Hier sind Sie richtig! Am Montag, 27. April, wird unter diesem Link der Kulturtalk der Stiftung Herzogtum Lauenburg aus dem Stadthauptmannshof übertragen. Zu Gast sind Christine Gerberding, Redaktionsleiterin des NDR-Kulturjournals, Astrid Schwabe, Juniorprofessorin für Public History und historisches Lernen im Sachunterricht an der Europa-Universität Flensburg, und der Hamburger Kunsthistoriker Eberhard Stosch, der den erkrankten Dr. Stefan Vöhringer vertritt. Die Moderation übernimmt Jörg Geschke.
Seit 2007 organisiert und inszeniert Intendant Frank Düwel für die Stiftung Herzogtum Lauenburg den KulturSommer am Kanal. Er kann dabei auf eine echte Erfolgsgeschichte zurückblicken. Die Zahl der Besucher ist stetig gestiegen und geht mittlerweile in die Zehntausende. Parallel dazu sind künstlerische Qualität und die Anzahl der Veranstaltungen kontinuierlich nach oben gegangen. Längst hat der KulturSommer am Kanal mit seinen in die Landschaften eingebetteten Konzerten, Kunstperformances und (Musik-)Theateraufführungen einen Ruf erarbeitet, der weit über die Region hinausreicht.
Dieses Jahr wollte Düwel noch „einen“ draufsetzen. Mit Managerin Farina Klose, die seit einem Dreivierteljahr Hand in Hand mit ihm arbeitet, waren neue außergewöhnliche Veranstaltungsformate geplant. Die Corona-Pandemie hat nun vieles davon über den Haufen geworfen. Darüber – und wie der KulturSommer am Kanal stattdessen aussehen wird – sprach mit ihm Kulturportal-Herzogtum.de.
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Der KulturSommer am Kanal steigt 2020 „In den Wolken“. Statt in den Landschaften wird ein Teil des Festivals der Stiftung Herzogtum Lauenburg in der Cloud spielen.
„Wegen der Corona-Krise verwandeln wir unsere Homepage Kultursommer-am-Kanal.de in eine digitale Veranstaltungsplattform“, so Intendant Frank Düwel über das von ihm und Managerin Farina Klose kurzfristig umgeplante Programm. Auf Kultursommer-am-Kanal.de erwartet die Besucherinnen und Besucher jeden Tag ein Kulturereignis. Dazu gehören Auftritte vom Opern-Lieferservice Operando oder von Märchenerzählerin Anna Malten.
Düwels Botschaft dahinter ist klar und unmissverständlich: Es gibt einen KulturSommer am Kanal und er läuft wie geplant vom 7. Juni bis 6. Juli. Neben den vielen Events, in denen sich die Künstler, Musiker und Schauspieler aus der Region „In den Wolken“ präsentieren, haben der Intendant und sein Veranstaltungsteam auch einige Open Air-Veranstaltungen einfallen lassen. Dazu gehören die „Kunst am Wegesrand“ und die eigens für den KulturSommer kreierten „Soundwalks“. „Bei diesen Formaten können die Leute einzeln unterwegs sein“, so Düwel. Sie sind damit sozusagen „coronatauglich“.
Darüber hinaus möchte der Intendant den Elbe-Lübeck-Kanal in den Fokus der digitalen Kunst- und Kulturwelt rücken. Dafür wünscht er sich Beiträge von Schleusenwärtern, Schiffern und Spaziergängern, die in Wort, Bild und Film ihre ganz eigene Geschichte von der altehrwürdigen Wasserstraße erzählen.
Im Blick behalten will Düwel, wie sich die Gefahrenlage und damit die Auflagen zum Schutz gegen das Virus entwickeln. Sollten hier weitere Lockerungen folgen, kann sich der Intendant auch die Veranstaltung kleinerer Konzerte und sogar eine abgespeckte Fassung von Beat´n´Dance im Spätsommer vorstellen. Klar ist, dass das für die Eröffnung geplante Fahrradstationstheater in Büchen entfällt. Dafür wird die Gemeinde am 7. Juni unter anderem im Online-Programm in den Fokus gerückt.
Offen ist derzeit noch, wie es mit dem Kanu-Wander-Theater weitergeht. Auf dem Plan stünde eigentlich die Aufführung von Shakespeares „Was ihr wollt“. Definitiv nicht zu halten, sind die Ursprungstermine für die Aufführungen (12. und 13. Juni). Düwel hält sowohl eine Verschiebung in den Herbst als auch ins nächste Jahr für möglich.
Auch das Programm für den Nachwuchs kann nicht wie gewohnt stattfinden. Stattdessen bietet das KulturSommer-Team diverse Mitmach-Workshops an. Diese und alle weiteren Programmpunkte werden auf Kultursommer-am-Kanal.de als „Reisebegleiter in den Wolken“ veröffentlicht. Die Homepage wird für das digitale Festival einem umfassenden Relaunch unterzogen. Darüber hinaus wird für den KulturSommer eine eigene, kostenlose App entwickelt. Der Weg nach „Digitalien“, um „Europas – Bilder und Klänge“ zu erleben, wird also schnell und direkt.
Rückendeckung für die Planungen des Intendanten kommt vom Vorstand der Stiftung Herzogtum Lauenburg. „Die von Frank Düwel an den Tag gelegte Flexibilität ist das Gebot der Stunde, stellt Präsident Klaus Schlie klar. Hinter vielen Dingen stünden derzeit Fragezeichen, weshalb man nur auf Sicht fahren könne.
Vizepräsident Wolfgang Engelmann wiederum erinnert – losgelöst von etwaigen Planungsszenarien – an die Bedeutung des Hauptsponsors: „Ohne die Unterstützung der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg würde es keinen KulturSommer am Kanal geben“. Die Stiftung sei froh und dankbar dafür, in diesen Zeiten solch eine zuverlässigen Partnerin an ihrer Seite zu wissen.
Über weitere Anregungen und Vorschläge für den KulturSommer am Kanal auf dem Weg in die Wolken freuen sich Intendant Düwel und Managerin Klose. Kontakt: kultursommer@norden-theater.de.
Die Corona-Krise legt auch das plattdeutsche Kulturleben lahm. Viele Lesungen, Konzerte und Vorträge mussten zuletzt abgesagt werden. Damit die Plattschnacker in dieser schwierigen Zeit nicht auf ihre Spraak verzichten zu müssen, hat das Zentrum für Niederdeutsch in Holstein auf seiner Homepage eine kleine „Mediathek“ mit selbstproduzierten kostenlosen Beiträgen eingerichtet. Unter der Rubrik „Podcast“ finden sich aus der Reihe „Plattfunk“ vier kleine dialogische Hörstücke. In ihnen schnacken Zentrumsleiter Thorsten Börnsen und Mitarbeiter Nikos Saul über Gott und die Welt, und zwar jeweils einer auf Hoch- und der andere auf Plattdeutsch.
In der jüngsten Folge geht es zum Beispiel um Entdeckungen in Eutin bei Regen, einen Ladenbummel durch das Dithmarscher Landesmuseum in Meldorf und einen Besuch im Lübecker Willy-Brandt-Haus. Der Podcast bietet durch seine Zweisprachigkeit auch den Hörern einen Einstieg, die sich im Plattdeutschen noch nicht ganz sicher fühlen, aber neugierig auf die Sprache sind.
In der Abteilung „Videos“ sind verschiedene Musikvideos versammelt, die aus der Kooperation „Platt together“ mit den niederländischen Partnern des Zentrums hervorgegangen sind. Entstanden sind Songs, die nicht nur Hip-Hop mit Pop- oder Rockmusik verbinden, sondern auch ganz verschiedene plattdeutsche Dialekte. Mit dabei ist zudem ein Lernvideo zum Thema „Fröhstück op Platt“ und Beiträge des plattdeutschen Songcontests „Plattbeats“.
20 kleine Texte, die sich mit alltäglichen Geschichten ebenso beschäftigen wie mit den Dingen, die im Großen in der Welt vor sich gehen, sind unter der Rubrik „Texte“ zusammengefasst. Das Zentrum wird darüber hinaus insbesondere während der Corona-Krise seine Online-Angebote regelmäßig aktualisieren und neue Beiträge auf die Website stellen. Es lohnt sich also, immer mal wieder reinzuschauen. Mit diesem Angebot möchte das Niederdeutschzentrum – trotz der schwierigen Umstände – für ein bisschen Spaß, Unterhaltung und Information op Platt sorgen. Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.
Zur kleinen „Mediathek“ des Zentrums für Niederdeutsch in Holstein geht es hier.
Obwohl es auch im Ratzeburger Dom keine Gottesdienste, Konzerte und Chorproben gibt, klingt der Dom. Die Bewohner des Organisten-Hauses haben Ostermusik eingesungen und -gespielt. Die musikalischen Fragmente der Osternacht, bestehend aus Orgel- und Chormusik, Gregorianischen Gesängen und Osterliedern zum Mitsingen, können unter www.ratzeburgerdom.de in den kommenden Wochen der Osterzeit nachgehört werden.
Ostern – das Fest der Wiederauferstehung naht. Nur: in diesem Jahr ist alles anders. Die Kirchentüren bleiben verriegelt. Die traditionellen Gottesdienste fallen aus. Wie alle anderen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens sind auch den Kirchengemeinden die vertrauten Abläufe abhandengekommen. Das gewohnte Miteinander war gestern. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Pastorin Hilke Lage (Mölln) über Ostern in Zeiten der Kontaktsperre. Das Telefoninterview haben wir aufgezeichnet.
Übrigens: Unter dem #LiveLine lädt der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Festgottesdiensten ein, die per Live-Stream auf Youtube übertragen werden. Am Karfreitag, 10. April, predigt um 15 Uhr Pröpstin Petra Kallies. Am Ostersonntag, 12. April, um 10 Uhr wendet sich Pröpstin Frauke Eiben an die Gemeinde.
Viele Pastorinnen und Pastoren aus der Propstei Lübeck und der Propstei Lauenburg senden zudem am Ostersonntag eine Video-Botschaft an die Gläubigen. Auf der YouTube-Seite des Kirchenkreises sind die „Osterworte“ in einer eigenen Playlist gesammelt.
Weithin sichtbar sind die Kirchtürme auch in Zeiten von Corona und Kontaktverbot. Sie werden zu Botschaftern der Hoffnung: „Bleib behütet“ und „Sei getrost“ stehen in großen Buchstaben auf Bannern, die nach und nach an vielen Kirchen und Häusern der Gemeinden in der Propstei Lauenburg angebracht werden.
Unter dem Motto „Ostern Zuhause“ ist die Kirchengemeinde Siebeneichen aktiv. Sie wartet mit kleinen Andachten und Aktionen auf. Aus Lübeck werden zudem fünf Gottesdienste im Radio übertragen. Der Offenen Kanal Lübeck FM 98,8 sendet: Karfreitag um 10 Uhr vom Lübecker Kreuzweg aus St. Jakobi. Mit dabei sind Bischöfin Kirsten Fehrs, Erzbischof Stefan Heße, Propst Christoph Giering, die Pastoren Kathrin und Lutz Jedeck sowie Björn Engholm.
Ebenfalls am Karfreitag predigen die Marienpastoren Robert Pfeifer und Inga Meißner. Der Gottesdienst beginnt um 15 Uhr – zur Sterbestunde Jesu.
Die andere Osternacht wird am Sonnabend, 11. April, ab 22 Uhr aus St. Jakobi mit den Pastoren Kathrin und Lutz Jedeck übertragen. Den Schlusspunkt bildet am Ostersonntag, 12. April, der Festgottesdienst aus dem Dom mit den Pastoren Margrit Wegner und Martin Klatt.
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Ottonen, Staufer, deutscher Widerstand, deutsche Teilung – Lothar Obsts Expertise im Bereich der deutschen Geschichte ist breit gestreut. Dies dokumentiert er Jahr um Jahr mit seinen Vorträgen und Exkursionen, die er für die Stiftung Herzogtum Lauenburg anbietet. Sein Interesse für historische Abläufe macht allerdings nicht an den Landesgrenzen halt. Das zeigt sich, wer sich mit ihm über die Geschichte Jesu und damit über die Antike unterhält.
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Wie alle anderen Museen im Kreis Herzogtum Lauenburg bleibt
auch das Grenzhus in diesen Tagen geschlossen. Vorerst bis zum 19. April. Mitarbeiter,
die ihre Arbeiten von zu Hause aus erledigen können, hat Leiter Andreas Wagner
ins Homeoffice geschickt. Ungeachtet dessen steht – Corona hin oder her – eine
Ausstellung zum Barber-Ljaschtschenko-Abkommen auf der Agenda. Dieser Vertrag führte
dazu, dass im November 1945 Ziethen, Mechow, Bäk und Römnitz den britischen
Besatzern und später dem Kreis Herzogtum Lauenburg zufielen. Im Tausch erhielten
die Sowjets die lauenburgischen Gemeinden Dechow, Groß und Klein Thurow sowie
Lassahn. Dieser Handel ging von den Briten aus, die dafür strategische Gründe
anführten. Deutschland war seit Mai 1945 – nach der Kapitulation des
Nazi-Regimes – von Briten, Russen, Franzosen und Amerikanern besetzt.
Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Grenzhus-Leiter Wagner über das Abkommen
und den Stand der Ausstellungsrecherchen, die – wenn möglich – im Frühsommer abgeschlossen
werden sollen.
Kulturportal-Herzogtum.de: Herr
Wagner, was ist der Anlass, das Barber-Ljaschtschenko-Abkommen zwischen der
Sowjetunion und Großbritannien zum Thema zu machen?
Andreas Wagner: Der Anlass
ist der 75. Jahrestag. Die beteiligten Ämter Gadebusch, Rehna, Zarrentin und
Lauenburgische Seen haben in Erinnerung an diesen Gebietsaustausch ein Projekt
gestartet. Es geht darum im Sinne der Völkerverständigung aus dieser Geschichte
zu lernen und Aktivitäten zu entwickeln. Das Grenzhus beteiligt sich an der
Entwicklung einer Sonderausstellung. Wir sind jetzt dabei und sammeln Material.
KP: Sie suchen auch nach Zeitzeugen…
Wagner: Zeitzeugen zu finden, ist
schwierig. Es gibt aber noch die Kinder, die Erinnerungen haben – also diejenigen,
die damals Kinder waren. Jedoch werden bei den Nachforschungen die Arbeit in
den Archiven im Mittelpunkt stehen. Erstaunlich ist, dass bisher kaum die
britischen und russischen Aktenüberlieferungen unter die Lupe genommen wurden.
In den überlieferten deutschen Aktenbeständen findet sich zwar der Vertragstext,
die Übersetzung, und es gibt einzelne Dokumente, die auf das Zusammenspiel
zwischen der britischen Besatzungsmacht und den deutschen Verwaltungsstellen
hinweisen. Da werden dann sozusagen die Befehle der Briten umgesetzt. Aber es
gibt bisher keine Kenntnisse sowohl über das Zustandekommen des Vertrages bei
den Briten als auch bei den Russen. Das Abkommen ist ja durch die Militärs
verhandelt worden und da wäre es wichtig, auch in Unterlagen Einblick zu
nehmen, die etwas über die internen Abläufe sagen. Also: Wie kommt dieses
Abkommen überhaupt zustande? Wann beginnen die Verhandlungen? Wer spricht da
mit wem? Welche Interessen leiten die Offiziere? Behalten die Besatzungsmächte
die ausgetauschten Territorien weiter im Blick?
KP: Kommen Sie da so ohne Weiteres
an die Akten ran?
Wagner: Der Aktenzugang in
Großbritannien ist möglich. Bei den Russen sind jedoch wegen der verschärften
Einschränkungen bei der Archiv-Nutzung große Hürden zu überwinden.
KP: 75 Jahre liegt das Abkommen
zurück. Hat man sich denn nie auf westdeutscher und auf ostdeutscher Seite Gedanken
über die Aufarbeitung gemacht? Nach der Wende wäre beispielsweise eine gute
Gelegenheit dafür gewesen.
Wagner: Es ist so, dass es in der
Aufarbeitung der Geschichte einen eindeutigen Schwerpunkt in Schleswig-Holstein
gibt. Da sind die Erinnerungen regelmäßig dokumentiert worden. Auch in den
Verwaltungsarchiven ist das sehr gut belegt. Das Kreisarchiv Herzogtum
Lauenburg, mit dem wir eng zusammenarbeiten, hat 2005 eine Broschüre
rausgegeben, wo Erinnerungsberichte publiziert sind. Was bis 1990 nicht
dokumentiert wurde, ist die Geschichte der Dörfer, die in die sowjetische
Besatzungszone kamen, die waren ja nahezu leer. Da gibt es noch Geschichten von
den Menschen zu entdecken, die in diese Dörfer gekommen sind und diese Dörfer
ja neu entwickelt haben – unter den Bedingungen des Grenzgebietes. Es gibt da –
das war für uns ziemlich überraschend – eine ziemlich große Zahl von
Sudetendeutschen, die da angesiedelt wurden. Für Dechow ist das gut
dokumentiert. Das Dorf pflegt heute eine Partnerschaft mit der tschechischen
Gemeinde Ostašow, woher
die Neusiedler 1945/46 herkamen.
KP: Ich komme noch mal auf die
Zeitzeugen zurück. Sie sprachen von Menschen, die zur Zeit des Abkommens Kinder
waren. Haben Sie da jemanden ausfindig machen können?
Wagner: Wir haben mit dem 1931 in
Schlesien geborenen Jochen Friedrich sprechen können, der als Jugendlicher in
das Dorf Hakendorf gekommen ist. Am 2. Januar 1946 zog die Familie in ein
leerstehendes Haus dort ein.
KP: Gibt es noch weitere
Zeitzeugen? Sie hatten ja einen Aufruf gestartet?
Wagner: In Greifswald gibt es noch
jemanden. Ansonsten haben sich zwei Familienangehörige mit Objekten oder
Material gemeldet.
KP: Das ist nicht allzu viel.
Wagner: Das ist richtig. Wir hoffen darüber
hinaus, Informationen oder Hinweise auf Geschichten zu bekommen. Wo wir neue
oder wieder verschüttetet Dinge entdecken, ist in den Archiven. Da gibt es doch
einiges, was in dem Gesamtzusammenhang bisher noch nicht aufgearbeitet ist.
KP: Interessant ist, dass die Menschen
aus den Gemeinden, die dem Osten zugeschlugen wurden, in Scharen ihre Heimat
verlassen haben. Dabei gab es noch gar keine DDR und das Ende des Krieges lag
bereits ein halbes Jahr zurück. Woran lag das?
Wagner: Da kommt vieles zusammen. Der
wichtigste Beweggrund ist sicherlich die Angst vor dem „Russen“. Über Jahre wurde
durch die NS-Ideologie die Feindschaft gegenüber den „slawischen Untermenschen“
und den Bolschewisten propagiert. Hinzu kamen die Berichte der Flüchtlinge, die
von der brutalen Besetzung durch die Rote Armee erzählten. Viele gehen wahrscheinlich
auch in dem Glauben, dass das nur zeitlich begrenzt ist. In den Quellen wird
auch von Zusicherungen gesprochen, in Schleswig-Holstein eine Landwirtschaft übernehmen
zu können – auch wenn nicht so klar ist, ob das auch passiert ist oder nachher
so erinnert wurde. Entscheidend ist aber die große Angst vor den Sowjets. Das
wandelte sich aber dann.
KP: Inwiefern?
Wagner: Irgendwann merken die
evakuierten Menschen dann, dass sie in der ungeheuren Menge der Flüchtlinge und
Vertriebenen einfach untergehen. Im ganzen Kreis* sind Ende der 40er Jahre 70.000
Flüchtlinge unterzubringen. Wir sprechen hier gerade von 1.800 Menschen. Trotz
vieler verwandtschaftlicher Kontakte finden nicht alle Unterkunft und Arbeit,
ganz zu schweigen von einem Landwirtschaftsbetrieb. Das Schicksal der
sogenannten „Schaalseebauern“ beschäftigt mehrmals Politik und Verwaltung im
Kreis Herzogtum Lauenburg. Es gibt sogar einzelne Leute, die gehen 1947 wieder zurück
in Osten.
KP: Den eisernen Vorhang gab es
ja noch nicht. Deutschland war vom Krieg zerstört. Die Wirtschaft lag in Ost
und West gleichermaßen danieder.
Wagner: Die Menschen wissen nicht,
wie sich die Verhältnisse zukünftig entwickeln werden. Weder die Entwicklungen
in den einzelnen Besatzungszonen noch die deutsche Teilung waren damals
vorauszusehen. Im Rückblick sieht heute vieles ganz zwangsläufig aus, doch das
war es nicht. Die Menschen haben damals überlegt, wo kann man besser überleben.
Und geleitet haben sie Gefühle wie Angst oder wie sich die Nachbarn
entscheiden.
KP: Was bedeutete der Gebietstausch
für die Bundesrepublik und die DDR?
Wagner: Die Wirkungen reichen bis in
90er Jahre hinein – bis in den Prozess der deutschen Einheit. In der BRD gab es
eine lange Auseinandersetzung um das unter den Sowjets aufgeteilte Bodenreformland.
Die DDR hat versucht, das 1967 mit einem Film propagandistisch zu nutzen. 1952
gab es einen Grenzzwischenfall, wo DDR-Grenzpolizisten die Grenzschranke
Richtung Westen verlegten. Dann verhandelten Russen und Briten, wie dieser
Zwischenfall zu lösen ist, nicht DDR und BRD. Die Demarkationslinie zwischen
Schleswig-Holstein und Mecklenburg war im Abkommen nicht so klar festgelegt. Für
die Briten und die Russen war das ja eher eine Marginalie. Auch für die 1973
gegründete deutsch-deutsche Grenzkommission spielte das noch eine Rolle.
KP: Gibt es weitere
Besonderheiten?
Wagner: Die Kirchengemeinden Ziethen
und Ratzeburg blieben beim mecklenburgischen Kirchenkreis. Lassahn gehörte
weiterhin zum lauenburgischen Kirchenkreis. Heute frage ich mich, wie das
während der DDR-Existenz mit dem Grenzsperrgebiet umgesetzt wurde. Darüber
geben jedoch noch einzusehende Akten Auskunft.
KP: Herr Wagner, ich danke Ihnen
für das Gespräch.
Plötzlich ist alles futsch. Der Terminkalender, eben noch prall gefüllt, gelöscht. Anna Malten hat das in eine Schockstarre versetzt. Sich daraus zu lösen, hat ein paar Tage gedauert. „Dieses Jahr wäre unser bislang bestes Jahr gewesen“, sagt die Märchenerzählerin und Theatermacherin. Malten lebt mit ihrem Mann Wolf in Siebeneichen. Zusammen betreiben sie das Lübecker Wassertheater.
Die Schockstarre hat sie mittlerweile überwunden. Geholfen
habe da die große Solidaritätswelle, die kurz darauf losgebrochen sei, sagt
sie. Trost spendet ihr auch das Gefühl, Teil einer Schicksalsgemeinschaft zu
sein. Alle anderen seien ja auch betroffen.
Wegen ihres Berufes wähnt sie sich angesichts Krise sogar
ein wenig im Vorteil: „Wir Künstler sind besser dran, weil wir immer auf dem
Drahtseil tanzen“, sagt Anna Malten. Man sei Absagen gewohnt, müsse immer
überlegen, wie es weitergehe. Die erste Antwort, die die Maltens auf diese
Frage gefunden haben, ist die Zwangspause kreativ zu nutzen. Sie arbeiten an
einem neuen Stück und sie hoffen dafür auf Fördermittel. Gleichwohl, räumt sie
ein, sitze einem „die Angst im Nacken“. Denn – das stellt sie unmissverständlich
klar: „Wenn wir keine Fördermittel bekommen, war´s das schon im Sommer.“
Große Sorgen um ihre Existenz macht sich auch Anja Witt (Foto: Asja Caspari). Wie bei den Maltens hat das Virus bei der Künstlerin die Planungen über den Haufen geworfen. Die Malschule? „Musste ich komplett streichen“, sagt die Künstlerin, die in Aumühle ihr Atelier hat. Ausstellungen? Wird es erstmal nicht geben. Die Institute, die Galerien – alles dicht. Eigentlich wäre sie an neun Kunstschauen beteiligt gewesen. Drei Einzelausstellungen hatte sie sich vorgenommen.
Bilder gibt es in Zeiten von Covid 19 nur noch digital zu
sehen. Für Anja Witt ist das keine Alternative. „Die Leute müssen vorm Original
stehen“, sagt sie. In der Online-Galerie werde nichts gekauft.
Was ihr bleibt, ist die Vermietung von Kunst. Etwa an Kanzleien.
Dieses Standbein funktioniert aktuell noch. Sie hoffe, dass die Kunden auch weiterhin
ihre Bilder mieten. Damit erziele sie Einnahmen in Höhe von 1.000 Euro. Die
Summe deckt ihre Betriebskosten. Für die Sozialabgaben und den Lebensunterhalt reicht
es nicht.
Wie die Maltens mit ihrem Theater hofft die Malerin in der Krise auf Finanzhilfen. Vom Landeskulturverband hat sie die Zusage über 500 Euro. Ein Anfang. Um sich auf Dauer zu behaupten, braucht es aber mehr. Anja Witt hofft, dass die vom Staat aufgelegten Förderprogramme auch ihr unter die Arme greifen. Doch sie ist skeptisch. Die vom Bund auf den Weg gebrachte Finanzunterstützung für kleine Betriebe – in ihrem Fall ginge es um eine Summe von 9.000 Euro – gehe beispielsweise an ihr vorbei. „Das Problem mit dem Förderantrag zum Einmalzuschuss ist, dass er sich auf die Betriebskosten bezieht“, sagt die Malerin. In diesem Punkt habe sie aber keinen Liquiditätsengpass. Ihr Problem sei der ausbleibende Gewinn.
Als Vorsitzender des Landeskulturverbandes (LKV) fallen Guido Froese derzeit zwei Aufgaben zu. Er sammelt Spenden und er spendet Trost. Vor zwölf Tagen hat der LKV einen Nothilfefonds ins Leben gerufen. Aus diesem Topf können Kreative einen Zuschuss von 500 Euro beantragen.
„Mittlerweile haben wir 70.000 Euro gesammelt“, freut sich
Froese über die beachtliche Spendenbereitschaft. Für die nächsten Wochen hoffe
er auf weitere Hilfen. Eine Ausschüttung ist bereits erfolgt. „Wir haben die
ersten 100 Anträge unter Aufsicht ausgelost“, so Froese. Aktuell liege die Zahl
der Anträge bei 130.
Froese und Team sammeln aber nicht nur Geld, sie schenken
momentan auch immer mal wieder besorgten Künstlern ein Ohr. „Bei vielen hilft
schon mal das Gespräch, um ihnen die Existenzangst zu nehmen“, sagt Froese. Er
versuche die Menschen zu beruhigen und für Vertrauen zu den staatlichen
Institutionen zu sorgen.
Manchmal werde er auch zu Antragsformularen und
Fördermitteln des Bundes und Schleswig-Holsteins befragt. Der LKV könne allerdings
– stellt er klar – keine Förderberatung leisten. Umso wichtiger ist ihm, dass
sich kulturelle Einrichtungen, die durch das Raster der Hilfsprogramme fallen,
bei ihm melden. Es gehe darum „alle im Blick“ zu haben.
Für so etwas wäre sicherlich eine Datenbank für Kulturschaffende
hilfreich. So etwas gibt es aber (noch) nicht. So freut sich Froese, dass er
durch die Krise erfährt, wo welche Künstler zu Hause sind. Viele, erklärt er,
kommen aus Kiel, aus Lübeck oder Flensburg. Da seien es mehr als im
„Flächenbereich der Kreise“.
Wer spenden möchte, kann dies unter dem Stichwort „Kulturhilfe“ tun. Das eigens dafür eingerichtete Konto hat die IBAN DE51 2145 0000 0105 0396 71 (BIC: NOLADE21RDB). Spenden werden zudem via Paypal unter www.paypal.me/kulturhilfeSH entgegengenommen.
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