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Bilder und Gedichte ums Rot

Es war der Hut. Der fröhliche rote Hut von Ulrike Bauschs Freundin, mit dem diese vor einem Jahr im Evangelischen Gemeindezentrum erschien, um sich die „Dörfer zeigen Kunst“-Ausstellung „nebulös!“ anzusehen. Eine Schau zur Farbe Rot, ging es Bausch durch den Kopf, das wär´s.

„Rot“, sagt sie, „ist die erste Farbe, die Babys sehen können“. Rot stehe für die Liebe, die Revolution, das Blut. Die Vieldeutigkeit der Farbe ist seit dem 20. Juli in Groß Grönau zu bewundern. Die Künstlerkolleginnen und -kollegen der Gemeinde, elf an der Zahl, haben Bauschs Idee für gut befunden und zeigen unter dem Motto „Rot sehen“ mindestens ein Kunstwerk, in dem diese Farbe eine entscheidende Rolle spielt.

 „Rot steht ja auch für die Wut“, meint Bausch. Die Endfassung des Mottos gehe auf ihren Mann zurück, der Feuer und Flamme für ihren Vorschlag gewesen sei. Siegfried Bausch ist mit dem Bild „Five paßt Three“ (Titelfoto) sowie mehreren Objekten in der Schau vertreten. In Kristin Wickerts abstrakten Bildern dominiert die rote Farbe. Jürgen Blenk hat sich rote Tulpen als Motiv gesucht.

„Einige schwelgen in Rot“, sagt Bausch, „andere gehen sparsam mit der Farbe um“. Sie selbst zeigt in der Ausstellung einen Sonnenuntergang, eine Rose sowie abstrakte Bilder, die sich Themen wie „Getroffen“ und „Herzenslust“ widmen.

Zudem legt sie verbal noch kräftig nach: Am Sonnabend, 27. Juli, trägt Bausch inmitten der Ausstellung „Gedichte ums Rot“ vor. Hinter dem Titel verbirgt sich eine kleine Reise durch die Literaturgeschichte: Johann Wolfgang von Goethe, Theodor Storm, Friedrich Hebbel, Rainer Maria Rilke, Ricarda Huch, Gottfried Benn, Günter Grass, Bertolt Brecht, Sarah Kirsch – sie alle kommen durch die Künstlerin zu Wort.

Die Idee, diese Lesung zu halten, war für sie naheliegend. Bausch mag Gedichte, setzt sie bisweilen sogar in Kunst um, und sie besitzt ein kleines Reclam-Heftchen mit dem Titel „Rote Gedichte“. Auf die stütze sie sich. Welche sie ausgewählt hat, erfährt das Publikum am 27. Juli. Die Lesung beginnt um 17 Uhr.

„Gedichte ums Rot“, Lesung, 27. Juli, Evangelisches Gemeindezentrum, Berliner Straße, Groß Grönau, 17 Uhr

Ausstellung „Rot sehen“: Wie alle anderen „Dörfer zeigen Kunst“-Schauen ist sie sonnabends und sonntags (bis zum 11. August) von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Mit Gisela Andres (Malerei), Jürgen Blenk (Fotografie), Ursula Blenk (Schmuck), Ingelies Gaertner-Hagelstein (Meditationsgewebe), Marianne Haltermann (Malerei), Dr. Thorsten Philipps (Videoinstallation und Fotografie), Klaus Schwinge (Malerei), Uwe Werth (Skulpturen), Kristine Wickert (Malerei), Peter Wickert (Skulpturen, Bildhauerei), Siegfried Bausch (Malerei, Objekte) und Ulrike Bausch (Malerei) sind im Ev. Gemeindezentrum zwölf Künstler vertreten.

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Eine große Schau

Die Eröffnung von „Dörfer zeigen Kunst“ – am Freitag, 19. April, in Horst – unter anderem mit einem Auftritt der Gruppe „Saitenbalg“ – ist natürlich nur ein erster Appetitanreger. Ab Sonnabend, 20. Juli, und Sonntag, 21. Juli, präsentieren dann 17 weitere Orte ihre Kunstausstellungen in Gemeindezentren, Scheunen und Feuerwehrhäusern. An beiden Tagen jeweils von 13 bis 18 Uhr laden Albsfelde, Bäk, Behlendorf, Buchholz, Dargow, Dechow, Demern, Groß Grönau, Kittlitz, Kneese, Salem, Seedorf, Sterley, Thandorf, Utecht, Zarrentin und Ziethen zur Foto-, Bilder- und Skulpturenschau ein.

Zudem stehen diverse Events und Aktionen auf dem Programm. So präsentiert der Contra-Bassist Jo Petzold am 20. Juli ab 13 Uhr in der Gläsernen Molkerei (Dechow) sein Programm „Steine – Verse – Bruch“.

Zu einer „FilzMitMachWerkstatt“ unter der Anleitung von Astrid Fiedler lädt die Gemeinde Kneese ab 14 Uhr ein. Bäk wiederum zelebriert ab 15 Uhr die Vernissage seiner Ausstellung.

Ein „Musikalisches Willkommen“ erwartet die Besucherinnen und Besucher ab 15 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Utecht. Zeitgleich bitten die Groß Grönauer im dortigen Ev. Gemeindezentrum zur Vernissage ihrer Ausstellung. Die Ausstellungseröffnung feierlich begangen wird überdies ab 18 Uhr in Demern. Dort werden die Künstler vorgestellt. Außerdem gibt es einen Sektempfang und musikalische Begleitung.

Am Sonntag, 21. Juli, folgen weitere Aktionen im Rahmen von „Dörfer zeigen Kunst“. Thomas Biller beispielsweise fertigt in Bäk (Dorfgemeinschaftshaus) ab 16 Uhr „Sofortbild-Portraits“, die zum Selbstkostenpreis mitgenommen werden können.

Zur Vorstellung der Künstler laden jeweils um 15 Uhr die Ausstellungsmacher in Salem (Gemeindesaal) und Sterley (Kulturzentrum „Alte Schule“) ein.

Wer macht mit bei Dörfer zeigen Kunst? Wo wird ausgestellt?

Alberfelde, Spritzenhaus, An Soot 13

Bäk, Am Dorfgemeinschaftshaus, Dorfgemeinschaftshaus

Behlendorf, „Brinkhuus“, Am Brink 1

Buchholz, Knabjohann´s Scheune, Dorfstraße 30 (Nur 20.,21., 27. und 28. Juli)

Dargow, Feuerwehrhaus, Schaalseeweg 2

Dechow, Gläserne Molkerei, Meiereiweg 1

Demern, Petrikirche, Kirchsteig 2

Groß Grönau, Ev. Gemeindezentrum, Berliner Straße

Groß Sarau, Dorfgemeinschaftshaus (Erst ab 27. Juli)

Horst, Ortsteil Neu-Horst, Alter Gutshof, Alter Gutshof 6

Kittlitz, Dorfgemeinschaftshaus, Niendorfer Straße 2b

Kneese, Dorfgemeinschaftshaus, Hauptstraße 8A

Salem, Gemeindezentrum und Kulturscheune, beide Seestraße 44. Die Kulturscheune ist nur am 27. und 28. Juli geöffnet.

Seedorf, Sporthalle Seedorf, Dorfstraße

Sterley, Kulturzentrum „Alte Schule“, Alte Dorfstraße 35

Thandorf, Dorfgemeinschaftshaus, Dorfstraße, & Schaeperscheune, Alte Dorfstraße 13

Utecht, Dorfgemeinschaftshaus, Seeweg

Zarrentin am Schaalsee, Kloster Zarrentin, Kirchplatz 8

Ziethen, Pfarrscheune, Kirchstraße 21

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/07/15/doerfer-zeigen-kunst-ist-eine-marke/


 
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„Blauer Montag“ ohne blaue Lippen

Vielleicht ist es besser, dies für all jene, die nicht dabei waren, erstmal vorwegzuschicken: Nein, es ist niemand erfroren. Es gibt also keinen Grund, sich Sorgen um seine Angehörigen zu machen. Aber kalt war es zum Abschluss des KulturSommers am Kanal. Lausig kalt. Und ja: Mit dem „Blauen Montag“ fand das Festival ein kurzweiliges und gelungenes Ende. Mit anderen Worten: Wer den Weg in den Stadthauptmannshof angetreten hatte, musste sich warm anziehen – und brauchte sein Kommen nicht bereuen.

Weit mehr als 100 Besucherinnen und Besucher hatten sich im Garten der Kulturremise versammelt. Die Jacken bis zum Hals zugeknöpft lauschten sie den Darbietungen. Das von KulturSommer-Intendant Frank Düwel und seinem Team auf die Beine gestellte Programm erwies sich als ein perfektes musikalisches Ablenkungsmanöver. Mochten den Gitarristen auch die Finger klamm werden und den Sängern die Stimme heiser – das Publikum hing ihnen an den Lippen und spendete warmen Applaus.

Intendant Düwel offerierte an diesem Abend zunächst eine Art „Best of“ Lauenburgs Folk und „Beat’n’Dance“. Günter Klose und Lorenz Stellmacher zauberten mit Nyckelharpa und Schifferklavier unbekannte schwedische Melodien aus dem Hut. Liedermacher Klaus Irmscher zeigte sich mit einem satirischen Rap über kollektive Körperertüchtigung im Zeitalter des Smartphones auf Augenhöhe mit der Gegenwart, während Jörg-Rüdiger Geschke mit Bertolt Brechts „Lied von der Moldau“ die Vergänglichkeit ins Visier nahm. Dimitry Ivanov wiederum sang die russische Sehnsuchtshymne „Pozovi Menja“.

Dieses Lied bildete den Abschluss des ersten Programmteils und einen guten Anlass, blauen Lippen am „Blauen Montag“ vorzubeugen und ins Herrenhaus umzuziehen. Dort ging es nach einer kurzen Pause weiter – unter anderem mit „Beat’n’Dance“-Sänger und (Song-)Schreiber Helmut Hoffmann, der sein Gedicht „Die Relativität des Seins“ vortrug, und Auszügen der von Daniela Viktoria Kiesewetter inszenierten Operette auf dem Lande. Wie schon bei der Premiere in Segrahn begeisterten Ana Carolina Coutinho (Sopran), Dustin Droszdiok (Tenor), Darsteller Ingmar Grapenbrade und Pianist Andrey Denisenko mit Liedern wie Franz Lehárs „Dein ist mein ganzes Herz“ und Paul Abrahams „My golden Baby“.

Ein würdiges Finale für den „Blauen Montag“ und den KulturSommer. Wie 2018 sei die Marke von 20.000 Besuchern geknackt worden, freute sich Intendant Düwel. Ein besonderes Dankeschön richtete er an die Künstler, die ihre Ateliers geöffnet hatten, und an die Gemeinde Berkenthin für die gelungene Eröffnungsfeier an der Schleuse.

Schon jetzt steht fest, dass der KulturSommer am Kanal im kommenden Jahr in Büchen eröffnet und der Intendant Düwel heißen wird. „Hätten wir nicht so einen Menschen gefunden, wäre das Festival nur die Hälfte wert oder würde womöglich schon gar nicht mehr stattfinden“, hatte Wolfgang Engelmann, Vizepräsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg, Düwels Bedeutung für die Veranstaltung bereits zu Beginn des „Blauen Montags“ deutlich gemacht und offiziell die Verlängerung der Zusammenarbeit mit ihm um zwei weitere Jahre verkündet.

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Läuft in Horst

Läuft bei uns – macht Bürgermeister Jürgen Langhof klar. Nix anderes gibt Organisatorin Ursula Braun zu verstehen. Die Gemeinde Horst, die am Freitag, 19. Juli, offiziell „Dörfer zeigen Kunst“ eröffnet, hat alles im Griff.

Das Statement der Horster auf der offiziellen Pressekonferenz im Amt Lauenburgische Seen kommt nicht überraschend. „Dörfer zeigen Kunst“ geht bereits in die 16. Runde. In den Gemeinden, die mitmachen – in diesem Jahr sind es 19 – haben sich die Menschen längst gefunden. Als Künstler und Kunstaffiner im Ort kennt man sich mittlerweile untereinander, weshalb bei den Vorbereitungen immer auch ein Stück weit auf Routine zurückgegriffen werden kann.

Ein wichtiger Faktor ist zudem, dass sich auch auf übergeordneter Ebene längst sichere Arbeitsabläufe herausgebildet haben. Dafür verantwortlich ist Susanne Raben-Johns im Amt Lauenburgische Seen. Bei ihr laufen die Fäden zusammen, sie holt die Zusagen der Gemeinden ein, die bei „Dörfer zeigen Kunst“ dabei sein wollen. 2019 sind es Albsfelde, Bäk, Behlendorf, Buchholz, Dargow, Dechow, Demern, Groß Grönau, Groß Sarau, Kittlitz, Kneese, Salem, Seedorf, Sterley, Thandorf, Utecht, Zarrentin, Ziethen und – Horst als Gastgeber der Eröffnung.

Sehr angenehm sei die Zusammenarbeit mit Horst gewesen, lobt Raben-Johns und ist wie die Organisatoren davon überzeugt, dass die Auftaktveranstaltung – wie alles Weitere bei „Dörfer zeigen Kunst“ – ein Erfolg wird.

Gleichwohl ist die Organisation einer Eröffnungsveranstaltung immer noch mal etwas anderes als die Präsentation einer Ausstellung. Doch Bürgermeister Langhof und Organisatorin Braun lassen da – wie gesagt – während der Pressekonferenz nicht den leisesten Zweifel, dass an alles gedacht ist.

„Wir haben die Horster Feuerwehr und die Spiel- und Sportgemeinschaft Horst-Brunsmark mit im Boot“, entgegnet Langhof auf die Frage, ob es genügend helfende Hände gibt. Auch für Stellplätze sei gesorgt. Die Leute könnten die Parkplätze vom Theater im Stall nutzen. Bei schlechtem Wetter könne die Veranstaltung auch in der Scheune stattfinden. Um das leibliche Wohl würden sich die Gudower Landfrauen kümmern.

Übrigens: Die Eröffnungsfeier startet um 19 Uhr. Die Besucherinnen und Besucher dürfen sich dann nicht nur auf jede Menge Kunstwerke im Alten Gutshof freuen, sondern auch auf ein interessantes Rahmenprogramm. So sind die Drehorgelspieler Harald und Carola Kripgans zu Gast. Darüber hinaus gibt es ein Konzert mit dem Trio „Saitenbalg“.  Weitere Infos unter www.doerfer-zeigen-kunst.de.

„Dörfer zeigen Kunst“, Eröffnungsveranstaltung, 19. Juli, Alter Gutshof, Alter Gutshof 6, Ortsteil Neu-Horst, Horst, ab 19 Uhr

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/07/15/doerfer-zeigen-kunst-startet-mit-aktionen-vernissagen/
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Der KulturSommer bekennt Farbe

Zum Abschluss bekennt der KulturSommer am Kanal noch mal richtig Farbe: Intendant Frank Düwel bittet am 15. Juli zum „Blauen Montag“.   Im Möllner Stadthauptmannshof erwartet die Besucherinnen und Besucher dann ein Potpourri des Festivals. Der Eintritt ist frei. 

Ab 20 Uhr – bei gutem Wetter unter freiem Himmel – legen die Künstlerinnen und Künstler los. Ausschnitte aus ganz unterschiedlichen Programmbeiträgen schaffen überraschende künstlerische Begegnungen und Momente. Die Gäste können sich zudem gemeinsam an Erlebnisse während des mehr als vierwöchigen Festivals erinnern oder Bekanntschaft mit Akteuren machen, deren Auftritte sie verpasst haben. Künstlerinnen und Künstler wiederum haben die Gelegenheit, ihren Horizont zu erweitern und Programme und Projekte von Kollegen kennen zu lernen.

Neben all den vielfältigen und kurzweiligen Aufführungen dürfen sich die Besucherinnen und Besucher auf einen gemütlichen Plausch bei einem Glas Wein oder Bier freuen.

„Der Blaue Montag“, Abschluss des KulturSommers am Kanal, 15. Juli, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 20 Uhr, freier Eintritt

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Schlechte Zeit für Treueschwüre

Glotzt nicht so romantisch! Dem Publikum im Viehhaus Segrahn wird ganz schnell klargemacht, dass es hier und heute nicht zusammengekommen ist, um einem nostalgischen Ausritt ins frühe 20. Jahrhundert beizuwohnen. „LiebesEiferSucht“ – so der Titel der von Daniela Viktoria Kiesewetter konzipierten Operette – zeigt die männlichen Protagonisten schon nach wenigen Minuten in Frauenkleidern: Dustin Droszdiok (Tenor) in roter Robe, Ingmar Grapenbrade ganz in schwarz. Der Imperativ, der sich in diesem Anblick entfaltet, ist eindeutig: Die Moderne geht auch an der Operette nicht spurlos vorbei!

Dementsprechend werden auf der Bühne die Liebeshändel geschlechterunabhängig verhandelt. Anfangs steht auch Ana Carolina Coutinho (Sopran) im Kleid auf der Bühne. „Ich bin verliebt“, singt sie mit glockenklarer Stimme. Ja, ja, das ist romantisch und lädt zum Mitsummen und Mitfühlen ein, aber diese Liebe ist nur von kurzer Dauer. Ständig sind ihre Augen auf der Suche wie auch die der beiden anderen – Damen, Herren? Kein Liebesschwur mag das zu ändern. Wenn Droszdiok das große Geschütz auffährt und Franz Lehárs „Dein ist mein ganzes Herz“ schmettert, liegt die bürgerliche Liebe längst in Trümmern.

Es braucht dafür – außer den Arien und Liedern und wenige von Ingmar Grapenbrade alias „Der Andere“ zitierte Verse – keine Dialoge. Der Kosmos der Liebe besteht aus Augenaufschlägen und (zerrupften) Rosen – kurzum aus Posen.

Dieser Minimalismus wird nach der Pause ein wenig aufgeweicht, die Botschaft aber bleibt. Es weitet sich lediglich der Fokus der Liebeshändel. Die Darsteller fordern das Publikum zum Tanz auf. Andrey Denisenko mit Sonnenbrille am weißen Klavier spielt einen Walzer. Paare drehen sich im Kreis. Männer tanzen mit Männern, Darsteller mit Zuschauern, Frauen mit Frauen, Männer mit Frauen. 

 Droszdiok, Grapenbrade und Coutinho – zwischendurch wie auch ihre männlichen Kollegen in Herrenkleidern – wandern zwischen den Tischen umher. Die herausfordernden Blicke springen die Damen und Herren im Publikum an. Anmachsprüche schwirren durch den Raum. „Ich bin vom ADAC. Darf ich sie abschleppen?“ „Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick oder soll ich nochmal vorbeikommen?“ „Ich hatte einen schlechten Tag, aber ein Lächeln von Ihnen könnte das ändern.“

Zum Finale setzen sich dann alle noch mal gegenseitig mit Hilfe Paul Abrahams „My golden Baby“ die Hörner auf: „My golden baby, my beautiful baby, my darling, my sweetheart, my song is for you, it’s just for you.“

Das Publikum ist begeistert, klatscht und singt mit. Die mittels zwölf Liedern verschiedener Operetten erzählte Geschichte von der liederlichen Liebe hat wieder mal gezeigt: Der Mensch neigt zum Vergessen. Ein guter Song plus überzeugende Darsteller im Zusammenspiel mit einem guten Pianisten fegen jeden Gedanken an Betrug und Herzschmerz einfach hinweg. Die Romantik ist unverwüstlich.

Text: Helge Berlinke, Fotos: Antje Berodt

„Die Operette ist sehr ehrlich und direkt“

 

 

 

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„Tänze und Toccaten“

Die Reihe der Sommermusiken wird am Sonnabend, 6. Juli, mit „Tänzen und Toccaten“ im Ratzeburger Dom fortgesetzt. Gespielt werden sie von Domorganist Christian Skobowsky. Das Konzert beginnt um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Christian Skobowsky, Hausorganist und künstlerischer Leiter der Konzertreihe, stellt im Rahmen des Konzertes zwei seiner Orgeln vor. Eingangs erklingt die berühmte Toccata d-Moll von Johann Sebastian Bach. Ein Intermezzo Wolfgang Stockmeiers über ein Bild des katalanischen Malers Joan Miro bezieht beide Orgeln ein. Die Georgsberger Organistin Ulrike Borghardt-Sohns übernimmt den alternierenden Part.

Weitere Toccaten frühbarocker Komponisten sowie von Theodore Dubois und Charles-Marie Widor sind verwoben mit Werken, die auf Tanzsätze wie Menuett (Alexandre Guilmant), Gigue (Wolfgang Amadeus Mozart) oder Galliard (Tabulaturbuch von Lösce, Ungarn) zurückgehen, sowie Tschaikowskys Tanz der Rohrflöten (Nußknacker-Suite).

Am Abend des Konzerttages sind ab 22.30 Uhr im Rahmen der Nächtlichen Dombegehung mit Domprobst Gert-Axel Reuß gregorianische Gesänge zu hören, ausgeführt von der Choralschola St. Nicolai Mölln unter Leitung von Raphaël Arnault.

„Tänze und Toccaten“, Konzert, 6. Juli, Ratzeburger Dom, Domhof 35, Ratzeburg, 18 Uhr, freier Eintritt

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„Die Operette ist sehr ehrlich und direkt“

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel heißt es in diesen Tagen für Daniela Victoria Kiesewetter. Gerade hat die 21-Jährige für den KulturSommer am Kanal die Operette „LiebesEiferSucht“ inszeniert (6. Juli, Viehhaus Segrahn), da steht ihr schon der nächste Job ins Haus. An der Deutschen Oper Berlin übernimmt sie die Assistenz für Stefan Herheims Neuinszenierung vom „Ring des Nibelungen“. Bevor sie sich in das neue Abenteuer stürzen kann, sprach Kulturportal-Herzogtum.de mit ihr über ihre Regiearbeit für „LiebesEiferSucht“.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Kiesewetter, das Stück „LiebesEiferSucht“, das Sie für den KulturSommer am Kanal inszeniert haben, ist eine Operette. Sind Sie mit dem Genre vorher schon mal in Berührung gekommen?

Daniela Victoria Kiesewetter: Kaum, bisher habe ich mich vorwiegend mit Opern und modernen Musiktheaterformen beschäftigt. Die Operette war ein Bereich des Musiktheaters, der sich mir zunächst nicht erschlossen hat.

KP: Warum nicht?

Kiesewetter: Ich hatte eine voreingenommene Haltung. Die Operette war für mich im Gegensatz zur Oper mehr mit einer affektierten Liebe verbunden. Sie zieht mich in eine Welt hinein, die mir zu nett und oberflächlich erschien. Ich habe der Operette nicht geglaubt. Aber schon in der konzeptuellen Vorarbeit hat mich die Gattung schnell überrascht, denn hinter der ausgelassenen Fassade steckt eine erfrischende Ehrlichkeit.

KP: Der Regieauftrag für den KulturSommer am Kanal ließ Ihnen in diesem Fall keine Wahl. Wie haben Sie sich der Aufgabe genähert?

Kiesewetter: Ich habe mir viele verschiedene Operetten angehört und durchgelesen. Was mich überrascht hat: Ich habe dabei immer den gleichen Nenner gefunden. Das hat mein Interesse geweckt.

KP: Was verstehen Sie unter dem „gleichen Nenner“?

Kiesewetter: Immer wieder die gleichen Konflikte: eine scheinbar heile Liebeswelt wird in Frage gestellt. Es gibt eine Beziehung, eine Intrige und einen Betrug. Die Partner fangen an, sich auszuprobieren, um am Ende wieder beieinander zu landen. Sie erlangen dadurch ein höheres Bewusstsein für sich und die Anderen.

KP: Ein Muster.

Kiesewetter: Ein realistisches Beziehungsmuster. Wir als Publikum können uns gut mit den Figuren identifizieren. Die Operette ist sehr ehrlich und direkt. Hier zeigt sich das Wesen der Operette. Sie war schon immer mit der leichten Rhythmik, dem Tanz und der Liebesgeschichte für alle zugänglich.

KP: Hört sich an, als wäre die Operette das Musical des 19. Jahrhunderts gewesen.

Kieswetter: Die Entwicklung zum heutigen Musical war fließend. „My fair Lady“ befindet sich beispielsweise genau dazwischen. Die Operette hat verschiedene Tanz- und Musikformen aufgenommen. In Berlin war es der Jazz, in Wien der Walzer. Dadurch entstand das Gefühl, bei einem gesamtgesellschaftlichen Event dabei zu sein.

KP: Kommen wir zu Ihrer Inszenierung „LiebesEiferSucht“ – ein Potpourri. Worauf darf sich das Publikum freuen?

Kiesewetter: Die Operetten zeigen Varianten von Beziehungen. Wir haben jeweils eine Szene kreiert, die eine Beziehungskonstellation widerspiegelt. Daraus hat sich eine interessante Reihenfolge ergeben. Wenn man Charaktere hat, die auf der Bühne miteinander funktionieren, lassen sich Beziehungen immer wieder neu erleben und verhandeln. Das ist essentiell für Theater.

KP: Sie sagten, dass die „Charaktere miteinander funktionieren“? Wie kann ich mir das Spiel auf der Bühne vorstellen?

Kieswetter: Die Figuren versuchen miteinander zu kommunizieren und sich gegenseitig zu verführen. Die Besetzung besteht aus drei Leuten, dem Sopran, dem Tenor und dem Anderen. Sobald wir über zwei in einer Beziehung reden, bleibt eine Person außen vor. Spannend ist, zu beobachten, ob die Dritte die Beziehung unterstützt oder boykottiert.

KP: Das klingt, als würden die Darsteller improvisieren.

Kiesewetter: Wenn wir uns einem bestimmten Beziehungstyp widmen, gibt es festgelegte Regeln bezüglich der Art und Weise der Kommunikation. In den Proben haben wir genau das erforscht. Aber es kann sein, dass die Darsteller bei der Premiere anders zu ihrem Ziel kommen. Es handelt sich ja um echte Menschen, die sich im Leben immer wieder selbst hinterfragen müssen: Bin ich gerade mit der Person zusammen, mit der ich zusammen sein will oder führe ich eine Beziehung mit dieser Person, weil andere das von mir erwarten? Dementsprechend wird die Position der Charaktere auf der Bühne jedes Mal neu verhandelt. Sie stehen immer in Konkurrenz zueinander oder unterstützen sich gegenseitig.

KP: Kommen wir zur Musik. Welche Funktion hat sie in Ihrer Inszenierung?

Kiesewetter: Die musikalischen Einlagen sind keine Unterbrechungen. Wenn die Menschen anfangen zu singen, dann geschieht dies aus einem hohen Bedürfnis heraus. Es ist eine Art des Kommunizierens. Die Musik erklingt, weil sich die Charaktere beispielsweise weiterentwickeln.

KP: Wie steht es um die Stückauswahl? Was wird am 6. Juli gesungen?

Kiesewetter: Populäre Lieder wie „Lippen schweigen“ oder „My golden Baby“ von Franz Léhar und Paul Abraham, aber auch unbekanntere Songs wie „Meine Liebe, deine Liebe“. Das Publikum wird also eine spannende Auswahl erleben, vom Ursprung der modernen Operette über die Wiener Operette bis hin zur Berliner Operette.

KP: In einer ersten Ankündigung hieß es, dass anlässlich seines 200. Geburtstages auch etwas von Jacques Offenbach, dem Begründer der Operette, zu hören sein wird.

Kiesewetter: Offenbachs Stücke eignen sich leider nicht in Kombination mit anderen Werken. Sie sind außerordentlich komplex. Offenbachs Kosmos ist eine Welt, in die man eintreten kann, die sich aber schwierig mit anderen vereint.

KP: Frau Kiesewetter, ich danke Ihnen für das Gespräch.

„LiebesEiferSucht“, Operette, 6. Juli, Viehhaus, Ortsteil Segrahn, Hofweg 10, Gudow, 20 Uhr, Kartenvorbestellung unter Tel. 04542-87000 oder info@kultursommer-am-kanal.de


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Frank Düwels Geschichte vom Ende der Kindheit

Wenn die Teddys und der letzte Papierflieger im Gras gelandet sind, ist es vorbei mit der unbeschwerten Kindheit. Die Welt entpuppt sich von einem Moment auf den nächsten als eine andere. Eben war man noch Junge oder Mädchen. Und nun? Was ist man nun?

Der Kammerchor des Mönchsee-Gymnasiums Heilbronn ist unter der Leitung von Claus Hutschenreuther im Möllner Kurpark aufmarschiert. Die Schüler tragen alle Jeans und weiße Hemden. Mit dieser Uniform macht Regisseur Frank Düwel den rund 250 Zuschauern deutlich, dass sein bereits auf der Bundesgartenschau Heilbronn gespieltes Musiktheater-Stück „In den Gärten“ das Kollektiv in den Mittelpunkt stellt. Düwel zeigt, wie der junge Mensch aus der Kindheit vertrieben und in die Pubertät verstoßen wird. Eine irritierende Erfahrung – für jede und jeden. Plötzlich gerät etwas in Fluss, von dem man bis hierhin gar nicht wusste, dass es das gibt.

Treibstoff für das Geschehen ist die vom renommierten Komponisten Jochen Neurath geschriebene Musik, gespielt von der Bläsergruppe des Möllner Marion-Dönhoff-Gymnasiums. Plötzlich sind sie da die Bläser, rücken näher, drängen sich auf und befeuern mit Fanfaren das Aus für die Teddys. Die neue Zeit braucht neue Musik. Ein Saxofon liefert sie. Die jungen Leute tragen nun weiße Augenbinden. Sie drehen sich, winden sich, suchen tastend den Weg unter ihresgleichen. Fanfaren, gefolgt von „Aaas“ und Ooos“, künden von neuen Erkenntnissen.

Die Augenbinden fallen ins Gras. Vertrauen sprießt. Für einen Moment scheint das Leben wieder in einen Takt zu kommen. Doch das erweist sich als Trugschluss. Zwei Gruppen formieren sich. In Habachtstellung stehen sie einander gegenüber. Emotionen stürmen die Gesichter. Die Blicke sind bohrend. Man kommt sich näher – die Eskalation naht, Hände greifen nach einander – jetzt – jetzt!

Aber auch das vergeht. Die Handgreiflichkeiten münden in einer Paarbildung. Die Bläser spielen zum Tanz auf. Jungen und Mädchen heben – wenn auch ein wenig ungelenk – Arme und Beine. Sie feiern eine Versöhnung mit dem Leben. Sie singen. In der Hochstimmung nehmen sie noch einmal den Teddy zur Hand. Der engste Freund der Kindheit ist nun nicht mehr als eine stille Erinnerung.

Umso lauter fällt der Beifall des Möllner Publikums für die Aufführung im Rahmen des KulturSommers aus. Im Falle der Heilbronner Schüler um ihren Lehrer ist es auch die Anerkennung für beeindruckende Leistungen, die der Nachwuchs den Zuschauern vor „In den Gärten“ gezeigt hatte. Im Rahmen eines musikalischen Parkrundgangs hatten sie unter anderem Volkslieder sowie Auszüge aus Glucks „Orfeo et Euridice“ gesungen.

Text: Helge Berlinke, Fotos: Antje Berodt

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„Landschaft hat Einfluss auf den Verlauf der Geschichte“

Am 21. und 22. Juni sticht das Kanu-Wander-Theater-Publikum von der Schmilauer Brücke aus „in See“, um die Aufführung von „Von Meerjungfrauen, Nixen und Wassermännern“ zu erleben. Zehn Mal wird das Stück zu sehen sein. Das bedeutet: Pro Tag machen sich jeweils fünf Gruppen auf den Weg. Für Kerstin Steeb ist es die sechste und letzte Kanu-Wander-Theater-Inszenierung. Die Musiktheater-Regisseurin, die an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg studiert hat, beendet ihr Engagement für den KulturSommer am Kanal. Im Interview mit Kulturportal-Herzogtum.de spricht sie über ihre Leidenschaften und die Besonderheiten des Kanu-Wander-Theaters.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Steeb, das Kanu-Wander-Theater ist ein außergewöhnliches Veranstaltungsformat und ein Flaggschiff des KulturSommers am Kanal. Seit sechs Jahren machen Sie die Regie. Wie sind Sie zu dieser besonderen Aufgabe gekommen?

Kerstin Steeb: Frank Düwel* hat mirdas Vertrauen entgegengebracht und mich gefragt, ob ich das Format übernehmen möchte. Bis dahin hatte er das Kanu-Wander-Theater ja selbst inszeniert. Im ersten Jahr war er noch eine Art Mentor für mich. Das war ein bereicherndes konzeptionelles Miteinander. Wir haben uns darüber ausgetauscht, wie diese Art Theater und seine Strukturen funktionieren.

KP: Sie sind Regisseurin und haben ein Diplom in Sportwissenschaft. Die schönen Künste und die Bewegung – das passt an dieser Stelle…

Steeb: Das Kanu-Wander-Theater führt tatsächlich zwei Leidenschaften von mir zusammen. Neben dem Theater waren das schon immer die Natursportarten. Im Studium habe ich mich besonders für das Kajakfahren interessiert. Die zweite Generalprobe führe ich paddelnd vom Wasser aus durch, das ist in meinem Arbeitsalltag einzigartig.

KP: Was ist das Besondere am Kanu-Wander-Theater?

Steeb: Neben der Leidenschaft für Wasser muss man Lust haben, mit Menschen allen Alters zu arbeiten, die das nicht hauptberuflich machen. Ich persönlich empfinde das als schöne Herausforderung und Bereicherung.

KP: Arbeiten Sie ausschließlich mit Laienschauspielern?

Steeb: Nein. Einige Szenen sind mit Profis gespickt – sie helfen, das Niveau der anderen noch weiter hochzuziehen. Für Opernsänger ist es im Übrigen noch mal eine ganz andere Erfahrung, wenn sie übers Wasser singen und es zu ihnen zurückschallt. Oder wenn sie Wind und Wetter ausgesetzt sind oder mutterseelenallein unter einer Brücke ausharren müssen.

KP: Wie kann ich mir die Regiearbeit für eine Kanu-Wander-Theater-Aufführung vorstellen? Worauf legen Sie wert?

Steeb: Mit an die 100 Beteiligten ist das Kanu-Wander-Theater ein großes Projekt und sehr komplex. Dies ist schon bei der Textauswahl zu berücksichtigen. Das Stück muss auf die Menschen und die Orte zugeschrieben werden. Dementsprechend schreibe ich die Textvorlage um und kürze sie. Die Regiearbeit ist in diesem Fall ausufernder, als in manch anderen Engagements. Das macht jedoch auch den Reiz aus.

KP: Gibt es da bestimmte, unabhängig von der jeweiligen Vorlage existierende Kriterien?

Steeb: Grundsätzlich darf die Inszenierung nicht so textlastig sein. Beim Kanu-Wander-Theater kommt es mehr auf Musik, Klänge und die Atmosphäre an. Mittlerweile weiß ich, was in der Landschaft gut funktioniert. Ich passe die Geschichte an den Verlauf der Orte an. Der Verlauf der Landschaft kann großen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte haben. Das versuche ich zu nutzen.

KP: Apropos Landschaft. Wie steht es beim Kanu-Wander-Theater um die „Bühnengestaltung“?

Steeb: Auch die ist komplex, weil es um die Kombination von Spielorten geht. Jede Station ist eine andere Bühne. Praktisch heißt das, dass ich erstmal durch die Gegend fahre, die Schulen und Chöre etc. aus der Region besuche, um sie einzubinden. Die Inszenierung muss ja für alle machbar sein.

KP: Das hört sich nach einem hohen Zeit- und Organisationsaufwand an. Noch mal zurück zu meiner Frage: Wie gestalten Sie am Aufführungstag die Bühne(n)?

Steeb: Wir bauen keine Bühne. Der Ort ist die Bühne. Wir arbeiten nur mit dem Körper, der Stimme und den Kostümen. Vielleicht spannen wir mal ein Seil und arbeiten mit ein paar Requisiten. Aber das sind nur Spielereien. Wir lassen uns von dem inspirieren, was da ist. Bei ‚Romeo und Julia‘ haben wir eine Szene zwischen zwei Brückenresten gespielt und Romeo mit Hilfe des Publikums auf die andere Uferseite zum Capulet-Ball bringen lassen. 

KP: Wie kann ich mir die Probearbeit vorstellen?

Steeb: Wir proben drei Monate in Gruppen, so wie sie es brauchen. Man muss sich den roten Faden vorab vorstellen. Die erste Generalprobe erfolgt dann im Stadthauptmannshof. Da erleben sich alle Schauspieler dann erstmals und auch das letzte Mal gegenseitig.

KP: Sie proben also nicht im oder am Wasser?

Steeb: Mit wenigen proben wir direkt am Originalort, da wir dann auf das Wetter angewiesen sind. Andere Szenen müssen vor Ort geprobt werden, da sie ans Wasser gebunden sind. Wir hatten schon Darsteller, die in den See springen, schwimmen oder sogar Taucher vom DLRG Ratzeburg dabei.

KP: Spätestens nach der Generalprobe müssen dann aber alle Beteiligten ran oder auch rein ins Wasser. Wie erleben Sie die Premiere?

Steeb: Etwas Komplexeres als den Aufführungstag gibt es nicht. Für eine Regisseurin ist das eigentlich schrecklich. Zum Teil läuft das Stück schon und an der letzten Station ist der Schauspieler noch nicht einmal vor Ort. Einige sind ja berufstätig und fahren freitags** mit heißem Reifen von der Arbeit weg.

KP: Das Kanu-Wander-Theater als eine Reise ins Ungewisse…

Steeb: So weit würde ich nicht gehen. Wir haben ja immer alles durchgeplant. Aber oft kommt dann doch einiges anders. Etwa weil man eine Station plötzlich nur noch mit Antimückenspray und Machete in der Hand erreichen kann.

KP: Das alles erleben Sie nun zum letzten Mal.

Steeb: Ja, und ich werde das sehr vermissen. Keine meiner Arbeiten ist so sehr sich selbst genügend. Das Kanu-Wander-Theater ist meine absolute Leidenschaft.

KP: Warum hören Sie dann auf?

Steeb: Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen kann es nur belebend sein, frischen Wind in das Kreativteam zu bringen. Zum anderen zieht es mich beruflich voran. Ich werde unter anderem eine selten gespielte Oper im Lichthof Theater zur Aufführung bringen und mich ziehen Engagements für spannende und große Opern-Inszenierungen an das Theater Hagen und Lüneburg.

KP: Frau Steeb, vielen Dank für das Gespräch.

*Intendant des KulturSommers am Kanal

**Das Kanu-Wander-Theater fand bislang immer freitags statt. 2019 gibt es erstmals auch an einem Sonnabend (22. Juni) Aufführungen.

„Von Meerjungfrauen, Nixen und Wassermännern“, Kanu-Wander-Theater, Schaalseekanal, ab Schmilauer Brücke, 21. Juni ab 15 Uhr, 22. Juni ab 11 Uhr