Kategorien
Nördlich der A24

Der Traum vom Weihnachtsmann

Ich weiß, dass das nicht gerade nett ist. So kurz vor Heiligabend. Aber das muss jetzt einfach mal raus: Dieser unrasierte Kerl mit seinem speckigen roten Mantel! Dieser aufgeblasene Fettwanst! Dieser Rentierschinder! Diese Erfindung eines amerikanischen Getränkeherstellers!

Und jetzt kommt mir bitte nicht mit der Mär, dass er doch nur Geschenke verteilen will. Um den Menschen eine Freude zu machen – dass ich nicht lache! Genauso gut könnte man behaupten, dass Löwen Kuscheltiere sind und Antilopen nur zum Spaß fressen.

Die „Geschenke“ der fetttriefenden Speckbulette sind genau das Problem. Damit verdreht er den Leuten seit einer gefühlten Ewigkeit den Kopf. Alle Jahre wieder wird ihnen gegeben. Kein Wunder, dass der eine oder andere Erdenbewohner mittlerweile meint, dass er 365 Tage im Jahr rund um die Uhr Anspruch auf ein „All-Inklusive-Paket“ hat. Von wegen Geiz ist geil. Das wahre Motto lautet: Alle denken an sich, nur ich denk‘ an mich!

Ins Englische übersetzt heißt das: Make Amerika great again! Was es auf brasilianisch, türkisch, ungarisch oder polnisch heißt, fällt mir gerade nicht ein. Tatsache ist aber, dass immer mehr Erdenbewohner von Weihnachtsmännern regiert werden wollen. Und das Schlimme ist – das muss ich leider zugeben – die liefern: Zölle, Steuergeschenke, Propaganda, Fremdenfeindlichkeit, Fracking, Waffen, Zäune. Sicherlich – das eine oder andere Geschenk liegt den Beschenkten schon mal quer im Magen. Etwa dass man in Ungarn per Gesetz pro Jahr mindestens 400 (!) Überstunden machen darf*.

Geschenkt! – Werden Freunde und Follower sagen. Ein Weihnachtsmann meint es schließlich immer gut. Und da wo jemand frech wird, holt er einfach die Rute raus. Jawoll! Also, jetzt mal nicht unken oder gar defätistisch werden. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Sogar bei uns in Deutschland, wo es dieses Jahr zum Fest ein dickes, fettes Klimapaket gibt. Darüber sind (fast) alle froh. So lange es der Nachbar ist, der seinen SUV in der Garage stehen lässt.

Und wehe es kommt anders! Dann sind wir Deutschen verschnupft und wählen uns einfach unseren eigenen Weihnachtsmann!

Helge Berlinke

*Das Gesetz wurde im Dezember 2018 vom ungarischen Parlament beschlossen. Es erlaubt Arbeitgebern zudem, sich mit der Bezahlung der Überstunden drei Jahre Zeit zu lassen. Offizieller Urheber des Gesetzes ist die Regierungspartei Fidesz, deren Vorsitzender Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ist.