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Vorfahrt für die Jugend

Wortakrobat Kühn bittet zum Wettstreit

Vorhang auf für den beliebten Poetry Slam: Das von der Kultur-Community initiierte Event steigt am kommenden Freitag, 10. Januar, in der Möllner Bogarts.Bar am Delvenauweg 4. Los geht es um 19.30 Uhr.

Das Publikum darf sich auf einen Wortwettstreit mit diversen Teilnehmern freuen. Die Moderation übernimmt Michel Kühn (Assemble Art), der selbst Poetry Slammer ist. Der Wettkampf startet mit einer Vorrunde, in der jeder Teilnehmer dem Publikum einen Beitrag präsentiert. Das Casten für das Finale überstehen in der Regel zwischen drei oder vier Kandidaten. Die Entscheidung, wer das Finale erreicht, trifft eine siebenköpfige Publikumsjury. Im Finale selbst sind dann alle Zuhörer an der Entscheidung beteiligt.

Moderator Kühn ist selbst ein Slammer. 2015 hatte er den Landesmeister-Titel inne. Seine Texte reichen von satirischen Sichtweisen auf die Gesellschaft über pointierte Kurzgedichte und -geschichten bis hin zu geowissenschaftlichen Annäherungen an das Thema Liebe.

Eine Kooperation zwischen der Stiftung Herzogtum Lauenburg und der Bogarts.Bar auf Initiative der Kultur-Community der Stiftung.

Reservierung ist möglich unter Tel. 04542-87000 oder per Mail unter info@stiftung-herzogtum.de.

Poetry Slam, 10. Januar, Bogarts.Bar, Delvenauweg 4, Mölln, 19.30 Uhr

Foto: Uwe Lehmann

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Vorfahrt für die Jugend

Die Sims 3 D

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Bereits im April wurden die besten Beiträge ausgezeichnet. Insgesamt sieben Preisträger gab es in den Alterskategorien der Sechs- bis Elfjährigen, der Zwölf- bis 16-Jährigen und der 17- bis 23-Jährigen. Die Gewinnertexte können Sie auf Kulturportal-Herzogtum.de lesen. Nach Magdalena Franz‘ Geschichte „Die alte Schreibmaschine“, Maya Fausts „Herbstzauber“, Zoe Schreblowskis „Helenas Reise nach Atenia“, Thies Paaps Prosatext „Das Eis“ und Anna Franziska Stielers „Gedanken zum Sterben“ folgt nun Jette Hübners Geschichte über „Die Sims 3 D“.

Die Sims 3 D

„Die Spielart ist dieselbe wie bei Sims 3“, erklärte mir Samuel. „Du erstellst einen Charakter und kannst ihn Aktionen ausführen lassen. Allerdings bist du sozusagen selbst der Charakter, weil …“ Ich unterbrach ihn: „Ich bin dann also richtig im Spiel?“ Samuel hob seine Hände ein wenig an. „Ich weiß, das ist cool.“ Ich blickte ihn an und zog eine Augenbraue hoch. Er grinste. „Also … ja, du bist dann im Spiel, aber du kannst immer wieder zurück.“ Er holte eine schwarz-weiße Brille hervor, die ein wenig so aussah wie diese Virtual-Reality-Brillen. „Solange das dann auch funktioniert“, zweifelte ich. „Das funktioniert schon“, sagte Samuel.

„Fangen wir an“, meinte er. Sogleich öffnete sich das Menü und wir erstellten meinen Charakter. Vorname: Aileen. Nachname: Lorcen. Alter: Teenager. Ich wandte mich an Samuel und fragte verwundert: „Muss ich noch jemanden dazu erstellen?“ Er sah mich mit einem besserwisserischen Blick an. „Nein, du musst nur dich erstellen, die Brille leitet deine Erinnerungen an das Spiel weiter. Sie erstellen dann die Personen aus deinem Leben als NSC und …“ Ich fiel ihm ins Wort: „NSC? Was ist das denn?“ Er blickte mich verständnislos an, schüttelte den Kopf und sagte dann: „Du lebst wirklich hinterm Mond, was Videospiele angeht, oder? NSC heißt NICHT SPIELER-CHARAKTER. Das sind Charaktere, die vom Spiel kommen, die du nicht spielen oder kontrollieren kannst, mit denen du allerdings interagieren must.“ „Zum Glück ist das gar nicht gruselig“, sagte ich ironisch.

„Dann kann es ja losgehen“, sagte Samuel, nachdem wir fertig waren. „Wir müssen die Brille aufsetzen und auf den roten Knopf drücken.“ „Und wie kommen wir wieder raus?“, fragte ich zögerlich. „Keine Ahnung, ich glaube, man denkt einfach, dass man wieder raus will“, antwortete Samuel. Er setzte die Brille auf, drückte auf den Knopf und war im nächsten Moment verschwunden. Ich blickte verstört auf die Brille, die zurückgeblieben war. Fassungslos starrte ich auf den Bildschirm. Da war unsere Stadt, und da war auch Samuel. Er winkte mir zu. Mir war mulmig, aber ich konnte ihn ja kaum alleine da drinnen lassen. Zögernd hob ich die Brille auf. Als ich auf den Knopf drückte, fühlte es sich so an, als ob Tausende Leute an mir zerrten. Auf einmal war es vorbei und ich stand vor Samuels Haus. Es war überhaupt nicht verpixelt und sah auch nicht animiert aus. Es war so real, als wäre ich gar nicht aus meinem Leben weg. Samuel sah selbst hier im Spiel sehr gut aus. Nachdem wir uns eine Zeit lang in der virtuellen Welt umgesehen hatten, sagte ich: „Okay, ich will zurück.“ Samuel nickte. „Drück einfach auf den Knopf hinter deinem Ohr“, sagte er. Das tat ich, aber es veränderte sich nichts. Samuel sah mich stirnrunzelnd an. Ich versuchte es noch mal, doch wieder nichts. Ich wurde panisch. Auch Samuel probierte es, aber auch er verschwand nicht. „Wir kommen nicht aus dem Spiel raus!“, schrie ich angsterfüllt. „Das ist nicht lustig, Samuel!“

Samuel wurde ganz blass. „Es tut mir leid“, sagte er stockend, „aber ich finde einen Weg, wie wir wieder rauskommen.“ Ich ließ mich auf den Boden sinken und heulte. Samuel hockte sich neben mich und nahm mich in den Arm. Wir waren im Spiel gefangen und kamen hier auch nicht weg! „Ich … ich glaube, ich möchte erst mal zu mir nach Hause“, stotterte ich. Samuel nickte. Ich wohnte in der realen Welt nur zwanzig Minuten von ihm entfernt. Auf einmal stand ich vor unserem Haus – natürlich war es nicht unser Haus, aber es wirkte total echt! Ich trat an die Eingangstür und stockte. Auf dem Klingelschild stand „Familie White“. Aber das konnte nicht sein: Als meine Eltern sich trennten, hatte meine Mum ihren Mädchennamen wieder angenommen. Deswegen sollte da eigentlich „Familie Lorcen“ stehen. Zögerlich klingelte ich. Meine Mutter öffnete. „Hallo, Schatz, was machst du denn schon hier?“, flötete sie. „Aber schön, dass du früher da bist. Da können wir zusammen essen, Papa kommt auch gleich.“ „Dad kommt nach Hause?“, murmelte ich. Meine Mutter musterte mich besorgt. „Ist alles in Ordnung mit dir, Mäuschen?“, fragte sie und streichelte mir sanft über die Wange. „Ich hab nur ein wenig Kopfschmerzen“, sagte ich und lief schnurstracks in mein Zimmer. „Schatz, kommst du essen“, rief meine Mutter nach einer Weile. Als ich im Türrahmen zum Esszimmer stand, stockte mir der Atem. Mein Dad saß am Tisch und lächelte mich an. Mir stiegen die Tränen in die Augen und ich blinzelte sie weg.

Auf einmal generierte das Spiel sich neu, meine Eltern verschwanden – und plötzlich stand da ich selbst, besser gesagt, ein Mädchen, das aussah wie ich. Sie hatte mir den Rücken zugekehrt. Ich musste mir die Hand vor den Mund halten, um nicht laut aufzuschreien. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Jetzt ist es aus!, dachte ich. Doch das Mädchen bemerkte mich nicht. Langsam schlich ich zur Hintertür und stahl mich raus in den Garten. Als ich die Tür sanft hinter mir schloss und mich umdrehte, erschrak ich.

Vor mir stand Samuel – mit einem fiesen Grinsen im Gesicht. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Auf einmal fasste er mit der Hand in meine Haare und zwang mich damit zu Boden. Sein Griff war fest, es tat höllisch weh. Wie sehr ich ihn in diesem Moment verteufelte! Das hier war genauso weit von dem normalen Sims-Spiel entfernt wie der Nordpol vom Südpol! „Du gehörst hier nicht her!“, schrie Samuel wutentbrannt. „Du störst den Code!“ Er holte mit der freien Hand aus. Ich machte mich auf den Schmerz gefasst, doch nichts geschah.  Der Junge löste sich in Einsen und Nullen auf.

Ich blickte entgeistert auf meinen Retter. Vor mir stand der echte Samuel und atmete heftig. Trotzdem krabbelte ich von ihm weg. „Ich tu dir nichts, das eben war ich nicht“, sagte er behutsam. Er zog mich hoch und nahm mich in die Arme. „Ich weiß“, sagte ich leise und ließ meinen Kopf an seine Schulter sinken. „Unsere virtuellen Ichs wollen uns ausschalten“, sagte Samuel. „Ich befürchte, das Spiel kann diese Charaktere immer wieder neu erstellen, weil es unmittelbaren Zugriff auf den Code hat.“ Ich sah ihn mit aufgerissenen Augen an. „Wenn ich mich in den Code hacken kann, dann könnte ich nicht nur die NSC beseitigen, sondern uns vielleicht auch aus dem Spiel rausholen.“ Er schaute mich aufmunternd an. Ich nickte nachdenklich.

Wir liefen zu Samuel nach Hause, seinem Zuhause im Spiel. Samuel setzte sich an den Rechner und tippte. „Ich bin wieder relativ zuversichtlich“, sagte er nach einer Weile. „Ich hab unsere bösen Doppelgänger erst mal lahmgelegt.“ Er fuhr sich über die Stirn. „Aber während ich versucht hab, das System zu hacken, hat es sich verändert, damit ich nicht reinkomme. Egal was ich gemacht habe, das System war kurze Zeit später dagegen immun.“ Das gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Weil ich nichts sagte, fügte Samuel hinzu: „Das bedeutet, dass das Programm eine KI ist, eine Künstliche Intelligenz. Wer auch immer dieses Spiel entwickelt hat, muss unglaublich schlau sein. So eine ausgereifte KI zu entwickeln dauert garantiert Jahre.“

Ich starrte ihn ungläubig an und war den Tränen nahe. „Es bedeutet, dass es sein kann, dass das Spielsystem die NSC wieder neu programmiert“, erklärte Samuel weiter. „Und danach sind sie garantiert nicht mehr so freundlich wie zuvor.“ Freundlich?, dachte ich. „Könnte es nicht doch eine Lücke im System geben, so eine Art Notausgang?“, fragte ich. „Und wo soll der sein?“, fragte Samuel zurück. Dann schaltete sich der Computer mit einem großen Knall ab.

Wir hockten noch eine ganze Weile stumm da. „Weinst du?“, fragte Samuel und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich schüttelte den Kopf und wischte mir die Tränen aus den Augen.

„Mit was könnte man sich hier rausbeamen?“, fragte ich, mehr mich selbst als Samuel. Ich bekam trotzdem eine Antwort, und sie brachte mich aus dem Konzept. „Kennst du den Film E.T., der Außerirdische?“ „Ja klar“, sagte ich. Samuel deutete auf das Telefon. „Nach Hause telefonieren“, sagte er. „Meinst du, das klappt?“, fragte ich skeptisch. „Wäre das nicht zu offensichtlich?“ Er zuckte mit den Schultern und nahm den Hörer ab. „Die Leitung ist tot“, stellte er enttäuscht fest. „Wir sind auch nicht in der echten Welt, die brauchen hier keine Telefone“, stellte ich fest.

Plötzlich hörten wir, wie unten die Eingangstür geöffnet wurde. „Shit“, flüsterte ich, „das war´s wohl, da kommen die NSC.“ Ich hielt den Atem an. Schritte tappten durch den Flur. Da fiel mein Blick auf Samuels Bücherregal. Ich kannte alle seine Bücher in- und auswendig. Aber da stand eines, das ich noch nie gesehen hatte. Ich zog es heraus. Auf dem Buchdeckel stand „Anleitung“ und darunter war das Sims-Logo abgebildet.

„Samuel, schau mal!“, flüsterte ich. Die Schritte waren jetzt auf der Treppe zu hören. Samuel hatte einen Stuhl unter die Türklinke geklemmt. „Was ist? Hast du was gefunden?“, fragte er. Als Antwort hielt ich ihm das Buch entgegen. Er nahm es in die Hand und öffnete es. Es war faszinierend, die Buchstaben im Buch verschwammen und wurden zu Zahlen. „Der Code“, sagte ich gedämpft. „Was?“, fragte Samuel. „Na siehst du das nicht? Das ist der Code des Spiels, der Lebenssaft des Systems sozusagen!“ Ich nahm ihm das Buch wieder ab. „Du klingst wie unser Informatiklehrer“, bemerkte Samuel. Ich ignorierte ihn. Jemand rüttelte heftig an der Türklinke.

„Wir müssen das Buch zerstören“, sagte ich hastig. „Was hast du gesagt?“, fragte Samuel mit ungläubigem Blick. „Und wie kommen wir dann wieder zurück?“ Draußen hämmerte es jetzt wild gegen die Tür. Ich blickte Samuel fest in die Augen. „Hör zu, wenn wir es nicht zerstören, kriegen es vielleicht noch andere in die Hände, und mit denen passiert dann das Gleiche.“ Samuel setzte an zu reden, brach dann aber ab. „Wir zerstören nur so viel, dass wir noch rauskönnen“, sagte ich. „Also alles bis auf die letzte Seite. Das ist das Ende unserer Geschichte.“ Der Stuhl vor der Tür fiel polternd um.

Auf einmal griff Samuel nach meiner Hand und steckte sie ins Buch. Wir wurden hineingesogen in einen Strudel aus Einsen und Nullen und landeten hart auf dem Fußboden – in Samuels Zimmer, in der wirklichen Welt.

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Vorfahrt für die Jugend

Plattbeats geht in die dritte Runde

Mit Eröffnungsveranstaltung „Platt twüschen Punk un Poetry“ am Sonnabend, 19. Oktober, im Roten Salon in der Pumpe in Kiel geht der plattdeutsche Songcontest Plattbeats bereits in seine dritte Runde. Den Beginn der diesjährigen Ausgabe dieser Erfolgsgeschichte feiern die Veranstalter vom Zentrum für Niederdeutsch in Holstein mit künstlerischen Gästen verschiedener Genres: Neben dem – nicht mehr nur – in der plattdeutschen Welt bekannten Pop-Duo „Die Tüdelband“ und dem Kieler Hip-Hopper und Plattbeats-Veteranen LPP 143, Joachim Südekum, wird u.a. auch der Poetry-Slammer Nikos Saul einen Auftritt haben. Damit will sich der Wettbewerb auch anderen Kunstformen gegenüber öffnen und ein noch breiteres Publikum ansprechen.

Anlässlich des 200. Geburtstags des großen niederdeutschen Dichters Klaus Groth haben sich einige der mitwirkenden Künstler mit dessen Werk beschäftigt und präsentieren nun die Ergebnisse. So hat LPP 143 aus Groths „Slacht bi Hemmingstedt“ einen Rap gemacht.

Auch bei dieser Ausgabe des Wettbewerbs sind Amateurmusiker zwischen 15 und 30 Jahren aus dem Norden mit dem Schwerpunkt auf Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern wieder aufgerufen, sich zu bewerben. Gute Plattdeutschkenntnisse sind dabei nicht erforderlich. Platt-Profis aus den Regionen und das Team von Plattbeats leisten Hilfestellung mit dem niederdeutschen Text. Bewerben kann man sich noch bis zum 25. März 2020 unter Plattbeats.de. Das Finale findet dann am 25. April nächsten Jahres im Hamburger Club „Logo“ statt. Zu gewinnen gibt es Instrumentengutscheine im Gesamtwert von 1.200 Euro.

Starke und kompetente Kooperationspartner unterstützen das Projekt auch in den anderen Bundesländern. Neben dem Projektträger, dem Zentrum für Niederdeutsch in Holstein, sind dies das Hamburger Ohnsorg-Theater und die Universität Greifswald für Mecklenburg-Vorpommern.

Plattbeats hat sich in seiner immer noch jungen Geschichte bereits als festes Aushängeschild der plattdeutschen Musikkultur in Norddeutschland etabliert. Die ersten beiden Ausgaben des Wettbewerbs wurden von Künstlern und Künstlerinnen aus den unterschiedlichsten Genres bestritten, die sich zu großen Teilen das allererste Mal mit der niederdeutschen Sprache auseinandergesetzt hatten. Die Teilnahme am Wettbewerb eröffnete dabei für Viele die Inspiration, sich auch künftig mit dem Thema Plattdeutsch auseinanderzusetzen.
 

„Platt twüschen Punk un Poetry“, Plattbeat-Eröffnungsevent, 19. Oktober, Roter Salon, Pumpe, Haßstraße 22, Kiel, 19 Uhr Eintritt frei.

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Das Eis

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Bereits im April wurden die besten Beiträge ausgezeichnet. Insgesamt sieben Preisträger gab es in den Alterskategorien der Sechs- bis Elfjährigen, der Zwölf- bis 16-Jährigen und der 17- bis 23-Jährigen. Die Gewinnertexte können Sie auf Kulturportal-Herzogtum.de lesen. Nach Magdalena Franz‘ Geschichte „Die alte Schreibmaschine“, Maya Fausts „Herbstzauber“ und Zoe Schreblowskis „Helenas Reise nach Atenia“ folgt nun der Prosatext „Das Eis“ von Thies Paap, mit dem er den Wettbewerb der Zwölf- bis 16-Jährigen für sich entschied.

Das Eis

Ich starre aus dem Fenster. Davor tobt ein Sturm, so stark das die Bäume brechen. Der Schnee in seinen Böen peitscht jeden aus, der dort draußen steht. Äste bersten unter seiner Last. Wieder ist die Scheibe von meinem Atem total beschlagen. Binnen Sekunden ist mein Hauch zu einer feinen und fragilen Eisschicht gefroren. Und mit jedem Hauch legt sich auch eine Schicht Eis auf meine Augen. Mit jeder Schicht verschwimmt die meine Sicht auf die Welt. Der Sturm vor meiner Scheibe wiegt sich in seinem eigenem Tackt und schwingt sich zu immer neuer Stärke und Wildheit auf. Seine Böen sind voll von Schnee und Eis, sie türmen sich immer weiter zu riesigen Wellen auf. Wie Projektile schlagen sie gegen die Scheibe. Sie bilden eine weitere Schicht du Eis, nur das ich sie nie brechen können werde. Die Scheibe ist nun so trüb vom Eis, dass ich davor nichts mehr erkennen kann. Auch über meine Augen legt sich schleichend eine Schicht Eis, von den Rändern kommt sie gekrochen bis sie alles bedeckt. Und plötzlich, von jetzt auf gleich, bin ich komplett blind, allein und kalt. Diese Kälte beginnt mich zu umschließen, und dann bin ich in ihr gefangen. Ich kämpfe dagegen an, Sekunde für Sekunde, Stunde um Stunde, Tag für Tag, von Woche zu Woche, Monat für Monat. Und dabei weiß ich das alles nichts nützt und ich spüre mit jeder Sekunde wie mein Geist immer weiter erlahmt. Nach einigen Monaten des Kampfes ist meine Kraft restlos aufgebraucht, und ich spiele schon mit dem Gedanken dem langsamen Tod der Kälte von mir ausgehend ein Ende zu machen. Aber dann stößt ganz plötzlich eine Nadel aus Eis in Mein Herz und ich werde Teil des Sturms. Als Eiskristall wirble ich nun hin und her und der Sturm wird immer stärker, wächst solange bis nur noch weiß zu sehen ist, löscht alle Lichter des Lebens.

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Vorfahrt für die Jugend

„Helenas Reise nach Atenia“

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Bereits im April wurden die besten Beiträge ausgezeichnet. Insgesamt sieben Preisträger gab es in den Alterskategorien der Sechs- bis Elfjährigen, der Zwölf- bis 16-Jährigen und der 17- bis 23-Jährigen. Die Gewinnertexte können Sie jetzt auf Kulturportal-Herzogtum.de lesen. Auf Magdalena Franz‘ Siegergeschichte „Die alte Schreibmaschine“ und Maya Fausts Gedicht „Herbstzauber“ folgt nun mit Zoe Schreblowskis Beitrag „Helenas Reise nach Atenia“. Sie ist die dritte und letzte Preisträgerin der Sechs-bis Elfjährigen.

„Helenas Reise nach Atenia“

In der Nacht wurde Helena von einem Geräusch geweckt. Es klopfte an der Tür ihres Krankenhauszimmers. Verschlafen rieb sie sich die Augen. Die Tür ging auf und herein kam eine große, bleiche Frau mit stechendem Blick. Helena wollte schreien, doch ihr Hals war wie zugeschnürt. „Hab keine Angst, ich tue dir nichts“, sagte die Frau. „Ich wurde aus Atenaria geschickt, dem Land der Freiheit.“ Helena sah sie zweifelnd an. Sie glaubte nicht an Zauberei und schon gar nicht an andere Welten, wo es angeblich Fabelwesen gab. Die Besucherin schien Helenas Gedanken gelesen zu haben, denn sie sagte: „Es ist normal, dass du nicht an Atenaria glaubst, denn es liegt weit weg. Noch nie war ein Mensch dort, aber das wird sich bald ändern.“

Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach: „Atenaria wird seit einiger Zeit von der bösen Königin Ramona angegriffen. Wir können sie nur besiegen, wenn wir ihr die Uhr der Zeit wegnehmen. Denn mit dieser Uhr kann sie die Zeit anhalten, wann immer sie will. Dann kann sich keiner mehr bewegen, außer ihr Menschen, denn ihr seid unabhängig von der Zeituhr, und Ramonas Wachen.“ Helena sah sie entgeistert an. „Und was bist du, wenn du kein Mensch bist?“, fragte sie. „Eine Fee“, erklärte die Frau. „Ich heiße übrigens Winigunda.“

Sie sah sich vorsichtig um, bevor sie weiterredete: „Unsere Königin Sarah hat entschieden, dass du nach Atenaria kommen sollst.“ Einen Moment war es still im Zimmer. „Wieso?“, brachte Helena schließlich hervor. Winigunda setzte sich auf Helenas Bettkante, so als ob sie sich schon ewig kannten. „Du musst wissen, dass deine Mutter eine Wächterin von Königin Sarah war, bevor sie Atenaria verlassen hat.“ „Aber was hat das mit mir zu tun?“, fragte Helena trotzig. Winigunda deutete auf ihre Kette und sagte: „Nur mit diesem Anhänger kann man nach Atenaria gelangen.“ Erst jetzt fiel Helena auf, dass an der Kette der Frau genau der gleiche auffällige Anhänger hing wie an ihrer eigenen. Er hatte die Form eines Halbmondes und war mit kleinen Steinen besetzt, die im Licht, das durch die Fenster fiel, funkelten. Helena hatte ihn von ihrer Mutter geschenkt bekommen, bevor sie gestorben war. Von da an hatte sie das Schmuckstück immer getragen. Helena schossen Tränen in die Augen. Schnell wischte sie sie weg. Winigunda strich ihr über den Kopf und sagte: „Sei nicht traurig, deiner Mutter geht es jetzt gut.“ Helena schluckte. Sie musste daran denken, dass ihre Mutter ihr früher oft Geschichten aus einer fernen Welt erzählt hatte. Sie hatte sich immer gefragt, woher ihre Mutter diese Geschichten alle kannte. Jetzt wusste sie, dass sie ihr von Atenaria erzählt hatte.

Winigunda fuhr fort: „Da in Atenaria keine Menschen geboren werden, hat niemand von euch so eine Kette – außer dir. Denn du hast die Kette ja von deiner toten Mutter geerbt. Sie war die einzige Fee, die in die Menschenwelt gegangen ist, um dort zu leben.“ Helena nickte. „Die Sache hat nur einen Haken.“ Winigunda klang jetzt unsicher. „Du musst sterben, damit du nach Atenaria kommen kannst.“ Nun war es heraus. Helena starrte sie an. Dann fing sie wieder an zu weinen. Winigunda versuchte, Helena zu trösten. „Sieh mal“, sagte sie, „in Atenaria ist es doch schön.“ Aber sie wusste selbst, dass das nicht überzeugend klang. Denn seit Ramona dort herrschte, war Atenaria ein einziges Schlachtfeld. Nach einer Weile wischte Helena sich mit dem Handrücken über die Augen. Im nächsten Moment fing sie wieder an zu schluchzen. Sie musste daran denken, wie traurig ihr Papa sein würde, wenn sie nicht mehr da wäre. Er war so verzweifelt gewesen, als ihre Mutter starb. Helena holte tief Luft. „Ich komme mit“, hörte sie sich sagen. Im nächsten Augenblick bereute sie ihre Entscheidung schon. Aber jetzt war es zu spät.

Auf einmal hatte sie Angst, unheimliche Angst. Sie fühlte, wie sie aus ihrem Körper hinausschlüpfen konnte. Es war ein komisches Gefühl, aber es ging. Sie verließ ihren Körper und überquerte eine unsichtbare Grenze. Auf einmal stand sie auf einem Weg. Winigunda war neben ihr. Die Sonne schien von einem blauen Himmel, die Luft war klar und roch salzig. Helena ließ ihren Blick schweifen. In einiger Entfernung erkannte sie einen See. Von dort her wehte eine kühle Brise. Weiter hinten erhob sich ein Hügel. Ganz oben stand ein Schloss, dahinter erstreckte sich ein Wald. Das Schloss war verziert mit Türmen und Fahnen, die im Wind wehten. Helena hatte es die Sprache verschlagen. Noch nie zuvor hatte sie etwas so Schönes gesehen.

Viel Zeit zum Staunen blieb ihr allerdings nicht, denn Winigunda drängte zum Aufbruch. „Komm“, sagte sie, „wir müssen schnell zum Schloss. Königin Sarah wartet schon auf dich.“ Bald erreichten sie die Schlossmauer. Winigunda klopfte an ein großes, hölzernes Tor. Es schwang von selbst auf und sie traten in eine große Halle ein. Von hier gingen mehrere Türen ab. Winigunda lief zielstrebig auf eine Tür zu und öffnete sie. Dahinter befand sich ein langer Korridor. Am Ende des Korridors klopfte Winigunda an eine weitere Tür, bevor sie eintrat.

Sie kamen in einen geräumigen Saal. In einem Kachelofen prasselte ein warmes Feuer. Vor dem Ofen saß eine Frau in einem langen, roten Gewand. Sie lächelte Helena an und sagte: „Ich habe mir schon gedacht, dass ihr bald kommen werdet.“ „Setzt euch“, sagte sie und deutete auf zwei Stühle. Die Königin musterte Helena aufmerksam. „Du kommst ganz nach deiner Mutter“, stellte sie fest. „Ein Jammer, dass sie weggegangen ist.“ Sie seufzte tief. Auf einmal kam eine mächtige Eule durch das offene Fenster geflogen und landete auf dem Tisch. „Das ist Nachtauge“, sagte Königin Sarah. „Sie soll dir gehören. Du wirst sehen, Eulen sind in vielen Dingen sehr nützlich.“ Sie schaute Nachtauge an, die ungeduldig von einem Bein aufs andere trippelte. Der Vogel hüpfte zu Sarah hinüber und ließ einen Brief in ihren Schoß fallen. Dann hopste die Eule zu Helena und sah sie mit ihren großen Augen an. Helena streckte ihre Hand aus und berührte vorsichtig ihr Gefieder.

Auf einmal stupste Helena jemand von der Seite an. Es war Winigunda. „Komm“, sagte sie, „ich zeige dir jetzt, wo du schläfst.“ Sie verabschiedeten sich von Sarah, und Winigunda führte sie in ein kleines Gemach. Helena hatte sich gerade aufs Bett gesetzt, als die Tür aufging und ein Mann hereingestürmt kam. „Ramona plant einen Angriff!“, japste er. „Wir treffen uns in der großen Halle. Alle müssen informiert werden.“ Und schon rannte er wieder hinaus. Helena hörte noch, wie er den Flur entlanglief und eine weitere Tür öffnete.

In der Halle war es laut. Helena entdeckte Sarah und kämpfte sich zu ihr durch. „Da bist du ja!“ Sarah klang erleichtert. „Hör gut zu, ich erkläre dir, was du machen musst. Ramona kommt von Westen. Wenn sie die Zeituhr umgedreht hat, werden wir alle erstarren. Du musst Ramona die Uhr wegnehmen und sie wieder umdrehen. Dann bringst du die Zeituhr ins Schloss.“ „Aber wie soll ich ihr die Zeituhr wegnehmen?“, fragte Helena. „Du wirst schon einen Weg finden“, erwiderte Sarah.

Auf einmal erstarrten alle um sie herum. Helena erschrak so sehr, dass sie nach hinten stolperte und mit Winigunda zusammenstieß, die einfach umfiel. Helena rannte zum Tor und öffnete es. Sie stockte. Vor ihr standen zwei riesige Gestalten, die sie fies angrinsten. „Soso, damit will Sarah Atenaria also retten!“, sagte die eine Wache und lachte. „Mit einem kleinen, hilflosen Mädchen!“ Die Wächter kamen drohend auf Helena zu. „Komm mit!“, befahl der eine. „Ramona wird sich freuen.“ Helena rührte sich nicht. „Du hast es nicht anders gewollt“, sagte der andere. Ein Netz fiel auf Helena herab. Im letzten Moment konnte sie sich wegducken. Doch da schoss schon das zweite Netz auf sie zu. Diesmal war Helena nicht schell genug. Das Netz schloss sich fest um sie.

Die beiden lachten, hoben Helena hoch und trugen sie zu einem großen Stein, der vor dem Schloss lag. Davor stand eine Frau. Das war bestimmt Ramona, vermutete Helena. Die Wachen ließen Helena vor ihr ins Gras fallen. „Wer ist das?“, fragte Ramona. „Majestät, das Mädchen kam aus dem Schloss und …“ „Aber wo ist Sarah?“, unterbrach sie den Wächter. „Majestät, sie ist noch im Schloss.“ „Dann holt sie!“, knirschte Ramona. Als die Wächter im Schloss verschwunden waren, wandte sie sich an Helena: „Was machst du hier?“ Helena antwortete nicht. Sie starrte gebannt auf die Uhr, die Ramona in der Hand hielt. „Na schön“, sagte Ramona. „Das hier ist die Uhr der Zeit. Wenn sie kaputtgeht, bleibt die Zeit für immer stehen. Sarah ist eine tapfere Frau. Aber das hilft ihr jetzt auch nicht weiter.“ Sie grinste böse und kam mit ihrem Gesicht ganz dicht an Helenas Gesicht heran. „Lass dir eines gesagt sein“, flüsterte Ramona, „es gibt kein Gut oder Böse, es gibt nur die Macht.“

Sie holte weit aus und schleuderte die Uhr der Zeit in hohem Bogen weg. Helena blieb fast das Herz stehen. Sie sah, wie die Uhr immer tiefer fiel. Auf einmal ertönte ein lauter Schrei. Nachtauge kam im Sturzflug angebraust. Gerade noch rechtzeitig umfassten ihre Krallen die Uhr. Helena konnte ihre Augen nicht von Nachtauge wenden, die nun zu ihr geflogen kam. Die Eule packte ihr Netz und hob Helena hoch. Immer höher und höher flogen sie, bis sie schließlich auf einer Außenplattform des Schlosses landeten. Nachtauge gab ihr die Uhr und Helena drehte sie schnell um.

Ungläubig starrte Helena auf den Tisch. Vor ihr standen Schüsseln mit Suppe, Teller mit Fleisch und Kuchen, und da lag auch die Uhr der Zeit. Helena konnte immer noch nicht glauben, dass sie Ramona wirklich besiegt hatten. Sie saß neben Sarah und Winigunda. Beide sahen äußerst zufrieden aus. „Sarah, kann ich dich mal was fragen?“, begann Helena. „Was denn?“, fragte die Königin. „Warum konnte sich Nachtauge eigentlich auch bewegen?“, wollte Helena wissen. „Das kann ich …“

Plötzlich schreckte Helena aus ihrem Traum hoch. Mit zitternder Hand tastete sie nach dem Knopf ihrer Nachttischlampe. Das Licht ging an. Alles war wie vorher. Erleichtert atmete sie auf und ließ sich in die Kissen zurückfallen. Morgen würde ihr Vater sie aus dem Krankenhaus abholen. Da fiel ihr Blick auf den Nachttisch. Dort lag eine Kette mit einem Anhänger. Er hatte die Form eines Halbmonds und war mit Steinen besetzt, die im Licht funkelten.

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Herbstzauber

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Bereits im April wurden die besten Beiträge ausgezeichnet. Insgesamt sieben Preisträger gab es in den Alterskategorien der Sechs- bis Elfjährigen, der Zwölf- bis 16-Jährigen und der 17- bis 23-Jährigen. Die Gewinnertexte können Sie in den kommenden Wochen auf Kulturportal-Herzogtum.de lesen. Auf Magdalena Franz‘ Siegergeschichte „Die alte Schreibmaschine“ folgt nun das Gedicht „Herbstzauber“, das die zwölfjährige Maya Faust verfasst hat.

Herbstzauber

Wie klingt der Herbst?

Der Igel raschelt durch das Laub,

vorbei ist der Sommer und sein Staub.

Der Regen tröpfelt auf die Erde,

im feuchten Morgennebel sieht man noch die Pferde.

Die Kinder kreischen laut und hell

in jedem schnellen Karussell.

Draußen sieht man Kinder durch das Laub rennen,

drinnen das knisternde Kaminholz brennen.

Der Wind heult um die Ecken,

das Wasser platscht aus dem Becken.

Wie riecht der Herbst?

Frische Mutzen riechen lecker,

auf dem Herbstmarkt gibt es viele solcher Bäcker.

Der Geruch von Bratapfel liegt in der Luft,

was ist das nur für ein herrlicher Duft.

Drinnen qualmt der warme Tee

Und draußen fliegt eine kleine Fee.

Wie fühlt sich der Herbst an?

An den Küsten weht ein starker Wind,

Kinder lassen Drachen steigen ganz geschwind.

Morgens sind die Hände oft schon kalt,

kommt der Winter etwa bald?

Wie schmeckt der Herbst?

Im Sommer schmeckt die Brauselimonade

und im Herbst die heiße Schokolade.

Maya Faust

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Die alte Schreibmaschine

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Bereits im April wurden die besten Beiträge ausgezeichnet. Insgesamt sieben Preisträger gab es in den Alterskategorien der Sechs- bis Elfjährigen, der Zwölf- bis 16-Jährigen und der 17- bis 23-Jährigen. Die Gewinnertexte können Sie in den kommenden Wochen auf Kulturportal-Herzogtum.de lesen. Den Anfang macht Magdalena Franz‘ Geschichte „Die alte Schreibmaschine“, für die die zehnjährige Ratzeburgerin in ihrer Altersgruppe den ersten Preis erhielt.

Die alte Schreibmaschine

Mimi saß mit ihren Freundinnen in ihrem Lager. Sie redeten über Bücher von berühmten Autoren. Plötzlich hatte Klara eine Idee. „Wir könnten doch selbst Bücher schreiben!“ Alle waren begeistert bis auf Mimi.

„Uns fehlt es an praktischer Erfahrung im Schreiben“, meinte sie.

„Dann zieh dich doch zurück, damit du Erfahrung sammeln kannst, du Schreibchampion!“ scherzte Marie.

„Gute Idee, ich miete mir gleich ein Haus auf dem Land.“

Sobald sie zu Hause war, telefonierte sie: „Hallo, hier ist Mimi Strauß. Wer ist denn da?“

„Vermietung Landei, schönen guten Tag. Ich vermiete ein Haus an sie“, flötete es aus dem Telefon. Da klingelte es an der Tür. Mimi machte auf, doch niemand war da, nur ein schmaler Umschlag und ein Schlüssel. Verwundert überlegte Mimi: „Hm, wahrscheinlich für das Haus. Aber ich hätte mich gern noch bedankt. Ach, was soll`s, umso schneller bin ich da.“

Schnell packte sie ihre Sachen und radelte los. Nach ungefähr fünf Kilometern erreichte sie ihr Ziel. „Puh, war das anstrengend.“ Vor dem Haus befand sich eine rostige Schaukel und ein Schaukelstuhl. „Die Einrichtung ist schön. Gut so.“

Auf einem alten Tisch stand ein grauer Computer. Mimi machte sich einen Kakao und fing an zu schreiben. ‚Es war eine düstere und stürmische Nacht‘ … Äh, nein. Das ist ein reichlich abgedroschener Anfang. Vielleicht so: ‚Die schweren Schritte der finsteren Gestalten hallten durch die Nacht.‘ Ach nee, das ist auch nicht gerade neu. ‚Blitze zuckten und hüllten den Tatort in gespenstisches Licht…‘ Schön und gut! Aber wie geht es dann weiter?

Zwei Stunden später saß Mimi immer noch mit leerem Bildschirm am Tisch. „Also gut, dann schaue ich mir eben das Haus. Was ist das denn?“

Sie ging auf einen großen geheimnisvollen Schrank zu. An seinen Türen gab es viele Muster, die aussahen wie geflochtene Ranken. Mimi öffnete ihn und rief überrascht: „Oh, eine schöne alte Schreibmaschine!“ Stöhnend hob sie die schwere, staubige Schreibmaschine auf den Tisch. „Ob die noch funktioniert?“

Plötzlich erschienen Wörter auf dem Blatt die sie gar nicht geschrieben hatte.
„NATÜRLICH FUNKTIONIERE ICH NOCH!“ 

Da sagte Mimi: „Huch, was war das? Oje, jetzt schreibt sie schon weiter.“ Sie beobachtete verwundert, wie auf dem Papier wie von Geisterhand Buchstaben geschrieben wurden. Die Tasten bewegten sich, als würde jemand darauf drücken. Doch niemand war zu sehen. Schnell stellte Mimi die Maschine auf den Tisch.
„ICH KANN DIR WEITERHELFEN. WAS HÄLTST DU DAVON? Klara und Marie saßen auf einer Brücke, als diese plötzlich zu wanken begann…“

Das ist doch Quatsch, oder doch nicht? Ich rufe sie mal an. Mist, sie sind nicht zu erreichen. Dann fahre ich halt zu ihnen“, sagte sie.

Mimi fuhr zur einzigen baufälligen Brücke der Stadt. Davor saßen Klara und Marie und machten ein Picknick. Auf einem Schild stand: Betreten verboten, baufällig. „Seid ihr auf die Brücke gegangen?“, keuchte Mimi.

„Nein, wir können ja das Schild lesen.“

Zurück im Haus rief Mimi: „Du hast mir einen Streich gespielt!“ 
„HIHI, TUT MIR LEID. ABER JETZT: Klara verfuhr sich im Wald. Dort stand ein Schild, auf dem stand: Villa Grabstein.

Mimi lachte: „Das Märchen der alten Witwe kenne ich doch längst.“ 

In diesem Moment klingelte das Telefon. „Wer mag das sein?“ wunderte sich Mimi. „Hier ist Mimi Strauß.“

„Hallo, hier ist Klara. Ich habe mich verfahren. Könntest du mir helfen? Hier ist nur ein Schild, da steht Villa Grabstein.“

„Um Himmels Willen, rühr dich nicht vom Fleck. Ich komme sofort.“

Schnell lief sie zum Fahrrad und stieg auf. Da Mimi wusste, wo das Schild der Villa stand, war Lara schnell gefunden. Das alte Eisentor war mit Figuren verziert, die geheimnisvoll aussahen. Bei diesem Anblick lief Mimi und Klara ein kalter Schauer über den Rücken. Ängstlich und trotzdem neugierig gingen sie auf die Villa zu.

„Hier ist es ganz schön gruselig“, sagte Mimi.

Klara sagte: „Komm, wir wir gehen lieber schnell weg.“ 

Als Mimi zum Haus fuhr, dachte sie über die Ereignisse der letzten Stunden nach. Angekommen, rief sie zur Schreibmaschine: „Du hast mir schon wieder einen Streich gespielt!“

„HAT ES DIR ETWA KEINEN SPAß GEMACHT?“

„Nein, hat es nicht. Ich hatte Angst. Ich fahre lieber nach Hause, ich brauche keine verrückte Schreibmaschine die alleine schreiben kann.“

Verärgert verließ sie das Haus. Später erzählte sie alles ihren Freundinnen Klara und Marie. Klara meinte: „Darüber könnten wir eine gute Geschichte schreiben.“

Nach langer Arbeit und viel Spaß schickten die drei ihre Geschichte an einen Schreibwettbewerb. Nach ein paar Tagen bekamen sie die Nachricht, dass sie gewonnen hatten.

„Siehst du, deine Erfahrungen mit der verrückten Schreibmaschine haben sich wirklich gelohnt.“

Magdalena Franz

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Vorfahrt für die Jugend

Welcome to the Show!

Helmut Hoffmanns Krücken spielen in der Show keine Rolle. Die Regie von „Beat’n’Dance“ macht sie für das Publikum im Schwarzenbeker Rathaus nahezu unsichtbar. Als sein erster Auftritt naht, wird es dunkel auf der Bühne. Dinge werden hin- und hergerückt, Requisiten platziert. Aus dem Halbdunkel zeichnet sich jemand ab, der sich mit Schwung abdrückt und plötzlich von einem Hocker aus auf den Saal blickt.

„Weil du dir meistens nicht gefällst“, singt Helmut*. Seinen ersten Auftritt an diesem Abend hat er mit „Alles Gute“ von Faber. Er singt kraftvoll, selbstvergessen – insbesondere wenn er in den Refrain hineingeht. Fabers Lied über das Alleinsein und die positive Haltung, die der Schweizer daraus zieht, sie sind auf Helmut übergegangen. Dazu kommt die Band – Gitarre, Bass, Schlagzeug –, die das Stück mit sehr viel Druck spielt. Die Melancholie aus den ersten Proben ist verflogen.

Apropos Band: Das, was Tim Seifert (Gitarre, Piano und Keyboard) mit seinen Kollegen bei dieser verrückten Fahrt durch den Pop mit mehr als 20 Songs anstellen, ist in Sachen Handwerk und Soundarbeit beeindruckend. Spielend leicht scheinen sie sich durch die Genres zu manövrieren. Metal? Swing? Folk? Alles kein Problem.

Die Band folgt der Bandbreite der Sänger, die bei „Beat and Dance“ vertreten sind. Da ist die begabte Wieny Shao, die Beyoncés „A Woman like me“ singt. Oder Elli Ni, die ihr Talent bei Stücken wie „You“ oder bei „Smooth sailing“ – im Duett mit Jannes – beweist („Smooth sailing“ ist ein Stück der Hard-Rock-Band „Queens of the Stone Age“). Und dann ist da Coralie Hungers Bowie-Cover von „Life on Mars“, Nick Caves Ballade „Where the wild roses grow“ – gesungen von Toyah Wagner und Ty – und, und, und.

Und weil „Beat’n’Dance“ unter dem Motto „It´s me or fantasy“ zehnten Geburtstag feiert, dürfen die Chefs auch noch ran: KulturSommer-Intendant Frank Düwel singt „As time goes by“ und Produktionsleiter Norbert Lütjens spielt dazu den Bass – welcome to the Show! Zu der gehören außerdem die G-Breaker, die einen akrobatischen Breakdance aufs Parkett legen und die leichtfüßigen Frauen von der Tanzwerkstatt Schwarzenbek.

Doch zurück nochmal zu Helmut: So kraftvoll sein „Alles Gute“, so leichtgängig, leichthändig und leichtfüßig die gesamte Veranstaltung über die Bühne geht, bleibt es ihm vorbehalten, mit seinem poetischen Text „Die Relativität des Seins“ ein wenig Sand ins Getriebe zu streuen. Wer bin ich? Bin ich überhaupt? Und wenn ja wie viele? Um diese Fragen kreist das Gedicht und sorgt beim applaudierfreudigen Publikum vorübergehend für nachdenkliche Stille.

Helge Berlinke

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Vorfahrt für die Jugend

Was wird aus Helmut?

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So schnell geht das – ein falscher Stunt mit dem Skateboard und schon steht die nahe Zukunft in den Sternen. Helmut hat kurz vor seinem großen Auftritt bei „Beat and Dance“ eine Bruchlandung hingelegt. Nachdem der Doc seinen Knöchel begutachtet hat, war klar: Ohne OP wird das nichts.

Immerhin: Die Operation hat er mittlerweile hinter sich und alle Kolleginnen und Kollegen – und bestimmt auch Faber – haben ihm „Alles Gute“ gewünscht. Stellt sich mit Blick „Beat and Dance“ nur die Frage: Was wird aus Helmut? Kann er am 30. Juni im Rathaus Schwarzenbek dabei sein?

Kann er. „Die OP ist gut verlaufen“, sagt Helmut auf Nachfrage von Kulturportal-Herzogtum.de. Er benötige zwar eine Gehhilfe, er sei aber dabei. Helmuts Kreativität hat ohnehin nicht gelitten. Zur Einstimmung auf „Beat and Dance“ findet ihr hier eine kleine Hörprobe und seinen Text „Die Relativität des Seins“.

Die Relativität des Seins

Meine Erscheinung hier/ ist eine Maskerade./ Denn es kommt mir so vor,

als ob ich in Sachen Texte schreiben/ `ne Maske trage/ und mich so zeige,/ wie ich das gerade – will…/ Aber eigentlich ist in mir alles still.

Kein Gefühl für Realität./ Mein Körper/ sind alle nihilistischen Werte/ vereint in einem Gefäß.

Meine Welt dreht sich im Kreis,/ so wie dieser Planet/ und ich weiß noch immer nicht,/ wohin die Reise mich trägt.

Ein immer verzweigterer Weg/ schlängelt sich durch die Leere/ von Raum und Zeit./ Wie das Geäst eines Baums im Wald.

Er scheint taub und kalt./ Ob sich im Inneren Leben abspielt,/ oder nur/ ein biochemisches Machtspiel,/ ist kaum zu begreifen.

Ein Geflecht aus tausenden Teilen,/ das sich tausendfach teilt

und tausendfach teilt/ und schließlich/ tausendmal bricht.

Und was bin ich?/ Schrägstrich,/ was ist dieses Ich?/ Ein Gefühl? Eine Form?/ Eine Tracht? Ein Gesicht?

Oder nichts?/ Von dem./ Weil von dem alles nichts/ eins zu eins gleich bleibt/ im Wandel der Zeit./ Alles entsteht, alles bricht.

Nur ein Buchstabe macht/ aus dem Wichtig ein Nichtig/ Deshalb richtete ich mich/ nach Sicherheit,/ doch mit der Zeit – sah ich ein,/ dass Sicherheit/ auch nur ein Begriff ist!

Etwas, was man im Inneren fühlt./ Und sowas ist wechselhaft, wie das Wetter./ Doch wenn man‘s schafft, das zu ändern,/ wird man zum Bändiger seiner Selbst.

Und aus diesem Grund/ möchte ich mich verbessern.

Denn einerseits ist alles leer,/ doch andrerseits so unbeschwert!/ Die Einsamkeit ist Ruhe, der/ Riss im Herzen, sticht nicht mehr,

denn er ist zu, wenn man erkennt,/ dass was man denkt- eigentlich nur,

ein Trugbild ist und gar nicht echt./ Um zu verschleiern, was hintersteckt.

Nämlich Fragen,/ für die es keine Antwort gibt/ (,die uns nicht/ mit Angst umgibt).

Helmut Hofmann

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Vorfahrt für die Jugend

„Lieder halfen mir, als es mir nicht so gut ging“

Am 30. Juni betritt Helmut im Rahmen von „Beat and Dance“ die Bühne im Schwarzenbeker Rathaus. Als Song hat er sich „Alles Gute“ von der Schweizer Band „Faber“ ausgesucht. Zuletzt hat Kulturportal-Herzogtum.de darüber berichtet, wie es mit seiner Performance vorangeht. Heute sprechen wir mit ihm in einem Kurz-Interview über Faber.

Kulturportal-Herzogtum.de: Helmut, wie entdeckst du neue Musik für dich – und wie bist du eigentlich zu Faber gekommen?

Helmut: Manchmal geben mir Freunde einen Tipp. Oft komme ich auch über Spotify an neue Musik. Faber habe ich allerdings entdeckt, als ich in Hamburg für „U-Need“* als Roadie gearbeitet habe. Wenn man für eine Band aufbaut, hört man auch immer viel von deren Musik. Text und Stimme von Faber haben mich berührt.

KP: Was genau hat dich angesprochen?

Helmut: Dass die Stücke so harmonisch sind. Die Texte, die Stimme. Cool fand ich auch die folkloristischen Elemente. Außerdem gefiel mir, dass er Posaunen dabeihat. Das hat ja nicht jede Band!

KP: Und die Texte? Was ist an denen dran?

Helmut: Die Texte sind alle melancholisch angehaucht. Davon fühlte ich mich schon immer angezogen. Trotzdem haben sie oft eine positive Botschaft. Ein paar von Fabers Liedern haben mich durch eine Zeit gebracht, als es mir nicht so gut ging.

KP: Bei „Beat and Dance“ singst du „Alles Gute“. Ich zitiere hier mal die erste Strophe: „Weil du dir meistens nicht gefällst/ Und du tanzt wie ein Pferd/ Und du nur daneben stehst/ Und dir oft überlegst, wie du gern wärst oder wer/ Und wenn du merkst, dass dich niemand versteht/ Und wenn du meinst, dass wenn du weinst und du flehst/
Sich niemand umdreht…“** – für mich klingt das eher desillusionierend als positiv…

Helmut:  Ich sehe das anders. Wenn du dir den weiteren Text anguckst, sagt Faber, dass es schon Ok ist, allein zu sein, dass man mit sich selbst glücklich sein kann. Ich finde, da liegt nichts Selbstzerstörerisches drin. Ein gutes Beispiel ist für mich diese Textstelle in der letzten Strophe: „Manche meinen, es sei traurig. Du sagst zurecht: „Schau dich doch mal um; zeig mir einen, dem es besser geht als mir.““ Für mich ermöglicht der Text, die Dinge anders zu sehen. Faber stellt fest, dass man sich selbst am nächsten ist.

KP: Helmut, ich danke für das Gespräch.

*U-Need ist eine Hamburger Personalvermittlungsfirma.

**Wer den Titel „Alles Gute“ von Faber noch nicht kennt, findet auf youtube.com ein Musikvideo des Stücks.

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/04/21/helmut-beat-and-dance-kultursommer-2019/