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Nördlich der A24

Ein Hauch von Blues im Lämmerhof

Alle Wege führen in den Lämmerhof (Mannhagen): In den kommenden Wochen machen sich diverse Vertreter der Singer-Songwriter-Szene dorthin auf. Die „Stalltournee“ startet am Freitag, 28. September, mit dem Auftritt des bluesorientierten Dänen Tim Lothar. Lothar heimste für seine Musik bereits mehrfach Preise ein. Ein weiterer Höhepunkt steht am 10. November an, wenn Mathew James White die Bühne betritt.

Eine Gitarre, eine starke Stimme und sehr persönliche Songs in einer Intensität, die atemlos macht – damit packt Tim Lothar sein Publikum.

Tim Lothar, aufgewachsen in Kanada, spielt in Clubs und auf Festivals in ganz Europa. Als Solokünstler präsentiert er fast ausschließlich eigene Songs. Eigene Erlebnisse und beobachtete Begebenheiten liefern ihm jede Menge Material.

Sein erstes Album erhielt weltweit beste Kritiken. Für das zweite Album bekam Tim Lothar zwei der wichtigsten dänischen Preise. Im Lämmerhof präsentiert er sein neuestes Album.

„Wir freuen uns riesig, dass wir so tolle Musiker wie Tim Lothar dafür gewinnen konnten, in den Lämmerhof zu kommen, fiebert Veranstalter Christian Brüggemann dem Auftakt der „Stalltournee“ entgegen.

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Aus der Stiftung

„Kulturbetrieb neue Impulse gegeben“

Die Stadt Husum hat Frank Düwel mit dem Storm-Preis 2018 ausgezeichnet. Laudator Christian Demandt, Geschäftsführer des Storm-Zentrums, würdigte die besondere Arbeitsweise des 55-Jährigen Regisseurs. Er verstehe es die verschiedensten Menschen – Laien und Profis – für Theaterprojekte wie den „Schimmelreiter“ zusammenzubringen und zu außergewöhnlichen Leistungen anzutreiben.

In seiner Rede berichtete Demandt auch von Düwels besonderem Verhältnis zu Theodor Storm. Der Preisträger, der in Meldorf aufwuchs, fand als Jugendlicher in der Welt um ihn herum „so ziemlich alles bescheuert“. Deshalb sei er häufig zum Deich hinausgelaufen, um seine Wut ins Meer hinauszuschreien. Erst durch die Lektüre von Storms Novelle „Der Schimmelreiter“ habe er gemerkt: „Ich bin nicht allein.“

Lob für Düwel gab es auch von Lauenburgs Kreispräsidenten Meinhard Füllner: Die Auszeichnung mit dem Theodor-Storm-Preis sei „hochverdient“. Düwel habe – wie auch bei seiner Arbeit als Intendant des KulturSommers am Kanal – „dem Kulturbetrieb neue Impulse gegeben“. Er verstehe es, „verstaubte Literatur in neue Dimensionen zu führen und damit auch jüngeren Generationen Zugang zu verschaffen“.

Regisseur Düwel hatte 2017 anlässlich des 100. Geburtstages des Schriftstellers das Stück „Storm – das Meer – die Geister – Du“ mit zwei Laiendarstellergruppen in Hamburg und Husum aufgeführt. Weiter zurück liegt die dreiteilige Schimmelreiter-Inszenierung (2013-2015). In diesem Jahr hat er das Stück „John Riew“ inszeniert.

Bei der Preisverleihung im Alten Gymnasium (Husum) waren neben Laudator Demandt und Kreispräsident Füllner auch Husums Bürgermeister Uwe Schmitz, Bürgervorsteher Martin Kindl, Landtagspräsident Klaus Schlie sowie Wolfgang Engelmann, Vizepräsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg, zugegen.

Foto: Stadt Husum

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Aus der Stiftung

Exkursionen in die Vergangenheit

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus – 2019 jährt sich zum 1.100 Mal die Geburtsstunde der ottonischen Zeit. Anlässlich dieses Jubiläums laden die Stiftung Herzogtum Lauenburg und der Heimatbund und Geschichtsverein Herzogtum Lauenburg zu Vorträgen und Exkursionen unter der Federführung des Experten Lothar Obst. Zum Auftakt der Reihe „1.100 Jahre Ottonen (919 – 2019): Als Norddeutschland zum Zentrum des Reiches wurde“ spricht der 61-Jährige am Donnerstag, 27. September, um 19.30 Uhr im Möllner Stadthauptmannshof über „Otto der Große und seine Bedeutung“. Weiter geht es am 29. November mit dem Vortrag „Theophanu, Ottos Kaiserin“, ebenfalls um 19.30 Uhr im Stadthauptmannshof.

Darüber hinaus sind drei Exkursionen geplant, in der das Wirken der Ottonen veranschaulicht werden soll. Eine mehrtägige Tour führt zur Wiege des Reiches nach Quedlingburg und Gernrode, wo Heinrich I. (919-936) zu Hause war. Darüber hinaus ist ein Besuch Magdeburgs geplant, wo Otto der Große (936-973), an der Erneuerung des römischen Imperiums arbeitete. Überdies geht es nach Hildesheim, zu den „Ottonischen Gottesburgen“. Bei diesem Ausflug stehen Otto II. und III. (973-1002) sowie die Bernwardinische Kunst im Fokus.

Zeugnisse dieser Kunst finden sich in Hildesheim, das heute das kulturelle Zentrum zwischen Harz und Heide, Weser und Elbe ist. Der Anfang der Stadtgeschichte ist untrennbar mit dem bischöflichen Krummstab verbunden. Erst der Bischofssitz ermöglicht das Entstehen einer Stadtgemeinde. In seiner Obhut siedeln Ritterschaft, Handwerker und Kaufleute. Am Schnittpunkt uralter Handelswege gründet 815 der Sohn Karls des Großen, Ludwig der Fromme, das neue Bistum auf dem Domhügel.

Keine 200 Jahre später prägt Bernward, Spross eines sächsischen Grafen-geschlechtes, ein Mann von außergewöhnlicher Begabung, enger Freund und Berater Kaiser Ottos II. und dessen Ehefrau Theophanu und Erzieher von deren Sohn Kaiser Ottos III. als Hildesheimer Bischof von 993 bis 1022 eine kunstvolle Ära in Sachsen. Bernwardinische Kunst durchdringt die Schlussepoche der sächsischen Ottonen nach der Jahrtausendwende.

Die Architektur dieser Zeit bringt die sogenannten „ottonischen Gottesburgen“ hervor – das sind in Stein aufgerichtete Monumentalbauten mit wuchtigen Mitteltürmen über den klar ausgeschiedenen Vierungen, Treppentürmen an den Flanken der Querschiffe, zumeist doppelchörig als architektonischer Ausdruck der bipolaren Einheit von Kirche und Staat. „Bollwerke Gottes“ hat man diese geschlossenen Mauermassen des Steinbaus auch genannt, die architektonisch mehr einer Wehrburg denn einem Sakralbau gleichen. Drei mächtige deutsche Kaiser geben dieser Zeit ihren Namen, die als „Ottonik“ der Romanik in Deutschland unmittelbar vorangeht. St. Michael in Hildesheim ist das bedeutendste Bauwerk dieser Epoche, die vieles, was vordem aus der Antike übernommen worden war, von Grund auf und mannigfaltig bewegt und umgeformt hat.

Weitere Infos zur Ottonen-Reihe und zum Mittelalter:

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/09/10/zeit-der-grundsatzentscheidungen/

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/09/10/von-wegen-finster/

 

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Vorfahrt für die Jugend

„In Japan sind die Geschichten allgegenwärtig“

„Ich habe als Junge angefangen, Mangas zu lesen“, erinnert sich Lennart Schütt. „Die lagen bei uns in der Bücherei aus.“ Beim Lesen ist es nicht geblieben. Der 21-Jährige ist mittlerweile auch ein begeisterter Zeichner geworden, der sein Können und seine Leidenschaft anderen gerne vermittelt. Am 28. und 29. September lädt er deshalb zu einem Workshop in der Kulturwerkstatt des Robert-Koch-Parks.

Was ist es, was ihn so fasziniert an den Mangas? „Dass die Geschichten in Schwarz-Weiß erzählt werden“, meint der gebürtige Geesthachter. Zudem sei die Machart eine ganz andere als die von Comics. Mangas werden dynamischer erzählt, beanspruchen weniger Zeit, so Schütt. Der Unterschied liege „nicht so sehr im Zeichenstil“.

Dies spiegele sich letztendlich auch in der Art und Weise wider, wie die Geschichten dargeboten werden. In Japan gebe es Manga-Magazine wie die „Weekly Fhonen and Jump“, sagt Schütt. „Das sind reine Wegwerfprodukte, gedruckt auf billigstem Papier. Unterirdisch“. Unbeliebte Serien, die darin laufen, würden sehr schnell abgesägt.

Sind Mangas dann so eine Art „Fast Food“ für Comic-Freunde? Natürlich nicht, stellt Schütt klar. Serien, die gefallen, wie etwa „Dragon Ball“, mit der im Übrigen Schütts Leidenschaft begann, gibt es auch in Buchform. „Liebevoll gestaltet“, ergänzt er. Persönlich hat er zuletzt eine Vorliebe für Inio Ansanos „Coming of Age“-Geschichten entwickelt – also für Geschichten, bei denen es um das Erwachsenwerden geht. Ansanos Geschichten, in denen es um unglückliche Menschen gehe, seien „superrealistisch“.

Grundsätzlich gebe es Mangas für alle Altersgruppen, erklärt Schütt, dem in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Grund einfällt, warum es ihm ausgerechnet diese japanische Erzählform so angetan hat. „Die Geschichten sind dort allgegenwärtig.“

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Vorfahrt für die Jugend

Gebrauchsanweisung für neunjährige Jungen

Der folgende Text trägt den Titel „Gebrauchsanweisung für neunjährige Jungen“ und stammt aus der Feder von Steffen Stieler (Foto). Im Rahmen des Schreibwettbewerbs „Wanted: Junge Autor*inn*en“, initiiert von der Stiftung Herzogtum Lauenburg, erhielt er für seinen Beitrag in der Altersgruppe der Sechs- bis Elfjährigen eine Auszeichnung.

Für alles gibt es Gebrauchsanweisungen, nur nicht für neunjährige Jungen. Aber zum Glück wurde das jetzt geändert. Mit dieser Gebrauchsanweisung erfahren Sie, wie Sie Ihre Neunjährigen gegen die gefährliche Krankheit „Langweilinitis“ schützen können, wie Sie für immer gute Stimmung sorgen und sich selbst nicht ärgern müssen.

  • Bei Neunjährigen dürfen Erwachsene nur dann schimpfen, wenn sie sich wirklich sicher sind, dass das Kind absichtlich etwas Schlechtes getan hat. Das ist ein höchst seltener Fall. Das kann die Erwachsenen freuen, denn sie können ihre Stimme schonen.
  • Erwachsene sollten Neunjährige nicht zu kritisch anblicken. Kritik sollte nie größer als das Kind sein. Da Neunjährige noch nicht ausgewachsen sind, darf auch die Kritik nicht ausgewachsen sein.
  • Neunjährige Kinder sollten genügend Spielzeug haben, da sonst die gar nicht seltene Krankheit „Langweilinitis“ ausbrechen könnte. Sie tarnt sich manchmal als Traurigkeit. Sollte es zu dieser unangenehmen Krankheit kommen, hilft es zum Beispiel, gemeinsam in ein Autohaus zu fahren.
  • Auch für Neunjährige ist Obst gesund, keine Frage. Aber ein Tag mit weniger als drei Schokobonbons o.ä. ist offiziell gefährlich! Warum? Na, Schokolade sorgt für genug Zucker, Zucker ist wichtig fürs Denken, und denken müssen Neunjährige sehr viel, z.B. wie der neue Legobausatz gebaut werden muss, wie der Papierflieger schneller fliegt und wie die Kuckucksuhr funktioniert.
  • Neunjährige sollten immer Musik machen dürfen, weil sie guten Klang ins Leben bringt. (Könnte sein, dass es für die Erwachsenen nicht immer gut klingt, dafür gibt es Ohrenstöpsel).
  • Wenn ein Neunjähriger eine Schwäche hat, darf man ihn auf keinen Fall mit anderen Kindern vergleichen, die diese Schwäche nicht haben. Man sollte sie niemals mit Kindern vergleichen, die immer ihr Schulbrot aufessen, immer die Hausaufgaben aufschreiben, und immer, immer, immer die Hausaufgaben in Turbogeschwindigkeit erledigen.
  • Noch schädlicher ist es, die Neunjährigen immer zu hetzen. Die arme Zeit der Neunjährigen mag das nicht. Sonst fängt der Hetzeratis an zu glühen. Ihr wisst nicht, was ein Hetzeratis ist? Da müsst ihr euch gedulden, in Hetze findet ihr das nie heraus.
  • Wenn Erwachsene ihren Neunjährigen nicht genügend zuhören, erfahren sie nie, dass der BMW i 8 sein Lenkrad einfahren kann, wo Geheimverstecke und die tiefsten Pfützen sind.
  • Neunjährige sollten so viel träumen dürfen, wie sie wollen. Es sollte nie heißen, dass das erste Auto kein BMW i 8 sein wird.
  • In der Schule sollte es Fächer geben, wo man sich die Themen selbst aussuchen kann: Roboter bauen, Schaltungen ausprobieren, … Und während dieser Stunden darf man hüpfen und ruckeln und muss nicht still sitzen.

Was für eine schöne Welt für Neunjährige wäre das denn!

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Vorfahrt für die Jugend

Wie zeichnet man Mangas?

Wie zeichnet und gestaltet man Mangas? Wie baut man Figuren und Geschichten auf? Worauf kommt es bei diesen Comics im japanischen Stil an? All das können Mangafans am Freitag, 28. September, und Sonnabend, 29. September, im Rahmen eines zweitägigen Workshops lernen.

Die Leitung des Workshops hat Lennart Schütt, der sich ausdrücklich an alle Interessierten wendet: „Für Mangas muss man kein perfekter Zeichner sein“, stellt der 21-Jährige klar. Die japanischen Comics seien an keine Stilformen geknüpft. Zudem können man seine Geschichte frei erzählen.

Schütt vermittelt im Rahmen des Workshops das „Handwerkszeug“. Mit viel Zeit zum Zeichnen bringt er Einsteiger ihren eigenen Figuren und Stories einen großen Schritt näher. Darüber hinaus können sich Fortgeschritten ihren Feinschliff abholen.

Veranstaltungsort ist die Kulturwerkstatt Robert-Koch-Park. In der Hindenburgstraße 15. Am 28. September beginnt der Workshop um 17 Uhr, das Ende ist für 20 Uhr vorgesehen. Am 29. September geht es dann von 14 bis 20 Uhr weiter.

Den Workshop für Jugendliche und Junggebliebene veranstalten die Lebenshilfewerk Mölln-Hagenow gGmbH und die Stiftung Herzogtum Lauenburg gemeinsam.

Bild: Lennart Schütt

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Ausstellungen Nördlich der A24

„Ich war vom Sozialismus überzeugt“

Andreas Wagner, Jahrgang 1964, leitet seit 2013 das Grenzhus in Schlagsdorf. Er wuchs in der DDR auf, war Mitglied der SED und leistete drei Jahre Armeedienst. Von 1985 bis 1990 studierte er Geschichte und Marxismus-Leninismus. Als sich der Widerstand gegen das SED-Regime formierte und in Leipzig Ende der 80er Jahre die Montagsdemonstrationen stattfanden, blieb er zunächst auf Distanz. Wagner, Kind einer Arbeiterfamilie, glaubte noch an die DDR. Nach der Wende lernte und forschte er in Rostock und Hamburg.

Im Interview mit Kulturportal-Herzogtum.de spricht er darüber, wie der „alte“ Andreas Wagner den jungen heute sieht und welche Rolle seine Biografie für das Grenzhus spielt.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Wagner, was haben Sie am 9. November 1989 gemacht?

Andreas Wagner: Das weiß ich nicht mehr.

KP: Das wissen Sie nicht mehr?

Wagner: Die Reisefreiheit war eine schöne Sache, aber mir war es damals wichtiger, wie es mit der DDR weitergeht, wie man einen besseren Sozialismus entwickeln kann.

KP: Was haben Sie in der Zeit gemacht?

Wagner: Ich habe in Leipzig studiert…

KP: …wo im Herbst ´89 die Montagsdemonstrationen gegen die SED stattfanden.

Wagner: Genau. Montags habe ich damals immer in einem auswärtigen Archiv geforscht. Die Vorbereitungen für die Demonstrationen bekam ich auf den Weg zum Bahnhof mit. Am 7. Oktober 1989 musste ich mit ansehen, wie Menschen vor der Nikolaikirche von der Polizei auseinandergetrieben wurden. So eine Gewalt hatte ich bis dahin nicht erlebt. Entsprechend angespannt war die Atmosphäre in der Stadt vor dem Durchbruch am 9. Oktober. Bei der übernächsten Demonstration bin ich dann mitgegangen.

KP: Warum nicht vorher?

Wagner: Ich habe über viele Dinge damals anders gedacht als heute. Ich war von der Idee des Sozialismus überzeugt. Gleichzeitig war mir klar, dass sich etwas in der DDR verändern muss. Aber ich habe das bestehende System nicht in Frage gestellt. Ich hätte damals kritischer auftreten können, als ich es gemacht habe. Das beschämt mich heute.

KP: Worüber denken Sie heute anders?

Wagner: Über vieles. Aber im Rückblick ist mir bewusst, welche geringe Bedeutung damals Begriffe wie Individualität, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit für mein Denken hatten.

KP: Welche Vorstellung hatten Sie vom Sozialismus?

Wagner: Angestoßen durch die Perestroika-Politik von Gorbatschow wuchs meine Hoffnung auf einen dritten Weg, einen demokratischen Sozialismus, in dem Mitbestimmung, Offenheit und Meinungsstreit möglich sind. Doch in der DDR bewegte sich kaum etwas. Es war eine bleierne Zeit. Wirtschaftlich wuchsen die Schwierigkeiten. Die Gebäude zerfielen. Die Atmosphäre war wie verriegelt und zugemauert. Wir stritten um Begriffe, weil wir nicht mehr mit den alten Losungen auf die 1. Mai-Demonstration gehen wollten. Wir merkten gar nicht, wie die Zeit darüber hinwegging.

KP: Und dann kam die Wende und schließlich das Ende der DDR. Sie waren ausgebildeter Lehrer für Marxismus-Leninismus.

Wagner: Letztendlich war es ein Geschichtsstudium und mich lockte die Forschung. Trotz mancher Einschränkungen haben wir das Handwerkszeug eines Historikers gelernt. Davon zehre ich heute noch. Das Studium hat mir inhaltlich und fachlich viel gegeben. Wir hatten Lehrer, die auch international mitreden konnten.

KP: Trotzdem stelle ich es mir schwierig vor, sich unter diesen Vorzeichen in der sich mit einem Schlag ändernden Forschungslandschaft zu behaupten. Es gab doch bestimmt Vorbehalte.

Wagner: Vorbehalte spielten weniger eine Rolle. Für junge Leute boten sich viele neue Chancen, zum Beispiel durch Sprachkurse, Studienaufenthalte im Ausland und die neuen Forschungsfreiheiten. Schwieriger wurde es nur, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen und nach der Ausbildung einen bezahlten Job zu finden. Vorbehalte habe ich kaum gespürt, am Anfang gab es sogar ein großes Interesse an den DDR-Lebenserfahrungen. Für viele Bundesdeutsche war es ein fremdes Land. Ich habe überwiegend einen respektvollen Umgang kennengelernt. In Hamburg wollte mein betreuender Professor wissen, was ich an der Leipziger Uni gelernt hatte, das war wichtiger als meine DDR-Prägungen.

KP: Heute sind Sie promovierter Historiker und seit 2013 Projektleiter im Grenzhus. Welche Rolle spielen Ihre persönlichen DDR-Erfahrungen in der Arbeit?

Wagner: Die spielen eher eine untergeordnete Rolle. Die museale Arbeit orientiert sich an wissenschaftlichen Kriterien. Unsere Erkenntnisse müssen belegbar, überprüfbar und in historische Zusammenhänge eingebettet sein. Wir wollen zu einem (selbst-)kritischen Nachdenken über Geschichte und Gegenwart beitragen. Im Unterschied zur DDR-Erinnerungspolitik geht es uns nicht um Bekenntnisse zu politischen Vorgaben, sondern um Fragen an die Geschichte. Wir wollen zeigen, welche Konsequenzen das Handeln von Menschen hatte, damit wir zukünftig sensibel dafür sind.

KP: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Grenzhus?

Wagner: Ausgangspunkt unserer Erinnerungsarbeit sind die Opfer des DDR-Grenzregimes. Wir erzählen diese Schicksale, damit sich solche Menschenrechtsverletzungen nicht wiederholen. Gleichzeitig fragen wir nach den Funktionsmechanismen des Systems. Dabei geht es um Zwang und Angst, aber auch Identifikation und Mitmachen und um die vielen Zwischenstufen, die das Leben in einer Diktatur ausmachen. Und wir wollen dazu beitragen, Trennendes zu überwinden. Die ideologische Konfrontation im Kalten Krieg sowie der Umbau Ostdeutschlands haben Gräben hinterlassen. So wollen wir auch einen Beitrag zur Überwindung von Mauern in den Köpfen leisten, gerade an der ehemaligen Trennlinie zwischen Ost und West.

KP: Und erreichen Sie die Menschen? Gibt es Rückmeldungen

Wagner: Viele sagen uns, dass wir so weitermachen sollen. Einige melden sich im Nachhinein und sagen: „Das habe ich damals gar nicht so gesehen.“

KP: Herr Wagner, ich danke Ihnen für das spannende Gespräch.

Infos zur neuen Dauer- und einer weiteren Ausstellung im Grenzhus:

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/08/20/multimediale-grenzgeschichten-fuer-die-naechste-generation/

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/08/20/heimat-ich-bin-ein-mensch-2/

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Nördlich der A24

Die Feste der Welt entdecken

Die Sorge um das Dasein begleitet den Menschen durchs Leben. Es braucht ein Auskommen, das zumeist mit harter Arbeit verbunden ist. Umso wichtiger sind die Momente der Erholung, des Durchatmens, des Abstandgewinnens. Feste – auch das ist den Menschen rund um den Globus gemein – bieten diese Momente. Der Kreis Herzogtum Lauenburg hat sich dieses Themas angenommen und präsentiert vom 29. August bis 28. September die Wanderausstellung „Menschen – Feste – Schicksale“: Interkulturelle Feste – Ein Anker für die Seele“. Es ist der Aufgalopp für eine Vielzahl von Veranstaltungen, die im Rahmen der Interkulturellen Woche vom 23. bis 30. September auf dem Programm stehen.

Die Wanderausstellung ist das Ergebnis einer Projektarbeit des Diakonischen Werkes Hamburg-West/Südholstein und war zuletzt in Norderstedt zu sehen. Um uns unbekannte traditionelle Feierlichkeiten aus anderen Erdteilen näherzubringen, hat die Journalistin Hanna Gieffers Gespräche geführt und Informationen gesammelt. Das Ergebnis ist eine spannende Schau mit Fotos, Info-Texten und Kochrezepten, bei der zudem neun Migranten zu Wort kommen. Die Kurdin Fatima Sheiki beispielsweise spricht über Newroz, das Neujahrsfest, das in ihrer Heimatstadt Hasaka gefeiert wird. Die 14-Jährige floh zusammen mit Ihrer Familie vor dem Bürgerkrieg in Syrien. Seit 2015 lebt sie in Norderstedt.

Newroz feiern die Kurden am Datum der Tag- und Nachtgleiche. Das Fest wird nicht nur in Syrien begangen, auch im Iran, in der Türkei, Albanien und Usbekistan gibt es Menschen, die das Neujahresfest zelebrieren. Die Kurden gedenken an diesem Tag zusätzlich dem Widerstand gegen die Unterdrückung ihrer Nationalität. Vor den Feierlichkeiten wird das Haus geputzt. Dieser Akt steht für das Erwachen der Natur nach dem Winter.

Die Ausstellung „Menschen – Feste – Schicksale“: Interkulturelle Feste – Ein Anker für die Seele“ ist in der Kreisverwaltung, Barlachstraße 2, in Ratzeburg zu sehen. Das Haus hat montags bis donnerstags in der Zeit von 8 bis 12 und 14 bis 16 Uhr geöffnet. Freitags ist es zwischen 8 und 12 zugänglich.

 

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Interkulturelle Woche? Interkulturelle Wochen!

Angefangen hat alles mit einem Gottesdienst. „Das war 2008“, erinnert sich Heiko Steiner, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Herzogtum Lauenburg, an die erste interkulturelle „Woche“ seiner Einrichtung. Heute – elf Jahre später – hat dieser Gottesdienst Tradition gewonnen, ist aber nur eine Festivität unter vielen.

„Mittlerweile sind es so viele Veranstaltungen, dass es für uns schwierig geworden ist, sie alle in einer Woche zu bündeln“, sagt Steiners Kollegin Diana Bauder, die für den Fachbereich Migration und Integration zuständig ist. Deshalb habe das Diakonische Werk Herzogtum Lauenburg aus der „Interkulturellen Woche“ „Interkulturelle Wochen“ gemacht.

Offiziell steht die Interkulturelle Woche, die auf eine Initiative der Katholischen, der Evangelisch-Lutherischen und der Griechisch-Orthodoxen Kirche zurückgeht, bundesweit vom 23. bis 30. September auf dem Programm. Im Lauenburgischen gehen die Uhren nun – siehe oben – anders. Den Auftakt der Festivitäten bildet am Mittwoch, 29. August, die Eröffnung der Ausstellung „Menschen – Feste – Schicksale“ in der Kreisverwaltung, Barlachstraße 2, in Ratzeburg. Organisiert hat die Schau der Kreis Herzogtum Lauenburg.

Das Diakonische Werk startet seinen Veranstaltungsreigen drei Tage später. Am Sonnabend, 1. September, steigt auf dem Ratzeburger Marktplatz das „Markt-Soccerturnier*“. „Da treten gemischte Teams gegeneinander an“, sagt Geschäftsführer Steiner. Für Zugewanderte und Einheimische sei dies eine tolle Gelegenheit, um sich in lockerer Atmosphäre zu begegnen – ob nun als Zuschauer oder Aktive.

„Wir als Diakonie können die Brücke sein“, ergänzt Diana Bauder. Die diplomierte Sozialpädagogin unterstreicht, dass es dabei nicht nur um das Verhältnis zwischen Einheimischen und Migranten gehe, sondern auch um das Verhältnis der Migranten untereinander.

Um bei dieser Brückenarbeit voranzukommen, hat das Diakonische Werk in der ersten Septemberwoche weitere Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Am Mittwoch, 5. September, steht ab 10 Uhr in der Internationalen Begegnungsstätte (Mölln, Bahide-Arslan-Gang) ein Internationales Frauenfrühstück** auf dem Programm, bei der die Teilnahme kostenlos ist. „Wir freuen uns aber über Beiträge zum Buffet“, so Diana Bauder.

Gespannt sind Heiko Steiner und sie auf das Grillfest in Gudow***, das am Freitag, 7. September, am Kaiserberg 23 geplant ist. „Wir würden uns freuen, wenn da richtig viele Leute kommen. Dadurch dass wir das Fest direkt in der dortigen Gemeinschaftsunterkunft des Kreises machen, bewegen sich die Besucher mitten im Leben der Flüchtlinge“, betont Heiko Steiner. Das Grillen beginnt um 14 Uhr.

Einen Tag nach dem Grillen – am Sonnabend, 8. September – ist dann Musik Trumpf. Ab 19 Uhr gibt es im Petri Forum, Am Markt 7, in Ratzeburg orientalische Live-Musik und orientalischen Tanz****. Der Eintritt ist frei.

Während das Diakonische Werk Herzogtum Lauenburg im Nordkreis Interkulturelle Wochen organisiert, konzentriert sich im Südkreis die AWO auf die offizielle Interkulturelle Woche. Geplant sei, sagt AWO-Mitarbeiterin Ricarda Heil, vom 24. bis 30. September die Ausstellung „Kultur im Flur“ im AWO Integrations Center am Markt 26 in Geesthacht. Sie zeige Fotos, Ölmalerei und Bleistiftzeichnungen von Künstlern mit Fluchterfahrung. Die Vernissage ist am Montag, 24. September, um 13.30 Uhr. Darüber hinaus findet im AWO Integrations Center am Donnerstag, 27. September, ein „Internationaler Literaturabend“ statt, an dem Texte bekannter und unbekannter Autoren gelesen werden. Die Veranstaltung beginnt um 17 Uhr. Weitere Infos gibt es unter Tel. 0160-7122851 oder per Mail unter ricarda.heil@awo-sh.de.

Das Diakonische Werk Herzogtum Lauenburg hat zu den Interkulturellen Wochen einen Flyer herausgebracht, den Interessierte sich unter http://diakonie-rz.de/cms/front_content.php?idcat=90 herunterladen können. Darin finden sich auch alle weiteren geplanten Veranstaltungen. Der Flyer liegt zudem in diversen Einrichtungen aus.

*Kooperationspartner und Veranstalter sind das Team Gleis 21/Stellwerk/JMD (Jugendmigrationsdienst), Kreissportjugend, Landessportverband S.H., Stadtjugendpflege, Straßensozialarbeit

** Kooperationspartner und Veranstalter sind die Migrationsberatung Mölln, die Ev.-Luth. Kirchengemeinde Mölln, das Familienzentrum, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Mölln und das Amt Breitenfelde

*** Kooperationspartner und Veranstalter sind die Gemeinschaftsunterkunft Gudow und der Runde Tisch für Flüchtlinge Gudow

**** Kooperationspartner und Veranstalter sind die Beratungsstelle ehrenamtliche Flüchtlingshilfe und die Flüchtlingskoordinatorin der Stadt Ratzeburg

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Ausstellungen

Multimediale Grenzgeschichte(n) für die nächste Generation

Seit Anfang August ist der Umbau im Grenzhus Schlagsdorf abgeschlossen. Die Besucher dürfte es freuen: Sie bekommen eine moderne und höchsten Ansprüchen genügende Ausstellung zu Gesicht. Dabei punktet sie sowohl optisch als auch inhaltlich. Medienstationen mit Filmen sowie Schautafeln mit aussagekräftigen Bildern und Texten sind übersichtlich miteinander verzahnt. Diverse Zeitzeugen kommen zu Wort, es gibt Exponate und bewegte Bilder von der Grenzöffnung in Mustin.

„Ausgangspunkt für die Neugestaltung war uns die Frage“, sagt Grenzhus-Leiter Andreas Wagner, „wie führen wir die nächsten Generationen an das Thema heran? Wir müssen uns ja darauf einstellen, dass dann Leute kommen, die keine eigenen Erfahrungen mit der deutsch-deutschen Geschichte gemacht haben.“ Deshalb enthalte die Schau einen Prolog, der in diesen Teil der deutschen Vergangenheit einführt, und einen Epilog, der das Geschehene noch mal Revue passieren lässt und sich fragend der Gegenwart nähert: Welche Rolle spielen Grenzen in unserem heutigen Leben? „Bis 2013 war die politische Botschaft schließlich ein grenzenloses Europa“, erinnert Wagner. Dieser Blick auf Grenzen habe sich mittlerweile geändert. Plötzlich hätten Grenzen eine Schutzfunktion.

Doch bevor der Besucher in den Dialog mit dem Epilog tritt, durchläuft er die Ausstellungsräume, die inhaltlich in fünf verschiedene Schwerpunkte aufgeteilt sind. Darunter befindet sich auch das Thema „Natur und Grenze“. Die Einbettung der Natur in die Grenzgeschichte sei neu, so Wagner. Sichtbares Zeugnis sei das im Grenzgebiet entstandene „Grüne Band“.

Die weiteren Schwerpunkte, die dem Besucher chronologisch vermittelt werden, sind das Alltagsleben im Grenzraum, Grenze und Machtsicherung, die Durchlässigkeit und die Grenzöffnung.

Insgesamt mehr als eine Million Euro wurden in die Neugestaltung investiert. Unterschiedliche Fördergeber haben sich an der Finanzierung beteiligt: der Bund, das Land Mecklenburg-Vorpommern, die Europäische Union sowie die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Darüber hinaus haben Netzwerkpartner, Leihgeber und Archive zum Gelingen beigetragen.

Die Ausstellung, die den Titel „Eingrenzen und Ausgrenzen. Die Geschichte der innerdeutschen Grenze zwischen Ostsee und Elbe“ trägt, ist montags bis freitags in der Zeit von 10 bis 16.30 Uhr sowie sonnabends und sonntags zwischen 10 und 18 Uhr zugänglich. Weitere Infos gibt es unter www.grenzhus.de.

Foto: Grenzhus

Grenzhus-Leiter Andreas Wagner im Interview und Infos zu einer laufenden Ausstellung:

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/08/20/ich-war-vom-sozialismus-ueberzeugt/

https://kulturportal-herzogtum.de/2018/08/20/heimat-ich-bin-ein-mensch-2/