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Nördlich der A24

„Landschaft hat Einfluss auf den Verlauf der Geschichte“

Am 21. und 22. Juni sticht das Kanu-Wander-Theater-Publikum von der Schmilauer Brücke aus „in See“, um die Aufführung von „Von Meerjungfrauen, Nixen und Wassermännern“ zu erleben. Zehn Mal wird das Stück zu sehen sein. Das bedeutet: Pro Tag machen sich jeweils fünf Gruppen auf den Weg. Für Kerstin Steeb ist es die sechste und letzte Kanu-Wander-Theater-Inszenierung. Die Musiktheater-Regisseurin, die an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg studiert hat, beendet ihr Engagement für den KulturSommer am Kanal. Im Interview mit Kulturportal-Herzogtum.de spricht sie über ihre Leidenschaften und die Besonderheiten des Kanu-Wander-Theaters.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Steeb, das Kanu-Wander-Theater ist ein außergewöhnliches Veranstaltungsformat und ein Flaggschiff des KulturSommers am Kanal. Seit sechs Jahren machen Sie die Regie. Wie sind Sie zu dieser besonderen Aufgabe gekommen?

Kerstin Steeb: Frank Düwel* hat mirdas Vertrauen entgegengebracht und mich gefragt, ob ich das Format übernehmen möchte. Bis dahin hatte er das Kanu-Wander-Theater ja selbst inszeniert. Im ersten Jahr war er noch eine Art Mentor für mich. Das war ein bereicherndes konzeptionelles Miteinander. Wir haben uns darüber ausgetauscht, wie diese Art Theater und seine Strukturen funktionieren.

KP: Sie sind Regisseurin und haben ein Diplom in Sportwissenschaft. Die schönen Künste und die Bewegung – das passt an dieser Stelle…

Steeb: Das Kanu-Wander-Theater führt tatsächlich zwei Leidenschaften von mir zusammen. Neben dem Theater waren das schon immer die Natursportarten. Im Studium habe ich mich besonders für das Kajakfahren interessiert. Die zweite Generalprobe führe ich paddelnd vom Wasser aus durch, das ist in meinem Arbeitsalltag einzigartig.

KP: Was ist das Besondere am Kanu-Wander-Theater?

Steeb: Neben der Leidenschaft für Wasser muss man Lust haben, mit Menschen allen Alters zu arbeiten, die das nicht hauptberuflich machen. Ich persönlich empfinde das als schöne Herausforderung und Bereicherung.

KP: Arbeiten Sie ausschließlich mit Laienschauspielern?

Steeb: Nein. Einige Szenen sind mit Profis gespickt – sie helfen, das Niveau der anderen noch weiter hochzuziehen. Für Opernsänger ist es im Übrigen noch mal eine ganz andere Erfahrung, wenn sie übers Wasser singen und es zu ihnen zurückschallt. Oder wenn sie Wind und Wetter ausgesetzt sind oder mutterseelenallein unter einer Brücke ausharren müssen.

KP: Wie kann ich mir die Regiearbeit für eine Kanu-Wander-Theater-Aufführung vorstellen? Worauf legen Sie wert?

Steeb: Mit an die 100 Beteiligten ist das Kanu-Wander-Theater ein großes Projekt und sehr komplex. Dies ist schon bei der Textauswahl zu berücksichtigen. Das Stück muss auf die Menschen und die Orte zugeschrieben werden. Dementsprechend schreibe ich die Textvorlage um und kürze sie. Die Regiearbeit ist in diesem Fall ausufernder, als in manch anderen Engagements. Das macht jedoch auch den Reiz aus.

KP: Gibt es da bestimmte, unabhängig von der jeweiligen Vorlage existierende Kriterien?

Steeb: Grundsätzlich darf die Inszenierung nicht so textlastig sein. Beim Kanu-Wander-Theater kommt es mehr auf Musik, Klänge und die Atmosphäre an. Mittlerweile weiß ich, was in der Landschaft gut funktioniert. Ich passe die Geschichte an den Verlauf der Orte an. Der Verlauf der Landschaft kann großen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte haben. Das versuche ich zu nutzen.

KP: Apropos Landschaft. Wie steht es beim Kanu-Wander-Theater um die „Bühnengestaltung“?

Steeb: Auch die ist komplex, weil es um die Kombination von Spielorten geht. Jede Station ist eine andere Bühne. Praktisch heißt das, dass ich erstmal durch die Gegend fahre, die Schulen und Chöre etc. aus der Region besuche, um sie einzubinden. Die Inszenierung muss ja für alle machbar sein.

KP: Das hört sich nach einem hohen Zeit- und Organisationsaufwand an. Noch mal zurück zu meiner Frage: Wie gestalten Sie am Aufführungstag die Bühne(n)?

Steeb: Wir bauen keine Bühne. Der Ort ist die Bühne. Wir arbeiten nur mit dem Körper, der Stimme und den Kostümen. Vielleicht spannen wir mal ein Seil und arbeiten mit ein paar Requisiten. Aber das sind nur Spielereien. Wir lassen uns von dem inspirieren, was da ist. Bei ‚Romeo und Julia‘ haben wir eine Szene zwischen zwei Brückenresten gespielt und Romeo mit Hilfe des Publikums auf die andere Uferseite zum Capulet-Ball bringen lassen. 

KP: Wie kann ich mir die Probearbeit vorstellen?

Steeb: Wir proben drei Monate in Gruppen, so wie sie es brauchen. Man muss sich den roten Faden vorab vorstellen. Die erste Generalprobe erfolgt dann im Stadthauptmannshof. Da erleben sich alle Schauspieler dann erstmals und auch das letzte Mal gegenseitig.

KP: Sie proben also nicht im oder am Wasser?

Steeb: Mit wenigen proben wir direkt am Originalort, da wir dann auf das Wetter angewiesen sind. Andere Szenen müssen vor Ort geprobt werden, da sie ans Wasser gebunden sind. Wir hatten schon Darsteller, die in den See springen, schwimmen oder sogar Taucher vom DLRG Ratzeburg dabei.

KP: Spätestens nach der Generalprobe müssen dann aber alle Beteiligten ran oder auch rein ins Wasser. Wie erleben Sie die Premiere?

Steeb: Etwas Komplexeres als den Aufführungstag gibt es nicht. Für eine Regisseurin ist das eigentlich schrecklich. Zum Teil läuft das Stück schon und an der letzten Station ist der Schauspieler noch nicht einmal vor Ort. Einige sind ja berufstätig und fahren freitags** mit heißem Reifen von der Arbeit weg.

KP: Das Kanu-Wander-Theater als eine Reise ins Ungewisse…

Steeb: So weit würde ich nicht gehen. Wir haben ja immer alles durchgeplant. Aber oft kommt dann doch einiges anders. Etwa weil man eine Station plötzlich nur noch mit Antimückenspray und Machete in der Hand erreichen kann.

KP: Das alles erleben Sie nun zum letzten Mal.

Steeb: Ja, und ich werde das sehr vermissen. Keine meiner Arbeiten ist so sehr sich selbst genügend. Das Kanu-Wander-Theater ist meine absolute Leidenschaft.

KP: Warum hören Sie dann auf?

Steeb: Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen kann es nur belebend sein, frischen Wind in das Kreativteam zu bringen. Zum anderen zieht es mich beruflich voran. Ich werde unter anderem eine selten gespielte Oper im Lichthof Theater zur Aufführung bringen und mich ziehen Engagements für spannende und große Opern-Inszenierungen an das Theater Hagen und Lüneburg.

KP: Frau Steeb, vielen Dank für das Gespräch.

*Intendant des KulturSommers am Kanal

**Das Kanu-Wander-Theater fand bislang immer freitags statt. 2019 gibt es erstmals auch an einem Sonnabend (22. Juni) Aufführungen.

„Von Meerjungfrauen, Nixen und Wassermännern“, Kanu-Wander-Theater, Schaalseekanal, ab Schmilauer Brücke, 21. Juni ab 15 Uhr, 22. Juni ab 11 Uhr


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Nördlich der A24

„In den Gärten“

Nur noch wenige Tage sind es bis zur Aufführung von „In den Gärten“ am 22. Juni im Möllner Kurpark. Dann bekommt endlich auch der Norden das von KulturSommer-Intendant Frank Düwel inszenierte Musiktheater-Stück „In den Gärten“ zu sehen. Bereits gelaufen ist es bei der Bundesgartenschau (BUGA) in Heilbronn. Mit Erfolg.  „Wir haben dort acht Auftritte absolviert“, so Düwel. Alles habe prima geklappt.

Für die Uraufführung des experimentellen Chor-und-Bläser-Spiels, für das der renommierte Hamburger Komponist Jochen Neurath die Musik geschrieben hat, war die 16-köpfige Bläsergruppe des Möllner Marion-Dönhoff-Gymnasiums (Leitung: Desirée Buxel-Krohn) nach Heilbronn gereist. Ein intensiver Probentag schloss sich an. Vor Ort spielten die Möllner Bläser erstmals mit dem Kammerchor des Heilbronner Mönchsee-Gymnasiums zusammen, übten die Szenen auf dem BUGA-Gelände ein – am Ende des Tages stand bereits eine öffentliche Generalprobe auf dem Programm. Das Wochenende widmeten die jungen Musiker aus Nord und Süd ganz den Aufführungen: Je viermal spielten sie an unterschiedlichen Orten auf dem Gartenschaugelände.

„Das Stück ist als sehr raffinierter Flashmob inszeniert“, so Regisseur Düwel. Vom ersten Augenblick an seien die Zuhörer neugierig geworden auf diese junge Form von Musiktheater. Die Geschichte über das Erwachsenwerden habe sie gefesselt. „Und der aktuell komponierten Musik von Jochen Neurath gelingt es auf Anhieb, die Herzen der Menschen zu erreichen“, so Frank Düwel.

Die Jugendlichen des Möllner Gymnasiums sind mittlerweile in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie bereiten sich jetzt auf die Aufführung im Kurpark vor, zu sie in Kürze den Heilbronner Kammerchor erwarten – mal sehen, wie den Baden-Württemberger Jugendlichen der Möllner Kurpark gefällt…

„In den Gärten“, Musiktheater, 22. Juni, Kurpark, Bergstraße, Mölln, 15 Uhr, freier Eintritt. Bei Regen findet die Veranstaltung im Augustinum Mölln, Theater, Sterleyer Straße 44 statt.

Text: Eva Albrecht

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Der Wettergott hört die Signale!

Es hätte die große Ruhe nach dem Unwetter werden können: Wegen des enormen Niederschlags hatten die Kameraden der Feuerwehr am Sonnabendmorgen noch über eine Absage des KulturSommer-Auftaktes diskutiert. Aber letztendlich hörte der Wettergott die Signale an der Berkenthiner Schleuse, so dass Intendant Frank Düwel um 14.30 Uhr aufatmen und verkünden konnte: „Der KulturSommer 2019 ist eröffnet.“

Gut so. Andernfalls wäre dem Publikum ein Festival der Sinne vorenthalten geblieben. Am Kanalufer – zig freiwillige Helfer hatten den morastigen Boden noch in Windeseile begehbar gemacht – setzte sich eine große Menschenkarawane in Gang, um wahlweise dem Shantychor „Möwenschiet“ zuzuhören, Salz zu sieden, Speckstein zu bearbeiten –  oder einem Märchen zu lauschen. Anna Malten erzählte die Geschichte von der Salzprinzessin, das dem todkranken Sultan ihren Sohn und die Gesundheit zurückbringt.

In dem Märchen wie in vielen anderen Aktionen, Kunstwerken und Auftritten spiegelten sich Elemente des KulturSommer-Mottos „Das Wasser – das Salz – die Seele“ wider. Nebenbei demonstrierten die einzelnen Events, wie lebendig die Kunstszene im Kreis und seinen Kommunen ist. Klaus Schlie, Präsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg, dürfte zufrieden gewesen sein. Bei seiner Eröffnungsrede – die Stiftung ist der Veranstalter des KulturSommers – hatte er betont, wie wichtig es sei, die Kultur im ländlichen Raum voranzubringen.

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Aus der Stiftung

Kandidaten für den Jugendumweltpreis gesucht

Zusätzlich zum seit 1984 verliehenen „Blunck-Umweltpreis“ verleiht die Stiftung Herzogtum Lauenburg im September einen Jugendpreis „Schutz von Natur und Umwelt“ an Kinder bzw. Jugendliche. Dazu bittet die Jury der Stiftung um Vorschläge aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg.

Teilnahmeberechtigt sind Kinder und Jugendliche aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg bis zum vollendeten 21. Lebensjahr. Vorgeschlagen werden können Einzelpersonen oder Gruppen – auch Schulklassen oder Kindertagesstättengruppen.

Die Zielsetzung der Projekte der Kinder und Jugendlichen soll sich an folgenden Punkten orientieren: Pflege der lauenburgischen Landschaft und Tierwelt, Erkundung naturbedingter Erscheinungen, deren Ursachen, Entwicklungen und Folgen und ggf. Wechselwirkungen mit der Umwelt.

Es können Projekte aus den Bereichen Umwelt allgemein, Naturschutz oder Klimaschutz sein. Erwünscht sind möglichst praxisbezogene Projekte und Maßnahmen. Von besonderer Bedeutung ist der jeweilige Nachhaltigkeitseffekt.

Die Bewerbung sollte schriftlich erfolgen. Fotos, Filme oder Dokumentationen des jeweiligen Projektes sind ebenso willkommen wie ggf. Hinweise auf Maßnahmen in der Natur.

Die Jury besteht aus den vier Blunck-Beiratsmitgliedern (Barbara Denker, Kreisnaturschutzbeauftragter Thomas Neumann, Wolfgang Engelmann und Klaus Schlie) und der Kreisfachberaterin für Natur, Umwelt und Bildung für nachhaltige Entwicklung, Elisabeth von Meltzer.

Die Bewerbungen sind unter dem Stichwort „Jugendpreis Schutz von Natur und Umwelt“ an die Stiftung Herzogtum Lauenburg in 23879 Mölln, Hauptstr. 150, oder per E-Mail an info@stiftung-herzogtum.de zu richten.

Bewerbungsschluss ist der 28. Juni.

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„Das Salz steht für die Verbundenheit mit der Welt“

Es ist nicht leicht in diesen Tagen, einen Gesprächstermin mit Frank Düwel zu finden. Beim KulturSommer-Intendanten reiht sich derzeit Regiearbeit an Regiearbeit. Immerhin: Kulturportal-Herzogtum.de ist es gelungen, ihn am Telefon zu erwischen. Wenige Tage vor der Eröffnung des KulturSommers am Kanal sprachen wir mit ihm über das Motto „Das Wasser – das Salz – die Seele“.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Düwel, der KulturSommer steht in diesem Jahr unter dem Motto „Das Wasser – das Salz – die Seele“. Was löst diese Assoziationskette in Ihnen aus?

Frank Düwel: Zunächst einmal, dass wir Menschen in einem großen Fluss unterwegs sind. Das Wasser steht für die Natur, aber auch für die Zivilisation. Der Intellekt unterscheidet da, die Seele nicht. Für uns ist es die Landschaft, die uns umgibt. Das Salz steht für die Aspekte, die wichtig für unser Leben sind – unsere Beziehungen. Die Seele steht am Ende, weil es der elementare Teil ist. Das sind wir selber, wie wir leben.

KP: Wie ist es zu diesem Motto gekommen?

Düwel: Nach KuSo-Eröffnungen mit den unterschiedlichsten Motti war es mir wichtig auf den Ursprung zurückzukommen: auf den Kanal. Gleichzeitig wollte ich das Motto etwas erweitern. Das Salz ist Teil einer globalen Bewegung. Es steht für die Verbundenheit mit der Welt und hat die Region maßgeblich geprägt. Es gibt die Orte, wo mit Salz gehandelt wird, und die Orte, wo Salz abgebaut wird. Daraus haben sich Kultur und Kulturtechniken entwickelt.

KP: Wasser und Salz sind für uns etwas Selbstverständliches, sind aber in Wirklichkeit elementar…

Düwel: Wasser ist das, was wir trinken und mit dem wir achtsam umgehen müssen – das aber schon durch Überdüngung und Antibiotikamissbrauch gefährdet ist. Wasser sind die Meere und Flüsse, große poetische Orte, die unsere Identität prägen. Sie erzeugen ein ganz anderes Lebensgefühl als die Steppe. Für mich hat das Meer etwas sehr Schönes und Beruhigendes. Es verbindet sich mit meiner Seele. Schwierigkeiten im Alltag beginnen sich zu relativieren.

KP: Und das Salz?

Düwel: In seiner reinen Form ist das Salz giftig und damit etwas, das uns Maß halten lässt. Gleichzeitig ist Salz lebensnotwendig. Der Umgang mit diesem natürlichen Stoff lehrt uns, in Balance zu bleiben mit den Dingen, die uns umgeben.

KP: Womit wir bei der Seele wären? Wie sehen Sie die Seele?

Düwel: In der Theaterausbildung und im asiatischen Kampfsport gibt es die Begriffe Körper, Seele und Geist. Das Vorauseilende und das Intellektuelle wird dem Geist zugeschrieben. Der Körper gehört der Vergangenheit an, den wir immer wieder mobilisieren. Die Seele ist die Mitte – der unmittelbare Moment. Für die Kunst bedeutet das: Was ich auch mache, Kunst besteht in einer Reihe unmittelbarer Momente. Ich frage Studierende nicht, was weißt du über diese Arie, sondern was erlebst du, wenn du sie hörst.

KP: Kommen wir noch einmal auf das Elementare und das Selbstverständliche wie Wasser und Salz zurück. Ist es nicht schade, dass wir solche Dinge so wenig wertschätzen.

Düwel: Das passiert uns leider oft, ist uns im Alltag aber gar nicht bewusst. Da geht es um Fragen wie: Wo müssen wir hin? Welches Ziel müssen wir erreichen? Die Kompaktheit der Kommunikation übernimmt die Kompaktheit der Beziehung. Dadurch ist man wenig bei sich, was nicht gegen die Medien spricht, sondern gegen die Dynamik, die sie auslösen. Es sind nicht die Medien, sondern die Art und Weise, wie wir glauben, mit ihnen umgehen zu müssen.

KP: Das Motto unserer Zeit lautet also nicht „Ich denke, also bin ich“, sondern, „Ich funktioniere, also verschwinde ich“…

Düwel: Die Art, wie ich bin, macht es mir möglich, die Seele zu spüren. Manchmal ist das zu viel, manchmal zu wenig. So wie junge Menschen heute miteinander kommunizieren, würde ich gerne erfahren, wo sie sich verorten und sehen, was für eine Kunst daraus entstehen würde.

KP: Kein Kulturpessimismus an dieser Stelle?

Düwel: Wir Menschen werden uns immer an irgendwelchen Dingen kristallisieren und erkennbar sein. Das geschieht in bestimmten Momenten, etwa bei Gerüchen aus der Kindheit oder beim Blick auf ein Gebäude wie das Holstentor. Da wird ein Echo ausgelöst. Jetzt bin ich bei mir. Solche Momente hat jeder.

KP: Aber wie schafft man es, dass dieses Echo nicht so in den Hintergrund gedrängt wird? Wie schaffen wir es, unsere Seele zu streicheln?

Düwel: Das ist immer eine Frage der Ehrlichkeit. Was ist mir wirklich wichtig? Dazu gehört auch zu verstehen, was anderen wichtig ist.

KP: Kann uns der KuSo dabei helfen?

Düwel: Natürlich. Mit Musik. Mit Erlebnissen in der Natur. Mit einer Theatergeschichte, in der das Auge in einem Bild auf eine Skulptur verweist. Das ist das Kristallisieren. Dafür braucht es das Gegenüber.

KP: Gibt es eine Veranstaltung, von der Sie sagen würden, da ist das KulturSommer-Motto besonders greifbar?

Düwel: Ich finde, das Motto führt generell ins Philosophieren hinein. Was ist das, was ich erlebe im Kontrast zu dem, was mich sonst in der Welt umgibt? Was den KulturSommer anbelangt, finde ich besonders das Stück „In den Gärten“ spannend. Diese vielen sich durch den Garten Bewegenden. Das hat etwas Geisterhaftes, was die Seele streichelt und sie baumeln lässt. Man kann dabei seinen Gedanken und Gefühlen nachhängen. Es ist aber auch konkret genug für ein Schmunzeln, sogar für ein Lachen.

KP: Herr Düwel, ich danke für das Gespräch.

KulturSommer-Eröffnung, Salzfest in Berkenthin, 15. Juni, 14 Uhr

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/06/10/kultursommer-programm-15-bis-21-juni/
https://kulturportal-herzogtum.de/2019/06/10/einige-ateliers-oeffnen-vor-kultursommer-start/
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Musikalische Weltreise mit „Singen am See“

Zu einer abwechslungsreichen und außergewöhnlichen Reise durch die Welt der Musik lädt der KulturSommer am Kanal (KuSo) in der kommenden Woche ein. Im Rahmen des Festivals treffen Jung und Alt, Tradition und Moderne aufeinander. Paradebeispiel dafür ist die zehnte Ausgabe von „Beat `n` Dance“. Unter dem Motto „It´s Me or Fantasy“ haben sich die jungen Sänger Klassiker von David Bowie und Co. vorgenommen, um auf der Bühne ein Spiel mit Identitäten zu initiieren.

Die Show steht am Sonntagabend (19 Uhr) im Schwarzenbeker Rathaus auf dem Programm. 60 Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Kreis haben mit KulturSommer-Intendant Frank Düwel Monate lang an der Performance der Songs gefeilt und auf den Auftritt hingearbeitet. Die Sänger, Musiker und Tänzer legen Emotionen, Erwartungen und Sehnsüchte offen. Dazu schaffen die Technik- und Medienfreaks eine Welt aus Licht, Sound und Video.

Eine Vielzahl an Sängern versammelt am Sonntagnachmittag (15 Uhr) das „Singen am See“ in Behlendorf. Zwischen Waldessaum und Strand erheben der Gospelchor Nusse, der Kirchenchor Breitenfelde, La Musica Büchen, die Petri-Sterne Ratzeburg, die „Little Voices“ Nusse und der VHS-Chor SingSangSong aus Schwarzenbek ihre Stimmen. Die Zuhörer dürfen sich von einer Woge aus Rhythmus und Schwung tragen lassen – und auch gerne selbst aus voller Kehle mitsingen.

Ein ganz spezielles Klangerlebnis verspricht am Samstag das Zusammentreffen von Anja Caroline Franksens Installation „Liquide Botschaften“ mit Orgel- und Gesangsimprovisationen in der Berkenthiner Kirche. Weiterer Höhepunkt ist der Auftritt von „Chapeau Manouche“ im Künstlerhaus Lauenburg. Das Quartett will mit seinem Sinti-Swing dem musikalischen Leben an der Elbe neue Leidenschaft einhauchen.

Saiten, Stimmen und Trompeten geben am Sonntag den Ton an: Gitarren bringen Klassik, Folklore und Pop in die Lauenburger Tabakfabrik. In Siebeneichen erfüllt ein renommierter Chor das Gotteshaus mit Musik der Renaissance und des Barock. Brasspower erobert Breitenfelde: Posaunen, Pauke und Trompeten zeigen, dass Beethoven, Pop und Oper kein Widerspruch sind. Ein harmonisches Bündnis gehen Abendlied und Orgelklang im Ratzeburger Dom (2.7.) ein, beim Folk in Fitzen liebäugelt das Piano am Teich mit dem Folk (4.7.) und in Ritzerau (5.7.) beweist die klassische Gitarre Rockqualitäten.

Die Vielfalt der Region mit völlig anderen Mitteln zeigen einmal mehr die Künstler mit ihren offenen Ateliers und Ausstellungen. „Hauptstadt“ der Kunst ist am Sonntag das 240-Seelen-Dörfchen Buchholz am Ratzeburger See mit sieben offenen Ateliers. Das Schwarzenbeker Amtsrichterhaus richtet seine Schau am KulturSommer-Motto „Das Wasser – das Salz – die Seele“ aus.

Kindertheater mit Leib und Seele spielt am Samstag die Freie Bühne Wendland bei „Käpt’n Lüttich und Baby Dronte“ im Ritzerauer Heubodentheater. Am Abend stehen noch einmal „Die Eisprinzessin“ und „Geschichte einer Tigerin“ für Erwachsene auf dem Programm.

Alle Veranstaltungstermine und Details zum Gesamtprogramm auch im Reisebegleiter und online unter www.kultursommer-am-kanal.de zu finden.

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„Grenze. Lebensabschnitt Todesstreifen“

17 Jahre nach ihrem Grenzdienst besuchen fünf ehemalige DDR-Grenzsoldaten ihren Postenabschnitt. Mit dabei ist Regisseur Holger Jancke – als Ex-Grenzer und als Filmemacher. Das Ergebnis ist der Dokumentarstreifen „Grenze. Lebensabschnitt Todesstreifen“ aus dem Jahr 2006, der am Donnerstag, 13. Juni, im Grenzhus Schlagsdorf zu sehen ist. Die Vorführung beginnt um 19 Uhr.

Im Februar 1986 hatten die fünf ehemaligen DDR-Grenzsoldatenihren Einberufungsbefehl erhalten. Einsatzort: innerdeutsche Grenze. In den Grenzausbildungsregimentern wird ihnen eingetrichtert, sie müssen die Westgrenze des Warschauer Paktes gegen jeden Angriff schützen, gleich aus welcher Richtung, und Grenzverletzungen notfalls mit Waffengewalt verhindern. Später während des Dienstes haben sie nur einen Gedanken: Hoffentlich kommt hier keiner, hoffentlich nicht bei mir! Und dann geschieht es doch…

Janckes Dokumentarfilm widmete sich erstmals dem Innenleben der DDR-Grenztruppen. Er zeigt, welche Menschen unter welchen Bedingungen den Dienst an den Zäunen zwischen Ost- und Westdeutschland ableisteten.

Filmjournalist, Drehbuchautor und Regisseur Jancke ist am 13. Juni im Grenzhus zu Gast und stellt sich im Anschluss den Fragen des Publikums.

„Grenze. Lebensabschnitt Todesstreifen“, Filmvorführung, 13. Juni, Grenzhus, Neubauernweg 1, Schlagsdorf, 19 Uhr

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Aus der Stiftung

Der Macher – das Fest – die Menschen

Nun steht er also vor der Tür – der KulturSommer am Kanal. Endlich – ist man geneigt zu sagen. Die Vorbereitungszeit war und ist für alle Beteiligten aufwändig und anstrengend. Da freut man sich, wenn es nun bald losgeht. Das gilt für all diejenigen, die als Schauspieler, Musiker und Künstler sich in langen Übungsstunden auf ihren Auftritt vorbereiten, das gilt für all jene, die im Hintergrund die Fäden spinnen und das große Festival mit seinen mehr als 90 Veranstaltungen organisieren. Endlich – werden auch all jene sagen, die sich als Zuschauer und Zuhörer auf das Event freuen, weil sie dabei sein möchten, es erleben möchten.

Kann man sich als Außenstehender den Aufwand vorstellen, der hinter so einem Programm steckt? Wohl kaum. Deshalb an dieser Stelle mal der Versuch, das Ganze zumindest ein wenig aufzudröseln – frei nach dem Motto: Der Macher, das Fest, die Menschen.

Der Macher – das ist Intendant Frank Düwel. Er bewegt sich das ganze Jahr über im KulturSommer und zwischen den KulturSommern. Sein Kopf kreist um laufende und künftige Regiearbeiten, um eigene Produktionen und um Produktionen, die andere auf die Beine stellen. Er knüpft Kontakte, nutzt sie, um Kreative zusammenzubringen und so Neues für das Festival anzuschieben und um ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen. Die Menschen sollen sagen: Der KulturSommer – das ist unser Ding in unserer Region, in unserer Landschaft, da machen wir mit, da bringen wir uns ein.

Das Fest – das sind in diesem Jahr 90 Veranstaltungen. Das heißt 90 Mal: Wer singt, spielt und spricht denn da? Was braucht er oder sie dafür? 90 Mal Bühne, Technik und Publikumsplätze planen, herankarren und aufbauen. Mikros und Bier, Würstchen und Klavier, Stehtische und Gebäck, Stühle und Gesteck, Blumen und Fahnen, Flyer und Plakate, Broschüren, Pressetexte und Posts im Netz.

Die Menschen – das sind die, die dafür sorgen, dass die Zutaten, die so ein Fest braucht, dann auch (rechtzeitig) da sind. Das Equipment für eine Veranstaltung gelangt nicht wie von Geisterhand an seinen Bestimmungsort. Jemand muss es fahren. Und wenn sie auch niemand wahrnimmt auf der Straße, die Lkw, Transporter oder Kombis, weil sie keinen Schriftzug „KulturSommer am Kanal“ tragen, sind sie doch in diesen Tagen schon und noch bis zum 15. Juli unterwegs. Von Mölln nach Ratzeburg oder Berkenthin oder Lauenburg und wieder zurück ist nur ein Katzensprung? Von wegen. Es läppert sich.

Und wenn die Sachen dann vor Ort sind, müssen sie auch funktionieren. Auch da braucht es fleißige und kompetente Techniker, die die Kabel fachgerecht verlegen, dass der perfekte Sound nicht zur Illusion, sondern zur Gewissheit wird. Sie sorgen dafür, dass der Strom fließt, der Bass wummert, das Schlagzeug scheppert und die Stimmen glänzen.

Und wenn dann alles so weit ist, heißt es: Vorhang auf und Ahoi für die Künstler, die dann hoffentlich auf viele besetzte Stühle blicken. Denn: Ohne Publikum, ist am Ende alles nichts. Ohne Publikum, kein KulturSommer.

Helge Berlinke

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Ausstellungen

Gruppe 83 = 35

Noch bis zum 7. Juli zeigt die Galerie AC Noffke (Ratzeburg) Arbeiten der Gruppe 83. Die legendäre Künstlervereinigung feiert in diesem Jahr ihren 35. Geburtstag. Die Gruppe hat sich im Laufe der Jahre sowohl national als auch international einen Namen gemacht. Sie gilt als Innovationszentrum der deutschen Keramiker-Szene.

In ihren Präsentationen hat die Gruppe 83 stets Gastkünstler zugeladen, die neue Tendenzen in technischer und inhaltlicher Dimension beschrieben. So verhält es sich auch mit der Ausstellung in der Galerie AC Noffke. Die Künstler Petra Bittl, Martin Mindermann und Anke Müffelmann sind Mitglied der Acadèmie Internationale de la Cèramique (Genf/Schweiz).

Als Mitglieder der Gruppe 83 dabei sind Karin Bablok, Antje Brüggemann, Cathy Fleckstein, Christa Gebhardt, Johannes Gebhardt, Renée Reichenbach, Elisabeth Schaffer, Fritz Vehring, Vera Vehring, Friederike Zeit und Günter Zachariasen.

Letzterer ist eine Institution in der Welt der meditativen Kontemplation, unbestechlich in seiner Lebensweise und malerischen Auffassung. Seine, in klassischer Lasurtechnik geschichteten, sphärischen Werke, erzeugen beim Betrachter die Anmutung von Nähe zur Ewigkeit.

Die Leere seiner reduzierten, stillen Bilder ruft die Empfindung von Anfang und Ende unseres Daseins auf. Die Werke sind ein bewußter Gegenentwurf zur rasend verirrten Veräußerlichung unserer Zeit.

Gruppe 83 = 35, Ausstellung bis 7. Juli, Galerie AC Noffke, Haus Mecklenburg, Dominsel, Ratzeburg, sonnabends und sonntags von 11.30 bis 17 Uhr geöffnet

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Nördlich der A24

Kunst zwischen Kultur und Kommerz

Was ist einer Gesellschaft die Sinnressource Kunst überhaupt Wert? Was ist ein ‚Wert‘ und wie wird er bestimmt? Wie errechnet man den Wert eines Kunstwerks, oder gar die Kultur im Ganzen? Diese und weitere Fragen stehen im Zentrum einer Podiumsdiskussion, zu der der Lauenburgische Kunstverein (LKV) am Dienstag, 4. Juni, in der Galerie AC Noffke (Ratzeburg) einlädt. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Anlass ist der 35. Geburtstag des LKV.

Auf dem Podium sitzen Galerieleiter Augustin Noffke, Frank Düwel, Intendant des Kultursommers am Kanal, und Miro Zahra, Leiterin des Mecklenburgischen Künstlerhauses auf Schloss Plüschow. Die Moderation hat LKV-Chef Dr. William Boehart.

 „Kultur und Kommerz werden häufig fälschlicherweise als Gegensätze betrachtet“, schreibt Boehart in der LKV-Pressemitteilung zur Podiumsdiskussion. „Die reine, ‚freie‘ Kunst habe nichts mit dem schnoddrigen Mammon zu tun. Das diese Sicht Unsinn ist, lässt sich leicht belegen, denn der Kulturbetrieb heute gehört zu den wichtigsten Zweigen der Volkswirtschaft. Ihr Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtleistung in Deutschland betrug im Jahr 2017 102,4 Milliarden Euro, also 3,1 Prozent. Es ist also keine Frage des ‚Ob?‘ zwischen Kultur und Kommerz, sondern die Fragen ‚Wie?‘ und ‚Warum?‘, die eng miteinander verknüpft sind.“

Kunst zwischen Kultur und Kommerz, Podiumsdiskussion, 4. Juni, Galerie AC Noffke, Haus Mecklenburg, Domhof 41, Ratzeburg, 19.30 Uhr, freier Eintritt