Die Corona-Krise legt auch das plattdeutsche Kulturleben lahm. Viele Lesungen, Konzerte und Vorträge mussten zuletzt abgesagt werden. Damit die Plattschnacker in dieser schwierigen Zeit nicht auf ihre Spraak verzichten zu müssen, hat das Zentrum für Niederdeutsch in Holstein auf seiner Homepage eine kleine „Mediathek“ mit selbstproduzierten kostenlosen Beiträgen eingerichtet. Unter der Rubrik „Podcast“ finden sich aus der Reihe „Plattfunk“ vier kleine dialogische Hörstücke. In ihnen schnacken Zentrumsleiter Thorsten Börnsen und Mitarbeiter Nikos Saul über Gott und die Welt, und zwar jeweils einer auf Hoch- und der andere auf Plattdeutsch.
In der jüngsten Folge geht es zum Beispiel um Entdeckungen in Eutin bei Regen, einen Ladenbummel durch das Dithmarscher Landesmuseum in Meldorf und einen Besuch im Lübecker Willy-Brandt-Haus. Der Podcast bietet durch seine Zweisprachigkeit auch den Hörern einen Einstieg, die sich im Plattdeutschen noch nicht ganz sicher fühlen, aber neugierig auf die Sprache sind.
In der Abteilung „Videos“ sind verschiedene Musikvideos versammelt, die aus der Kooperation „Platt together“ mit den niederländischen Partnern des Zentrums hervorgegangen sind. Entstanden sind Songs, die nicht nur Hip-Hop mit Pop- oder Rockmusik verbinden, sondern auch ganz verschiedene plattdeutsche Dialekte. Mit dabei ist zudem ein Lernvideo zum Thema „Fröhstück op Platt“ und Beiträge des plattdeutschen Songcontests „Plattbeats“.
20 kleine Texte, die sich mit alltäglichen Geschichten ebenso beschäftigen wie mit den Dingen, die im Großen in der Welt vor sich gehen, sind unter der Rubrik „Texte“ zusammengefasst. Das Zentrum wird darüber hinaus insbesondere während der Corona-Krise seine Online-Angebote regelmäßig aktualisieren und neue Beiträge auf die Website stellen. Es lohnt sich also, immer mal wieder reinzuschauen. Mit diesem Angebot möchte das Niederdeutschzentrum – trotz der schwierigen Umstände – für ein bisschen Spaß, Unterhaltung und Information op Platt sorgen. Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.
Zur kleinen „Mediathek“ des Zentrums für Niederdeutsch in Holstein geht es hier.
Obwohl es auch im Ratzeburger Dom keine Gottesdienste, Konzerte und Chorproben gibt, klingt der Dom. Die Bewohner des Organisten-Hauses haben Ostermusik eingesungen und -gespielt. Die musikalischen Fragmente der Osternacht, bestehend aus Orgel- und Chormusik, Gregorianischen Gesängen und Osterliedern zum Mitsingen, können unter www.ratzeburgerdom.de in den kommenden Wochen der Osterzeit nachgehört werden.
[vc_row][vc_column][vc_column_text]Stell dir vor, es ist Ausstellung und keiner sieht hin. Das möchte die Stiftung Herzogtum Lauenburg für die Kunstschau „Vier Frauen – vier Perspektiven“ unbedingt vermeiden. Zu gehaltvoll, zu wertvoll und zu abwechslungsreich sind die Werke, die Birke Kästner, Ute Wilke, Marianne Schäfer und Anke Meixner den Kunstfreunden im Stadthauptmannshof (Mölln) zeigen wollten. Deshalb gibt es jetzt einen kleinen Film mit erklärenden Worten von Kuratorin Antje Ladiges-Specht, die dem Wesentlichen dieser versammelten Kunst nachspürt.
…über die brach liegende Ausstellung: „Das ist natürlich enttäuschend, dass sie niemand sehen kann. Aber ich bin dankbar für die schöne Eröffnung – auch für den Zuspruch, den wir bekommen haben. Mit einer Freundin bin ich in der Woche danach noch mal durch die Ausstellung gegangen. Das sind so schöne Räume und die Räume und die Dinge – gerade auch die Arbeiten von Birke Kästner und mir – passen so gut zusammen.“
…über ihren Umgang mit der Kontaktsperre: „Einerseits habe ich die Ruhe genutzt und mich in meiner Papierwerkstatt vergraben. Andererseits sind die Existenzängste da. Wenn man nichts zeigt, kauft auch niemand was.“
Ute Wilke…
…über die brach liegende Ausstellung: „Das ist schon schade. Es steckt ja viel Herzblut drin. Ich hatte unmittelbar vor der Vernissage noch drei Arbeiten fertiggemacht. Auf der anderen Seite habe ich vor diesem Virus aber auch Respekt. Ich gehöre ja auch mit zur älteren Generation. Ich denke, die Entscheidung seitens der Regierung ist richtig, dass man Versammlungen meidet. Ich sehe mich da als eine von vielen, die ein Opfer bringen muss.“
…über ihren Umgang mit der Kontaktsperre: „Zum einen beobachte ich das Weltgeschehen, die Natur – die ganzen Zusammenhänge. Die Situation ist ja auch ein Spiegel dessen, wie wir mit der Natur umgehen, wie wir beispielsweise Tiere essen. Ansonsten bin ich im Moment nur im Garten. Wenn ich den so weit habe, gehe ich wieder ins Atelier.“
Birke Kästner…
…über die brach liegende Ausstellung: „Man ist total traurig, weil es so eine wunderschöne Ausstellung ist, weil so viel Mühe und Arbeit dahintersteckt. Die Situation ist wirklich schwer aushaltbar. Ich hatte gehofft, dass man sich die Ausstellung weiterhin ansehen kann. So viele Menschen würden ohnehin nicht auf einmal hineingehen.“
…über ihren Umgang mit der Kontaktsperre: „Das fällt mir nicht so schwer. Es ist ja fast ein natürlicher Zustand als Künstler, dass man sich seinen Rückzugsraum schafft. Da ändert sich nicht viel, weil jetzt der Alltag fehlt. Der Stillstand macht auf jeden Fall etwas mit einem. Für die künstlerische Arbeit ist er eher befruchtend – ein Geschenk.“
Marianne Schäfer…
…über die brach liegende Ausstellung: „Ich bin schon etwas deprimiert. Das ist eine so gelungene Ausstellung – und eine sehr frauliche, wie ich finde. Man fragt sich jetzt, wie soll es weitergehen. Aber das gilt ja für viele Kulturschaffende, egal aus welcher Richtung.“
…über ihren Umgang mit der Kontaktsperre: „Momentan mache ich keine Kunst. Das blockiert mich total. Es ist ja nicht nur diese Ausstellung. Man weiß auch nicht, was mit dem Kultursommer ist. Da findet bei uns ja auch immer eine Ausstellung statt. Dafür habe ich schon eine Idee. Die Hälfte davon habe ich gefertigt, die andere Hälfte liegt brach. Mir fehlt da einfach der Mut.“
Seit 2018 gibt es unter dem Dach der Stiftung Herzogtum Lauenburg die Literaturwerkstatt für Nachwuchsschriftstellerinnen und Nachwuchsschriftsteller. Anstoß für die Gründung war der Schreibwettbewerb „Wanted Junge Autor*inn*en“. Nun liegt ein weiterers Ergebnis dieses Wettstreits auf den Tisch: Das Buch „Wanted Junge Autor*inn*en“ mit den Gewinnertexten der Jahre 2018 und 2019. Es ist ab sofort bei der Stiftung HerzogtumLauenburg und in einigen Buchhandlungen der Region erhältlich. Zudem kann das Buch Wanted Junge Autor*inn*en“ beim Osburg Verlag nachbestellt werden. Anbei eine Kurzreportage aus der Literaturwerkstatt.
Thies ist fertig mit seinem Text. Wohin mit sich jetzt? Sein Blick wandert zur Decke. Dort oben ist er fix. Die anderen brüten noch über ihrem Papier. Die Kulturremise ist in diesem Moment Ort der stillen Konzentration. Ohne sie keine Ode an die Worte, die Hannah Rau – die die von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufene Literaturwerkstatt leitet – hier regelmäßig anstimmen lässt.
Anabel, Magdalena und Meike schreiben an einem Akrostichon.
„Kennst du nicht, ne?“ fragt Hannah den Redakteur. Nöö. Keine Ahnung. Nie
gehört. Klingt sperrig, ist aber ziemlich simpel. Es ist ein Gedicht oder Text,
bei dem die Buchstaben der Zeilenanfänge ein Wort ergeben.
Thies hat ein Gedicht geschrieben. „Tage wie diese“,
liest er.
„Heute“
„Irgendwie seltsames“
„Esoterisches Verlangen“
„Schreiben, schreiben bis die Welt
auseinanderbricht“
„Das Esoterische passt gar nicht zu dir“, findet Hannah.
Thies widerspricht nicht. Sein Text bringt ihn nach Hause. „Immer wenn ich
etwas schreibe, höre ich: Ich verstehe das nicht.“
„Aber du versuchst es immer wieder“, sagt Hannah.
„Meiner Familie fehlt das literarische Verständnis. Dabei
verschlingt mein Vater viele Bücher.“
„Wem lest ihr in der Familie vor?“ fragt Hannah.
„Ich lese keine Texte vor. Aber wenn, dann würde ich zu
meiner Mutter gehen“, meint Anabel.
„Ich gehe zu meinem Papa“, stellt Magdalena klar, die mit
Abstand die Jüngste in der Runde ist. Meike und Anabel sind schon volljährig,
Thies ist 16. Magdalena hat offensichtlich ein Faible für Tiere: Maus, Affe,
Giraffe, Dachs, Ameise, Lachs, Ente, Nashorn
und ein Alloliton haben sich bei ihr auf dem Papier versammelt.
Alloliton? „Das ist ein Tier, das im Herzen Afrikas zu
Hause ist.“ Nie gehört. Thies zückt sein Handy. Gibt es nicht. Reingelegt!
Magdalena lacht.
Anabel und Meike sind bei sich selbst gelandet. Wer bin ich?
Was bin ich? Niemals gemein, Alles andere als engstirnig, Bodenständig,
Einfühlsam, Loyal steht auf Anabels Zettel. Meike verbindet ihre
ausgemalten Großbuchstaben mit den Attributen Musikalisch, Ehrgeizig,
Italienverliebt, Kreativ, Erzieherin.
„Akrostichon macht Spaß“, stellt Hannah fest. „Vor allen
Dingen, wenn man nicht weiß, was man schreiben soll.“
Was die Arbeit mit ihren Nachwuchsliteraten angeht, gehen
ihr die Ideen offensichtlich nicht aus. Schon jetzt steht fest: Wenn der Frühling
kommt, möchte sie mit der Gruppe rausgehen. Über Till würde sie gerne schreiben
lassen. Zum Beispiel. Jetzt aber ist erst einmal Zeit für ein Ungeheuer. Lange
nichts gehört von Nessi. Ist der Klimawandel schuld? Die Umweltverschmutzung? Der
Brexit? Wo ist das schottische Ungeheuer hin? Ist es vielleicht hier – im
Schulsee?
Anabel, Magdalena, Meike und Thies nehmen die Stifte in die Hand. Die Kulturremise verwandelt sich wieder in einen Ort der stillen Konzentration. Geschichten wollen gefunden und erfunden werden. Die Vier machen, was sie so gerne tun – sie schreiben. Es ist Zeit für die nächste Ode an die Worte.
Dass man ein privilegierter Mensch ist, begreift man gemeinhin erst dann, wenn die Privilegien plötzlich verschwunden sind. Die schönen Seiten des Lebens verwandeln sich allzu schnell in Selbstverständlichkeiten und manchmal werden sie uns gar lästig. Essen gehen – Schon wieder? Das nächste Feuerwehrfest? Keine Lust. Ein Klassikkonzert – morgen? Nein, danke.
Zugegeben. Die Privilegien haben in einer Gesellschaft wie der unseren durchaus das Zeug, einen Menschen in den Overkill zu zwingen. Doch von 100 auf 0 zu kommen, wie es Covid-19 gerade auferlegt, ist auch kein Vergnügen.
Nun habe ich das Glück in diesen Tagen, wo uns die Gewissheiten und Selbstverständlichkeiten wie Sand durch die Finger gleiten, ein Privileg zu besitzen. Ich habe den Zugang zur Ausstellung „Vier Frauen – vier Perspektiven“. Der Schlüssel für das Herrenhaus der Stiftung Herzogtum Lauenburg half mir nicht nur bei der Arbeit am Thema der Woche, er gab mir auch die Chance für ein beständiges Stelldichein mit der Kunst.
So wandelte ich vergangene Woche unter Skulpturen, Bildern und Gefäßen. Ich filmte und fotografierte. Ich arbeitete. Sicher. Und doch fing die Kunst mich ein. Ute Wilkes Kolkrabe, der bunte Hahn, die vielen Vogelaugen, die Blicke, die einem nachsehen. Marianne Schäfers Wasservögel mit den langen Schnäbeln, wiedergegeben mit klaren Linien und Formen. Ein Fest der Harmonie aus porigem Holz. Ein paar Meter weiter dann ihre unruhigen Zwitterwesen. Halb Vogel, halb Mensch. All das wirkt in mir nach, ist mittlerweile so vertraut, dass die Objekte sich inzwischen anfühlen wie gute, alte Bekannte.
Nicht anders erging es mir mit den Werken von Birke Kästner und Anke Meixner, die im Foyer und im Seminarraum des Herrenhauses ihre Kunst ausgestellt haben. Meixners handgeschöpftes japanisches Papier, das zum symbolischen Grab für die Insektenwelt geworden ist, lässt sich nicht so ohne Weiteres beiseiteschieben. Einmal in meinem Sinn und Verstand ist es gekommen, um zu bleiben. Die Wesen, die nach uns sind, sagt die Künstlerin, sollen sich erinnern!
Ähnlich weit von der zeitlichen Dimension scheint auch Kästners Blick zu gehen. Ihre Keramikkunst gibt einem das Gefühl per Zeitmaschine in der Antike gelandet zu sein…
Ich weiß. Es ist nur ein Gefühl. Entstanden aus einem Privileg, während draußen Covid-19 sein Unwesen treibt.
Ostern – das Fest der Wiederauferstehung naht. Nur: in diesem Jahr ist alles anders. Die Kirchentüren bleiben verriegelt. Die traditionellen Gottesdienste fallen aus. Wie alle anderen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens sind auch den Kirchengemeinden die vertrauten Abläufe abhandengekommen. Das gewohnte Miteinander war gestern. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Pastorin Hilke Lage (Mölln) über Ostern in Zeiten der Kontaktsperre. Das Telefoninterview haben wir aufgezeichnet.
Übrigens: Unter dem #LiveLine lädt der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg Festgottesdiensten ein, die per Live-Stream auf Youtube übertragen werden. Am Karfreitag, 10. April, predigt um 15 Uhr Pröpstin Petra Kallies. Am Ostersonntag, 12. April, um 10 Uhr wendet sich Pröpstin Frauke Eiben an die Gemeinde.
Viele Pastorinnen und Pastoren aus der Propstei Lübeck und der Propstei Lauenburg senden zudem am Ostersonntag eine Video-Botschaft an die Gläubigen. Auf der YouTube-Seite des Kirchenkreises sind die „Osterworte“ in einer eigenen Playlist gesammelt.
Weithin sichtbar sind die Kirchtürme auch in Zeiten von Corona und Kontaktverbot. Sie werden zu Botschaftern der Hoffnung: „Bleib behütet“ und „Sei getrost“ stehen in großen Buchstaben auf Bannern, die nach und nach an vielen Kirchen und Häusern der Gemeinden in der Propstei Lauenburg angebracht werden.
Unter dem Motto „Ostern Zuhause“ ist die Kirchengemeinde Siebeneichen aktiv. Sie wartet mit kleinen Andachten und Aktionen auf. Aus Lübeck werden zudem fünf Gottesdienste im Radio übertragen. Der Offenen Kanal Lübeck FM 98,8 sendet: Karfreitag um 10 Uhr vom Lübecker Kreuzweg aus St. Jakobi. Mit dabei sind Bischöfin Kirsten Fehrs, Erzbischof Stefan Heße, Propst Christoph Giering, die Pastoren Kathrin und Lutz Jedeck sowie Björn Engholm.
Ebenfalls am Karfreitag predigen die Marienpastoren Robert Pfeifer und Inga Meißner. Der Gottesdienst beginnt um 15 Uhr – zur Sterbestunde Jesu.
Die andere Osternacht wird am Sonnabend, 11. April, ab 22 Uhr aus St. Jakobi mit den Pastoren Kathrin und Lutz Jedeck übertragen. Den Schlusspunkt bildet am Ostersonntag, 12. April, der Festgottesdienst aus dem Dom mit den Pastoren Margrit Wegner und Martin Klatt.
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Ottonen, Staufer, deutscher Widerstand, deutsche Teilung – Lothar Obsts Expertise im Bereich der deutschen Geschichte ist breit gestreut. Dies dokumentiert er Jahr um Jahr mit seinen Vorträgen und Exkursionen, die er für die Stiftung Herzogtum Lauenburg anbietet. Sein Interesse für historische Abläufe macht allerdings nicht an den Landesgrenzen halt. Das zeigt sich, wer sich mit ihm über die Geschichte Jesu und damit über die Antike unterhält.
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Wie alle anderen Museen im Kreis Herzogtum Lauenburg bleibt
auch das Grenzhus in diesen Tagen geschlossen. Vorerst bis zum 19. April. Mitarbeiter,
die ihre Arbeiten von zu Hause aus erledigen können, hat Leiter Andreas Wagner
ins Homeoffice geschickt. Ungeachtet dessen steht – Corona hin oder her – eine
Ausstellung zum Barber-Ljaschtschenko-Abkommen auf der Agenda. Dieser Vertrag führte
dazu, dass im November 1945 Ziethen, Mechow, Bäk und Römnitz den britischen
Besatzern und später dem Kreis Herzogtum Lauenburg zufielen. Im Tausch erhielten
die Sowjets die lauenburgischen Gemeinden Dechow, Groß und Klein Thurow sowie
Lassahn. Dieser Handel ging von den Briten aus, die dafür strategische Gründe
anführten. Deutschland war seit Mai 1945 – nach der Kapitulation des
Nazi-Regimes – von Briten, Russen, Franzosen und Amerikanern besetzt.
Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Grenzhus-Leiter Wagner über das Abkommen
und den Stand der Ausstellungsrecherchen, die – wenn möglich – im Frühsommer abgeschlossen
werden sollen.
Kulturportal-Herzogtum.de: Herr
Wagner, was ist der Anlass, das Barber-Ljaschtschenko-Abkommen zwischen der
Sowjetunion und Großbritannien zum Thema zu machen?
Andreas Wagner: Der Anlass
ist der 75. Jahrestag. Die beteiligten Ämter Gadebusch, Rehna, Zarrentin und
Lauenburgische Seen haben in Erinnerung an diesen Gebietsaustausch ein Projekt
gestartet. Es geht darum im Sinne der Völkerverständigung aus dieser Geschichte
zu lernen und Aktivitäten zu entwickeln. Das Grenzhus beteiligt sich an der
Entwicklung einer Sonderausstellung. Wir sind jetzt dabei und sammeln Material.
KP: Sie suchen auch nach Zeitzeugen…
Wagner: Zeitzeugen zu finden, ist
schwierig. Es gibt aber noch die Kinder, die Erinnerungen haben – also diejenigen,
die damals Kinder waren. Jedoch werden bei den Nachforschungen die Arbeit in
den Archiven im Mittelpunkt stehen. Erstaunlich ist, dass bisher kaum die
britischen und russischen Aktenüberlieferungen unter die Lupe genommen wurden.
In den überlieferten deutschen Aktenbeständen findet sich zwar der Vertragstext,
die Übersetzung, und es gibt einzelne Dokumente, die auf das Zusammenspiel
zwischen der britischen Besatzungsmacht und den deutschen Verwaltungsstellen
hinweisen. Da werden dann sozusagen die Befehle der Briten umgesetzt. Aber es
gibt bisher keine Kenntnisse sowohl über das Zustandekommen des Vertrages bei
den Briten als auch bei den Russen. Das Abkommen ist ja durch die Militärs
verhandelt worden und da wäre es wichtig, auch in Unterlagen Einblick zu
nehmen, die etwas über die internen Abläufe sagen. Also: Wie kommt dieses
Abkommen überhaupt zustande? Wann beginnen die Verhandlungen? Wer spricht da
mit wem? Welche Interessen leiten die Offiziere? Behalten die Besatzungsmächte
die ausgetauschten Territorien weiter im Blick?
KP: Kommen Sie da so ohne Weiteres
an die Akten ran?
Wagner: Der Aktenzugang in
Großbritannien ist möglich. Bei den Russen sind jedoch wegen der verschärften
Einschränkungen bei der Archiv-Nutzung große Hürden zu überwinden.
KP: 75 Jahre liegt das Abkommen
zurück. Hat man sich denn nie auf westdeutscher und auf ostdeutscher Seite Gedanken
über die Aufarbeitung gemacht? Nach der Wende wäre beispielsweise eine gute
Gelegenheit dafür gewesen.
Wagner: Es ist so, dass es in der
Aufarbeitung der Geschichte einen eindeutigen Schwerpunkt in Schleswig-Holstein
gibt. Da sind die Erinnerungen regelmäßig dokumentiert worden. Auch in den
Verwaltungsarchiven ist das sehr gut belegt. Das Kreisarchiv Herzogtum
Lauenburg, mit dem wir eng zusammenarbeiten, hat 2005 eine Broschüre
rausgegeben, wo Erinnerungsberichte publiziert sind. Was bis 1990 nicht
dokumentiert wurde, ist die Geschichte der Dörfer, die in die sowjetische
Besatzungszone kamen, die waren ja nahezu leer. Da gibt es noch Geschichten von
den Menschen zu entdecken, die in diese Dörfer gekommen sind und diese Dörfer
ja neu entwickelt haben – unter den Bedingungen des Grenzgebietes. Es gibt da –
das war für uns ziemlich überraschend – eine ziemlich große Zahl von
Sudetendeutschen, die da angesiedelt wurden. Für Dechow ist das gut
dokumentiert. Das Dorf pflegt heute eine Partnerschaft mit der tschechischen
Gemeinde Ostašow, woher
die Neusiedler 1945/46 herkamen.
KP: Ich komme noch mal auf die
Zeitzeugen zurück. Sie sprachen von Menschen, die zur Zeit des Abkommens Kinder
waren. Haben Sie da jemanden ausfindig machen können?
Wagner: Wir haben mit dem 1931 in
Schlesien geborenen Jochen Friedrich sprechen können, der als Jugendlicher in
das Dorf Hakendorf gekommen ist. Am 2. Januar 1946 zog die Familie in ein
leerstehendes Haus dort ein.
KP: Gibt es noch weitere
Zeitzeugen? Sie hatten ja einen Aufruf gestartet?
Wagner: In Greifswald gibt es noch
jemanden. Ansonsten haben sich zwei Familienangehörige mit Objekten oder
Material gemeldet.
KP: Das ist nicht allzu viel.
Wagner: Das ist richtig. Wir hoffen darüber
hinaus, Informationen oder Hinweise auf Geschichten zu bekommen. Wo wir neue
oder wieder verschüttetet Dinge entdecken, ist in den Archiven. Da gibt es doch
einiges, was in dem Gesamtzusammenhang bisher noch nicht aufgearbeitet ist.
KP: Interessant ist, dass die Menschen
aus den Gemeinden, die dem Osten zugeschlugen wurden, in Scharen ihre Heimat
verlassen haben. Dabei gab es noch gar keine DDR und das Ende des Krieges lag
bereits ein halbes Jahr zurück. Woran lag das?
Wagner: Da kommt vieles zusammen. Der
wichtigste Beweggrund ist sicherlich die Angst vor dem „Russen“. Über Jahre wurde
durch die NS-Ideologie die Feindschaft gegenüber den „slawischen Untermenschen“
und den Bolschewisten propagiert. Hinzu kamen die Berichte der Flüchtlinge, die
von der brutalen Besetzung durch die Rote Armee erzählten. Viele gehen wahrscheinlich
auch in dem Glauben, dass das nur zeitlich begrenzt ist. In den Quellen wird
auch von Zusicherungen gesprochen, in Schleswig-Holstein eine Landwirtschaft übernehmen
zu können – auch wenn nicht so klar ist, ob das auch passiert ist oder nachher
so erinnert wurde. Entscheidend ist aber die große Angst vor den Sowjets. Das
wandelte sich aber dann.
KP: Inwiefern?
Wagner: Irgendwann merken die
evakuierten Menschen dann, dass sie in der ungeheuren Menge der Flüchtlinge und
Vertriebenen einfach untergehen. Im ganzen Kreis* sind Ende der 40er Jahre 70.000
Flüchtlinge unterzubringen. Wir sprechen hier gerade von 1.800 Menschen. Trotz
vieler verwandtschaftlicher Kontakte finden nicht alle Unterkunft und Arbeit,
ganz zu schweigen von einem Landwirtschaftsbetrieb. Das Schicksal der
sogenannten „Schaalseebauern“ beschäftigt mehrmals Politik und Verwaltung im
Kreis Herzogtum Lauenburg. Es gibt sogar einzelne Leute, die gehen 1947 wieder zurück
in Osten.
KP: Den eisernen Vorhang gab es
ja noch nicht. Deutschland war vom Krieg zerstört. Die Wirtschaft lag in Ost
und West gleichermaßen danieder.
Wagner: Die Menschen wissen nicht,
wie sich die Verhältnisse zukünftig entwickeln werden. Weder die Entwicklungen
in den einzelnen Besatzungszonen noch die deutsche Teilung waren damals
vorauszusehen. Im Rückblick sieht heute vieles ganz zwangsläufig aus, doch das
war es nicht. Die Menschen haben damals überlegt, wo kann man besser überleben.
Und geleitet haben sie Gefühle wie Angst oder wie sich die Nachbarn
entscheiden.
KP: Was bedeutete der Gebietstausch
für die Bundesrepublik und die DDR?
Wagner: Die Wirkungen reichen bis in
90er Jahre hinein – bis in den Prozess der deutschen Einheit. In der BRD gab es
eine lange Auseinandersetzung um das unter den Sowjets aufgeteilte Bodenreformland.
Die DDR hat versucht, das 1967 mit einem Film propagandistisch zu nutzen. 1952
gab es einen Grenzzwischenfall, wo DDR-Grenzpolizisten die Grenzschranke
Richtung Westen verlegten. Dann verhandelten Russen und Briten, wie dieser
Zwischenfall zu lösen ist, nicht DDR und BRD. Die Demarkationslinie zwischen
Schleswig-Holstein und Mecklenburg war im Abkommen nicht so klar festgelegt. Für
die Briten und die Russen war das ja eher eine Marginalie. Auch für die 1973
gegründete deutsch-deutsche Grenzkommission spielte das noch eine Rolle.
KP: Gibt es weitere
Besonderheiten?
Wagner: Die Kirchengemeinden Ziethen
und Ratzeburg blieben beim mecklenburgischen Kirchenkreis. Lassahn gehörte
weiterhin zum lauenburgischen Kirchenkreis. Heute frage ich mich, wie das
während der DDR-Existenz mit dem Grenzsperrgebiet umgesetzt wurde. Darüber
geben jedoch noch einzusehende Akten Auskunft.
KP: Herr Wagner, ich danke Ihnen
für das Gespräch.
Plötzlich ist alles futsch. Der Terminkalender, eben noch prall gefüllt, gelöscht. Anna Malten hat das in eine Schockstarre versetzt. Sich daraus zu lösen, hat ein paar Tage gedauert. „Dieses Jahr wäre unser bislang bestes Jahr gewesen“, sagt die Märchenerzählerin und Theatermacherin. Malten lebt mit ihrem Mann Wolf in Siebeneichen. Zusammen betreiben sie das Lübecker Wassertheater.
Die Schockstarre hat sie mittlerweile überwunden. Geholfen
habe da die große Solidaritätswelle, die kurz darauf losgebrochen sei, sagt
sie. Trost spendet ihr auch das Gefühl, Teil einer Schicksalsgemeinschaft zu
sein. Alle anderen seien ja auch betroffen.
Wegen ihres Berufes wähnt sie sich angesichts Krise sogar
ein wenig im Vorteil: „Wir Künstler sind besser dran, weil wir immer auf dem
Drahtseil tanzen“, sagt Anna Malten. Man sei Absagen gewohnt, müsse immer
überlegen, wie es weitergehe. Die erste Antwort, die die Maltens auf diese
Frage gefunden haben, ist die Zwangspause kreativ zu nutzen. Sie arbeiten an
einem neuen Stück und sie hoffen dafür auf Fördermittel. Gleichwohl, räumt sie
ein, sitze einem „die Angst im Nacken“. Denn – das stellt sie unmissverständlich
klar: „Wenn wir keine Fördermittel bekommen, war´s das schon im Sommer.“
Große Sorgen um ihre Existenz macht sich auch Anja Witt (Foto: Asja Caspari). Wie bei den Maltens hat das Virus bei der Künstlerin die Planungen über den Haufen geworfen. Die Malschule? „Musste ich komplett streichen“, sagt die Künstlerin, die in Aumühle ihr Atelier hat. Ausstellungen? Wird es erstmal nicht geben. Die Institute, die Galerien – alles dicht. Eigentlich wäre sie an neun Kunstschauen beteiligt gewesen. Drei Einzelausstellungen hatte sie sich vorgenommen.
Bilder gibt es in Zeiten von Covid 19 nur noch digital zu
sehen. Für Anja Witt ist das keine Alternative. „Die Leute müssen vorm Original
stehen“, sagt sie. In der Online-Galerie werde nichts gekauft.
Was ihr bleibt, ist die Vermietung von Kunst. Etwa an Kanzleien.
Dieses Standbein funktioniert aktuell noch. Sie hoffe, dass die Kunden auch weiterhin
ihre Bilder mieten. Damit erziele sie Einnahmen in Höhe von 1.000 Euro. Die
Summe deckt ihre Betriebskosten. Für die Sozialabgaben und den Lebensunterhalt reicht
es nicht.
Wie die Maltens mit ihrem Theater hofft die Malerin in der Krise auf Finanzhilfen. Vom Landeskulturverband hat sie die Zusage über 500 Euro. Ein Anfang. Um sich auf Dauer zu behaupten, braucht es aber mehr. Anja Witt hofft, dass die vom Staat aufgelegten Förderprogramme auch ihr unter die Arme greifen. Doch sie ist skeptisch. Die vom Bund auf den Weg gebrachte Finanzunterstützung für kleine Betriebe – in ihrem Fall ginge es um eine Summe von 9.000 Euro – gehe beispielsweise an ihr vorbei. „Das Problem mit dem Förderantrag zum Einmalzuschuss ist, dass er sich auf die Betriebskosten bezieht“, sagt die Malerin. In diesem Punkt habe sie aber keinen Liquiditätsengpass. Ihr Problem sei der ausbleibende Gewinn.
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