Plattbeats 2020. War das was? Ja. Klar. Schon vor Covid-19 hatte Thorsten Börnsen, Leiter des Zentrums für Niederdeutsch in Holstein, aufgerufen, mit einem eigenen Song am plattdeutschen Popmusik-Wettbewerb teilzunehmen. Das Finale steht immer noch aus. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Börnsen über die 3. Auflage von Plattbeats, die ausstehende Entscheidung und den Stellenwert des Niederdeutschen bei den jüngeren Generationen.
Kulturportal-Herzogtum.de: Wie steht es um die Konkurrenz bei Plattbeats 2020?
Thorsten Börnsen: Dieses Jahr haben es neun Bands ins Finale geschafft, das ursprünglich am 25. April im Hamburger Logo hätte laufen sollen.
KP: Stehen damit alle, die mitgemacht haben, im Finale?
Börnsen: Nein. Zwar hatten wir in diesem Jahr nicht so viele Bewerbungen wie sonst. Es gab aber insgesamt 20 Interessenten.
KP: Es ist bereits die dritte Auflage von Plattbeats, die Sie als Leiter des Zentrums für Niederdeutsch in Holstein erleben. Wie hat sich der Wettbewerb entwickelt?
Börnsen: Wir haben damit bis heute nicht die Massen angesprochen. Das wird sich wohl auch nicht ändern. Plattdeutscher Punk oder plattdeutscher Metal werden niemals Mainstream sein. Aber es gibt ein gewisses Klientel, das sich dafür interessiert. Ich spreche da von einer verhältnismäßig stabilen Gruppe von mal 20, mal 30 Interessenten. Diese Gruppe setzt sich aus Menschen zusammen, die früher schon mal dabei waren und solchen, die sich neu dafür interessieren.
KP: Wer darf bei Plattbeats überhaupt mitmachen?
Börnsen: Neuerdings auch Musiker aus Bremen. Außerdem Leute aus Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein.
KP: Das heißt, das Einzugsgebiet wurde erweitert?
Börnsen: Ja. Angefangen sind wir mit Schleswig-Holstein und Hamburg. 2019 kam dann Mecklenburg-Vorpommern dazu. In diesem Jahr nun Bremen.
KP: Herr Börnsen, Sie sagten eben, niederdeutscher Pop hätte nicht das Zeug zum Mainstream. Das scheint mir nicht plausibel zu sein, wenn ich an eine Band wie „Santiano“ denke. „Santiano“ hat mit Timsen einen echten „Niederdeutschen“ an Bord. Die Band kokettiert zudem sehr stark mit nordischen Klischees.
Börnsen: Das Problem ist, dass das Niederdeutsche in dem Segment, das wir ansprechen wollen, schlecht aufgestellt ist. Das betrifft die Altersgruppe zwischen 15 und 30 Jahren. „Santiano“ und auch eine Band wie „Godewind“ haben eine gleichaltrige Fangemeinde, die das auch mitträgt. Danach kommt ganz lange gar nichts mehr.
KP: Was muss passieren, damit sich das ändert? Braucht es mehr Fürsprache und mehr populäre Plattsounds-Botschafter wie beispielsweise einen Yared Dibaba?
Börnsen: Nein.
KP: Nein? Das überrascht mich. Auf mich macht Herr Dibaba einen sehr aufgeweckten und interessierten Eindruck. Außerdem wirkt er sehr spontan und locker…
Börnsen: Die Sachen, die Yared Dibaba macht, sind für ein älteres Publikum gedacht. Das funktioniert auch gut. Dass er grundsätzlich ein sehr offener Typ ist, steht völlig außer Frage. Aber er ist kein Hiphopper.
KP: Also geht es um die Generation HipHop?
Börnsen: Nicht nur. Wir wissen aber beispielsweise, welchen Erfolg „De fofftig Penns“ hatten. Die Band hat zum Schluss vor 3.000 Leuten gespielt. Sie haben unter Beweis gestellt, dass Niederdeutsch bei der jungen Generation funktionieren kann. Man muss das aber auch wollen und machen…
KP: Was braucht es noch für den Erfolg – außer Hiphop und den Willen?
Börnsen: Wir brauchen dringend junge Menschen, die das, was sie tun, tatsächlich auch verkörpern. Leute, die Bock haben, etwas auf Platt zu machen. Dabei ist es vollkommen egal, ob es Poetry Slam oder Rap ist. Sie müssen das Niederdeutsche nicht mal richtig können. Das Entscheidende ist, dass Identifikation möglich ist: Da könnte auch ich jetzt stehen, das könnte ich jetzt auch machen – das strahlen weder ich noch ein Yared Dibaba aus. Das Role-Model funktioniert nur, wenn du jemanden hast, der das auch altersmäßig rüberbringen kann.
KP: Kommen wir noch mal zurück zum aktuellen Plattbeats. Wann steigt denn nun das Finale? Vor allem: wo?
Börnsen: Das steht leider noch nicht fest. Sicher ist nur, dass wir den 5. September als Ersatztermin abgesagt haben. Deshalb wird es 2020 voraussichtlich kein physisches Finale geben. Jetzt gucken wir, was möglich ist. Wir denken da beispielsweise an ein Online-Voting. Vielleicht schicken wir vorab noch mal einen Kameramann los, der Interviews führt.
KP: Eine Verlegung der Veranstaltung nach draußen als „Open Air“ kommt nicht in Frage?
Börnsen: Das können wir finanziell nicht wuppen. Dafür braucht man eine Bühne und man muss die Technik ranholen. Das ist unheimlich aufwändig und teuer.