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„Wir brauchen schnelle, unbürokratische Hilfe“

Martin Turowksi ist ein Berufsoptimist. Selbst in diesen schwierigen Pandemie-Zeiten geht der Blick des Burgtheater-Betreibers immer nach vorne. Wo keine Perspektiven sind, baut er sich welche. Zuletzt hat er mit Berufskollegen den Kinoverbund SH gegründet.

Martin Turowksi ist ein Berufsoptimist. Selbst in diesen schwierigen Pandemie-Zeiten geht der Blick des Burgtheater-Betreibers immer nach vorne. Wo keine Perspektiven sind, baut er sich welche. Zuletzt hat er mit Berufskollegen den Kinoverbund SH gegründet. Der große Schulterschluss ist der Versuch, dem Kinostandort in der Krise die dringend notwendige Lobby zu verschaffen. 

Bislang sind die Hilfspakete an Schleswig-Holsteins Lichtspielhäusern vorbeigelaufen. Dementsprechend angespannt ist die Lage bei vielen Betreibern. „Die Zahlungsfähigkeit ist bei uns allen endlich“, sagt Turowski. Für sein Unternehmen kalkuliert er bis Jahresende mit einem Umsatzeinbruch von 65 Prozent.

Signale für eine Unterstützung der Kinos durch die öffentliche Hand gibt es schon seit dem Frühsommer. 30 Millionen Euro sollen allein vom Bund kommen. Schleswig-Holstein hat für die Branche über den 4. Nachtragshaushalt 2020 gerade 2 Millionen Euro bewilligt, deren Auszahlung an die Gelder aus Berlin – Stand heute – gekoppelt sein wird. Doch die Auszahlung der Mittel zieht sich und könnte sich noch Tage – im schlechteren Fall Wochen – hinziehen.

Das heißt: Das Geld, das als Betriebskostenzuschuss fließen soll, könnte für den einen oder anderen Kinobetreiber zu spät kommen. Turowski wünscht sich deshalb eine Entkoppelung der Landesmittel von der Bundesförderung. „Wir brauchen schnelle, unbürokratische Hilfe“, so der Burgtheater-Betreiber. Er sieht die Uhr bereits auf fünf vor zwölf stehen. Bitter für eine Branche, die es gewohnt ist, auf eigenen Füßen zu stehen.

Fast schon tragisch mutet angesichts ausbleibender Hilfszahlungen die erneute Schließung der Kinos an. Zumal sie als sichere Orte gelten. „In den Kinos“, sagt Turowski, „sind große Lüftungsanlagen vorgeschrieben und mittlerweile weiß ja jeder, dass Lüften das A und O ist.“

„Man bestraft die Falschen“, schlägt Kollegin Meike Peemöller, Geschäftsführerin des „kleinen Theaters Schillerstraße“ (kTS), in dieselbe Kerbe und verweist auf das Hygienekonzept und die im Fall der Fälle problemlose Rückverfolgung.  „Ich kann den Leuten genau sagen, wer bei ‚Jim Knopf‘ wo saß.“ Das Foyer habe man mit Plexiglas ausgestattet und die Säle würde man steril halten.

Das kTS, das ein städtisches Unternehmen ist, hat wie das Burgtheater mit den ökonomischen Folgen von Covid-19 zu kämpfen. Bei dem gesetzlich vorgeschriebenen Abstand von 1,50 Meter konnten zuletzt nur 72 Leute im Saal Platz nehmen. Normalerweise hat das kTS eine Kapazität von 293. Im September und Oktober gab es immerhin die Möglichkeit, die Hälfte der Plätze zu besetzen, sofern das Publikum Maske trägt. Ein unattraktives Angebot. „Kino mit Maske funktioniert nicht“, sagt Peemöller. „Da gehört für die Besucher Popcorn und Cola dazu.“ Deshalb beließ sie es bei den 72 Plätzen.

Im November kommen nun gar keine Gäste. Bis zur neuerlichen Schließung hatte das kTS im Kinobereich mit Einbußen von 65 bis 70 Prozent kalkuliert. Besser sah es bei den Theatervorführungen aus. Zuletzt gab es zwei Vorstellungen von „Willkommen bei den Hartmanns“, die jeweils 146 Zuschauer verfolgten.  Auch deshalb war der Oktober laut Peemöller „ein guter Monat.“

Und nun? „Wenn wir tatsächlich 75 Prozent des November-Umsatzes aus dem Vorjahr erstattet bekommen, würde es finanziellen Druck rausnehmen.“ Die Frage sei nur: Wie lange dauert die Schließung wirklich?

Sorge bereitet Peemöller auch die neuerliche Rückkehr in den Kinobetrieb. Große Filmverleiher wie Warner würden sich womöglich nicht mehr trauen, neue Produktionen herauszugeben. „Was“, fragt sie, „machen wir dann?“

Fotomontage: Timo Jann/Kulturportal-Herzogtum.de

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