die bis heute erfolgreich Abstand zu unverständlichen Ismen – Dadaismus! Kubismus! – halten.

Doch das war gestern. Dank Ai Weiwei ist die moderne Kunst hier und heute in den Baumarkt – Ausdruck des Massenkonsums und Inbegriff von Praktikabilität und Nützlichkeit – umgezogen und mitten in der Gesellschaft angekommen. Wo alle hingehen, um Lösungen für den Alltag zu finden, kann es sich kein Mensch mehr erlauben, zu behaupten, er verstehe nur Bahnhof und mache deshalb einen Bogen um die Sache. Dank Ai Weiwei sind wir alle nun gezwungen, zu Experten zeitgenössischer Kunst zu werden. Für Künstler dürfte das eine tolle Nachricht sein. Die Frage ist, was das für den Baumarkt von morgen bedeutet.

Helge Berlinke

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