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Frohe Weihnachten!

Was macht Weihnachten froh? Doch nicht der passende Rahmen, das traditionelle Grün Rot Gold oder die Glamour Glitzer Deko mancher Freaks? Hübsch, gemütlich, stilvoll, spektakulär, liebvertraut kann das alles sein. Das Prädikat „erhebend“ wäre mir schon zuviel.

Manche sind schon froh, wenn sie familiär einigermaßen friedliche Weihnachten erwarten dürfen. Nach dem Motto: „Hoffentlich kommen wir einigermaßen heil durch.“ Aber heilfroh ist nicht erlöst froh, es ist nur ein „Glück gehabt“, wieder einmal davongekommen.

An erster Stelle kommt die Botschaft: Euch ist ein Kind geboren.

Wer dieser Botschaft Hoffnung entnimmt, wird froh.

Mit einem Kind fängt etwas Neues an. Zumal mit diesem Kind Jesus.

In ihm wurde Gott geboren, was ja eigentlich unmöglich ist. Denn Mensch ist Mensch und Gott ist Gott. Und der Abstand unendlich.

Aber die Botschaft behauptet Gottes Anwesenheit in Menschengestalt in Jesus Christus. Man kann es deuten als Gottes bedingungsloses Ja zum Menschen.

Gott sagt eindeutig „Ja“ zum Menschen, indem er selbst Mensch wird (aber auch Gott bleibt; nun ja, des Streitens wird kein Ende sein natürlich, weil dieses ein Glaubenssatz ist).

Vielleicht sage ich es anders: „Gott ist ganz und gar hier.“

Allerdings wie ein Baby, bedürftig, angewiesen, ausgeliefert. Gott braucht unsere Sorge, unser Behüten und Pflegen. Er ist uns in den Schoß gelegt.

Wissen Sie, wie ein Baby Eltern und Großeltern motiviert, dass sie es umsorgen?

Allein dadurch, dass seine Hilflosigkeit offensichtlich ist. Und dadurch, dass die Bezugspersonen wissen, sie helfen zum Leben, zum Wachsen, zur Entwicklung.

Mit dem Anfang haben alle schon das Künftige vor Augen, den entwickelten eigenständigen Menschen. Bei der Geburt ist schon alles in Erwartung mit dabei. Aber nicht festgelegt, sondern offen.

Euch ist ein Kind geboren, das bedeutet Erfüllung und Hoffnung, Aufgabe und Arbeit. Wenn Gott unser Kind ist, lieben wir es dann ganz besonders, oder bleibt es uns fremd? Wollen wir Eltern sein, die keine Mühen scheuen, die ganz vernarrt sind in ihr Kleines, die seine Zukunft schon erträumen voller Vorfreude?

Helft Gott, groß zu werden (da fällt sicher jedem etwas ein).

Ein wenig enttäuscht sind vielleicht alle, die zu Weihnachten nur selbst das Kind sein möchten („Es muss alles so sein wie damals, als ich Kind war. Ganz genauso. Sonst habt ihr mich nicht lieb.“). Nehmt das doch nicht so wichtig. Gott ist geboren.

Dieses Baby heißt Freude, Friede, Leben, Liebe. Helft ihm zum Wachsen.

Wenn klar ist, dass die Weihnachtsdeko, geschmackvoll oder eigenwillig, Kinderzimmerausstattung ist, na dann. Im Übrigen: Frohe Weihnachten!

Pastorin Kerstin Engel-Runge

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Wir haben es uns schon mal gemütlich gemacht!

Ab heute regiert im Möllner Stadthauptmannshof die Stille. Die Stiftung Herzogtum Lauenburg riegelt am 23. Dezember die Türen zu und macht einfach mal blau. Bis zum 1. Januar gönnen wir uns eine Schaffenspause.

Vorab wünschen wir schon mal einmal ein frohes Weihnachtfest.  Wir hoffen, Sie sehen es uns nach, dass wir es uns kurz vor Heiligabend schon mal auf dem Sofa gemütlich gemacht haben. Nach Neujahr sind wir dann wieder mit voller Kraft und Motivation für Sie da. Versprochen!

Bis dahin: Machen Sie es gut und genießen Sie die Festtage!

Ihr Team von der Stiftung Herzogtum Lauenburg

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„Mit jedem Tod wird man daran erinnert, dass man sterblich ist“

Am 24. November ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Traditionell ist es der Tag, an dem an die Verstorbenen erinnert wird – der Totensonntag*. Kulturportal-Herzogtum.de hat dies zum Anlass genommen, um sich mit der Möllner Pastorin Hilke Lage über den Tod, die Toten und das Sterben zu unterhalten. Die Seelsorgerin hatte Ende August zur 4. Auflage der „Langen Nacht des Friedhofs“ eingeladen.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Lage, als Pastorin haben Sie von Berufs wegen mit Tod und Sterben zu tun. Muss man dafür ein besonderer Mensch sein?

Hilke Lage: Ich finde nicht. Man muss empathisch und offen sein für das, was einem an Gefühlen entgegenkommt. Dafür brauche ich erst einmal nicht qualifiziert sein. Das sind menschliche Kernkompetenzen.

KP: Sagen Sie. Viele Menschen entwickeln Berührungsängste, wenn sie mitbekommen, bei dem oder der ist jemand gestorben und trauert. Weil sie nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen…

Lage: Das stimmt. Menschen haben Angst, etwas Falsches zu sagen. Oder gar keine Worte zu finden und ziehen sich dann von den Trauernden zurück. Dabei hilft es schon, wenn man sagt: Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Manchmal ist die Situation so schlimm, dass man ohnehin nicht trösten kann. Da kann man nur zeigen: Du bist nicht allein. Ich halte mit dir aus. Das ist auch der Grund, warum ich Pastorin geworden bin. Ich glaube, auch Gott hält mit uns aus.

KP: Das hört sich an, als hätte der Tod in Ihrem Leben schon immer eine besondere Rolle gespielt…

Lage: Er hat mich schon immer fasziniert. Als Jugendliche habe ich mich gefragt, was kommt danach. Ich habe Kübler-Ross‘** Interviews mit Sterbenden gelesen und ich war fasziniert von den Gemälden des Hieronymus Bosch, in denen die Verstorbenen von den Engeln ins Licht geführt werden.

KP: Mit diesem Interesse bewegen Sie sich nicht gerade im Mainstream. Was meinen Sie: Wird der Tod von der modernen Gesellschaft ausgegrenzt?

Lage: Ich nehme wahr, dass der Tod in Filmen eine größere Rolle spielt als früher, aber im Alltag weniger vorkommt.

KP: Woran machen Sie das fest?

Lage: Früher wurde ich zum Beispiel häufiger zu einer Aussegnung gerufen, bevor der Bestatter den Verstorbenen abholte. Das kommt heute nur noch selten vor.Es ist schade, dass diese Kultur des gemeinsamen Abschiednehmens verschwindet. Ich beobachte das auch auf dem Friedhof, wenn der Trauerzug von der Kapelle zum Grab geht. Früher haben Leute, die gerade die Gräber ihrer Angehörigen pflegen, dann kurz innegehalten. Heute arbeiten sie einfach weiter.

KP: Haben Sie eine Erklärung dafür?

Lage: Mit jedem Tod wird man daran erinnert, dass man sterblich ist. Es ist menschlich, das verdrängen zu wollen.

KP: Sind die Unterschiede zwischen Vergangenheit und Gegenwart wirklich so groß? Oder gehört die These von der zunehmenden Verdrängung womöglich ins Reich der Legenden verbannt?

Lage: Früher hatten die Menschen zumindest mehr Kontakt mit Toten. Die Verstorbenen wurden von der Familie gewaschen. Das gibt es kaum noch. Die Menschen sind schneller und meist zuhause gestorben, weil die medizinische Versorgung eine andere war. Die Müttersterblichkeit und die Kindersterblichkeit waren höher.

KP: Als Pastorin haben Sie zwangsläufig – etwa durch den Konfirmandenunterricht – auch mit jungen Menschen zu tun. Wie gehen die mit dem Thema um?

Lage: Ich erlebe da ein gleichbleibend großes Interesse. Seit einigen Jahren gehen wir mit den Konfirmanden zu einem Bestatter. Da kommen dann alle möglichen Fragen, beispielsweise wie tief der Verstorbene in der Erde liegt und was der Bestatter mit den Verstorbenen macht. Der Bestatter erzählt ihnen dann, dass die Toten gewaschen und die Körperöffnungen verschlossen werden. Ich bin davon überzeugt, dass die Beschäftigung mit diesen Fragen den Jugendlichen etwas Sicherheit gibt, wenn sie selbst mit dem Tod eines Menschen konfrontiert sind – auch wenn der Tod meist schrecklich bleibt.

KP: Losgelöst von Ihrem Unterricht – bedürfte es nicht ganz allgemein eines anderen, offensiveren Umgangs mit dem Thema – um Berührungsängste abzubauen, aber auch um eine gewisse Erinnerungskultur aufrecht zu erhalten?

Lage: Ich persönlich sehe es nicht als meine Aufgabe an, einen Kulturwandel herbeizuführen. Ich sehe meine Aufgabe darin, Räume zu schaffen, um sich Tod und Trauer nähern zu können. Unsere ‚Lange Nacht des Friedhofs‘*** ist ein gutes Beispiel dafür – es ist ein niedrigschwelliges Angebot, mit dem wir offenbar einen Nerv getroffen haben. Beim letzten Mal hatten wir 500 Besucher, die sich Lieder und Lesungen überAbschied, Sehnsucht, Trauer und Hoffnung angehört und die anrührende Atmosphäre genossen haben. Es war schön zu beobachten, wie Gäste mit einem Weinglas in der Hand zu den Gräbern ihrer Angehörigen und danach zum nächsten Künstler gegangen sind. Die Verstorbenen waren plötzlich Teil des Lebens. Das zeigt mir: Die Sehnsucht, sich mit dem Tod zu beschäftigen, ist da. Meine Aufgabe als Pastorin ist es, Räume dafür zu öffnen, in denen dann auch die Hoffnung aufscheint, dass Gott das Leben weiterbegleitet. Das gilt für die, die wir verloren haben und auch für uns selbst.

KP: Frau Lage, ich danke Ihnen für das spannende Gespräch.

*Die Einführung des Totensonntags geht nicht etwa auf die evangelisch-lutherische Kirche, sondern auf Friedrich Wilhelm III. von Preußen zurück. Die Anordnung erfolgte am 24. April 1816

**Elisabeth Kübler-Ross, schweizerisch-amerikanische Psychologin

***Die „Lange Nacht des Friedhofs“ findet alle drei Jahre auf dem Möllner Friedhof in der Hindenburgstraße statt. Zuletzt hatte die Kirchengemeinde am 30. August 2019 eingeladen.

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Der Mann der Friedhöfe

Ein Unbekannter ist er im Friedhofs-Metier nicht: Über drei Jahre unterstützte Bernd K. Jacob den mit dem Taspo-Award ausgezeichneten Friedhof der Kirchengemeinde Lauenburg/Elbe in Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit, setzte Akzente, unter anderem mit verschiedenen Veranstaltungen oder der Einrichtung des Kunstpfades, der sich über den Gottesacker bis in die Altstadt der Schifferstadt zieht. Für ihn ist ein Friedhof nicht nur die Ruhestätte der Toten, sondern viel mehr: ein Ort zum Innehalten, für ein lautloses Zwiegespräch und auch ein Ort der Begegnung, ein Verbleib in der Gesellschaft.

Seit Juli ist der 52-Jährige der Friedhofsbeauftragte des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. Das heißt, er kümmert sich um alle 49 Friedhöfe zwischen Travemünde und Lauenburg/Elbe. Zuvor übte dieses Amt Dirk Abts vom Kirchenkreis Hamburg-Ost aus. „Er zeigt mir die Dinge, die ich noch wissen muss“, berichtet Jacob. „Und er ist auch mein Mentor“. Neu zu wissen ist beispielsweise der Umgang mit der Verwaltungssoftware „Hades“, die nach und nach zum Einsatz in den Friedhofsverwaltungen – ob klein oder groß – kommen kann und die Vernetzung untereinander sowie mit der Verwaltung in Lübeck ermöglicht. „Das erleichtert die Arbeit sehr. Was früher in den Kirchenakten und Karteikarten stand, wird heute digital erfasst, angepasst an die Datenschutzrichtlinien. Einträge werden nach einer bestimmten Zeit anonymisiert“, informiert der Wahl-Lauenburger. Auch eine Art Service-Stelle für die Friedhofsmitarbeiter und Unterstützung in der Vor-Ort-Präsenz sind wesentliche Aufgaben.

Seinen neuen Job übt er mit 75 Prozent einer Stelle aus, in der verbleibenden Zeit betreut der gelernte Grafik-Designer unter anderem auch den Gemeindebrief der Kirchengemeinde Lauenburg. „Wir hoffen, auch in diesem Jahr wieder den Gemeindebriefpreis der Nordkirche zu gewinnen“.

Doch das Hauptaugenmerk liegt auf der Friedhofsarbeit, und nach den ersten Wochen zieht Jacob ein kleines Resümee: „Ich bin total begeistert, welch vielfältiges Spektrum an Friedhöfen wir haben“. Die Bandbreite von idyllischen Blumenwiesen oder schützenden Wäldern bis hin zu stadtnahen Bürgerparks, von historisch-romantischen Anlagen bis hin zu moderner Kunst ist bemerkenswert. „Insgesamt gibt es im Kirchenkreis knapp 70 Hektar Friedhofsfläche; die kleinsten umfassen eine Fläche von 0,2 Hektar und der größte liegt mit ca. 5,8 Hektar im Sachsenwald.“ Auch die Bestattungsarten sind vielfältig: im Sarg, in der Urne, auf der Wiese, am See, im Wald, unter einer Linde, mit und ohne Grabstein.

Text + Bild: Steffi Niemann

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Jazz-Größe Iiro Rantala kommt nach Ratzeburg

Mit Iiro Rantala macht einer der großen Künstler der internationalen Jazzszene in Ratzeburg Station. Am Sonnabend, 16. November, präsentiert er in der Stadtkirche St. Petri sein aktuelles Soloprogramm „My Finnish Calendar“. Konzertbeginn ist um 20 Uhr.

Iiro Rantala ist ein musikalischer „Tausendjazza“, dem Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart ebenso geläufig sind wie die Musik von John Lennon oder die melancholischen Melodien der skandinavischen Volksmusik. Als „ein Naturereignis an den Tasten“ wurde er kürzlich von einem Kritiker („Jazzthing“) bezeichnet.

Mit seinem neuen Solo-Programm „My Finnish Calendar“ präsentiert der finnische Pianist in Ratzeburg zwölf Kompositionen. Für jeden kalendarischen Monat stellt er ein eigenes Stück vor. Erstmals werden seine Kompositionen mit Videos untermalt.

„My Finnish Calendar“ ist nicht nur eine Hommage an sein Heimatland, sondern auch eine mit viel Humor durchzogene psychologische „Studie“: Rantala zeigt auf, welchen Einfluss die einzelnen Monate mit ihrem Licht und ihren Stimmungen auf die Menschen haben können und wie die Menschen in den unterschiedlichen Jahreszeiten reagieren.

Da ist – wie immer bei Rantala – sehr viel Augenzwinkern dabei.

Veranstalter sind der Jazzverein Ratzeburg und die Stiftung Herzogtum Lauenburg.

Wer Rantala kennt, der rennt – um Eintrittskarten. Wer ihn noch nicht kennt, sollte erst recht rennen, Karten gibt es im Vorverkauf bei der Ratzeburg Touristinfo sowie im Rathaus Ratzeburg, erreichbar unter Tel. 04541-8000886.

Iiro Rantala, 16. November, Stadtkirche St. Petri, Schrangenstraße, Ratzeburg, 20 Uhr

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Ein Revolutionär, der von der Revolution nicht lassen kann

Rainer Eppelmann ist ein Aufrüttler, ein Wachmacher, ein Mahner. Einer, der weiß, wovon er redet, wenn er das Wort Diktatur in den Mund nimmt. Und er ist 30 Jahre nach dem Mauerfall immer noch ein Revolutionär, der von der Revolution partout nicht lassen kann und will. Jene Revolution, die das Ende des SED-Staates bedeutete und zu einem geeinten demokratischen Deutschland führte, treibt ihn heute noch an. Und wer ihm und seiner glänzenden Rhetorik im vollbesetzten Herrenhaus des Stadthauptmannshofes folgt – Eppelmann ist ein Meister der Pausen und Pointen –, dem wird schnell klar: Davon bräuchte es mehr, um Hetzern vom Schlage eines Björn Höcke Paroli zu bieten.

Eppelmann, der auf Einladung der Stiftung Herzogtum Lauenburg nach Mölln gekommen ist, bringt die Gegenwart selbst beim Einstieg in den Vortrag ins Spiel: Er vermisst den Einsatz für die Demokratie im Land. Mehr als zwei Drittel im Land würden sagen, dass es ihnen gut geht. Diese zwei Drittel würden schweigen, wenn andere über die Straße gehen und sagen „alles ist zum Kotzen“, moniert er. „Wir schweigen dazu. Wie lange noch? Bis sie unsere Demokratie zerredet haben?“

Dem kritischen Einstieg folgt ein knackiger historischer Abriss – Weltkrieg, Teilung, der Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953, der Mauerbau –, ehe er zur dramatischen Schilderung der Ereignisse Ende der 80er Jahre kommt. Eppelmann betont, wie wichtig es war, dass die Opposition in der DDR gewaltfrei blieb, dass gewissen Spielregeln befolgt wurden („Wir haben nur nach Feierabend demonstriert.“). Und er vergisst nicht die Portion Glück zu benennen, die es manchmal braucht, um seine Ziele zu erreichen. Als am 9. Oktober 1989 in Leipzig 70.000 Menschen demonstrierten, waren die Sicherheitsorgane auf diese große Zahl nicht eingestellt. Sie trauten sich nicht, einzugreifen. An diesem Abend habe die Angst die Seiten gewechselt, so Eppelmann.

Honecker selbst hatte kurz zuvor die Order ausgegeben, Demonstrationen künftig zu unterbinden. Es kam anders. Es kam das Ende der DDR. „Hoffnung“, zitiert Eppelmann zum Ende seines Vortrags ein zweites Mal den tschechischen Schriftsteller Ex-Präsidenten Vaclav Havel: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht!“ Es ist ein indirekter Appell: an sich selbst und an alle, die es mit der Demokratie halten, für sie einzustehen – was immer auch geschieht.

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„Wir sind nicht still!“

Unter dem Motto „Wir sind nicht still“ wird am Reformationstag (31. Oktober) in Ratzeburg demonstriert. Die Kundgebung gegen um sich greifende Menschenfeindlichkeit startet um 11.30 Uhr am Ratzeburger Rathaus.

Parallel dazu sind diverse Kunstaktionen geplant. Unter anderem wurden für ein politisches Bühnenprogramm Ideen gesammelt und umgesetzt, um der Vielfältigkeit der Themen und Meinungen Ausdruck zu verleihen. So startet unter dem Motto „Wir sind nicht still“ eine Plakataktion, auf denen einzelne Menschen den Mut fassen, sich und ihre Meinung öffentlich zu präsentieren. Anstoß dazu gab der Verein Miteinander leben, der seit dem Sommer Menschen anspricht und einlädt, auf diese einfache Weise Gesicht und Haltung zu zeigen und perspektivisch daraus auch eine Dauerausstellung entwickeln möchte.

Auch Künstler und Kulturpreisträger Ebrahim Sharghi bereitet eine Kunstaktion zu den zentralen Themen der Kundgebung vor. Er möchte symbolisch die Last zeigen, die sich durch die verschiedenen Phänomene der Menschenfeindlichkeit auf die Gesellschaft legt und dabei Ideen sammeln, wie sie überwunden werden kann. Mit „hoher Kunst“ werden junge Stelzenläufer den Demonstrationszug begleiten. Sie wollen nach einem Workshop im Ratzeburger Jugendzentrum „Gleis21“ erstmalig ihr Können zeigen. Auch Kinder werden künstlerisch eingebunden und können mit Malkreide den Ratzeburger Marktplatz mit ihren Träumen von einer Welt des Friedens verschönern. Gesine Biller von der integrativen Kunstwerkstatt der Ratzeburger Volkshochschule wird dazu einladen und animieren.

Musikalisch wird die Kundgebung begleitet vom neugegründeten Chorprojekt „POLITICALied“, das insbesondere den Demonstrationszug zum Mitsingen animieren möchte. Ebenso werden am Streckenverlauf junge Trommler vom „DrumSound-Projekt“ des Diakonischen Werkes erste Rhythmusakzente setzen und so auf den großen „DrumCircle“ von Helga Reihl vorbereiten, der bereits auf dem Marktplatz wartet. Unter behutsamer Anleitung werden dort mit zahllosen Schlaginstrumenten Rhythmen angestimmt, mal laut, mal leise und immer wieder wechselnd, so dass sich ganz viele einbringen und beteiligen können. Musiker Lukas Kowalski wird die Kundgebung schließlich mit einigen Liedbeiträgen abrunden.

„Die Kunstaktionen spielen in unserem Konzept der Kundgebung eine ganz wichtige Rolle. Sie animieren Menschen, aktiv zu werden, mit zumachen, sich einzubringen, auch in den Dialog miteinander zu treten und so ganz ohne Scheu, ihren Meinungen Ausdruck zu verleihen“, sagt Mark Sauer von der Stadt Ratzeburg, erfreut über die Vielfalt von künstlerischen Ideen mit politischer Aussagekraft.

„Wir sind nicht still“, Demo & Kunstaktionen, 31. Oktober, Rathaus, Unter den Linden 1, Ratzeburg,  11.30 Uhr

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Kunst- und stilvoll in die dunkle Jahreszeit

Kunst- und stilvoll geht es am Sonnabend, 19. Oktober, und Sonntag, 20. Oktober, im Viehhaus des ehemaligen Gutshofes Segrahn in die dunkle Jahreszeit. Ilsabe von Bülow lädt dort zur 7. Auflage des Herbstmarktes ein. Jeweils von 10 bis 17 Uhr haben Besucherinnen und Besucher Gelegenheit, zu bummeln und sich die Arbeiten regionaler und überregionaler Kunsthandwerker und Produzenten anzusehen.

Neben Mode, Schmuck und handbemaltem Porzellan dürfen sich die Gäste auf ein kulinarisches Verwöhnprogramm freuen. Auf den Tisch kommen Wildspezialitäten aus den von Bülow´schen Forsten sowie Gebäck und Marmeladen. Außerdem gibt es frischen Kuchen aus der Gutsküche.

Herbstmarkt, 19. &. 20. Oktober, Viehhaus Gutshof Segrahn, Gut Segrahn, Gudow, OT Segrahn, Hofweg 10, 10 bis 17 Uhr

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Auf der Flucht

Mit einem Ballon wollte Jan Hübler Ende der 80er Jahre den Eisernen Vorhang überwinden. Über seinen Fluchtversuch aus der ehemaligen DDR berichtet er am Donnerstag, 17. Oktober, im Augustinum Mölln. Veranstaltungsbeginn ist um 19.30 Uhr.

Hübler und seine Ehefrau waren die letzten, die sich an solch einen Fluchtversuch wagten. Als sie sich an die Arbeit machten, ahnten sie nicht, dass der SED-Staat bald Geschichte sein würde.

Was bedeutete es für ein junges Ehepaar, kurz vor der politischen Wende 1989 in zwei Jahren in einer kleinen Wohnung in Dresden 480 Bettlaken zu einem Heißluftballon zusammenzunähen, um in den Westen zu fliehen?

Den dramatischen Verlauf der Bauphase mit allen Ängsten und Gefahren, Problemen und Emotionen schildert Reisejournalist Hübler in einem packenden autobiografischen Bericht. In seinen Vortrag lässt Hübler alte Fotos und Zitate von Zeitgenossen einfließen. Hinzukommt die Einspielung von DDR-Rockmusik.

Vortrag Jan Hübler, 17. Oktober, Augustinum, Sterleyer Straße 44, Mölln, 19.30 Uhr

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Auf den Spuren von Hans Brandt

Wachtürme und kilometerlange, mit Stacheldraht versehene Zäune, an denen Soldaten entlang patrouillieren – so sah er aus, der eiserne Vorhang, der die Bundesrepublik einst von einem Staat Namens DDR trennte. Im Hier und Jetzt kann man sich das kaum noch vorstellen. Auch Lothar Obst nicht. 30 Jahre nach dem Mauerfall sind die finsteren Utensilien des DDR-Grenzregimes verschwunden. „Die Grenze“, sagt Obst, „existiert für mich nicht mehr.“ Heute heißt der einstige Todesstreifen „Grünes Band“ und ist Lebensraum für zahllose Tiere und Pflanzen.

Dass über die Grenze mittlerweile im wahrsten Sinne des Wortes Gras gewachsen ist, damit kann Obst gut leben. Dass dies nicht mit der politischen Erinnerung geschieht, daran arbeitet er. Zum 30. Jahrestag der Grenzöffnung hat er mit der Stiftung Herzogtum Lauenburg am Sonnabend, 26. Oktober, eine Busfahrt zu Fluchtorten an der ehemaligen Grenze organisiert. „Wir treffen uns vor allem mit Betroffenen und Zeitzeugen aus dem Osten“, erklärt Obst. „Deren Sichtweise wollen wir zeigen.“

Ein Halt liegt an der B 208 in Mustin. Dort gelang am 28. Januar 1982 Hans Brandt – schwerverletzt – die Flucht. Der 37-Jährige hatte sich mit Hilfe eines Straßenschildes unter dem Grenzsignalzaun durchgezwängt und dann beim Überwinden eines weiteren die Selbstschussanlagen ausgelöst. Er überlebte, weil ihn ein Bundesgrenzschutz-Suchtrupp fand und ins DRK Krankenhaus Ratzeburg brachte. Was dann weiter geschah, verrät auf der Exkursion unter anderem der ehemalige Verwaltungschef des Krankenhauses.

An einen weiteren Fluchtversuch im Kreis nach 1982 kann sich Obst, der seit 1981 in der Region zu Hause ist, nicht erinnern. Die Grenze war aber auch so stets präsent. „Als Bürger der BRD hat sie uns ausgesperrt.“ Gleichwohl waren Reisen in die DDR möglich. Obst selbst erinnert sich an eine Tour nach Wismar und Ludwigslust, die er damals mit dem Heimat- und Geschichtsverein unternahm. Der bürokratische Aufwand dafür sei ziemlich groß gewesen. Man habe vorab die Personalien angeben und noch vor der Einreise Zählkarten ausfüllen müssen. Vor Ort habe man sich dann nicht frei bewegen können. „Wir hatten immer einen Reisebegleiter dabei.“

Auch sozioökomisch hatte die Grenze folgen: Abgeschnitten vom ehemaligen Osten eines deutschen Gesamtstaates war der Kreis Herzogtum Lauenburg Zonenrandgebiet und wurde finanziell gesondert gefördert. Eine Maßnahme, die bei der Ansiedlung von Unternehmen, beim Sportplatzbau und bei der Gestaltung des kulturellen Lebens helfen sollte. Aber um westdeutsche Belange soll es bei der Bustour entlang der Grenze nicht gehen. Vielmehr ist es mit Blick auf den 30. Jahrestag zum Mauerfall sein Ansinnen die Menschen zu würdigen, die das DDR-Regime zum Einsturz gebracht haben. „Ich möchte keine Jubelfeier aus westdeutscher Sicht“, so Obst.

Exkursion „Fluchtorte an der Grenze zum Kreis Herzogtum Lauenburg“, 26. Oktober, Abfahrt in Mölln vom Quellenhof (8 Uhr) und vom ZOB (8.15 Uhr), Abfahrt in Ratzeburg vom Marktplatz (8.45 Uhr). Anmeldungen unter Tel. 04542/87000 oder info@stiftung-herzogtum.de. Begleitet wird die Tour von der Wissenschaftlerin Dr. Sandra Pingel-Schliemann (Beckendorf). Getränke und Imbiss gibt es am Bus. Die Rückkehr ist gegen 17 Uhr in Mölln, anschließend in Ratzeburg geplant.

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/10/14/ddr-zeitzeugengespraech-stadthauptmannshof-moelln/