Kategorien
Aus der Stiftung

„Wer nominiert wird, kann stolz sein“

„In diesem Jahr beteiligen sich 1.100 Menschen aktiv am KulturSommer“, sagt Wolfgang Engelmann, Vizepräsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg. Was das mit dem Kulturpreis der Stiftung Herzogtum Lauenburg zu tun hat? Ganz einfach: Es zeigt, dass es in der Region einen riesigen Pool an Männern und Frauen gibt, die sich den Künsten widmen und von denen der eine oder andere womöglich als Kandidat in Frage kommt. Zumal der Kulturbegriff für die Preisvergabe sehr weit gefasst ist.

„Das ist eine Stärke des Preises“ sagt Engelmann. Die Zahl derer, die theoretisch in Frage kommen, sei groß und reiche von der Einzelperson bis hin zur Institution. Deshalb habe, wer nominiert wird, schon allen Grund stolz zu sein, so Engelmann, der erstmals in der Jury sitzt, die über die Preisevergabe entscheidet. „Am Ende“, fügt er hinzu, „kann schließlich nur einer gewinnen.“

Die Bedeutung des Kulturpreises der Stiftung Herzogtum Lauenburg gehe allerdings weit über die bloße Auszeichnung eines Kandidaten hinaus. Grundsätzlich stünden die Bereiche Kunst und Kultur immer ein wenig im Abseits. Deshalb seien das Verfahren und die Preisvergabe auch ein Akt der Anerkennung und Würdigung künstlerischer Arbeit in der Region.

Kategorien
Ausstellungen

„Wundersame Begegnungen“

Müll zu Kunst – das wäre ein passendes Arbeitsmotto für Margaret Odefey-Tanck. Schließlich nutzt die Künstlerin für ihre Werke konsequent Abfall wie geschreddertes Papier, Taschentücher und benutzte Teebeutel. Wie das dann aussieht, können Besucher des Augustinums Aumühle von Montag, 18. Juni, an in Augenschein nehmen. Die Eröffnung der Ausstellung mit dem Titel „Wundersame Begegnungen“ beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Die Bildfläche der Bilder von Odefey-Tanck ist wie eine Bühne: In ihren Arbeiten trifft der Tiger aus einem persischen Teppich auf einen Vogel aus einer koptischen Textilarbeit. Unterschiedliche Gestalten, Vögel und Pflanzen aus verschiedensten Lebensbereichen betreten die Spielfläche ihrer Werke und erzählen eine neue Geschichte, die sowohl lustig als auch nachdenklich-philosophisch sein kann.

Die Arbeiten leben von der Lust am technischen Experiment, von der unterschiedlichen Anmutung verschiedener Materialien. Durch Komposition, collageartige Techniken, Zeichnung und Malerei kommen die Einzelteile zu einem harmonischen Ganzen zusammen; dieser Prozess wird unterstützt durch gestickte oder genähte Linien, die die Bildfläche um eine haptische, d.h. greifbare, Dimension bereichern.

Ihre Motive findet Margaret Odefey-Tanck überall, etwa in der Natur, in Museen oder, inspiriert von Werkzeugen und Objekten, in ihrer Werkstatt. Das daraus entstehende Zusammenspiel folgt einer eigenen Dynamik, die Motive erlangen in diesem Kosmos eine neue Bedeutung, die sich rational nur schwer oder auch gar nicht erfassen lässt. Manches bleibt für den Betrachter vielleicht für immer ein Rätsel. Das muss er aushalten. Es gibt Bildelemente, die sich ihm erschließen. Und es gibt im besten Falle Geheimnisvolles, Heiteres, Beruhigendes, aber auch Beängstigendes, das den Betrachter berührt, ihn erinnert, ohne eindeutig rückführbar zu sein.

 

Kategorien
Vorfahrt für die Jugend

„Beat and Dance”

Zum neunten Mal haben sich junge Akteure aus dem gesamten Herzogtum Lauenburg und darüber hinaus aufgemacht, um die Show „Beat and Dance“ im Schwarzenbeker Rathaussaal zu realisieren. Am Sonntag, 1. Juli, um 19 Uhr ist es endlich wieder so weit. Das pulsierende Netzwerk aus jungen Menschen die Singen, Tanzen, Ton bearbeiten, Filme drehen und Grafiken für diese Show erstellen, präsentieren nach einem dreiviertel Jahr harter Proben die Ergebnisse ihrer Arbeit. In Kooperation mit der Stiftung Herzogtum Lauenburg, der Hochschule für Musik und Theater Hamburg sowie dem Regisseur und Intendanten des Kultursommers am Kanal, Frank Düwel,  produziert die Jugendpflege in Schwarzenbek die Show.

In diesem Jahr steht Beat and Dance unter dem Motto; „Beginners in Love, Rhythm of my live“.  „Ich habe festgestellt, dass sich ganz allgemein ein Optimierungskult entwickelt hat. Nach dem Motto: Wenn ich mich gut ernähre, Sport treibe und wenn ich nur raffiniert und klug genug bin, habe ich Erfolg. Die Liebe ist die Antithese zur Optimierung. Die Liebe ist das Lebendige, Nichtkontrollierbare. Die Liebe ist das Medium, mit dem man seine Schwächen versöhnen kann“, beschreibt Frank Düwel, als Regisseur der Show den Gedanken, der ihn zur Auswahl des Themas bewogen hat. In der Diskussion mit den am Projekt teilnehmenden Kids, ist darüber hinaus das Thema Rhythmus als tragendes Element der Show hinzugekommen. Die Jugendlichen haben sich intensiv darüber Gedanken gemacht, dass das Leben in großen Teilen durchgetaktet ist und der pulsierende Rhythmus des Lebens den Menschen überall hin begleitet. Dieses Spannungsfeld zwischen der Liebe mit all ihren Begleiterscheinungen und dem Takt des Lebens, zieht sich als thematischer roter Faden durch die ganze Show. In diesem Jahr ist es darüber hinaus gelungen, drei Tanzkompanien mit mehr als 30 Tänzerinnen und Tänzern für die Aufführung zu gewinnen. Ein weiteres Highlight in diesem Jahr ist der Auftritt der Hamburger Opernsängerin Merlind Phol, die zusammen mit den Hip-Hoppern der Lauenburger G-Breaker, die Habanera aus der Oper Carmen performen wird. Der besondere Charme der Show kann jedoch nur entstehen, weil alle Teilnehmer sich als Einheit verstehen. Sie helfen und begleiten sich bei den Vorbereitungen und der Aufführung gegenseitig.

Stadtjugendpfleger Norbert Lütjens, der zusammen mit seinem Team die Show seit inzwischen neun Jahren produziert, berichtet davon, wie komplex das Projekt inzwischen geworden ist. In einem pulsierenden Netzwerk arbeiten annähernd 100 junge Menschen über ein dreiviertel Jahr miteinander, komponieren Musik, stellen visuelle Projektionen für einzelne Themen her, proben, arrangieren gemeinsam Showabläufe und müssen sich dafür verlässlich miteinander absprechen. Unterstützt durch professionelle Rahmenbedingungen bei der Inszenierung, der technischen Umsetzung oder dem Coaching der Akteure, entsteht so Jahr für Jahr eine unglaubliche Show, die sowohl bei den Teilnehmern als auch dem Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Kategorien
Aus der Stiftung

Storm-Preis für Frank Düwel

Tolle Auszeichnung für Frank Düwel: Die Theodor-Storm-Gesellschaft verleiht dem Intendanten des KulturSommers am Kanal den Theodor-Storm-Preis 2018. Ihm sei es mit seinen Storm-Theater-Projekten gelungen, „das Werk des Schriftstellers auf eine anspruchsvolle und zugleich frische Weise neu zu interpretieren“, heißt es in der Begründung.

Düwel hatte anlässlich des 100. Geburtstages des Schriftstellers 2017 das Stück „STORM – das Meer – die Geister – DU“ mit zwei Laiendarstellergruppen in Hamburg und Husum aufgeführt. Weiter zurück liegt eine dreiteilige Schimmelreiter-Inszenierung (2013 bis 2015). Aktuell arbeitet er an der Aufführung von „John Riew“.

„Frank Düwel hat sich diese Auszeichnung verdient. Seine Storm-Inszenierung war ein außerordentlich wichtiger Beitrag im Jubiläumsjahr“, begrüßte Klaus Schlie, Präsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg, die Entscheidung. Er sehe darin auch eine Adelung des KulturSommers am Kanal. Immerhin habe die Uraufführung von „STORM – das Meer – die Geister – DU“ im Rahmen des Festivals standgefunden, was dessen hohe künstlerische Bedeutung unterstreiche.

Glückwünsche kamen auch von Andrea Funk, Geschäftsführerin der Stiftung Herzogtum Lauenburg. Sie lobte seine Kreativität, die sich Jahr um Jahr in den Veranstaltungen zum KulturSommer widerspiegele. Das kreisweite Festival findet unter dem Dach der Stiftung Herzogtum Lauenburg statt.

Der Theodor-Storm-Preis wird alle vier Jahre von der Stadt Husum vergeben. Er ist mit 8.200 Euro dotiert. 2014 war die Auszeichnung an den FAZ-Journalisten und Autor Tilman Spreckelsen gegangen.

 

Kategorien
Vorfahrt für die Jugend

Gewebe

Der folgende Text stammt aus der Feder von Eva Schwecher (Foto). Im Rahmen des Schreibwettbewerbs „Wanted: Junge Autor*inn*en“, initiiert von der Stiftung Herzogtum Lauenburg, belegte sie damit den zweiten Platz in der Altersgruppe der Zwölf- bis 16-Jährigen.

„Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt“ (Arthur Schopenhauer)

Mein Name ist Olivia, von den anderen werde ich nicht gesehen, denn ich passe nicht in ihr System. Ich bin eine Gefahr, denn ich fliege noch frei herum. Die anderen sind Fliegen, die im großen Netz der Spinne gefangen sind. Ich bin eine Libelle, doch sie ahnen nicht, dass ich mich wandeln kann, ich kann, wie sie, eine Maske tragen. Ich kann, wie sie, ein Teil des Netzes werden, aber die Spinne wird niemals überhandnehmen. Die Spinne, sie webt immer weiter und weiter. Immer mehr Fliegen werden dem sich ausbreitenden Netz untenvorfen. Das Netz ist dicht gewebt. Jeder, der einmal Kontakt mit diesem aufgenommen hat, wird für immer verschluckt, in die Welt der Masken. In die Welt der Verlogenheit. In die Welt der Leistung.

Das System hält uns in Schach. Doch, merken Sie nicht, dass es uns verändert? Merken Sie nicht, dass jeder von uns die passende Maske zu jeder Situation parat hat? Damit wir ausnahmslos jedem gefallen. Das Rasieren der Augenbrauen…halten Sie das nur für ein Phänomen der sich selbstfindenden Jugend? Oder gar als Assimilierungsversuch? Nein. ..ein Hilfeschrei muss nicht laut sein, ein Hilfeschrei darf keine Gewalt erfordern. Das Rasieren der Augenbrauen ist ein Hilfeschrei der heutigen Generation gegen das System! Ein letzter Aufschrei, bevor der tiefschwarze Stift an der Stelle angesetzt wird. Bevor aus den bogenförmigen, vollen Augenbrauen ein massiver schwarzer Strich gezogen wird. Denn dann, dann ist alles verloren. Mit dem Aufschlagen jeder Zeitschrift, mit dem Betreten jedes Fitnessstudios nähre ich mich dem gigantischen Gewebe des Spinnennetzes. Ich werde mich zuerst in eine Fliege und dann in eine Spinne verwandeln, um herauszufinden, was sie bewegt, was sie C zum Netz zieht.

Phase I

4. Semester Psychologie. Ich betrete den von Schweiß durchtränkten Raum. Konzentration liegt in der Luft. Die Fliegen tragen alte ihre Masken, die sich in ihrem Motiv ähneln. Auch der Professor, die Spinne, trägt eine Maske. So makellos ohne einen winzigen Fehler in der DNA. Denn jeder minimale Fehler könnte dafür sorgen, dass das Gewebe eine kleine Zelle, welche sich verändert hat und nicht zu den anderen passt, ausstößt. Sie wird vom Gewebe selber bekämpft und schließlich verdaut, von den Fliegen im Netz.

Mein Blick gleitet zwischen die Menge. Heute beginnt mein Experiment. Heute werde ich meinem Ziel näherkommen. Der Raum hat so eine hohe Luftfeuchtigkeit, dass sich der Schweiß der anderen auf mir absetzt. Oder ist das mein eigener?

Ich setzte mich in die erste Reihe. Ich trage auch eine Maske. Mein Ausschnitt viel zu tief, meine Kleidung viet zu auffällig, die ersten schauen rüber. Der Look, ein Teil meiner Maske. Die Maske sitzt tiefer in mir, als mir lieb ist. Alles für das Experiment, alles nur, um das Gewebe zu verstehen.

Die Vorlesung beginnt. Das monotone Geräusch der schreibenden Stifte setzt ein. Mein Körper zittert im Takt. Ich höre die Stimme trüb, wie durch ein Milchglas, verschwommen und blass. Ich konzentriere mich nur auf das Aufrechterhalten der Maske. Wie halten sie es nur aus? Mich kratzt die widerwärtige Darstellung einer anderen Persönlichkeit in Form einer Maske so sehr, dass ich sie von mir reißen und dabei laut brüllen will. Doch dazu kommt es nicht. Denn mein Körper hat die Maske schon längst aufgenommen. Besser als ich dachte, schneller als ich denken konnte. Mein Körper führt alle Bedürfnisse dieser Maske aus. Ich hatte das Gefühl, nicht ich selber zu sein. Aus dem Widerstreben wurden eine hartnäckige Motivation und ein Gefühl, das ich nicht deuten konnte. Etwas ganz Neues, Dunkles und Unbekanntes. Dieses Unbekannte trieb mich immer weiter, näher, enger an das Netz. Ich hörte das C Klappen der Stühle und nahm Bewegung war. Ich fühlte mich wie in Trance, nur fokussiert auf mein Experiment. Ich war plötzlich so naiv, so infantil. Noch gestern konnte ich über jeden meiner Kommilitonen Aussagen treffen, die sie tief in ihrem Inneren verstaut hatten. Jetzt aber war ich entwaffnet, wie fremdgesteuert.

Langsam und graziös schritt ich zum Professorenpult. Zum Pult der Spinne. Ich hatte es schon öfter beobachtet, wie es die anderen machten. Die Haare warf ich gekonnt nach hinten, die Brust raus und strich mit meiner Zunge wie in Zeitlupe an meiner Unterlippe entlang. Ich blieb vor ihm stehen und das erste Mal hatte ich das Gefühl, wahrgenommen zu werden. Doch ich täuschte mich. Nicht ich wurde wahrgenommen, sondern meine Maske. Die Maske, eine perfekte Illusion meiner selbst.

Auf einmal lief alles wie in einem Hollywoodfilm. Wenn man das auf der Leinwand betrachten würde, spielte es sich sicherlich in Zeitlupe ab. Alle 14-jährigen Mädchen würden in dem Moment ihre Popcorntüte zur Seite stellen und mit voller Erwartung und offenem Mund auf den Professor starren, der sich aus irgendeinem Grund die c Erlaubnis nahm, mich von unten nach oben zu mustern, um dann schlussendlich an einer Stelle zu verweilen. Das waren aber nicht meine Augen.

 

Phase 2

3 Uhr morgens. Stickige Luft. Partykeller. Ich will hier raus, doch meine Maske lebt von Momenten wie diesen. Zu viele Menschen, doch von Platzangst keine Spur. Es gehört dazu, es ist das Experiment, du willst doch maximale Authentizität…dann spüre ich die Maske wieder, wie sie sich immer weiter in mein so unschuldiges, prüdes Fleisch bohrt. Ich werde ganz anders wahrgenommen, besser gesagt, ich werde wahrgenommen. Es folgen Kommentare, dann Bewegungen und Andeutungen in dieser stürmischen Nacht, wie ich sie noch nie erlebt habe.

Die Maske hat mich mittlerweile fast komplett eingenommen. Wie ein Parasit hat sie sich in meinem Körper verbreitet. Ich muss mich nicht mehr verstellen, denn es fühlt sich an, wie gewollt. Es ist erschreckend, wie schnell man Teil des Netzes wird, wie schnell man ein Teil dieses riesigen Gewebes werden kann. Noch letzte Woche würde mich niemand von den Fliegen auf so eine Veranstaltung einladen, doch jetzt bin ich hier, mitten auf der größten Party des Jahres. Langsam fand ich Gefallen daran. Aufmerksamkeit ist ein sehr verlockendes Gut. Doch ich musste mich zusammenreißen, wieder in den Sinn rufen, dass es ein Experiment ist. Am erschreckendsten wahr wohl, dass ich zu zweifeln begann. Was, wenn es bei all den Fliegen genauso anfing? Was, wenn sie sich alle zuerst gegen das System verschwört haben, aber hineingezogen wurden? Was, wenn ich auch nicht mehr rauskomme? War ich nun auch eine von ihnen? Das konnte nicht sein, mich packte die Wut. Jetzt auf einmal sprang die Maske wie ein Eiswürfel aus seiner Form heraus. Ich wusste nun, was zu tun war.

Ich atmete tief aus und drückte auf die alte Klingel mit der Aufschrift „Eichmann“. Die Tür öffnete sich und vor mir stand ein groß gewachsener Mann, Ende 30, der mir bereitwillig die Tür offenhielt. Ich schüttelte seine Hand und betrat seine Wohnung. Die Decke war sehr hoch, doch die Wohnung war nur sehr spärlich eingerichtet. Auffallend waren die vielen Bilder an den Wänden von einem kleinen Mädchen. Während einer Diskussion über meine Arbeit legte ich meine Hand auf seine, beugte mich vor und strich mit meiner Oberlippe über sein Ohr. Ich nuschelte dann noch etwas wie: „Natürlich ist das trivial, ich werde es ausführen, Herr Dr. Eichmann“. Seine Reaktion war zuerst sehr abweisend, erst so, als ob nichts geschehen war. Doch in seinen Augen entdeckte ich mehr als nur die Begierde auf ein psychologisches Phänomen aus den Lehrbüchern. In diesem Moment verstand ich, dass es kein Zurück gibt. Ich musste mein Experiment fortführen, ich musste ihn verführen. Ich musste die Spinne mit ihren eigenen Waffen schlagen. Ich legte meinen Finger auf seine Lippen und erklärte ihm, dass dies niemand anders erfahren würde. Dass das eine Sache zwischen uns beiden wäre. Endlich konnte ich das anwenden, was ich in diesen Zeitschriften des Gewebes sah. All dies wirkte bei der Spinne, die das Netz leitete. Wie C eine Gebrauchsanleitung konnte ich die Schritte einfach abspulen und erreichte das gewünschte Ergebnis.

Ich habe den Spieß umgedreht. Nun hing Josef Eichmann in meinem Netz und ich war die Spinne, die ihn kontrollierte. Wir würden uns bei ihm treffen, um meine Bachelorarbeit zu besprechen. Doch er wusste nicht, dass er ein Teil eines größeren Experimentes war. Ich muss nur seine Schwachstelle finden, dann würde ich meinen Plan fortsetzen können.

So vergingen Tage, Wochen, Monate. Ich war gefangen in meinem eigenen Versuch. Der Versuch bildete sein eigenes Gewebe. Ich konnte nicht flüchten, doch ich fühlte mich hilflos. Ich hatte längst alles bewiesen, meinen Bachelor mit 1,2 abgeschlossen.

und wollte nur weg. Weg von diesem Ort und dem furchtbaren Experiment, welches ich dokumentieren würde, um die Fliegen in ihrem Kampf gegen das Gewebe zu unterstützen. Doch Josef…pardon, Herr Dr. Eichmann wollte mich nicht gehen lassen. Ganz im Gegenteil. Er war der Meinung, wir konnten ein gemeinsames Leben beginnen. Irgendwo abgeschieden, weit weg, wo uns niemand sieht oder kennt. Ein Ort, an dem seine Frau ihn nicht finden konnte.

Phase 3

Die Maske hatte sich entzündet und mein Fieber stieg stetig. Ich wusste nicht, wie ich sie aus der Haut bekommen konnte. Sie war irgendwo tief im Fleisch verankert, ich konnte an diese Stelle nicht rankommen. Ich versuchte oberflächlich zu kratzen, doch es gelang mir nicht. Mein ganzer Körper stand unter Strom. Depressionen. Emotionsausbrüche. Heulattacken. Was ich tat, war eine erzwungene Persönlichkeitsspaltung. Ich sollte wissen, dass dies auf Dauer niemals funktionieren konnte, doch meine Sucht nach diesem Experiment überwog zu diesem Zeitpunkt.

Als ich nun ein wiederholtes Mal Herr Dr. Eichmanns Wohnung betrat, konnte ich seinen Geruch schon erahnen. Doch diesmal nahm ich seinen Geruch als widerwärtig, aufdringlich wahr. Mein ganzer Körper sträubte sich innerlich dagegen. Die Maske versuchte krampfhaft aus dem Körper hinauszugleiten, doch sie blieb an den entzündeten Stellen hängen und es schmerzte noch einen Ticken mehr. Ich konnte es nicht länger durchhalten. Mir kamen die Tränen. Ich sah keinen anderen Lösungsweg. Es konnte nur diesen einen Weg geben, diese Maske loszuwerden. Ich betrat die Küche, in der Herr Dr. Eichmann stand. Ich strich ihm behutsam über den Rücken, entschuldigte mich und stach mit einem Küchenmesser in seinen Bauch. Nicht nur einmal, sondern erschreckend oft. Ich konnte meine ganze Wut auslassen. Ich konnte nun endlich das Gewebe verlassen, konnte frei sein, unabhängig. Meine Entzündungen lösten sich, mein Fieber verschwand. Mein Name ist Olivia, von den anderen werde ich nicht gesehen, denn ich passe nicht in ihr System.

Eva Schwecher

Kategorien
Vorfahrt für die Jugend

Verrückte Typen mit Taschen voller Bock

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Der Countdown läuft: Am kommenden Sonnabend, 12. Mai, steigt die dritte Auflage des Pegasus-Open-Air-Festivals. Headliner sind „Fuck Art, Let´s Dance!“. Auch wenn ihr derber Sprachgebrauch es nahelegt, die vier Hamburger Jungs beißen nicht. Im Gepäck haben sie deshalb ihren Post-Bedroom-Kellerwave, mit dem sie „ihrer Verachtung für Konventionen Ausdruck“ verleihen.

Wer mit diesem Begriff nichts anfangen kann, dem sei gesagt, dass „Fuck Art, Let´s Dance!“ in der Tradition der Independent-Musik stehen. Angetrieben von Schlagzeug und Bass geben melodiöse Gitarren und Keyboard den Ton an. Da drüber liegt die sanfte Stimme von Sänger Nico Cham. Mit dieser Formation will die Band erst sich selbst und dann das Publikum in Ekstase versetzen. Ihr Motto dabei: „Tanz, als ob die Welt dir zusieht und bereite dich auf ihren Untergang vor.“

Für weiteren musikalischen Stoff am neuen Festivalstandort – am Ziegelsee 1 in Mölln – sorgen die Bands „B104“, „The Gums“, „Enlaced By Tempest“, „Backbord“, „Monkeys on Moon“, die Lokalmatadore von „About Blank“ und die Songschreiberin „Smalltownsnitch“.

Mächtig Dampf unterm Kessel entfachen wollen „B104!“. Oder wie sie es ausdrücken, dem Publikum ihren „Pop-Punk gewaltig hinter die Ohren hauen“. Die fünf jungen Männer aus Rehna (Mecklenburg-Vorpommern) bezeichnen sich selbst als „verrückte Typen mit den Taschen voller Bock“.

The Gums“ aus Freiburg bewegen sich musikalisch zwischen der legendären Punkband „Ramones“ und dem Sound von Skate- und Pop-Formationen. Das heißt im Klartext: Die Jungs fabrizieren primitive Kompositionen für komplizierte Menschen.

Auf krachende Gitarren dürfen sich die Pegasus-Festival-Besucher beimAuftritt von „Enlaced By Tempest“ freuen. Die Lübecker haben sich dem Heavy Metal – der Musik von „Metallica“ und „Iron Maiden“ – verschrieben.

„Monkey´s on Moon“ kommen wie „Fuck Art, Let´s Dance“ aus Hamburg. Die sechsköpfige Truppe gibt es seit 2016. Ihr rockiger Sound hat ihnen diverse Auftritte und tausendfache Streams auf Spotify beschert.

Ordentlich zur Sache geht es bei „Backbord“. Die Texte des Lübecker Trios sind deutschsprachig. Ihre Musik ist ein Mix aus progressivem Rock und Elementen des Punk.

Zu „About Blank“ muss man eigentlich nicht mehr viel sagen. Die Möllner Band spielte schon 2016 und 2017 auf dem Festival. Für all jene, die es noch nicht mitbekommen haben: Can, Flo und Lenni lassen sich bei ihrer Musik von Pop, Grunge, Punk, Reggae, Blues und Rock inspirieren.

Sanftere Töne schlägt „Smalltownsnitch“ an. Die 20-jährige Sängerin aus Hamburg, die ihre Songs allesamt selbst schreibt, widmet sich aktuellen gesellschaftlichen und politischen Ereignissen.

Mehr Infos unter https://www.pegasus-open-air.de/ und bei Facebook unter https://www.facebook.com/pegasusopenair/ und https://www.facebook.com/events/2012037268812247/.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_video link=“https://www.youtube.com/watch?v=ILjGWNbmjxI“][/vc_column][/vc_row]

Kategorien
Vorfahrt für die Jugend

„Wollen der Live-Band-Kultur eine Bühne geben“

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Florian Klein und Max Lachetta sind Mitglieder des Jugendbeirates der Stiftung Herzogtum Lauenburg – der Kultur-Community. Das Gremium organisiert ehrenamtlich Konzerte, Poetry Slams und Lesungen für junge Leute. Ein seit 2016 wiederkehrender Höhepunkt im Veranstaltungskalender ist das Pegasus-Open-Air-Festival. Ein musikalisches Ereignis, bei dem mehrere Bands live unter freiem Himmel auftreten. Die dritte Auflage steht am 12. Mai auf dem Programm. Erstmals findet das Festival in unmittelbarer Nachbarschaft zur Möllner Jugendherberge, Am Ziegelsee 1, statt (Mehr zum Umzug unter https://kulturportal-herzogtum.de/2018/04/06/pegasus-open-air-festival-zieht-um/). Das Kulturportal sprach mit Florian und Max über ihre Motivation, Live-Musik im Jahr 2018 und den Arbeitsaufwand für ein Open-Air-Festival.

Kulturportal: Florian – Max – in diesem Jahr veranstaltet die Kultur-Community zum dritten Mal das Pegasus-Open-Air-Festival. Eine Veranstaltung, die alles andere als eine Kleinigkeit ist. Wie ist es dazu gekommen, dass ihr euch an so eine große Sache gewagt habt?

Florian Klein: Die Idee ist 2014 gereift, als wir die Kultur-Community gegründet haben. Als wir unsere Arbeit begannen, war die Frage: Was machen wir mit den Fördergeldern für Jugendkultur, die uns von der Stiftung Herzogtum Lauenburg zur Verfügung gestellt werden? Ein Mitglied der Community schlug vor, ein „Wacken“ in Mölln zu veranstalten. Zunächst wurde das verworfen. Wir wollten erst einmal darüber nachdenken, was Jugendkultur überhaupt für uns ist. Am Ende war es der Wunsch von vielen, ein Festival auf die Beine zu stellen.

KP: Pegasus-Open-Air-Festival. Ein ungewöhnlicher Name…

Florian: Name und Logo sind eine Hommage an das Kreiswappenpferd. Bei uns spannt der Pegasus die Flügel, um durchzustarten. Das Festival hat fliegen gelernt. Wir geben junger Musik die Chance, sich zu verbreiten.

KP: Stichwort Musik. Habt ihr euch so etwas wie Leitlinien gegeben, wie euer Festival aussehen soll?

Max Lachetta: Wir wollen die Jugendkultur beziehungsweise die jungen Musiker im Kreis fördern. Deshalb ist ein Großteil der Bands, die bei uns am Start sind, immer aus der Region.

Florian: Live-Musik wird ja gerne für tot erklärt. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dieser Art von Kultur eine Bühne zu geben. Zwar gibt es in Schleswig-Holstein und Umgebung einige große Festivals, aber der Kreis Herzogtum Lauenburg ist da eher ein weißer Fleck. Wir wollen aber auch ein politisches Statement geben – für Demokratie und gegen jede Form von Radikalismus.

Max: Bei uns ist jeder willkommen. Auch ältere Musikliebhaber. Ich betone das, weil wir festgestellt haben, dass das Format auch Familien und Junggebliebene anspricht.

Florian: Man merkt, dass Live-Formate wie Festivals oder Club-Konzerte weniger geworden sind.

Max: Auf den Kreis bezogen ist da kaum noch etwas. Ab und an gibt es in kleinerem Rahmen Konzerte.

KP: Das klingt dramatisch.

Florian: Früher waren bei der Rocknight im Jugendzentrum Taktlos in Mölln bis zu 300 Leute dabei. Da ist man aus dem Kreis hingepilgert. Heute ist man froh, wenn 30 Besucher kommen. Es gibt auch weniger Bands als früher.

Max: Damals haben auch andere Jugendzentren Rock-Night-Formate angeboten. Das Korona in Schwarzenbek macht jetzt stattdessen Sofaabende. Die Ausgehkultur hat sich in den letzten Jahren geändert. Diejenigen, die früher zu den Rock-Nights gegangen sind, leben heute in der Großstadt. Die jüngere Generation ist nicht so sehr auf Live-Musik aus und fährt lieber in den Club.

Florian: Vor ein paar Jahren gab es in der Region auch mehr Diskotheken. Heute ist es nur noch eine. Mit dem Pegasus-Open-Air-Festival stemmen wir uns gegen den Trend. Wir wollen zeigen: Hier ist was los. Auch abseits der Clubs und der großen Festivals kann es gute Live-Musik geben.

KP: So ein Festival zu organisieren, stelle ich mir alles andere als einfach vor. Insbesondere wenn man keinerlei Erfahrung mit solchen Veranstaltungen hat. Wie war das bei euch? Musstet ihr viel Lehrgeld zahlen?

Max: Beim ersten Mal herrschte nach drei Stunden Lebensmittelknappheit, weil alles, was wir an Verpflegung angeboten hatten, ausverkauft war.

Florian: Die Absperrung des Backstage-Bereichs war verbesserungswürdig.

Max: Das war ein kleiner Zaun, über den man klettern konnte.

Florian: Ein weiteres Problem waren die vielen Fremdgetränke. Heute haben unsere Ordner da einen Blick drauf. Ansonsten lief alles. Auch mit den Bands.

Max: Die Resonanz war gut – bei den Musikern und den Zuschauern. Das war Motivation für uns, weiter zu machen.

Florian: Wir waren wirklich überrascht, wie stark das Format angenommen wurde. Bei schönstem Wetter hatten sich 1.000 Leute im Möllner Kurpark versammelt.

KP: Wie viel Arbeit steckt ihr in die Organisation?

Florian: Erst einmal muss man sagen, dass wir das Glück haben, auf viele freiwillige Helfer bauen zu können. Die Stadtjugendpflege und Streetwork Mölln etwa stehen uns mit Rat, Tat und Geräten zur Seite. Zum Beispiel, wenn wir ein Auto brauchen, um die Technik zur Bühne zu bringen.

KP: Dennoch dürfte der Aufwand für euch groß genug sein – oder?

Florian: Pro Person kann man mit 200 Vorbereitungsstunden rechnen. Und je näher das Festival rückt, desto stressiger wird es.

Max: Ich habe mich in diesem Jahr zum Beispiel um die Angebote für die Bühne gekümmert. Auf dem Gelände an der Jugendherberge, wo das Pegasus-Festival in diesem Jahr erstmals stattfindet, gibt es ja – anders als im Kurpark – keine festverankerte Bühne. Das hat unheimlich viel Zeit in Anspruch genommen. Man kann nie richtig abschalten, weil einem ständig neue Ideen kommen. Täglich schreibt man zwei bis drei Mails.

Florian: Seit letztem Jahr machen wir auch ein Wochenendtreffen. Wir sitzen dann von Sonnabendmittag bis Sonntagabend zusammen und planen.

Max: Außerdem haben wir andere Jugendorganisationen wie den Jugendbeirat Mölln miteingespannt. Anregungen von außen kann man immer gut gebrauchen.

Florian: Zumal wir wegen des neuen Veranstaltungsgeländes vieles neu planen mussten. Max hat die Bühne gerade erwähnt. Ein anderes Thema sind die sanitären Anlagen.

KP: Kommen wir auf das Wesentliche des Festivals – die Musik – zu sprechen. Auf welche Bands dürfen sich die Pegasus-Besucher freuen?

Max: Unser absoluter Headliner ist „Fuck Art, let´s Dance!“. Eine Indie-Pop-Band, die überregional bekannt ist. Viele von uns haben sie schon auf anderen Festivals gesehen. Insgesamt sind acht Bands dabei, die Hälfte davon kommt aus der Region.

KP: Welche Musikstile sind neben Indie-Pop noch vertreten?

Max: Eine Metalband ist dabei.

Florian: Pop, Punk, Rock. Wir haben uns auf keine Richtung festgelegt. Die Bands verzichten übrigens auf einen Großteil der Gagen. Deshalb können wir das Pegasus-Open-Air-Festival auch umsonst und draußen anbieten.

KP: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg am 12. Mai!

Foto: kulturportal-herzogtum.de

[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_video link=“https://youtu.be/8mJIIIQ9vus“][/vc_column][/vc_row]

Kategorien
Vorfahrt für die Jugend

Pegasus-Open-Air-Festival zieht um

Das Pegasus-Open-Air-Festival erfreut sich großer Beliebtheit. Mehr als 1.000 Besucherinnen und Besucher lockte die Veranstaltung bei der Premiere 2016 und im Jahr darauf an. Mittlerweile ist auch die Musikszene auf das Ereignis aufmerksam geworden. „In diesem Jahr hatten wir mehr als 200 Bands, die sich für einen Auftritt beworben haben“, sagt Florian Klein, Mitglied der Kultur-Community. Angesichts solcher Zahlen träumen er und seine Mitstreiter davon, das Ein-Tages-Festival in ein Zwei-Tages-Festival zu verwandeln.

Die gute Nachricht: Die Voraussetzungen dafür sind schon mal gegeben. Das Pegasus-Open-Air-Festival findet in diesem Jahr erstmals am Ziegelsee 1, in Mölln, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Jugendherberge statt.

„Am Ziegelsee können wir uns individuell einrichten“ sagt Klein. Erstmals könne man ein professionelleres Equipment wie eine veränderbare Bühne auffahren. Das sei im Kurpark, Veranstaltungsort der ersten beiden Auflagen des Festivals, nicht möglich gewesen. Dort sei man, was die Größe, aber auch die Deckenlast anbelange, eingeschränkt gewesen.

Zudem habe das Publikum auf dem Gelände jetzt freie Sicht auf die Bühne. Auch sei eine Vergrößerung der Fläche dank des angrenzenden Bolzplatzes denkbar, zählt Klein weitere Vorzüge des neuen Standortes auf.

Das Pegasus-Open-Air-Festival steigt am Sonnabend, 12. Mai, mit acht Live-Acts. Los geht es ab 14 Uhr. Für die An- und Abreise hat die Kultur-Community einen Shuttleservice eingerichtet. Die Busse pendeln zwischen Bahnhof und Festivalgelände. Es kann sich also niemand verlaufen. Mehr Infos unter https://www.pegasus-open-air.de/ und bei Facebook unter https://www.facebook.com/pegasusopenair/ und https://www.facebook.com/events/2012037268812247/.

Kategorien
Vorfahrt für die Jugend

Im Bann der sprachbegabten Jugend

Im Saal ist es mucksmäuschenstill. Die Leute wollen wissen, wie die Geschichte ausgeht. Gebannt folgen sie der Stimme Gwendolin Fähsers, die die Erzählung vorträgt, als wäre sie selbst in das Badehaus des Benno Petersen geschlüpft. Benno Petersen, der an der Brutalität seines Vaters leidet, der sich freut, wenn Schläge unter Wasser erfolgen, weil sie dann gedämpft sind. Nachwuchsschriftstellerin Anneke Maurer hat diese Geschichte geschrieben. Sie ist – was die junge Frau in diesem Moment noch nicht weiß – in der Alterskategorie der Zwölf- bis 16-Jährigen die Gewinnerin des von der Stiftung Herzogtum Lauenburgs initiierten Wettbewerbs „Wanted: Junge Autor*inn*en“. Als Preis winken ihr ein hochwertiger Gutschein, die kostenlosen Teilnahme an einer Schreibwerkstatt und dieser Abend im Amtsrichterhaus Schwarzenbek, an dem die besten Texte von der Theaterpädagogin Fähser und Schauspieler Thomas Pohle dem Publikum vorgestellt werden.

Fähser nähert sich dem Ende der Geschichte. Benno Petersen liegt jetzt zusammengerollt auf den kalten Fliesen. Immer noch hängen die Zuhörer an den Lippen der Theaterpädagogin. Nach wie vor ist es mucksmäuschenstill im Saal. Ein Beleg auch für die Qualität des Textes. Andernfalls wäre es mit der Ruhe wohl längst vorbei.

Auch den nachfolgenden Erzählungen folgt das Publikum geradezu andächtig. Die Geschichten der sprachbegabten Jugend ziehen es in den Bann. Leni Nörenberg etwa, die in der Alterskategorie der Sechs- bis Elfjährigen gewonnen hat, zerrt die Zuhörer direkt in einen fürchterlichen Alptraum hinein. Bei Maria Schröder, die in der Alterskategorie der 17- bis 23-Jährigen die Nase vorn hat, startet das „Kopfkino“ – wie Vorleserin Fähser es ausdrückt. Ein Ehepaar besucht mit seinen Kindern die demente Oma. Mit flotten Dialogen gelingt es der Nachwuchsautorin ein mitreißendes familiäres Panorama zu entfalten.

Die Qualität der Siegergeschichten wie auch einiger anderer Wettbewerbsbeiträge sei erstaunlich gewesen, so das einmütige Urteil der Jury, der der Verleger Wolf-Rüdiger Osborn, die Journalistin Gabriele Heise, die Schulrätin Kathrin Thomas, der Redakteur Florian Grombein (Lübecker Nachrichten) sowie Jörg-Rüdiger Geschke, Vorstandsmitglied der Stiftung Herzogtum Lauenburg, angehören. Insgesamt musste das Gremium 50 Wettbewerbsbeiträge bewerten. Neben den drei Siegern erhalten Steffen Stiehler, Jana Burmeister, Lisbeth Riedel, Eva Schwecher, Anabel Puth und Dennis Tschernich eine Auszeichnung. Auch deren Texte bekommt das Publikum im nahezu vollbesetzten Amtsrichterhaus zu hören.

„Für das Schreiben brauchen Sie Talent und das haben Sie bewiesen“, hat Verleger Osburg die Nachwuchsschriftsteller zum Start in den Abend gelobt. Die Texte hätten die Jury „berührt“, „teilweise auch erschüttert“. Osburg macht aber auch klar, dass die Schriftstellerei nicht immer nur eitel Sonnenschein ist. „Das Schreiben ist harte Arbeit und die können Sie sich nicht ersparen.“

 

Kategorien
Vorfahrt für die Jugend

Badehaus

In den kommenden Wochen veröffentlicht die Stiftung Herzogtum Lauenburg die neun von der Jury ausgezeichneten Texte. Hier nun die Geschichte von Anneke Maurer, die in der Altersgruppe der Zwölf- bis 16-Jährigen die Nase vorn hatte.

Ich weine und versuche dabei, so viel Flüssigkeit aus meinem Körper zu pressen, dass ein Schwimmbad in unserem Haus entsteht.

Ich heiße Benno Petersen und sitze mit Schnorchel auf dem Toilettensitz, ich habe mich im Badezimmer eingeschlossen, aber das Schlüsselloch ist groß genug für jedes

Geräusch, es saugt die Luft vom Wohnzimmer auf, trägt jedes Wummern und Wimmern bis in meine Ohrmuschel.

Mein Gehirn ist selbst voller Wasser, eine Waschmaschine, alles wird herumgewirbelt, aber nichts sauberer, nur alles gerät durcheinander und am Ende sehe ich mich nur noch mit den Händen an den Ohren auf den kalten blauen Fliesen.

Petersen – klingt nach einer zufriedenen, stereotypischen Familie, Mutter — Vater — Kind, manchmal möchte ich herausschreien: WARUM SIEHT UNS KEINER? WARUM HELFT IHR UNS DENN NICHT?

Aber ich habe Angst davor, dass uns geholfen wird, weil ich fürchte, was danach geschieht.

Im Wasser ist die Welt viel leiser. Eine flüssige Luft, die dich umschließt und nur dich.

Und alles darum herum ist außen. Und blass.

Die Schläge sind gedämpft, die Schreie nur ein fernes Blubbern. Gedämpft, gedämpft, ein Schlag wie auf Fell und dann kann ich endlich die Hände von den Ohren nehmen und wenn Wasser in die Gehörgänge eindringt, erscheint alles nur noch ferner, und selbst wenn das Gehirn dabei zu schimmeln anfängt, ist das nicht schlimm.

Im Wasser ist die Welt viel leichter.

Die Hand, die ausholt, die auftrifft Haut auf Haut, das Wasser bremst Schwung, Schlag und Schmerz. Ein Akt der Zeitlupe in einem Haus voll H20.

Ich heiße Benno Petersen, aber ich wünschte, es wäre nicht so. Ich wünschte, ich wäre Leon Hagen oder Paul aus der C, jeder, nur nicht der Junge auf dem Toilettensitz, der sich einen Schnorchel in den Mund steckt, um sich selbst ans Atmen zu erinnern.

Ich wünsche mir, dass mein Vater ertrinkt in dem Schwimmbad aus meinen eigenen Tränen.

Durch den Wasservorhang vor meinen Augen erinnert der blaugekachelte Badezimmerboden beinahe an Schwimmbadfliesen und ich gebe mich der Illusion hin.

Die Linie des Gürtels, beinahe Anmut, beinahe Schönheit, wie sie im Wasser Schlangentänze zieht, diese unglaubliche Faszination des Harmlosen.

Irgendwann sind die Tränen dann wirklich eine Allergie, vom Chlor, und ich brauche mich in der Schule nicht wegen der roten Augen zu schämen vor Leons und Pauls, die doch alle zusammen keine, keine Ahnung haben.

Ich schwimme vorbei an meinem Bett, dem Kleiderschrank. In die Küche, durchs Wohnzimmer, es macht den Eindruck einer Erinnerung, bloß eine angehaltene Welt, denn nun ist alles vorbei, alles still, das ist bloß ein Schwimmbad.

Ich springe vom Badewannenrand. Mein Körper, wie er das Wasser zu beiden Seiten verdrängt, mein Geist meinen Vater und meine Mutter, die uns keine Hilfe holt.

Dann bin da nur ich, eine nackte Seele, aber das Gefühl vom Wasser auf der Haut ist viel zu befreiend, um mich der Nacktheit zu schämen.

Ich schlage auf. Dann schlage ich auf den kalten blauen Fliesen auf, die mich treffen, wie die Erkenntnis, dass zwischen meinem Vater und mir nur Sauerstoff liegt, der viel zu schnell verbraucht ist und dann liegt da nichts mehr, bis auf mich, auf den kalten Fliesen, zusammengerollt, in einer Pfütze aus Wasser und Salz und mit viel zu bunter Haut; nackt, zitternd, aber nicht vor Kälte.

Ich heiße Benno Petersen und ich muss weitaus mehr trinken, um ein Schwimmbad zu weinen.