Zum letzten Spaziergang im Laternenschein 2020 bittet am Freitag, 9. Oktober, Ratzeburgs Nachtwächter Klaus Lankisch. Ab 18 Uhr führt er seine Gäste durch die Straßen und Gassen seiner Heimatstadt. Treffpunkt ist die Alte Wache auf dem Marktplatz.
Die Gäste können an diesem Abend die herrliche Atmosphäre der Ratzeburger Insel bei Dunkelheit genießen und dem Nachtwächter mit seinen vielen Geschichten aus der damaligen Zeit lauschen.
Anmeldungen sind wünschenswert und werden bis Freitag, 8. Oktober, um 16 Uhr bei der Tourist-Information Ratzeburg, erreichbar per Mail unter tourist-info@ratzeburg.de oder per Telefon unter der Rufnummer 04541-8000886, entgegengenommen. Dafür sind die Kontaktdaten anzugeben. Zum Rundgang ist ein Mund-Nasen-Schutz mitzubringen.
Stadtrundgang mit Nachtwächter Klaus Lankisch, 9. Oktober, Alte Wache, Marktplatz, Ratzeburg, 18 Uhr
Mit Joachim Gauck kommt am Sonntag, 1. November, einer der symbolträchtigsten Zeitzeugen der Wiedervereinigung nach Mölln. Auf Einladung der Stiftung Herzogtum Lauenburg spricht der Bundespräsident a. D. ab 15 Uhr in der Stadtwerke-Arena auf dem Schulberg über 30 Jahre deutsche Einheit.
„Wir freuen uns natürlich sehr, dass der Bundespräsident a. D. unsere Einladung angenommen hat“, so Klaus Schlie, Präsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg. „Durch ihn bekommen wird einen weiteren spannenden Mosaikstein zur Geschichte der deutschen Einheit geliefert, nachdem wir 2019 Rainer Eppelmanns persönlichen Rückblick auf den Mauerfall am 9. November 1989 lauschen durften.“
Gauck wird in seiner Rede den Fokus (auch) auf den 3. Oktober 1990 richten. Das ist der Tag, an dem die DDR der Bundesrepublik beitrat und damit die Vereinigung der beiden deutschen Staaten vollzogen wurde. Für ihn persönlich ist es eine Erzählung, in der sich private Geschichte und Weltgeschichte begegnen. Das Ende der deutsch-deutschen Geschichte markiert den Ausgangspunkt für den politischen Aufstieg eines ostdeutschen, regimekritischen Theologen zum gesamtdeutschen Staatsoberhaupt.
In Ost und West bekannt geworden ist Gauck als „Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes“. Dieses Amt übte er von 1990 bis 2000 aus. In der Öffentlichkeit firmierte diese Einrichtung schnell als Gauck-Behörde.
Die Amtsübernahme kam nicht überraschend für Gauck. Bereits als Mitglied der letzten Volkskammer der DDR hatte er sich für die Aufbewahrung und Sicherung der Stasi-Unterlagen eingesetzt. Der gebürtige Rostocker sah darin die Grundlage, geschädigte Bürger zu rehabilitieren.
Gauck stand schon als junger Mensch dem SED-Regime distanziert gegenüber. Seine Eltern hatten sowohl ihm als seinen beiden Geschwistern stets deutlich gemacht, dass das politische System keine Legitimation besaß. Hinzu kam, dass Gaucks Vater von 1951 bis 1955 in einem von Stalins berüchtigten Gulags saß.
Der Vortrag ist bereits ausgebucht. Sollten kurzfristig noch Restplätze vorhanden sein, wird dies über die Medien bekannt gegeben. Eine Aufzeichnung des Auftritts von Joachim Gauck veröffentlicht die Stiftung Herzogtum Lauenburg auf ihrem Youtube-Kanal.
In diesen Tagen laufen sie wieder vermehrt im TV – die Bilder von Kohl, Genscher und Gorbatschow, von Mitterand, Thatcher und Bush, von Krenz, Eppelmann und de Maizière. Anlässlich des 30. Geburtstages der deutschen Einheit bringen die Sender die Protagonisten zurück auf die Bühne. Im Zeitalter hochauflösender HD-Aufnahmen wirken diese Bilder, als wären sie nicht 30, sondern 100 Jahre alt.
Tatsächlich kommt einem das, was man da sieht, unendlich weit weg vor. Der Planet hat sich weiter gedreht und das Tempo, mit dem wir Deutschen wie auch der Rest der Menschheit sich von den politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen ökologischen Zustand des Jahres 1990 fortbewegt haben, lässt – verglichen mit früheren Zeiten – locker Raum für 100 Jahre.
Umso wichtiger ist es an die Einheit – dieses historische Glücksmoment – vom 3. Oktober 1990 zu erinnern. Seither leben die Deutschen im Westen und im Osten in einem demokratisch verfassten Staat, der obendrein über die EU und die Nato unseren Nachbarn politisch und freundschaftlich verbunden ist. Diese Errungenschaft gilt es zu feiern und hochzuhalten.
Die Stiftung Herzogtum Lauenburg tut dies, indem sie über Seminare, Ausstellungen und Exkursionen immer wieder an die deutsch-deutsche Geschichte erinnert und wichtige Zeitzeugen einlädt. 2017 war Harald Jäger bei uns – jener Mann, der in der Nacht vom 9. November den Grenzübergang Bornholmer Straße öffnete. 2018 besuchte uns Horst Teltschik, Kanzleramtsminister unter Helmut Kohl und einer der Architekten der deutschen Einheit. 2019 kam Rainer Eppelmann zu uns – treibende Kraft der friedlichen Revolution und Mitglied im Demokratischen Aufbruch. 2020 steht nun der Besuch des Bundespräsidenten a. D. Joachim Gauck bevor, der zur Wendezeit Mitglied des Neuen Forums war, einer oppositionellen Gruppe in der ehemaligen DDR.
Die Rede, die Joachim Gauck am 1. November in der Möllner Stadtwerke-Arena hält, wird dem Publikum einen weiteren Mosaikstein der Wende-Geschichte liefern. Und sie wird wie schon die Reden von Harald Jäger, Horst Teltschik und Rainer Eppelmann zeigen, dass die Einheit keine Selbstverständlichkeit war. Es gab damals keine Zwangsläufigkeit, kein Drehbuch für eine Geschichte, auf die die Ereignisse seit den ersten Protesten in der DDR hinausliefen. Es war vielmehr ein Vorantasten im Ungewissen, das im großen Glück mündete.
Nationaler Feiertag 3. Oktober 1990 – 30 Jahre nach der vertraglichen Besiegelung der Deutschen Einheit, ein Jahr nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989, und dann nach und nach die sich öffnende innerdeutsche Grenze auch hier bei uns im Kreis….
Für mich sehr emotionale Ereignisse, da ich mich bis dahin sehr aktiv für die Situation an der Grenze und den Gedanken der Deutschen Einheit engagiert hatte.
Der Granitstein mit der Inschrift „Einigkeit und Recht und Freiheit“, den ich am 9. November 1990 am 1. Jahrestag des Mauerfalls im Beisein des ersten Ministerpräsidenten Alfred Gomolka aus Mecklenburg-Vorpommern und unserem CDU-Landesvorsitzenden Ottfried Hennig an der B208 bei Mustin aufgestellt habe, ist dafür das bleibendes Denkmal.
Als Parlamentarischer Geschäftsführer im Kieler Landtag hatte ich auch die Gunst, in Schwerin an der Erarbeitung der Geschäftsordnung des Landtages oder in Greifswald an der Verfassung des neuen Bundeslandes beratend mitzuwirken.
Heute 30 Jahre danach feiern wir das Jubiläum der Deutschen Einheit. Auf allen Ebenen wird analysiert, was gut und was schlecht gelaufen ist. Zu der allgemeinen Betrachtung ist mein Urteil klar: Die Wiedervereinigung ist der glücklichste Vorgang der europäischen Nachkriegsgeschichte.
Insgesamt eine erfreuliche Entwicklung, es gibt die blühenden Landschaften. Aber es bleibt auch unsere Aufgabe, nicht den Blick auf die unverdienten Verlierer zu vergessen. Und es bleibt die politisch-psychologische Befindlichkeit der Benachteiligung, die leider von bestimmten Interessenlagen gepflegt wird und damit Populisten und rechtsextremen Kräften den Boden bereitet. Das sollten wir ernster nehmen und uns auch abgewöhnen immer von Ost- und Westdeutschland zu reden. Wir sind doch nun eins. Es wird weiter der Satz gelten: Es wächst zusammen, was zusammengehört.
Vor Ort gibt es aber diese Medial geführte Debatten nicht.
Aber wie fällt die Analyse für unseren Kreis Herzogtum Lauenburg und der Nachbarregion in Mecklenburg aus?
Gleich nach der Wende gab es auf beiden Seiten der Grenze eine große Euphorie. Nun würden die alten Strukturen, die kulturellen und wirtschaftlichen Verflechtungen wiederhergestellt, ja sogar von einem regionalen Wirtschaftsaufschwung im ehemaligen Zonenrandgebiet war die Rede.
Zunächst schien es ja auch so. Der Einzelhandel, die Gaststätten und Hotels und das Handwerk in unserem Kreis verzeichneten höhere Umsätze und investierten in eine bessere Zukunft. Unsere WfL entwickelte, sozusagen als Wirtschaftshilfe, sehr erfolgreich das Gewerbegebiet in Valluhn an der A24.
Doch darüber hinaus wurde mit jedem Jahr mehr und mehr deutlich, die jahrzehntelange Teilung hat in den Grenzregionen verkehrliche, naturräumliche und siedlungsbedingte Strukturen verfestigt, die nur schwer oder gar nicht mehr verändert werden konnten. In Mecklenburg-Vorpommern entwickelte sich zudem mehr und mehr eine eigene Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftskraft, die zum Teil auch mit besseren Förderungsbedingungen ausgestattet war, eben eine normale Wettbewerbsstruktur.
Die wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen unseres Kreises sind in den Jahren nach der Errichtung des Stacheldrahtzaunes vorrangig mit Hilfe der damaligen Zonenrandförderung entwickelt worden.
Wenn man heute auf die letzten 30 Jahre zurückblickt, hat sich eigentlich nur wenig geändert.
Die Jahrzehnte ungestörte naturräumliche Entwicklung des Naturparkes und vieler Naturschutzgebiete und die abgelegene Verkehrsinfrastruktur haben Grenzen gesetzt. Die Gemeinden sind, wenn auch offen in alle Welt, irgendwie Grenzregion geblieben, aber dabei gar nicht unglücklich.
Es war ein richtiger Schritt, dass unser Kreis gemeinsam mit den Kreisen Nordwestmecklenburg, Ludwigslust-Parchim und dem WWF Deutschland den Zweckverband- Schaalsee-Landschaft gegründet hat. Auf immerhin 335 Quadratkilometern wird hier grenzübergreifend dieser einmalige Naturraum nachhaltig entwickelt und gemanagt.
Auch über diese Flächen hinaus wäre ein grenzübergreifendes Naturraummanagement, das die ökologischen und ökonomischen miteinander in Einklang bringt, sinnvoll. Denn neben einer vorsichtigen gewerblichen Stärkung liegen unsere Chancen besonders in der touristischen Entwicklung, die die vielfältigen Potentiale unseres Naturraumes und der Kultur nutzt.
Die nunmehr Landesgrenze ist aber ein trennendes Moment geblieben, nicht zuletzt auch wegen des ehemaligen „Todesstreifens“, der nun als grünes Band zur naturbezogenen Entwicklung gehört. Neben den überregional bedeutsamen Verbindungsstraßen A20, B208, A24 und B5 gibt es auf Nebenstrecken und ortsverbindenden Straßen für die über 60 Kilometer Grenze nur noch sieben weitere Wege in unsere Nachbarkreise.
Für die Entwicklung unseres Kreises war aber auch eine andere Entwicklung wichtig. Nach der Wende wurden Standorte der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes aufgegeben und im Wege der Konversion in eine zivile Nutzung überführt. Das öffnete Raum für eine weitere Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung.
Durch die Umwandlung der beiden Kasernen in Wentorf in vorrangig Wohngebiete hat die Gemeinde mit heute über 13.500 Einwohnern sich verdoppeln können. In Schwarzenbek konnte die Aufgabe der BGS-Unterkunft Gewerbe- und Wohnraum schaffen. Die ehemalige Kaserne in Lanken ist heute ein wichtiges Gewerbegebiet.
Der Robert-Koch-Park in Mölln war einmal eine große Bundeswehrschule. Einzig die heutige Unterkunft der Bundespolizei in Ratzeburg hat nach langer Diskussion einen nachhaltigen Bestand.
Als ich kürzlich Gast einer Veranstaltung in der Gadebuscher Kirche war, bestätigten die Teilnehmer meine Wahrnehmung, dass die meisten der vielen anfangs sehr herzlichen Kontakte in den Jahren erlahmt sind. Da gäbe es noch viele Möglichkeiten, wie es zum Beispiel das Projekt „Dörfer zeigen Kunst“ vom Amt Lauenburgische Seen vormacht.
Eine kulturelle Klammer war über Jahrzehnte die Stiftung Mecklenburg. Es war ein Fehler, dass sie ihren Sitz von Ratzeburg nach Schwerin verlegt hat. Ebenso wäre es klug gewesen, wenn die Nordkirche ihren Sitz in Ratzeburg auf der Domhalbinsel erhalten hätte. Nämlich dort wo die Wurzeln des Bistums Ratzeburg waren.
Andererseits ist es positiv, dass sich unser Kreis, die Nordkirche und das Land darauf verständigt haben dem Kreis das Herrenhaus auf dem Domhof endgültig zu überlassen. Denn nun können wir es seiner Bedeutung entsprechend zeitgemäß als Museum und Veranstaltungsort weiterentwickeln.
Alles in allem hat sich unser Kreis in den letzten 30 Jahren wirtschaftlich, sozial, ökologisch und auch kulturell sehr positiv entwickelt. Dabei hat allerdings nach meiner Einschätzung die Grenzöffnung, wie ich ursprünglich einmal vermutet hatte, nicht die entscheidende Rolle gespielt. Motor war hauptsächlich unsere Lage in der Metropolregion und damit die Strahlkraft Hamburgs.
Das Verhältnis zu unseren mecklenburgischen Nachbarn hat seinen unaufgeregten Lauf. So hätten viele unserer Betriebe und öffentlichen Einrichtungen Probleme, wenn sie nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den mecklenburgischen Nachbarkreisen hätten. Viele unserer Landwirte haben die Chance genutzt und sich Flächen in Mecklenburg dazu gepachtet oder gekauft. Und zu den positiven Entwicklungen gehört auch, dass die Lebenshilfe schon sehr früh ihre Kompetenz für Menschen mit Behinderung nach Hagenow und Kneese ausgedehnt hat. Es gäbe noch viele Beispiele.
In unserem politischen Alltag ist die Wiedervereinigung kein Thema mehr.
Für uns alle bleibt aber die die Pflicht, diesen unsäglichen Teil deutscher Nachkriegsgeschichte weiter im Bewusstsein der Menschen zu bewahren.
Kulturzeit: Anlässlich des Tages der deutschen Einheit sendet Kulturzeit aus Ratzeburg am Sonntag, 4. Oktober, um 17 Uhr ein kulturhistorisches Portrait Mecklenburgs. Der Bericht wird 11. Oktober um 17 Uhr wiederholt. Darüber hinaus sind am 6. und 13. Oktober jeweils um 9 Uhr weitere Wiederholungen geplant. Zu empfangen ist Kulturzeit auf der Frequenz 98,8 MHz (106,5 Kabel) und als Direktsendung im Internet unter www.okluebeck.de beziehungsweise www.wirumvier.de.
Mini-Markt: Noch bis Sonntag, 4. Oktober, laden auf Ratzeburger Marktplatz ein paar Schausteller zum Bummel ein. Vor Ort gibt es frisch gebrannte Mandeln, Crêpes und Soft. Darüber hinaus dürfen sich die Besucherinnen und Besucher auf eine Wurf- und Spielbude mit integriertem Entenangeln, eine Pommes- und Wurstbude sowie ein Kinderkarussell freuen. Die Stände des Mini-Marktes sind täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet.
Oldtimer-Treffen: Der Ratzeburger Automobil-Club lädt am Sonnabend, 3. Oktober, in der Zeit von 10 bis 16 Uhr Freunde und interessierte Gäste zu einem Oldtimertreffen auf den Ratzeburger Marktplatz ein.
Fahrradgrenztour: Anlässlich des Tages der Deutschen Einheit am Sonnabend, 3. Oktober, veranstaltet der Landkreis Nordwestmecklenburg gemeinsam mit der Hansestadt Lübeck und dem Kreis Herzogtum Lauenburg eine Gedenkradtour entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Start der etwa 30 Kilometer langen Tour ist der Dorfplatz in Schattin, der Gemeinde Lüdersdorf. Die Route führt über Bäk, Mechow, Schlagsdorf Thandorf, Utecht und Rothenhusen wieder zum Ausgangspunkt zurück. Anmeldungen bis zum 1. Oktober bei Angabe des Namens, der Telefonnummer sowie der Anschrift unter kultur@nordwestmecklenburg.de. Willkommen sind aber auch spontane Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sofern sie vor Ort ihre Kontaktdaten hinterlassen.
Ein Genre übergreifendes Konzert steht am Sonnabend, 3. Oktober, im Ratzeburger Dom auf dem Programm. Am Tag der deutschen Einheit stellt Organist Christian Skobowsky zusammen mit einem Trio Jazz-Kompositionen Werke von Johann Sebastian Bach und Alexandre Guilmant gegenüber. Das Konzert beginnt um 18 Uhr.
Dem Trio gehören Eva Swiderski (Gesang), Robin Danaher (Alt-Saxophon), Jakob Reisener (Piano) an. Alle drei widmen sich derzeit einem Studium der Jazz-Musik. Das gemeinsame Konzert mit Domorganist Skobowsky wird ihnen auch zum Improvisieren und zur Vorstellung eigener Kompositionen geben. Das Publikum darf sich auf einen Sound freuen, der ein wenig Wärme in den kalten Herbst bringt.
Die Abendkasse ist ab 17.30 Uhr geöffnet. Veranstalter des Konzertes sind die Ratzeburger Dommusiken und der Verein „Jazz in Ratzeburg“.
Gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung blickt das Grenzhus Schlagsdorf am Donnerstag, 1. Oktober, auf „30 Jahre Deutsche Einheit“. Ab 18.30 Uhr diskutieren Dr. Kerstin Brückweh (Universität Erfurt) und Sigrid Keler (Ex-Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern) im Dorfgemeinschaftshaus Schlagsdorf über die Fragen „Was gehört zusammen, was wächst noch heute?“. Bereits um 17 Uhr können Interessierte an einer Führung durch das Grenzhus teilnehmen
Dr. Kerstin Brückweh hat zusammen mit einem Forscherteam zuletzt das Buch „Die lange Geschichte der Wende“ publiziert. Darin geht es um
die gesellschaftlichen Entwicklungen und die Wahrnehmungen der Menschen in Ostdeutschland in den zurückliegenden 30 Jahren. Wie haben die Menschen den gewaltigen Umbruch erfahren und verarbeitet? Das Forscherteam hat dazu nicht nur schriftliche Quellen und Zeitzeugen befragt, sondern ist mit seinen Forschungsergebnissen auch zu einer vieldiskutierten Dialogreise durch den Osten aufgebrochen.
Eine Anmeldung ist notwendig und wird bei der Friedrich-Ebert-Stiftung im Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern, erreichbar unter der Telefonnummer 0385-512596, entgegengenommen. Für die Veranstaltung gilt eine Maskenpflicht.
Im Frühjahr hat die pensionierte Lehrerin Barbara Sanders-Mowka im Möllner Stadthauptmannshof eine Gruppe von Lesepaten unterrichtet. Ihr Thema war die Vermittlung von Theorie und Praxis des Lesenlernens. Am 27. Oktober startet sie nun eine weitere, von der Stiftung Herzogtum Lauenburg und vom Deutschen Kinderschutzbund Kreisverband Herzogtum Lauenburg organisierte Fortbildung. Die Schwarzenbekerin ist nicht nur eine kompetente Pädagogin, sondern auch Fachfrau in Sachen Weiterbildung. Seit 1990 arbeitet sie schon für das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH). Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihr über Analphabetismus, Schülerinnen und Schüler mit Leseschwierigkeiten und die Arbeit der Lesepaten.
Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Sanders-Mowka, lesen Sie gerne?
Barbara Sanders-Mowka: Lesen ist meine Lieblingsbeschäftigung. Ich lese immer und überall. Das war schon als Kind so. Damals waren es Bücher von Enid Blyton und Astrid Lindgren, später dann Theaterstücke und Romane zum Beispiel von Böll, Grass und Lenz.
KP: Das Lesen ist also kein Mittel zum Zweck für Sie?
Sanders-Mowka: Jein. Ich lese auch gerne Fachliches zur Schule und zum Unterricht. Da ist das Buch das Mittel zum Zweck. Dadurch verändert sich immer wieder meine Einstellung zum Unterricht. Zur Entspannung lese ich andere Sachen. Mein Buchhändler empfiehlt mir ab und zu Bücher aus dem Mittelalter. Da merke ich, dass das nicht meine Welt ist. Das lege ich auch mal wieder weg.
KP: Lesen zu können, dürfte für Sie wie für die Mehrheit der Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit sein. Wie schlimm ist es im 21. Jahrhundert, wenn jemand diese Kulturtechnik nicht beherrscht?
Sanders-Mowka: Sehr schlimm. Die neue Technologie ist ja nicht schriftlos. Egal, ob ich Whatsapp nutze, eine SMS schreibe oder vor dem Fahrkartenautomaten stehe – ich muss immer lesen. Wenn ich dann merke, ich kann das nicht, macht das etwas mit meiner Persönlichkeit. Weil ich das nicht kann, bin ich von Informationen ausgeschlossen. Ich bin auch ausgeschlossen von beruflicher Weiterbildung. Hinter lebenslangem Lernen steht auch lebenslanges Lesen.
KP: Nach einer Studie der Universität Hamburg gab es in Deutschland 2011 rund 7,5 Millionen funktionale Analphabeten. Das sind Menschen, die Schwierigkeiten haben, längere Texte zu verstehen. Rund 2 Millionen konnten laut dieser Erhebung überhaupt nicht lesen und schreiben. Ist so eine Zahl für das Bildungssystem eines entwickelten Industrielandes nicht ein Armutszeugnis?
Sanders-Mowka: Das ist eine unglaublichhohe Zahl. Ein Großteil dieser Menschen ist durch das System Schule gefallen. Das sind ja nicht nur Flüchtlinge. Dazu gehören auch viele, die Erstleseunterricht gehabt haben – die also die Möglichkeit hatten – und das unbemerkt? Da frage ich mich: Wie kann das passieren? Wie kann es acht Jahre lang nicht auffallen, dass jemand nicht lesen kann?
KP: Wo liegen die Ursachen für den Analphabetismus?
Sanders-Mowka: Da geht es auch um die Frage: Warum gibt es schwache Leserinnen und Leser? Warum hat ein Lesepate einen 15-Jährigen, der schlecht liest? Wenn ich merke, dass ich etwas nicht gut kann, gehe ich dem aus dem Weg und es wird zum Teufelskreis.
KP: Das heißt: Man müsste diesen Prozess, der in der Ausweglosigkeit mündet, so früh wie möglich unterbinden…
Sanders-Mowka: Da gibt es leider keine Patentrezepte. Die Skandinavier stecken ganz viel Geld in die Kindergärten – die Unter-Dreijährigen haben die bestausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen.
KP: Und funktioniert das?
Sanders-Mowka: Bei der ersten Pisa-Studie haben die Skandinavier gut abgeschnitten. Wenn Kinder Freude an Geschichten bekommen und früh ein phonologisches Bewusstsein entwickeln, wenn sie Freude an Texten und Schrift und an Büchern haben, wäre das schon mal ein Grundstein. Das wäre eine Sprachförderung, die zum Verständnis von Texten führt. Dafür brauche ich Menschen. Beim Vorlesen schaltet jemand auch mal ab. Zwischenfragen müssen möglich sein. Es geht nicht, dass man das in großen Gruppen macht.
KP: Was ist mit den Familien? Müsste nicht auch da schon so früh wie möglich eine Leseförderung einsetzen?
Sanders-Mowka: Es fördert die Einstellung zum Lesen, wenn Kinder Erwachsene erleben, die lesen. Das findet nicht mehr in allen Familien statt. So kommen Kinder in die Schule, denen diese Erfahrung fehlt.
KP: Was kann eine Lespatin beziehungsweise ein Lesepate in solchen Fällen tun?
Sanders-Mowka: Lesepaten können unterstützen. Sie können lesen. Das Lesen ist aber nur das eine. Lesepaten werden zunehmend zu Vertrauten. Eine ganze Stunde einen Erwachsenen für sich zu haben, ist für viele Kinder und Jugendlicheein Luxus. Natürlich wird da auch gelesen. Aber:Wenn jede Schule zehn Lesepaten hätte, würde das nicht zur Trendwende führen, jedoch hätten einige Kinder und Jugendliche weitere Übungsmöglichkeiten.
KP: Wer wird Lesepate? Was für Menschen engagieren sich da?
Sanders-Mowka: Die, die ich zuletztkennen gelernt habe, waren vorwiegend Menschen, die nicht mehr im Beruf standen und gerne lesen. Ich habe den Eindruck, dass sie sich gern mit Jugendlichen beschäftigen und nach einer ernstzunehmenden Aufgabe suchen.
KP: Es handelt sich also eher um Laien. Was müssen sie können beziehungsweise was machen sie mit dem jungen Menschen, den sie unterstützen?
Sanders-Mowka: Die Paten erhalten von den Lehrern Texte, die auch in der Schule gelesen werden. Diese Texte werden von ihnen mit den Schülerinnen und Schülern vor- und nachbereitet. Die Paten sind aber auch Gesprächspartner und Vertraute. Die Schüler berichten von sich und merken: Da hört ein Erwachsener mal zu.
KP: Was sind das für junge Menschen?
Sanders-Mowka: Diese jungen Menschen haben nicht immer jemanden, der sich für das interessiert, was sie zu erzählen haben. Manchmal sind die Eltern selbst stark belastet. Zum Beispiel beruflich. Wenn jemand eigens für ein Kind oder einen Jugendlichen kommt, finden sie das toll. Sie treffen nicht nur auf einen Erwachsenen, der mit ihnen lesen übt, sondern auf jemanden, der Interesse an ihrer Person hat. Deshalb kommen die Schüler gerne zu ihrem Lesepaten. Das wurde mir von allen bestätigt. Die Schüler empfinden das nicht als Stigma, sondern als besondere Zuwendung.
KP: Wie bereiten Sie die Lesepaten auf Ihre Arbeit vor?
Sanders-Mowka: Die Lesepaten sollen Freude am Lesen vermitteln. Das ist das Hauptziel ihres Einsatzes– und das ist gar nicht so einfach. Ich muss offen sein. Ich muss die Interessen und Vorlieben meines Patenkindes herausfinden und entsprechende Texte heraussuchen. Dafür muss ich eventuell meine Ansichten zurückstellen. Die Lesepaten haben zudem gelernt, wie überhaupt der Lese-Lernprozess funktioniert – vom Erstleser bis hin zum geübten Leser. Sie haben etwas über Motivation und den Aufbau einer Lesestunde erfahren. Motivation ist nicht eine Eigenschaft an sich. Sie braucht Voraussetzungen und die Lesepaten können für diese Voraussetzungen sorgen.
KP: Was sind das für Voraussetzungen?
Sanders-Mowka: Die Lesepaten wissen zum Beispiel etwas über das Layout von Texten. Was ermutigt? Und sie können die Qualität von Texten einschätzen. Was ist einfach zu lesen? Was ist so komplex, dass ich mein Patenkind überfordere? Sie haben gesehen, wie man Sätze zerlegen kann. Sie haben gelernt, Texte mit den Augen eines ungeübten Lesers zu sehen. Lesepaten können nicht alles wissen, aber sie können sensibilisiert werden, auf gewisse Dinge zu achten.
KP: Frau Sanders-Mowka, ich danke Ihnen für das Gespräch.
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund bietet die Stiftung Herzogtum Lauenburg eine dreitägige Fortbildung zum Lesepaten an. Der Kurs startet am Dienstag, 27. Oktober, im Möllner Stadthauptmannshof und wird dort am Donnerstag, 29. Oktober, sowie am Dienstag, 10. November fortgesetzt.
Das Angebot richtet sich an Erwachsene aus dem gesamten Kreisgebiet, die einer Schülerin oder einem Schüler beim Erwerb der Lesekompetenz helfend zur Seite stehen möchten. Dafür bekommen die Männer und Frauen von der Fortbildungsleiterin Barbara Sanders-Mowka beigebracht, wie der Lese-Lernprozess grundsätzlich funktioniert und mit welchen Mitteln sich Kinder motivieren lassen. Dabei spielen auch sprachliche und textliche Kriterien eine Rolle – beispielsweise ein lesefreundliches Layout oder wie man Sätze zerlegen und damit vereinfachen kann.
Die Stiftung Herzogtum Lauenburg und der Deutsche Kinderschutzbund Kreisverband Herzogtum Lauenburg hatten bereits im Frühjahr eine Fortbildung von Lesepaten angeboten. Acht Männer und Frauen nahmen daran teil. Sie helfen heute ehrenamtlich Schülerinnen und Schülern vom Pestalozzi Förderzentrum (Ratzeburg). Auch die künftigen Lesepaten können – sofern dies gewünscht ist – dorthin vermittelt werden. „Eine Anfrage auf Kooperation haben wir schon gestellt“, so Andrea Funk, Geschäftsführerin der Stiftung Herzogtum Lauenburg
Die Fortbildung beginnt an allen drei Tagen um 9 Uhr und endet jeweils um 11 Uhr. Anmeldungen für die Lesepaten-Ausbildung nimmt die Stiftung Herzogtum Lauenburg unter der Rufnummer 04542-87000 oder per Mail unter info@stiftung-herzogtum.de entgegen.
Wie bereite ich eine Lesestunde vor? Wie schaffe ich es Spaß am Lesen zu entwickeln? Wer der Dozentin Barbara Sanders-Mowka bei der Lesepaten-Ausbildung im Stadthauptmannshof folgt, merkt: Hier kommt jemand ohne Umschweife zum Punkt. Die acht Kandidaten, die sich allesamt am Pestalozzi Förderzentrum Ratzeburg engagieren, bekommen auf Einladung der Stiftung Herzogtum Lauenburg und des Deutschen Kinderschutzbundes ein paar Regeln, Tipps und Erfahrungen der Ausbilderin an die Hand.
Der Pragmatismus mag auch den überschaubaren
Ausbildungsstunden – sechs sind es an der Zahl – geschuldet sein, die den
Kandidaten zur Verfügung stehen. Andererseits weiß die Förderschullehrerin Sanders-Mowka
aus eigener Erfahrung, worauf es ankommt, wenn Menschen Schwierigkeiten haben,
fließend Buchstaben aneinanderzureihen. Wenn jemand sich nur schwer
konzentrieren kann oder eine Angst vor dem Misserfolg entwickelt hat, braucht
es keine große Theorie, sondern den Weg der kleinen Schritte. Ein Brettspiel
beispielsweise kann ein Mittel sein, um in die Welt der Worte vorzudringen.
Auch die Darbietung eines Textes – die klassische Arbeitsgrundlage
also – ist für die Dozentin von Bedeutung. „Sie arbeiten mit einem Buch?“ fragt
Sanders-Mowka einen der angehenden Lesepaten. „Nehmen Sie lieber eine Fotokopie.
Dann kann man besser mit dem Text arbeiten.“
Wie wichtig dieser niedrigschwellige und pragmatische Ansatz ist, spiegelt sich in einigen Rückmeldungen der angehenden Lesepaten wider. Einer von ihnen kümmert sich gleich um zwei Jugendliche, einen 14-jährigen Deutschen und einen 15-jährigen Migranten. Mit Aktivitäten sei es bei beiden im Moment schwierig. Der 14-Jährige kämpfe mit diversen Schwierigkeiten. Er lese nicht vor der Klasse, habe Probleme mit der Konzentration. Der 15-Jährige wiederum hadere mit der für ihn fremden Sprache. Doch da seien auch Hoffnungsschimmer: Der ältere Jugendliche gebe sich beispielsweise große Mühe Inhalte wiederzugeben und der 14-Jährige habe letztens nach drei vergeblichen Anläufen das Wort „Frühstückstisch“ richtig geschrieben. (28/1/2020)
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