Hamburg, Mölln, München, Zwickau, Flensburg und seit ein paar Jahren wieder Mölln. Klaus Irmscher hat den einen oder anderen Umzug in seinem Leben hinter sich. Er, ein Ur-Möllner, der Kindheit und Jugend in der Stadt verbrachte, weiß, wovon er spricht, wenn er heute sagt, das Lauenburgische sei seine Heimat. Er fühle sich hier verwurzelt, fühle sich hier am Wohlsten. Die Lauenburger mag er wegen ihrer Offenheit und ihrem Elan, Dinge anzupacken.
Wohl auch dank seiner beruflichen Wanderjahre ist ihm diese
Liebe zur Heimat so bewusst geworden. Es ist eine Liebe des offenen Ohres und
der offenen Türen, eine Liebe, die nicht ausschließt, sondern einschließt und
immerzu auf der Suche ist. Da erscheint es nahezu logisch, dass er in einem
Nebensatz erklärt, er habe mit Mitte 60 noch angefangen, Persisch zu lernen.
Wegen seiner persischen Freunde.
Wie es ist, sich fremd zu fühlen, musste ihm niemand
beibringen. Als Spross einer sächsischen Migrantenfamilie wurde dem jungen
Irmscher gesagt, dass er um Gottes Willen nicht sächseln solle. „Sonst wäre ich
als Flüchtling aufgefallen.“
Die offenen Türen des Klaus Irmscher machen es möglich als
Fremder zweieinhalb Stunden in seinem Wohnzimmer in der Hammaburgstraße zu
sitzen und mit ihm über seine Lieben und sein Leben zu plaudern. Über seine
Verluste und seine Krisen. Denn der Weg, zu dem begabten und einfallsreichen
Songschreiber, der er heute ist, war nicht nur rein geografisch weit. Der
pfiffige Umgang mit Worten und textlichen Versatzstücken in allen erdenklichen
Sprachen brauchte Zeit und auch eine gewisse Frustrationstoleranz.
Als er in den 80er Jahren in eine berufliche Krise geriet
und arbeitslos wurde, gesellte sich eine Schaffenskrise dazu. Seine Texte
hätten nicht den nötigen Witz und die nötige Tiefe gehabt, um das Publikum zu
begeistern, erinnert er sich an diese Zeit. Am Ende habe er sich nicht einmal
mehr selbst begeistern können.
Irmscher legte die Gitarre beiseite.
Sein Comeback feierte er 1994. Er besann sich auf Songs wie den „Fusch-Fusch-Man“, ein Lied, das seine Erfahrungen als Arbeitsvermittler aufs Korn nimmt. Auf Lieder, die Geschichten erzählen, ohne den erhobenen Zeigefinger gleich mitzuliefern. Das gefiel ihm und es gefiel dem Publikum. Die Krise war passé. Freude, Kreativität und Motivation waren zurück. Wenn sich all das auch noch mit Können verbindet, strahlt das natürlich zurück. In den 90er Jahren erriet ein kubanischer „Hotelmann“ seine Musikalität. Kurz darauf stand er mit ihm auf der Bühne, um ein bayerisches Volkslied und „Ba-Ba-Banküberfall“ anzustimmen. In den 2000ern tourte er als Mitglied von „Liederjan“ durch Deutschland. 2016 erhielt er schließlich den Kulturpreis der Stiftung Herzogtum Lauenburg.
In den kommenden Wochen steht Klaus Irmscher wieder an diversen Orten auf der Bühne. Im Kreis Herzogtum Lauenburg tritt er am Mittwoch, 18. September, im Rahmen des „Plattdüütschen Harvst“ im Möllner Stadthauptmannshof auf. Der Liedermacher schöpft aus seinem Repertoire niederdeutsche Lieder. Inge Pusback liefert die passenden Geschichten dazu. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr.
Das nächste Konzert in der Region – ebenfalls mit Inge
Pusback als lesende Mitstreiterin – steigt dann am Sonnabend, 9. November, in
der Kutscherscheune (Groß Zecher). Dort spielt und singt Klaus Irmscher Lieder
seiner aktuellen CD „Leeven un nich spöken“. Das Album enthält insgesamt zwölf Stücke,
die mal rockig und mal folkig daherkommen. Wie so oft schlägt sich der
Liedermacher dabei mit Alltagsproblemen herum. Etwa wenn er darüber klagt, wie
schwierig es ist für seinen „Huulbessen“ (Staubsauger) Beutel zu bekommen. Oder
wie schwer es ihm fällt, wenn er auf Reisen ist, sich in Geduld zu üben und vom
Alltagsstress herunterzukommen („Schalt af!“).
Klaus Irmscher beim „Plattdüütschen Harvst“, 18. September, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr
Klaus Irmscher-Konzert, „Leven un nicht spöken“, 9. November, Kutscherscheune, Lindenallee 15, Groß Zecher, 19.30 Uhr
Sie haben es geschafft. 17 Männer und zwei Frauen. Sie alle haben einen Job, sie alle kommen aus einem Land, das tausende Kilometer entfernt liegt. Aus Eritrea etwa, Afghanistan, Syrien. Die Erfolgstory dieser Migranten erzählt die Wanderausstellung „!Angekommen! Ich arbeite.“, die ab Montag, 9. September, im Foyer der Kreisverwaltung (Ratzeburg) zu sehen ist.
Die Männer und Frauen werden auf einzelnen großen Bannern
vorgestellt. Name, Vorname, eine kleine Biografie und ein Foto seien darauf zu
finden, sagt Uta Röpcke, Integrationskoordinatorin des Kreises Herzogtum
Lauenburg. Die Bilder zeigen die Menschen im Kontext ihrer Arbeit. „Die
Fotografin Silke Roschweksi-Müller hat für jedes Foto einen halben Tag in einem
Betrieb verbracht“, so Röpcke. Sie sei dafür beispielsweise auf einem Bauernhof
gewesen, bei einem Uhrmacher und bei einem Apotheker. Sogar Coca Cola habe für
die Fotografin die Türen geöffnet.
Das Ausstellungsprojekt initiiert und durchgeführt hat Carl
Malter von der Möllner Willkommenskultur. Im Rahmen der von den Kirchen bundesweit
organisierten „Interkulturellen Wochen“ rückt der Kreis es nochmals gesondert
in den Fokus, um die Öffentlichkeit für das Thema Arbeit und Migration zu
sensibilisieren. Die Menschen, die als Flüchtlinge in die Region gekommen sind,
in Lohn und Brot zu bringen, ist schließlich das A und O für eine gelungene
Integration.
Die Erfolgstorys, die die Ausstellung dokumentiert, sind beileibe
keine Selbstgänger. Es braucht dafür den Spracherwerb. Es braucht die
Lehrkräfte, die ihn ermöglichen. Es braucht dafür Fleiß und Willenskraft
seitens der Migranten und nicht selten die Unterstützung von Helfern.
Apropos Helfer. Röpke und ihr Kollege Andreas Bockholt wünschen sich eine Stärkung des Ehrenamtes. Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer würden die Menschen auf eine Art und Weise an die Hand nehmen, wie es Hauptamtliche niemals leisten könnten, meint Röpcke. Bei den Helfern im Kreis, ergänzt Bockholt, handele es sich um eine „Graswurzelbewegung“. Damit sich hieraus langfristige Strukturen entwickeln könnten, bräuchte es eine vernünftige Ehrenamtskoordination und eine entsprechende finanzielle Ausstattung.
„!Angekommen! Ich arbeite.“, Ausstellungseröffnung, 9. September, Foyer der Kreisverwaltung, Barlachstraße 2, Ratzeburg, 16 Uhr
Die Ausstellung ist bis zum 28. September zu
den Öffnungszeiten der Kreisverwaltung zugänglich.
Es sind aufregende Zeiten für Gloria Ituwe. Seit ein paar Monaten engagiert sich die junge Frau im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes für den Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Doch es ist nicht nur der Job – etwa ihre Arbeit für das Frauenwerk –, der ihr Leben derzeit kräftig durcheinandergewirbelt hat, sondern auch das Land, in dem sie diesen Job ausübt. Für die Tansanierin ist Deutschland schlicht eine andere Welt. Wer wissen will, warum das so ist, sollte am 18. September, einen Abstecher ins Lydia Veranstaltungs-Café (Ratzeburg) machen. Dort hält die junge Frau im Rahmen der Interkulturellen Wochen einen Vortrag. Los geht es um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.
„Ich werde über die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Tansania sprechen“, kündigt Gloria Ituwe an. Völlig anders sei beispielsweise das Zeitkonzept in ihrer Heimat. So gebe es dort in der Regel nicht den Druck, Dinge an einem bestimmten Tag zu erledigen. Und: „We appreciate the day and hope for a better tomorrow.“ Mit anderen Worten: Die Tansanier schätzen und genießen den Moment – das Hier und das Jetzt.
Für ihren Vortrag, der den Titel „Bezauberndes Tansania“ trägt,
hat Gloria Ituwe eine Power-Point-Präsentation vorbereitet. Weitere Themen, die
mit Bildern unterlegt werden, sind die Kleidung, die die Menschen in ihrer
Heimat tragen, die berühmte Serengeti, der Kilimandscharo sowie die ökonomische
und politische Lage des Landes.
Anmeldungen werden unter der Telefonnummer 04541-889337
oder per Mail unter lydia-cafe@kirche-II.de
entgegengenommen.
Die Willkommenskulturen im Kreis Herzogtum Lauenburg sowie diverse kirchliche Dienste haben für die kommenden Wochen wieder einiges organisiert, um Einheimische und Migranten zusammenzubringen. Im Rahmen der „Interkulturellen Wochen“ stehen diverse Aktionen, Feste, Spiele- und Länderabende und Aufstellungen auf dem Programm. Der jährliche Veranstaltungsreigen geht auf die Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie der Griechisch-Orthodoxen Kirche zurück. 2019 lautet das offizielle Motto „Zusammen leben, zusammen wachsen“.
Offiziell starten die Veranstaltungen erst am 4. September.
Die Möllner Willkommenskultur ist mit ihrem „Afghanischen Ländertag“, der am
Sonnabend, 31. August, in der Begegnungsstätte (Lohgerberei, Bahide-Arslan-Gang)
steigt, ein bisschen früher dran.
Über den Magen laufen die Begegnungen am Mittwoch, 4. September: Um 10 Uhr gibt es in der Möllner Begegnungsstätte ein Internationales Frauenfrühstück. Die Teilnahme ist kostenlos. Über Beiträge zum Buffet freuen sich die Organisatoren. In Gudow startet in der dortigen Gemeindschaftsunterkunft (Kaiserberg 23) um 14 Uhr ein interkulturelles Grillfest. Auch hier freuen sich die Organisatoren über Kulinarisches für das Buffet.
Weiter geht es am Sonnabend, 7. September, mit einem interkulturellen Markt-Soccer-Turnier auf dem Ratzeburger Marktplatz. Einzige Bedingung, die Fußballerinnen und Fußballer müssen mindestens sechs Jahre sein. Ansonsten gibt es keinerlei Teilnahmebedingungen. Die Veranstalter hoffen, dass möglichst viele „bunt gemischte Mannschaften“ dabei sind. Pro Team braucht es mindesten fünf Spieler. Anmeldungen werden vor Ort entgegengenommen. Das Turnier beginnt um 10 Uhr. Das Ende ist für 17 Uhr vorgesehen.
In der Kreisverwaltung Ratzeburg (Barlachstraße 2) wird am
Montag, 9. September, die Ausstellung „Angekommen! Ich arbeite“ eröffnet. Die Schau
zeigt Migranten mit großformatigen Porträts in ihrer Arbeitswelt. Die Eröffnung
beginnt um 16 Uhr.
Zu einem „Ländersalon Armenien“ lädt am Freitag, 13. September, die Evangelische Familienbildungsstätte (Ratzeburg, Marienstraße 7) ein. Ab 19 Uhr bekommen die Besucher dort Hör- und Kostproben aus diesem kaukasischem Land geboten. Anmeldungen werden unter 04541-5262 oder via Internet unter www.fbs-rz.de entgegengenommen.
Nach Afrika – genauer gesagt ins „Atemberaubende Tansania“ geht es dann am Mittwoch, 18. September, im Lydia Veranstaltungs-Café (Am Markt 7, Ratzeburg). Ab 19 Uhr berichtet Gloria Ituwe über die Menschen und die Kultur des ostafrikanischen Landes. Der Eintritt ist frei. Anmeldungen unter 04541-889337 oder per Mail unter lydia-cafe@kirche-LL.de.
Ein interkultureller Gottesdienst steht am Sonntag, 22.
September, in der Kirche St. Georg auf dem Berge (Ratzeburg, Wedenberg 8) auf
dem Programm. Los geht es um 10 Uhr. Im Anschluss gibt es im Gemeindehaus
Kaffee und Kuchen sowie die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Die Arbeiterwohlfahrt Geesthacht (Awo Integrationscenter,
Markt 26) zeigt ab Montag, 23. September, unter dem Motto „Kultur im Flur“
Kunst von Flüchtlingen. Die Ausstellung wird um 13.30 Uhr offiziell mit einer
Vernissage eröffnet.
Ebenfalls im Awo Integrationscenter steigt am Donnerstag,
26. September, ein „Internationaler Spieleabend“. Ob Schach, Mahjong, Narde –
Brettspieler kommen bei dieser Veranstaltung garantiert auf ihre Kosten. Los
geht es um 17 Uhr.
In Sandesneben begegnen sich die Menschen auf kulinarischem
Gebiet: Unter dem Motto „Schlemmen international“ wird dort am Freitag, 27.
September, ab 16 Uhr zur bunten Tafel geladen, die die Paten der Flüchtlinge
des Amtsbereiches Sandesneben-Nusse sowie die Flüchtlinge selbst im
Gemeindehaus (Altes Dorf 5) vorbereitet haben.
Politisch und andächtig geht es am 27. September im Lydia Veranstaltungs-Café (Am Markt 7, Ratzeburg) zu: In einer Gesprächsrunde werden dort Fragen diskutiert – etwa was es bedeutet „Fluchtursachen zu bekämpfen“. Zudem gibt es eine Andacht. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Ansprechpartnerin ist Pastorin Elisabeth Hartmann-Runge, erreichbar unter Tel. 0176-19790204.
Im Rahmen der Reihe „Fliehen – einst geflohen“ greift Jörg-Rüdiger Geschke am Dienstag, 3. September, im Möllner Stadthauptmannshof zur Gitarre und präsentiert Lieder zu Flucht und Vertreibung. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Jörg-Rüdiger
Geschke spannt einen weiten musikalischen Bogen, der vom traditionellen Liedgut
aus Fluchtländern bis hin zu Rocksongs und Werken renommierter Liedermacher
reicht.
Die Geschichte ist
immer wieder eine Geschichte von Auswanderung und Flucht oder Vertreibung. Dies
spiegelt sich natürlich auch in vielerlei Liedern wider. Lieder, in denen
Auswanderer – zum Beispiel von Europa nach Amerika – ihr Schicksal besingen,
Lieder vom Verlust der Heimat, Lieder über die Brutalität im Umgang mit
Flüchtenden und Vertriebenen.
Zum ersten Mal veranstaltet
die Stiftung Herzogtum Lauenburg ein Konzert in der besonderen
Wohnzimmeratmosphäre der Kulturremise. Aufgrund begrenzter Platzzahl ist eine
Anmeldung via Telefon unter der Rufnummer 04542-87000 oder per Mail unter info@stiftung-herzogtum.de
notwendig.
Lieder
zu Flucht und Vertreibung, 3. September, Kulturremise, Stadthauptmannshof,
Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr, freier Eintritt
Afghanistan? Richtig, dass ist das Land, das sich seit Jahrzehnten im Bürgerkrieg befindet. Das Land, in dem seit 2001 deutsche Truppen stationiert sind, um die Zivilgesellschaft und den Aufbau der Demokratie zu unterstützen und die Macht der Taliban zu durchbrechen.
Niemals würden Muhammad Munadoghli, Nadera Nazari und
Hassan Mohammadi etwas anderes behaupten. Doch es wurmt sie, dass ihr
Heimatland in der Öffentlichkeit darauf reduziert wird. Den Afghanischen
Ländertag der Möllner Willkommenskultur, der am Sonnabend, 31. August, in der
Alten Lohgerberei auf dem Programm steht, will das Trio nutzen, um das Bild um
ein paar schöne Facetten zu ergänzen. Mit Hilfe von Fotos beispielsweise, die sie
aktuell noch sammeln.
Klar ist schon jetzt, dass Nadera Nazari ein Gericht mit
Fleisch, Reis, Rosinen und Mandeln kochen wird. Hungern dürfte am 31. August
also niemand. Muhammad Munadoghli wird über einen Steckbrief von sich und
seiner Geschichte erzählen. Schautafeln sind geplant. Außerdem sollen die 34 Provinzen
und Volksstämme des Landes vorgestellt werden.
„Es geht voran“, sieht Cornelia Thorhauer von der Möllner
Willkommenskultur die Community auf einen guten Weg. „Das wird wie unser
syrischer Ländertag im vergangenen Jahr wieder ein bunter Nachmittag“. Zusammen
mit ihrem Kollegen Günther Kramm unterstützt sie die Afghanen bei der
Organisation.
Ein ganz anderes Kaliber ist für sie die Unterbringung der
Menschen auf dem Arbeitsmarkt. „Jetzt heißt es in die Berufe zu kommen“, meint Cornelia
Thorhauer. Das Problem sei, dass die meisten Flüchtlinge in Helfertätigkeiten vermittelt
werden. Dabei müsse es das Ziel sein, ergänzt Günther Kramm, „die Leute in
vernünftige Jobs zu kriegen, damit sie auf eigenen Füßen stehen können“.
Im Falle von Muhammad Munadoghli gestaltet sich eine
Vermittlung aber auch von Haus aus schwierig. Er war Analphabet, als er aus
Afghanistan nach Deutschland kam. Der 30-Jährige spricht kaum Deutsch. Da
rücken andere Eigenschaften wie Fleiß, Zuverlässigkeit und Aufgeschlossenheit in
den Hintergrund. Günther Kramm hofft, dass er vielleicht eine verlängerte
Ausbildung zum Tischler machen kann. Manchmal gebe Unternehmer, die einer
doppelten – also sechsjährigen – Ausbildungszeit zustimmen würden.
Auch Nadera Nazari hat noch mit der deutschen Sprache zu
kämpfen. Um einen wichtigen Schritt in Richtung berufliche Zukunft zu machen,
besucht sie aktuell einen Deutschkurs. Wesentlich weiter ist dagegen Hassan
Mohammadi: Er fängt im Oktober eine dreijährige Ausbildung zum Altenpfleger an.
Die Begegnungsstätte lädt zusammen mit der afghanischen Community zum Ländertag. Wie wäre es, da einfach mal hinzugehen und direkt mit den Menschen, die aus dem fernen Osten zu uns gekommen sind, in Kontakt zu treten? Es tut nicht weh. Ganz sicher nicht.
Das Gegenteil wird der Fall sein. Es dürfte sich
herausstellen, dass die Afghanen extrem nette und höfliche Leute sind und dass sie
sich letztendlich nicht so großartig von uns Einheimischen unterscheiden – wenn
man mal von der jeweiligen Muttersprache absieht.
Also versuchen Sie es – kommen Sie vorbei. Und sollte der
Termin so gar nicht in ihren Terminkalender passen oder Mölln für Sie zu weit weg
sein, nutzen Sie eine der vielen anderen Veranstaltungen, die unter dem Label „Interkulturelle
Begegnungen“ im Kreis Herzogtum Lauenburg oder auch bundesweit im Rahmen der
Interkulturellen Wochen auf die Beine gestellt werden. Treten Sie in Kontakt!
Der Lauenburgische Kunstverein (LKV) begeht in diesem Jahr seinen 35. Geburtstag. Kulturportal-Herzogtum.de nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, um mit Regine Bonke und dem Vorsitzenden William Boehart allgemein über Kunst zu plaudern und über die Arbeit des LKV zu sprechen. Bonke ist Bildende Künstlerin und hat sich dem Konstruktivismus verschrieben. Boehart ist Historiker und Autor.
Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Bonke, Herr Boehart – wie sehr hat sich die Kunst in den vergangenen 35 Jahren verändert?
Regine Bonke: Schwer zu sagen. Der Lauenburgische Kunstverein hat
seine geistige Heimat in den traditionellen Künsten und ist da eher in der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts angesiedelt. Wobei neuere Techniken
durchaus in die künstlerische Arbeit eindringen.
KP: Herr Boehart?
William Boehart: Ich habe für das Künstlerhaus Lauenburg einige Male
in der Jury gesessen. Da stellt man fest, dass unter den Bewerbungen viele
Aktionen und Performances sind. Das Angebot
im Kreis ist umfangreicher und vielfältiger geworden. Im Jubiläumsjahr zeigen
wir zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem Filmklub ‚Ultrakurzfilme‘ im Kinovorspann.
KP: Unter den Stipendiaten des Künstlerhauses gibt es immer wieder junge
Künstler, die sich die Digitalisierung zu Nutze machen. Wie sehen Sie das, Frau
Bonke?
Bonke: Ich bin da woanders verortet. Mit meiner Biografie wäre es seltsam, wenn
ich auf diesen Zug aufspringen würde. Vor zehn Jahren habe ich mal mit Hilfe
der Fachhochschule Lübeck ein interaktives, virtuelles Quadrat „gebaut“, das
eine intensive Beschäftigung mit optischen Phänomenen nach sich gezogen hat.
Ansonsten ist meine Kunst ja eher auf die Wahrnehmung von ganz konkreten
Objekten im Raum mit einer bestimmten Materialästhetik ausgerichtet.
KP: Herr Boehart, wie sehen Sie das von außen, als jemand der selbst kein
Bildender Künstler ist? Wie beurteilen Sie die Digitalisierung und den Einsatz
von Künstlicher Intelligenz in der Kunst?
Boehart: Ich sehe keinen Grund, diese Dinge auszuschließen und Kunst zu definieren.
Die Leute sollen sich damit auseinandersetzen. Der Mensch hat diese Maschinen
gemacht. Sie können wie Pinsel Werkzeuge sein, um künstlerische Fantasie zu
realisieren.
Bonke: Als Kunstverein haben wir die Aufgabe, dem Bürger die Kunst nahezubringen
und ein Kunstverständnis zu entwickeln. Wir wollen zeigen, was es gibt. Allerdings
ist die Künstliche Intelligenz, die ja etwas anderes ist als bloße
Digitalisierung, in unserem Bereich ziemlich weit weg. Im Gegenteil – in der
Bildenden Kunst werden ja häufig alte, manuelle Handwerkstechniken angewandt,
die sonst längst in Vergessenheit geraten wären, wie zum Beispiel das Ätzen von
Metallplatten, das Papierschöpfen oder das Formen von Ton.
KP: Erfüllen Sie Ihre Maxime? Wie nehmen die Bürger Ihr Angebot an?
Bonke: Es gibt diejenigen, die sehr interessiert sind und mehr wollen und
diejenigen, die fotografieren und wieder gehen. Das ist etwas, was uns betrübt.
In der Artothek ist das Entleihen leider auch zurückgegangen, weil sich
mittlerweile jeder bei irgendeinem Drogeriemarkt ein
Foto für seine Wand ausdrucken lassen kann…
Boehart: …In den 60er Jahren wurde ‚Kultur für alle‘ propagiert. Der LKV ist auch
ein Ergebnis dieser Bewegung.
Bonke: Wenn man schreibt ‚Kunst für alle‘ muss man auch Qualitätskriterien deutlich
machen. Wenn nicht, entsteht ein belangloses Dauertrommelfeuer optischer
Erscheinungen. Heute hat sogar der Baumarkt von nebenan eine Ausstellung. Aber
was ist das dann noch?
Boehart: Ich kann einem Baumarkt aber nicht sagen, ihr dürft keine Kunst mehr zeigen.
Bonke: Da wird Kunst instrumentalisiert und der Eventisierung Tür und Tor
geöffnet.
Boehart: Natürlich müssen wir die Fahne für die Kunst hochhalten. Das versuchen wir
auch. Wir arbeiten daran und bieten Kunst von hoher Qualität an. Das ist unsere
Nische.
KP: Wie hält man die Fahne der Kunst hoch?
Boehart: Indem wir für unsere Ausstellungen immer Qualitätsmerkmale ansetzen.
Bonke: Der Lauenburgische Kunstverein ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Kunstvereine*, die gibt gewisse Qualitätsmerkmale vor. Da liegt also
eine deutliche Messlatte für die Vereine.
Boehart: Wir sollten das aber nicht zu ernst nehmen. Kunst soll auch Spaß machen.
Bonke: Aber wenn die Leute auf meinen Objekten herumbalancieren, hört der Spaß
auf!
KP: Wer entscheidet bei Ihnen, welche Künstler diese Merkmale erfüllen und wer
letztendlich gezeigt wird?
Bonke: Ausstellungen sind bei uns, sobald sie öffentlich ausgeschrieben werden,
juriert. Davon ausgenommen sind lediglich einige Mitgliederausstellungen.
KP: Und wo kommen die Kunstwerke her, die sie zeigen? Setzen Sie sich da Grenzen?
Boehart: Nein.Aber jemanden zum Beispiel aus Ungarn zu holen, ist
mit finanziellen Mitteln verbunden, die wir nicht haben.
Bonke: Bei unserer Reihe ‚Keramik-Malerei‘ hatten wir berühmte Keramiker aus ganz
Deutschland bei uns. Bei ‚Kunst im Rathaus‘ in Ratzeburg, die ich 25 Jahre lang
betreut habe, waren es überwiegend Künstler aus Schleswig-Holstein und Hamburg,
deren qualitätvolles Werk ich persönlich kannte und dem Vorstand vorgeschlagen
habe.
Bonke: Zusammenfassend kann man sagen, dass wir auch
nach 35 Jahren nicht müde werden zu betonen,
dass Kunst in unserem Leben eine Sinnrecource sein kann. Und dass wir trotz
aller Widerstände immer wieder versuchen, diese zur Verfügung zu stellen.
Boehart: Wir verfahren nach dem
Motto: ‚Wir haben keine Chance, aber
wir nutzen sie‘.
KP: Frau Bonke, Herr Boehart – ich danke für das
Gespräch.
Der
internationale Streit um die Seenotrettung im Mittelmeer, die harte politische
Auseinandersetzung in den USA um die Flüchtlinge an der mexikanischen Grenze
zeigen: Das Thema Flucht bleibt nach wie vor ganz oben auf der Tagesordnung.
Dementsprechend aktuell ist das von Marianne Lentz, Museumsnetzwerk Kulturknotenpunkt Mölln, und der Stiftung
Herzogtum Lauenburg organisierte Veranstaltungsprojekt Projekt „Fliehen – einst
geflohen“, das im zweiten Halbjahr fortgesetzt wird.
Zusätzlich
zu den bereits laufenden Ausstellungen stehen weitere Vorträge und
künstlerische Darbietungen auf dem Programm. So spricht die Seelsorgerin Uta
Grohs am Mittwoch, 21. August, im Amtsrichterhaus Schwarzenbek unter dem Titel
„Vom Wert unserer Werte“ über die Erfahrungen, die Bibel zum Thema Flucht und
Vertreibung bereithält. Grohs war bis 2003 Pröpstin im Kirchenkreis Stormarn
und befindet sich mittlerweile im Ruhestand.
Auf musikalische und poetische Art und Weise nähern sich am Freitag, 23. August, – ebenfalls im Amtsrichterhaus Schwarzenbek – Angela Bertram (Text), Meike Siebert (Gesang) und Anna Bertram (Klavier) dem Thema Flucht und Vertreibung. Sie fragen, was es bedeutet, die Heimat verlassen zu müssen. Auf der Suche nach Antworten unternehmen sie einen Streifzug durch verschiedene Epochen und Genres.
„250
Jahre Lieder zu Flucht, Vertreibung, Auswanderung“ hat am Dienstag, 3.
September, im Möllner Stadthauptmannshof Folkmusiker Jörg-Rüdiger Geschke im
Programm. Mit seiner Gitarre spannt er einen musikalischen Bogen, der ihn über
Deutschland auf die irische Insel und von dort bis nach Amerika führt. Es
erklingen Songs populärer Sänger wie Woody Guthrie und Udo Lindenberg.
Anmeldungen für das Konzert unter Tel. 04542-87000 oder per Mail unter info@stiftung-herzogtum.de.
Im Rahmen von „Fliehen – einst geflohen“ präsentieren zudem mehrere Museen im Herzogtum Lauenburg und in Stormarn Sonderausstellungen zum Themenfeld „Flucht und Vertreibung“. Mit dabei sind das Museum „Vergessene Arbeit“ in Steinhorst („Flucht nach 1945 – angekommen in Schleswig-Holstein“), das Stormarnsche Dorfmuseum Hoisdorf („Holländerei – Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden revolutionieren die bäuerliche Milchwirtschaft“), das Eisenbahnmuseum Aumühle („Der Flüchtlingszug“), das Grenzhus Schlagsdorf („Fluchtfälle an der innerdeutschen Grenze zwischen Ostsee und Elbe 1949 bis 1989 – Objekte erzählen Geschichten“), das Zugpferdemuseum Lütau („Mit Pferden auf der Flucht – Die Geschichte der geretteten Trakehnerpferde“), das Schloss Ahrensburg („1945: Das Schloss als Flüchtlingsheim“) und das Heimatmuseum Reinfeld („Ostdeutsche Heimatstube“).
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