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„Ziel meiner Kunst ist die ständige Wiederkehr“

Antje Ladiges-Specht lebt ein bewegtes Leben. Die 65-Jährige, die seit 1991 in Klein-Zecher zu Hause ist, hat unter anderem in Hamburg ein Künstlerhotel geleitet, ist mehrere Jahre zur See gefahren und hat Afghanistan mit dem Pferd durchquert. Während des KulturSommers am Kanal präsentiert sie eine weitere Facette ihres Lebens, deren Anfänge weit zurückliegen. Ladiges-Specht ist – wie auch immer man es nennen will – eine buddhistische Malerin oder eine malende Buddhistin. Kunst und Buddhismus gehören bei ihr zusammen.

Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihr über den Glauben, den Weg ihn zu leben und welche Rolle er darüber hinaus in ihrer Kunst spielt.

Kulturportal: Frau Ladiges-Specht – Ihre Kunst ist untrennbar mit dem Buddhismus verbunden. Wie sind Sie zu der Religion gekommen?

Antje Ladiges-Specht: Ich war lange Zeit in Asien. Dort habe ich mich diesem Glauben Schritt für Schritt angenähert. Diese Art, sich zu bewegen und sich zu geben, hat mich angesprochen. Das war so harmonisch. Buddhistin bin ich seit 1971.

KP: Schlug sich das schon in dieser Zeit künstlerisch nieder?

Ladiges-Specht: Kunst und Buddhismus liefen bei mir immer parallel. Damals hatte ich aber mehr mit Mode als mit Bildender Kunst zu tun. Ich entwarf Kleidung. Kleidung, die nicht in Richtung sexy ging, sondern in Richtung Befreiung. Die Betonung lag dabei nicht auf den weiblichen Formen. Ich wollte, dass die Frauen sich wohlfühlen – mit der Kleidung und dem Körper. Der Geist soll sich frei entwickeln können.

KP: Das ist für unsere Breiten alles andere als eine typische Haltung. Dafür und für einen solchen künstlerischen Ausdruck braucht es eine gehörige Portion Selbstbewusstsein. Wie reagierte Ihr Umfeld auf Sie?

Ladiges-Specht: Ich lebte damals in Berlin. Es war die Zeit der großen Demos, denen ich mich als Künstlerin und Aktivistin anschloss. Wie etwa gegen den Paragraf 218.

KP: Der Paragraf, der Abtreibungen grundsätzlich unter Strafe stellte…

Ladiges-Specht: Genau. In dieser Zeit wurde die Toleranz geprobt. Die Leute haben einen genommen, wie man ist. Alles andere wäre auch im Widerspruch zur Protestbewegung gewesen.

KP: Wenn ich an den Buddhismus denke, fallen mir die Begriffe Erleuchtung und Gelassenheit ein. Warum will uns Menschen beides nicht so recht gelingen?

Ladiges-Specht: Weil man immer wieder aggressiven Einflüssen ausgesetzt ist. Gegen solche Schwingungen muss man sich wappnen. Ich habe letztens eine Mücke umgebracht und bin immer noch erschüttert darüber. Es darf nicht sein, dass es heißt: Wie du mir, so ich dir.

KP: Wie begegnen Sie diesen aggressiven Einflüssen?

Ladiges-Specht: Ich versuche wirklich mit allem bewusst umzugehen – die täglichen Handlungen bewusst zu vollziehen und mir vor Augen zu führen, in was für einem schönen Umfeld ich leben darf.

KP: Ist Ihre Kunst auch Teil dieser täglichen Handlungen?

Ladiges-Specht: Nein, ich muss dafür die Ruhe finden. Der Prozess des Schaffens ist Meditation. Bei der Arbeit brauche ich absolute Stille. Nur dadurch kann ich die Ruhe in die Bilder hineinarbeiten. In den letzten Monaten habe ich leider diese Ruhe nicht gefunden.

KP: Was für Bilder sind das, die Sie malen?

Ladiges-Specht: Es handelt sich um reine Meditationsbilder mit immer wiederkehrenden Themen. Der Weg zu jedem Bild ist lang – flüchtig gesehen, sind kaum Veränderungen zu erkennen. Aber genau das ist die Arbeit im Zen-Buddhismus, ständig eine Wiederkehr zu erarbeiten.

KP: Wie gehen Sie bei der Schaffung Ihrer Werke vor?

Ladiges-Specht: Das kommt immer darauf an, was für einen Untergrund ich haben will. Grundsätzlich verwende ich Goldfarben und mit dem Mörser zermalmtes Goldpapier…

KP: Gold?

Ladiges-Specht: Gold ist die Farbe des Glücks. Die Goldfarben vermische ich mit Naturpigmenten. Auf diese Weise kommen unterschiedliche Goldtöne zustande. Die Farben trage ich schwerpunktmäßig mit dem Pinsel auf.

KP: Das Ergebnis sind Bilder, auf denen zumeist großflächige geometrische Formen dominieren. Wie reagieren Besucher, die Sie während des KulturSommers in Ihrem Atelier besuchen können, auf Ihre Kunst?

Ladiges-Specht: Nur wenige können nichts damit anfangen. Die gehen dann gleich wieder. Bei anderen ist es genau umgekehrt: Die kommen gar nicht wieder aus dem Ausstellungsraum raus.

KP: Wieso, meinen Sie, gehen Menschen sofort wieder?

Ladiges-Specht: Weil sie sich plötzlich so einer Ruhe ausgesetzt sehen und sich mit sich selbst auseinandersetzen müssen.

KP: Und was soll Ihre Kunst – umgekehrt – im besten Fall bewirken?

Ladiges-Specht: Sie soll den Betrachter zur Ruhe kommen lassen. Die Einfachheit der Bilder ist unaufdringlich und führen dadurch zur Ruhe.

KP: Frau Ladiges-Specht, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Antje Ladiges-Specht hat ihr Atelier an der „Alten Schule“, Am Müllerweg 1, in Klein-Zecher. Es ist während des KulturSommers sonnabends und sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Besucher können sich dort eine Auswahl ihrer Bilder sowie Holzskulpturen von Peer Oliver Nau ansehen.

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„Der KulturSommer beflügelt die Menschen“

Ilsabe von Bülow hat aus dem ehemaligen Viehhaus auf dem Gutshof Segrahn einen Veranstaltungsort gemacht. Die Kulturmanagerin, die Kunstgeschichte studiert hat, organisiert dort seit 2010 regelmäßig Konzerte, Theateraufführungen und Feste. Darüber hinaus hat das Viehhaus mittlerweile als Bühne für die „Oper auf dem Lande“ seinen festen Platz im Programm des KulturSommers am Kanal. In diesem Jahr wird dort „Die schöne Magelone“ gespielt. Die Aufführung ist am Sonnabend, 7. Juli.

kulturportal-herzogtum.de sprach mit Ilsabe von Bülow über ihre Liebe zur Kunst, die Verwandlung des Viehhauses und den KulturSommer am Kanal.

Kulturportal: Frau von Bülow, wie erklären Sie sich Ihre Leidenschaft für die Kunst?

Ilsabe von Bülow: Ich hatte am Christianeum in Othmarschen gute Kunstlehrer, die uns Schüler sehr gefördert haben. Als ich zwölf war, bin ich zudem einmal die Woche mit der S-Bahn zur Kunstschule der Hamburger Kunsthalle gefahren. Dort sah man sich ein Bild an, zu dem man dann Aufgaben gestellt bekam.

KP: Durften Sie auch zum Pinsel greifen?

Von Bülow: Ja. Ich erinnere mich, wie wir Aufgaben zu Paul Klees „Der goldene Fisch“ gestellt bekamen und dabei in Farben badeten.

KP: Schauen Sie sich Kunst lieber an oder liegt Ihre Priorität beim Machen?

Von Bülow: Beim Machen. Malen hat für mich etwas Meditatives. Klar ist es interessant, sich Fragen zu Kunstwerken zu stellen. Aber das Kreative brauche ich.

KP: Hand aufs Herz: Hegen Sie neben Ihrer Liebe zur Bildenden Kunst noch eine heimliche Liebe? Armin Mueller-Stahl beispielsweise hat mal erzählt, dass er lieber Musiker als Schauspieler geworden wäre.

Von Bülow: Nein. Trotzdem ist mir jede Kunstrichtung wichtig und es ist für mich immer wieder spannend, sich in etwas Neues einzuarbeiten – so wie ich es für mein Buch über den Architekten Joseph Christian Lillie getan habe. Was die Musik anbelangt, muss ich zugeben, dass ich da nicht so erfolgreich war. Das ist ja auch eine Fleißfrage und da war ich nicht fleißig genug.

KP: Frau von Bülow, Kunst zu kreieren, ist eine Sache. Ein altes Viehhaus zu renovieren und daraus einen Veranstaltungsort zu machen noch mal etwas komplett anderes. Wie kam es, dass Sie sich dieser Herausforderung gestellt haben?

Von Bülow: Vor 2010 war das Viehhaus eine Ruine. Da die Milchviehhaltung seit 1979 abgeschafft war, hätte es keinen Sinn gemacht, den Stall zu erhalten. Ein Abriss kam für uns aber nicht in Frage. Damit hätten wir das biedermeierliche Ensemble des Gutshofes zerstört. Hinzu kam, dass unsere Kinder aus dem Haus waren und wir Lust und Zeit hatten, etwas aufzubauen.

KP: Die Zeit für die Umwidmung des Gebäudes war quasi reif.

Von Bülow: Ja. Unser Plan war es, einen Raum zu schaffen, an dem die Gudower und Menschen aus der Region feiern können. Man lebt heute ja vielmehr mit dem Dorf als früher. Das fängt schon damit an, dass unsere Kinder hier zur Grundschule gegangen sind. Das Viehhaus trägt weiter zu dieser Öffnung bei. Hier finden Feuerwehrfeste und Hochzeiten statt.

KP: Bei den Hochzeiten und Festen ist es nicht geblieben. Die „Oper auf dem Lande“ im Rahmen des KulturSommers am Kanal findet immer bei Ihnen statt. Sogar das Schleswig-Holstein Musikfestival (SHMF) hat schon im Viehhaus Station gemacht.

Von Bülow: 2015 war die Pianistin Claire Huangci hier. Im Zeitalter der perfekten Aufnahmen ist so ein Auftritt allerdings ziemlich aufwändig. So musste der Flügel drei Mal gestimmt werden. Im Grunde gehört so eine Veranstaltung eher nach Wotersen. Wir sind hier mehr für das Regionale zuständig.

KP: Für solche Kulturveranstaltungen gibt es ja per se keine Erfolgsgarantie und dass man mit einem Konzert oder einer Theateraufführung einen Gewinn macht, ist eher die Ausnahme als die Regel. Trotzdem trauen Sie sich und stellen jedes Jahr aufs Neue ein Programm auf die Beine. Das braucht schon einen gewissen Mut.

Von Bülow: Ja, den braucht es. Vor den Veranstaltungen habe ich immer ein bisschen Bauchweh. Man fragt sich: Kommen auch genügend Leute?

KP: Zumal die Konkurrenz heute riesig ist.

Von Bülow: Ja, in Hamburg beispielsweise gibt es so viel, dass meine dortigen Bekannten gar nicht mehr hier rauszukommen brauchen. Bei den Veranstaltungen geht es grundsätzlich darum, ein Gleichgewicht zwischen schwächerem und gutem Besuch zu finden. Darüber hinaus gibt es immer einen Herbstmarkt, bei dem ich mir durch den Kaffee- und Kuchenverkauf ein kleines Pölsterchen verschaffe.

KP: Sie haben gerade gesagt, dass Sie mehr für das „Regionale“ sind. Das „Regionale“ schlechthin ist für mich der KulturSommer am Kanal. Wie sehen Sie das Festival und wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass das Viehhaus regelmäßig als Veranstaltungsort dabei ist?

Von Bülow: Mein Mann und ich sind viel unterwegs, um uns die Kunst der Leute in ihren Häusern anzusehen. Auch zu Konzerten gehen wir. In Schwarzenbek haben wir vor ein paar Jahren die Auftritte von acht verschiedenen Chören angehört. Sie alle klangen auf ihre Art schön. Das Festival gibt all diesen Leuten die Chance, sich zu zeigen. Das beflügelt. Der KulturSommer rückt Menschen und Orte in den Mittelpunkt.

KP: Ein Ort – um darauf zurückzukommen – ist das Viehhaus Gutshof Segrahn, wie es offiziell heißt. Wie kam es dazu?

Von Bülow: Ich habe Frank Düwel mal auf einer Bahnfahrt getroffen und ihm erzählt, dass wir das Viehhaus herrichten wollen. Seine Reaktion war: Da machen wir bestimmt mal was zusammen. So ist es dann ja auch gekommen.

KP: In diesem Jahr wird „Die schöne Magelone“ aufgeführt…

Von Bülow: Die Regisseurin war neulich hier. Wir haben über den Flügel und die Verdunkelung gesprochen.

KP: Es gab noch keine Proben vor Ort?

Von Bülow: Bislang noch nicht. Bei den Proben bin ich aber, wenn es irgendwie geht, gerne dabei. Die Entstehung eines Stücks zu verfolgen, ist spannend. Außerdem macht mir der Umgang mit den jungen Leuten einfach Spaß. Ich koche Kaffee und besorge – wenn nötig – auch Requisiten.

KP: Frau von Bülow, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen für „Die schöne Magelone“ viel Spaß und ein volles Haus.

Mehr zum KulturSommer:

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/06/25/die-liebe-ist-die-antithese-zur-optimierung/

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/06/26/stimmungsvoller-auftakt-nach-taktloser-ouvertuere/

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„Wen(n) der Schein trügt“

Das Stimmungsbarometer dürfte sich in der Alten Schule (Klein Zecher) am Sonnabend, 7. Juli, aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen heiter und wolkig bewegen. Verantwortlich dafür ist der Auftritt von Autorin Christiane Gezeck. Sie liest ab 19 Uhr im Rahmen des KulturSommers am Kanal aus ihrer Kurzgeschichtensammlung „Wen(n) der Schein trügt“.

Bei den Texten der gebürtigen Kielerin steht das Leben der „kleinen“ Leute im Mittelpunkt. Einer ihrer Helden ist Herr Gimpel, ein schüchterner Busfahrer mit Herz. Dann ist da noch Laura, die die Aura ihrer Mitmenschen nicht nur sehen, sondern auch deuten kann. Und dann ist da die Geschichte für den Cocktail-Experten, der sich fragt, wie so ein Getränk gefahrlos gemixt wird.

Die Geschichten geleiten den Zuhörer aus der eigenen Wirklichkeit hinüber in eine andere, die – räumlich gesprochen – direkt um die Ecke liegt.

 

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Südwandsanierung fast abgeschlossen

Zurzeit wird an der Möllner St. Nicolai-Kirche fleißig gesägt, geschraubt und gehämmert: Nach der Nordwand 2016 wird derzeit die Südwand saniert. „Der Dachstuhl und viele Balken sind durch die eindringende Feuchtigkeit schadhaft geworden. Es mussten ganze Stücke ausgetauscht werden“, erklärt Pastor Matthias Lage. Das Wasser war über die Kehlen zwischen den einzelnen Dächern gelaufen und hatte sich im Gewölbe gesammelt. „Eine echte Millimeterarbeit“, ergänzt Architekt Torsten Ewers aus Hamburg. Auch Risse im Mauerwerk mussten repariert werden; ebenso die Seitenschiffdächer inklusive der Kupferregenrinnen. „Das war im Gegensatz zur Nordwand teilweise ganz schön knifflig. Die Handwerker leisten hier eine tolle Arbeit. Teilweise wurde das alte Material zur Reparatur der Regenrinnen und Befestigung wiederverwendet“, lobt Torsten Ewers, für den die Sanierung des Gotteshauses eine besondere Aufgabe ist. Er betreute bereits die Nordwandsanierung der Kirche.

Oberhalb des Kirchengewölbes hatte sich im Laufe der Jahre eine Menge Unrat angesammelt – hier räumten die Männer kräftig auf und bauten einen neuen Wartungsgang, um die Zugängigkeit zu sichern. „Ein bis zweimal im Jahr oder nach einen Sturm wird kontrolliert, ob Schäden am Dach oder der Mauer sind“, erläutert Pastor Lage. Das Ende der Sanierung ist für Ende Juni, Anfang Juli geplant. Die Kosten belaufen sich auf 497.000 Euro. Neben dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg und der Kirchengemeinde Mölln beteiligen sich das Land Schleswig-Holstein mit dem Investitionsprogramm

„Kulturelles Erbe“ (IKE), die Stiftung „KiBa“ und voraussichtlich auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz an den Kosten. Nach Abbau des Gerüstes werden noch Arbeiten an der Elektrik vorgenommen, die Rettungszeichen angebracht und die Leuchten versetzt.

Für Pastor Matthias Lage ist die Sanierung besonders wichtig, denn: „unsere Orgel soll ein gutes Nest haben“. Geplant ist nach der Kirchensanierung die Restaurierung der Scherer-Bünting-Orgel aus dem Jahr 1436. Die Kosten dafür werden auf 1,7 Millionen Euro geschätzt, über 980.000 Euro wurden schon durch Spenden, staatliche Zuwendungen und kirchliche Mittel erreicht. Weitere Infos  unter www.orgelbauverein-moelln.de.

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Besuch von Volker Jänig

Zu einem besonderen Chorkonzert lädt Kantor Thimo Neumann am Sonntag, 25. März, um 18 Uhr in die St. Nicolai-Kirche Mölln ein: Die MarienKantorei  aus Lemgo  singt unter der Leitung von Neumann`s Vorvorgänger Volker Jänig.

Volker Jänig, der in der Zeit von 1998 bis 2010  als Kreiskantor in Mölln wirkte, präsentiert mit seinem Chor Werke aus verschiedenen Jahrhunderten. Zu hören sind Stücke zum Thema Passion. Unter anderem handelt es sich um Werke von Johannes Brahms, Hugo Distler und Marcel Poulenc.

Die MarienKantorei mit etwa 35 Sängerinnen und Sängern ist ein A-Capella-Chor, der wöchentlich probt. Professionelle Stimmbildung begleitet die Proben. Die Kantorei unternimmt rund alle zwei Jahre eine größere Reise. 2015 war das Ensemble in den USA. Das Repertoire des Chores umfasst alle Epochen von der Renaissance über die Bach-Motetten bis hin zu Kompositionen der Moderne.

Foto: Silke Roschewski

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„Musikalische Gedanken über Leben und Tod“

Mit der „Hamburger Ratsmusik“ startet am Sonnabend, 3. März, in der St. Nicolai-Kirche die von Kantor Thimo Neumann erstmals organisierte Konzertreihe „1. Möllner Meisterkonzerte“. Das international bekannte Ensemble spielt unter dem Titel „Deth –Life – Musikalische Gedanken über Leben und Tod“ Kompositionen aus der Zeit der Renaissance und des Barock. Konzertbeginn ist um 18 Uhr.

Die „Hamburger Ratsmusik“, ein Ensemble mit 500-jähriger Geschichte, tritt in verschiedenen Besetzungen auf: In Mölln präsentiert es sich als Duo. Simone Eckert und Ulrich Wedemeier bringen die Viola da Gamba und die Theorbe zum Einsatz. Sie laden zum kreativen Dialog zwischen Tradition und Gegenwart – von Alter Musik und lebendiger Interpretation. Hamburgs kühle Brise sorgt bis heute für allzeit frischen musikalischen Wind.

Die Anfänge der Hamburger Ratsmusik reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert. Nach dem Grundsatz „Gott zu Ehren und Hamburg zur Lust, Ergötzlichkeit und Nutz“ leistete sich die Stadt ein Eliteensemble von acht Ratsmusikern, das vielen fürstlichen Hofkapellen Konkurrenz machen konnte. Seine erste Blüte erreichte das Ensemble im 17. und 18. Jahrhundert unter Musikern wie William Brade, Johann Schop, Georg Philipp Telemann und Carl Philipp Emanuel Bach. Das Ensemble spielt heute noch in unterschiedlichen Besetzungen im In- und Ausland.

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Angela W. Röders spielt „Rose“

Die Lebensgeschichte einer in der Ukraine geborenen Jüdin erzählt und verkörpert die Schauspielerin Angela W. Röders am Donnerstag, 1. März, in der Maria-Magdalenen-Kirche. Grundlage ihres Auftritts ist das von Martin Sherman geschriebene Ein-Personen-Stück „Rose“. Die Heldin hält Totenwache für ein palästinensisches Mädchen, das von ihrem fanatischen Enkel erschossen worden ist. Die schreckliche Gegenwart ruft Erinnerungen in ihr wach. Sie erzählt von ihrer alten Heimat und von Amerika, ihrer neuen, von der Fluchtodyssee, die sie zwischenzeitlich in das ersehnte Palästina führte, von schmerzlichen Verlusten, Liebe und Entscheidungen, die zum Neuanfang für ein Miteinander ohne Hass und Vergeltung führten. Veranstaltungsbeginn ist um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei

Der Hamburger Schauspielerin Angela W. Röders liegt das Solostück ob seiner Aussagekraft und seiner Botschaft sehr am Herzen. Als sie gefragt wurde, ob sie es sich vorstellen könne, „Rose“ in der besonderen Atmosphäre einer alten Dorfkirche aufzuführen, sagte sie sofort zu. Ein Mustiner Freundeskreis hatte diese Idee aufgeworfen und den Kontakt zum Verein Miteinander leben gesucht, ob dieser im Rahmen des Projektes „Zugänge schaffen“ eine solche Aufführung unterstützen könnte. „Wir sind sehr dankbar über diese Initiative, liegt sie doch genau im Fokus unserer Arbeitsgruppe „Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft“ und ihres präventiven Konzeptes „Begegnungen und Austausch mit jüdischem Leben schaffen. Von daher unterstützen wir sehr gern und freuen uns auch auf ein ungewöhnliches Theaterereignis an einem ungewöhnlichen Ort“, so Mark Sauer, Vorsitzender des Vereins Miteinander leben.

Der Verein Miteinander leben setzt sich seit 2016 in dem Modellprojekt „Zugänge schaffen“ dafür ein, jüdisches Leben und jüdische Themen möglichst niederschwellig den Menschen nahezubringen.

 

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„Till konnte die Dummheit der kleinen Leute nicht ertragen“

Manfred Sahm, Mitglied des Niederdeutsch-Beirats der Stiftung Herzogtum Lauenburg, hat die Abenteuer des Till Eulenspiegel ins heutige Plattdeutsch übersetzt. Der 74-Jährige lebt mit seiner Frau in Mölln. Vor diesem Hintergrund erscheint seine literarische Arbeit über den berühmten Volksnarren irgendwie logisch. Ist sie aber nicht: Sahm, pensionierter Kriminalbeamter, hat die meiste Zeit seines Lebens in anderen Städten verbracht. Geboren und aufgewachsen ist er in Kiel. Gelebt hat er zudem in Eckernförde, Ratzeburg, Lübeck und Hamburg. Mölln ist erst seit fünf Jahren seine Heimat.

Das Kulturportal sprach mit ihm über die Entstehung des Buches, über das Leben des Till Eulenspiegel, der um 1300 sein Unwesen nicht nur in Mölln und Umgebung getrieben haben soll, und den Spaß, andere zu veräppeln.

Kulturportal: Herr Sahm, können Sie sich daran erinnern, wann Sie das erste Mal von Till Eulenspiegel gehört haben?

Manfred Sahm: Da war ich noch ein Kind. Meine Mutter und ich waren damals zu Besuch in Mölln. Ich weiß noch, dass wir uns den Brunnen auf dem Marktplatz angesehen haben. Das nächste Mal bin ich ihm dann begegnet, als meine Frau und ich nach Mölln gezogen sind. Ein Kollege hat mir erzählt, dass er Mitglied in der Eulenspiegel-Gilde ist und mich gefragt, ob ich ihn nicht mal zu einem Treffen begleiten wolle. Ich bejahte und bin dann dabeigeblieben. So kam es, dass ich mich irgendwann gefragt habe: Was steckt dahinter?

KP: Und haben Sie eine Antwort?

Sahm: Wenn man sich mit Till beschäftigt, stößt man automatisch auf die Frage: Hat er gelebt?

KP: Hat er?

Sahm: Ich habe mir diverse Doktorarbeiten besorgt und bin zu dem Schluss gekommen: Ja, er hat gelebt. Davon sind auch die meisten Wissenschaftler überzeugt. Ich auch, denn wenn er nicht gelebt hätte, hätte er ja auch nicht in Mölln beerdigt werden können. Eine ganz andere Frage ist, ob er die 96 Abenteuer, die ihm zugeschrieben werden, alle erlebt hat: Nein, hat er nicht. Der Autor hatte von anderen Schreibern – wie es damals üblich war – Geschichten übernommen.

KP: Wie kommt es überhaupt, dass wir diese Abenteuer heute noch kennen?

Sahm: Sie wurden aufgeschrieben. Der erste, der dies tat, war Hermann Bote. Bote, Zollschreiber von Beruf, konnte kein Latein und verfasste die Geschichten in niedersächsischer Sprache – also in Plattdeutsch. Dieser Text ist leider verloren gegangen. Er diente aber offensichtlich als Vorlage für die Fassung des Franziskanermönchs Dr. Thomas Murner.

KP: Was sagen uns die Geschichten heute über Till als Person?

Sahm: Dass er ein Mann niederer Herkunft war. Er hat mit Mutter und Vater auf dem Lande gelebt. Die Mutter wollte, dass er etwas lernt. Till hatte anderes im Sinn: Schon als Knabe war er zu Scherzen aufgelegt. Im Dorf hat er die Kinder veräppelt, hinter dem Rücken des Vaters seinen Mors – Hintern – gezeigt. „Alle sagen, dass ich ein Schelm bin“, stellt er seinem Vater gegenüber fest, so als wundere er sich selbst darüber.

KP: Wie würden Sie Till von seiner Persönlichkeit her charakterisieren?

Sahm: Er war ein Individuum, das sich nicht angepasst hat. Sympathisch war er sicherlich nicht. Dafür hat er viel zu viele Leute geärgert.

KP: Konnte so einer in der mittelalterlichen Ständegesellschaft überhaupt überleben? Mit seinen Streichen hat er ja wohl kein Geld verdient?

Sahm: Er hat sich die Lebensumstände damals zu Nutze gemacht und ist wie ein wandernder Geselle über Land gezogen. Er hat einfach behauptet, dass er Kürschner, Stubenheizer oder Tischler ist. Sogar als Turmbläser hat er sich verdingt oder als Arzt und Professor ausgegeben. Deshalb dürfte er auch nicht in Narrenkleidung umhergezogen sein. Darin hätte er die Rolle des Handwerkers oder Künstlers schlecht spielen können.

KP: Waren wenigstens die Auftraggeber vor seinen Scherzen sicher?

Sahm: Nein, auch sie hat er genarrt. Gerne hat er sie dafür beim Wort genommen. Einmal hat ein Schneider zu ihm gesagt: Mach aus diesem Stoff einen Wolf – also eine Jacke. Woraufhin Till den Stoff zerschnitten hat.

KP: Das klingt, als wäre niemand vor ihm sicher gewesen?

Sahm: Till war ein Volksnarr. Er hat Schabernack mit Hochstehenden, Pfaffen und Handwerksmeistern getrieben. Er hat Herbergswirte hochgenommen. Kleine Leute hat er geärgert, weil er ihre grenzenlose Dummheit nicht ertragen konnte.

KP: Herr Sahm, Hand aufs Herz – jetzt, wo ihr plattdeutscher Till Eulenspiegel hier vor uns liegt: Würden Sie auch gerne gelegentlich die Rolle des Narren spielen?

Sahm: Früher habe ich schon Scherze mit anderen getrieben. Allerdings so, dass niemand Schaden davon hat. Mittlerweile bin ich in einem Alter, in dem man solche Streiche nicht mehr macht.

KP: Dafür bringen Sie nun den niederdeutschen Lesern, Tills „Spijööken un Aventüern“ nahe. Wie kam es überhaupt, dass sie sich diesem Projekt verschrieben haben?

Sahm: Nachdem ich von Botes Fassung auf „Neddersässisch“ gelesen hatte, fand ich, das wäre doch was: Den Eulenspiegel komplett ins Niederdeutsch von heute zu übertragen.

KP: Botes Fassung ist ja – wie Sie sagten – verloren gegangen. Auf welcher Version basiert Ihre Übersetzung?

Sahm: Ich habe mich an der Reclam-Übersetzung von Murners mittelhochdeutschem Till gehalten. Ich habe mich bemüht, möglichst textgetreu zu sein. Allerdings handelt es sich nicht um eine reine Wort-für-Wort-Übersetzung. Hier und da musste ich auch mal etwas umschreiben.

KP: Ich würde sagen, es hat sich gelohnt. Hic fuit, Herr Sahm. Vielen Dank für das Gespräch.

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Von wegen hier ist nichts los!

Von wegen auf dem Land ist nichts los! Wer Augen und Ohren im Kreis offenhält, trifft hier und da immer wieder auf interessante Veranstaltungsorte und Einrichtungen, in denen Künstler ihr Können zeigen. Wie etwa das Heubodentheater von Gwendolin Fähser, das umgeben von Wald und Wiesen zwischen Ritzerau und Duvensee liegt.

Klar, nicht in jedem Ort gibt es jemanden, der gewillt ist, regelmäßig Kulturveranstaltungen auf die Beine zu stellen. Aber Gwendolin Fähser zeigt, dass es und wie es gehen kann. Davon geträumt, Konzerte, Lesungen und Aufführungen zu organisieren, hat die Theaterpädagogin schon immer. Dass der Traum heute Wirklichkeit ist, geht auf ihr Engagement beim KulturSommer zurück. „Hans-Jürgen Rumpf kam 2006 auf mich zu und fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, mitzumachen“, erinnert sich die Theaterpädagogin.

Es war der erste Schritt auf dem Weg zum ständigen Veranstaltungsort. Heute hat das Forstgehöft, in dem Gwendolin Fähser mit ihrem Mann lebt, mit dem Heuboden und dem Wintersalon gleich zwei Veranstaltungsräume. „Den Heuboden haben wir übrigens der Arbeit von zwei Wandergesellen zu verdanken“, sagt Gwendolin Fähser. „Die kamen damals hier bei uns vorbei und fragten nach Quartier und Arbeit und wir sagten: Baut uns mal den Heuboden zu einen Veranstaltungsraum um!“

Zu den Räumen gesellten sich die Erfahrungen für die Organisation von Veranstaltungen. Beispielsweise, dass im Vorfeld zu prüfen ist, ob bei der Verwertungsgesellschaft Wort oder bei der GEMA Gebühren anfallen. Dabei konnte sie im Übrigen auf die Unterstützung der Stiftung Herzogtum Lauenburg zählen. „Die Stiftung hat das mit der GEMA immer für mich geklärt. Soweit ich mich erinnere, musste nie etwas gezahlt werden.“

Gwendolin Fähser weiß heute, worauf es ankommt. Das gilt auch für die Programmgestaltung. „An einem besonderen Ort erwartet das Publikum auch ein ‚besonderes‘ Programm. Gleichzeitig sollte es aber so gefächert sein, dass es eine Vielzahl von Kulturinteressierten anspricht“, so ihre Maßgabe. Dieser ist sie auch bei der Organisation ihrer Veranstaltungsreihe „Kulturbrise“ gefolgt, die im Februar im Wintersalon auf dem Programm steht. Zum Auftakt am Sonntag, 4. Februar, ist das Duo „Way Out South“ zu Gast. Dahinter verbergen sich die Sängerin Natascha Roth und der Gitarrist James Scholfield. Sie spielen eine bunte Mischung aus Jazz, Bossa Nova und weiteren Musikstilen. Eine Woche später – am 11. Februar – betritt die Theater-Pädagogin Fähser dann selbst die Bühne. Sie liest aus einem Roman des dänischen Schriftstellers Jörn Riel, der vom abenteuerlichen Leben in der Arktis erzählt. Musikalisch begleitet wird sie dabei von dem Cellisten Peter Köhler. Den Abschluss bildet dann am Sonntag, 25. Februar, eine märchenhafte Hommage an das Leben der Maria Sibylla Merian. Sandy Sanne und Alexander Weber von der Theaterimkerei präsentieren mit ihren Figuren in Tanz und Musik die Begegnung der Naturforscherin Merian mit Raupen und Schmetterlingen.

Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 17 Uhr. Kartenreservierungen unter Tel. 04543-7026 oder per Mail unter gwen.faehser@posteo.de.

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„Die Resonanz an Weihnachten motiviert“

Im Organistenhaus gibt es am Montagmorgen frischen Kaffee. Gastgeber Christian Skobowsky hat ihn gekocht. Der gebürtige Potsdamer ist seit mehr als zehn Jahren Kantor der Ratzeburger Domgemeinde. Mit im Büro des Musikers sitzt sein Kollege Thimo Neumann, der dieses Amt seit Juni für die Möllner St. Nicolai-Gemeinde ausübt. Der alte Hase und der Neuling – beide lieben ihren Beruf und freuen sich auf die Weihnachtszeit, wie sich im Interview mit dem Kulturportal herausstellt. Allerdings, räumt Skobowsky ein, hätte er angesichts des zeitlichen Organisierungsaufwands gerne etwas mehr Zeit für die eigentliche Musik.

Kulturportal: Herr Skobowsky, Herr Neumann – was verbinden Sie mit Weihnachten? Lust oder Last?

Christian Skobowsky: Also, wenn Sie darauf hinauswollen, dass man in der Adventszeit mehr zu tun hat, muss ich das verneinen. Als Domkantor hat man immer viel zu tun. Um auf Ihre Frage einzugehen: Bei mir überwiegt die Lust. Weihnachten ist die Resonanz auf die Arbeit am Größten. Das motiviert mich.

Thimo Neumann: Für mich ist es das erste Weihnachten in der St. Nikolai-Gemeinde und somit alles neu. Ich freue mich auf die Zeit. Ich bin gespannt, wie die Chöre mitziehen.

KP: Wie steht es mit der Musikauswahl? Können Sie frei darüber entscheiden?

Skobowsky: Für mich ist es mittlerweile das 11. Weihnachtsfest mit der Dom-Gemeinde und ich kann die Frage mit einem eindeutigen Ja beantworten. Ich habe beispielsweise Orgelmusik von Olivier Messiaen mit ins Weihnachtsprogramm genommen. Damit macht man sich nicht bei allen beliebt. Aber unser Auftrag ist es, das breite Spektrum der Weihnachtsmusik abzubilden.

Neumann: Wenn ich an Weihnachten Passionsmusik zur Aufführung bringen würde, wäre das natürlich schlecht. Aber solange die Musik in den Rahmen passt, bin auch ich frei bei der Auswahl.

Skobowsky: Mir liegen beispielsweise die Adventslieder am Herzen. Deshalb versuche ich zwischen Weihnachts- und Adventsaufführungen zu differenzieren, was sich nicht immer so leicht umsetzen lässt. So führen wir am 16. und 17. Dezember das komplette Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach auf. Streng genommen dürfte es nicht vor dem 25. Dezember erklingen.

Neumann: Wir präsentieren am 9. Dezember unter anderem die erste Kantate des Weihnachtsoratoriums. Am dritten Advent steht dann das traditionelle Adventssingen auf dem Programm. Das ist ein richtiges Familienevent.

Skobowsky: Ich bewege mich natürlich vor allem in Genres, die mir gefallen und die ich beherrsche. Ich bin musikalisch in dem zu Hause, was heute als „klassisch“ bezeichnet wird.

KP: Beziehen Sie die Chöre bei der Programmgestaltung mit ein?

Skobowsky: Ich entwickle Ideen und stelle sie dann vor. Meistens werden sie für gut befunden. Dabei gehe ich auch ergebnisoffen an eine Sache heran und reagiere auf die Stimmung. So habe ich beispielsweise mal vorgefühlt, ob das Weihnachtsoratorium von Bach unbedingt jedes Jahr aufgeführt werden muss. Nein, hat mir der Domchor signalisiert. Das gibt mir natürlich mehr Spielraum für andere Werke.

Neumann: Für mein erstes Weihnachten in der St. Nicolai-Gemeinde habe ich mir zunächst einmal angesehen, was für ein Liederrepertoire die Chöre haben und dann für Weihnachten alles ins Blaue geplant. Das ist natürlich risikobehaftet, aber ich hoffe, dass es gutgeht.

Skobowsky: Wir arbeiten mit Laienchören. Das sollte man nie vergessen. Die Vorstellungen, welche ich und die Sänger haben, können sehr unterschiedlich sein. Deshalb sollte man immer behutsam an die Sache herangehen.

Neumann: Aber man muss schon auch an die Grenzen gehen. Chöre brauchen die Herausforderung, um über sich hinauswachsen zu können. Wenn sie nur noch leichte Sachen machen, schwindet die Motivation.

Kulturportal: Und was passiert, wenn die Herausforderung zu groß ist?

Skobowsky: Dann gibt es schon mal jemanden, der frustriert ist. Solche Reaktionen sind allerdings die Ausnahme. Im Übrigen gilt für das Gelingen eine klare Regel: Geplante Aufführungen dürfen niemals gegen den Chor gehen.

Neumann: Wenn man immer gegen den Strich bürstet, bildet sich keine Gemeinschaft.

Kulturportal: Sie haben vorhin betont, dass Sie es mit Laienchören zu tun haben. Andererseits staunt das Publikum, was für anspruchsvolle Werke diese Laien auf die Bühne bringen…

Skobowsky: Das ist wirklich erstaunlich. Zumal viele keine Noten vom Blatt lesen können. Trotzdem sind sie in der Lage, ein kompliziertes Werk zu singen.

Kulturportal: Was Zeit und Mühe kostet…

Neumann: Viele fahren direkt von der Arbeit zur Chorprobe.

Skobowsky: Man muss das unterstreichen. Die Leute machen das freiwillig und opfern ihre Freizeit.

Kulturportal: Wie lange dauert es eigentlich, bis beispielsweise so ein komplexes Werk wie das Weihnachtsoratorium sitzt?

Neumann: Wir haben direkt nach den Sommerferien angefangen, das Weihnachtsrepertoire – also auch die erste Kantate des Oratoriums – einzuüben.

Kulturportal: Wie oft proben die Chöre?

Skobowsky: Unsere Chöre treffen sich einmal wöchentlich für zwei Übungsstunden. Manchmal kommen noch Probentage oder ein Chorwochenende hinzu.

Kulturportal: Für das Bach-Oratorium brauchen Sie zusätzlich Instrumentalisten und Gesangssolisten.

Skobowsky: Gut, dass Sie das ansprechen. Zu so einem Auftritt gehört noch weit mehr als die Chorproben. Die Planungen beginnen deshalb anderthalb bis zwei Jahre vorher. Allein die Auswahl der Gesangssolisten nimmt viel Zeit in Anspruch. Ich wähle immer erst einen Sänger aus und schreibe ihn an. Wenn ich von diesem Kandidaten eine Zusage erhalte, suche ich die anderen aus. Beim Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach sind es vier Solisten – die vier müssen zueinander passen!

Neumann: Ich habe mir eine Liste mit Solisten angelegt, auf die ich zurückgreife. Da stehen Leute drauf, die man schon mal in einem Konzert gehört hat. Welche Sänger man dann auswählt, kommt immer auch auf das Stück an – ob es sich beispielsweise um eine Komposition aus dem Barock oder der Romantik handelt.

Kulturportal: Das klingt anstrengend. Und wie gehen Sie bei der Auswahl der Instrumentalisten vor.

Skobowsky: Das ist etwas einfacher. Da bucht man ein festes Ensemble und legt fest, welche Besetzung man haben will.

Kulturportal: Das Weihnachtsoratorium ist für Sie beide kein musikalisches Neuland. Empfinden Sie das als Vorteil?

Skobowsky: Nein. Wiederaufnahmen sind nicht unbedingt leichter. Schließlich entwickelt man sich musikalisch weiter. Richtig schwierig kann es werden, wenn der Chor die Vorstellungen des Vorgängers noch im Ohr hat.

Neumann: Was bei mir der Fall war…

Skobowsky: Eigentlich sollte man so ein Stück dann möglichst lange liegen lassen.

Neumann: Sie liefern als neuer Dirigent nicht nur eine andere Interpretation, sondern auch eine andere Körpersprache. Es braucht Zeit, bis die Sänger erkennen, was man von ihnen will. Manchmal läuft eine Probe überhaupt nicht. Doch das Bemerkenswerte ist, dass der Chor dann häufig eine Woche später einen Riesenschritt nach vorne macht.

Skobowsky: Nach zehn Jahren habe ich natürlich großes Vertrauen in meine Chöre. Selbst wenn ich bei der vorletzten Probe merke, dass es knapp wird, kann ich mich auf sie verlassen.