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Vorfahrt für die Jugend

Plattdeutscher Songcontest startet Online-Voting

Die diesjährige Ausgabe von Plattbeats, dem plattdeutschen Songcontest für den ganzen Norden, findet online statt. Vom 12. bis zum 26. September kann zwei Wochen lang unter www.plattbeats.de für den plattdeutschen Song des Jahres abgestimmt werden. Neun Bands und Solomusiker*innen zwischen 15 und 30 aus ganz Norddeutschland treten dabei im Wettbewerb um Preise im Wert von 1200 Euro an. Musikalisch reicht das Spektrum der Beiträge von Death Metal über Funk und R ’n’ B bis zu 80er-Synthiepop.

 Auf der Homepage präsentieren sich die Bands nicht nur mit Aufnahmen ihrer Songs, Fotos und Songtexten, sondern auch mit eigens für den Wettbewerb produzierten Videoclips. „Zwar mussten wir das geplante Live-Finale im Hamburger LOGO aufgrund der aktuellen Corona-Situation absagen“, so Thorsten Börnsen, Organisator des Plattbeats-Wettbewerbs, „doch hoffen wir, mit dem Onlinevoting und den Bandvideos einen guten Ersatz gefunden zu haben. Einen Vorteil hat das diesjährige Prozedere, zumindest für das Netz-Publikum: Alle können sich beteiligen.“

 Gleichwertig mit der Onlineabstimmung wird das Votum einer Jury in das Endergebnis eingehen. Zu ihr gehören in diesem Jahr Ulrike Stern von der Universität Greifswald, die plattdeutsch-friesische Singer-Songwriterin Norma Schulz, NDR-Welle-Nord-Redakteur Lornz Lorenzen und der niederländische Platt-Aktivist und Musiker Bert Kamping. Im Mittelpunkt ihrer Wertung steht neben der musikalischen Qualität der Beiträge vor allem der kreative Umgang mit der plattdeutschen Sprache. Ziel des Wettbewerbs ist schließlich unter anderem zu zeigen, wie gut Plattdeutsch und aktuelle Musik zusammenpassen.

Plattbeats ist ein Projekt des Zentrums für Niederdeutsch in Holstein, das seinen Sitz in Mölln hat. Die Schirmherrschaft hat der schleswig-holsteinische Parlamentspräsident Klaus Schlie inne. Partner sind das Hamburger Ohnsorg-Theater, die Universität Greifswald sowie der Bund für Heimat und Umwelt in Deutschland.

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Im Reich der Fantasie

Im Reich der Hannah Rau – der Remise im Möllner Stadthauptmannshof – regiert die Fantasie. Dort lädt die Wortwerkerin, wie sich die Lübeckerin selbst bezeichnet, einmal im Monat Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zur Literaturwerkstatt ein. Drei Stunden lang gibt sie dem Nachwuchs dann die Möglichkeit, Buchstaben, Silben, Worte, Sätze und Texte durch den Raum schwirren zu lassen.

Das nächste Treffen steht am Mittwoch, 19. August, an. Weitere folgen am 16. September und 21. Oktober. Außerdem präsentieren die jungen Autoren am Mittwoch, 24. Juni, im Rahmen des KulturSommers am Kanal eigene Texte. Veranstaltungsort ist auch hier die Remise. Das Motto des Events lautet „Sei furchtlos und kühn“. Der Nachwuchs plant ein „Konzert der Worte“, um – wenn möglich – einen „Sturm aus Buchstaben und Gedanken“ auszulösen.

Seit knapp anderthalb Jahren gibt es die von der Stiftung Herzogtum Lauenburg initiierte Literaturwerkstatt. Die Einrichtung wendet sich an jeder und jede, der oder die Lust hat zum Kugelschreiber oder Federhalter zu greifen. Vorkenntnisse und Vorerfahrungen braucht es keine – frei nach dem Motto: Auf die Plätze! Fertig! Los! Geschrieben wird während des Beisammenseins. Dabei legt Schreibcoach Rau Wert auf eine lockere Atmosphäre, die Raum für Inspirationen und Ideen eröffnet.

Wer bei der Literaturwerkstatt mitmachen möchte, meldet sich bei Autorencoach Rau, erreichbar unter der Mailadresse post@wortwerkerin.de, an.  Die Teilnahme kostet pro Sitzung 3 Euro.

Literaturwerkstatt, 19. August, Remise, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 144, Mölln, 15 bis 18 Uhr

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Statements gegen Rassismus & Massentierhaltung

Unter dem Motto „Wir sind #zukunftsrelevant“ haben 14 Teilnehmer aus Ratzeburg und Umgebung über drei Tage in der Kinder- und Jugendeinrichtung Gleis 21 ein Graffitiprojekt gestaltet: Fröhlich, munter, bunt und mit eifrigen gesellschaftspolitischen Diskussionen haben sie in Zweier- und Dreierteams Kunstwerke zu globalen Themen geschaffen.

Kernanliegen der Respekt Coaches René Behnk und Christian Klingbeil war es, den jungen Menschen zunächst einmal zuzuhören. Sie wollten die Meinungen und Interessen der Jugendliche herausfinden, die diese dann über das Projekt nach außen tragen sollten. Zudem zeichneten Behnt und Klingbeil die Geschichte der Graffitikunst und Spraytechniken nach.

Die Teilnehmer nahmen die Einladung ein, ihre Message auf künstlerischer Ebene mitzuteilen. Themen der Jugendlichen waren die Massentierhaltung, Body Shaming, Respekt und Fair Play, sexuelle Vielfalt, Zusammenhalt, Freiheit sowie struktureller Rassismus. Insgesamt sieben Bilder der Größe 1,50 x 1,50 Meter entstanden. Die Werke enthalten coole, abstrakte und plakative Motive. Die fertigen Kunstwerke sollen der Öffentlichkeit nun über Ausstellungen präsentiert werden. Genaue Informationen, wann und wo die Bilder ausgestellt werden, werden bekannt gegeben.

An dem Workshop nahmen Jugendliche diverser Schulen teil. Die Teilnehmer wollen sich weiterhin in den Kinder- und Jugendeinrichtungen Gleis 21 und Stellwerk treffen und sich für gesellschaftspolitische Themen stark machen und engagieren. Sie alle haben die Erfahrung gemacht, dass Kunst die Chance schafft, Barrieren abzubauen, Menschen zusammenzuführen dabei jede Menge Spaß zu erleben. Finanziell unterstützt wurde das Projekt vom Kreis Herzogtum Lauenburg.

 „Wir sind #zukunftsrelevant“ ist das Programm einer bundesweiten Initiative der evangelischen Jugendsozialarbeit, die darauf hinweist, wie wichtig die Arbeit mit jungen Menschen ist, insbesondere in Krisenzeiten. Gleis 21 ist eine Kinder- und Jugendeinrichtung des Diakonischen Werkes im Kreis Herzogtum Lauenburg.

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„Stand-up-Paddeln“ & mehr

Aufgrund der Corona-Pandemie mussten viele mühevoll geplante Ferienfahrten für diesen Sommer abgesagt werden. Der Fachdienst Kindertagesbetreuung, Jugendförderung und Schulen des Kreises stellt daher die für Ferienfahrten vorgesehenen Fördermittel für alternative Ferienangebote zur Verfügung. Freie Träger und die offene Jugendarbeit erhalten unbürokratisch für besondere Aktivitäten eine gezielte Unterstützung. Die Förderung von Projekten, die sich vom Regelangebot abheben müssen, ist noch bis zum Jahresende möglich. Infos gibt es unter M.Beck@kreis-rz.de.

Einige sind bereits aktiv geworden. „Gleis 21“ und das „Stellwerk“, Einrichtungen des Diakonische Werkes, bieten beispielsweise „Stand-up-Paddeln“ an. Unter professioneller Anleitung können sich pro Kurs bis zu sechs Jugendliche ausprobieren. Zu den weiteren Ferienangeboten gehören ein Graffitikurs, eine Naturwoche mit diversen Ausflügen und Nähkurse. Mehr über das Sommerferienprogramm des Diakonischen Werkes finden Interessierte hier.

Auch außerhalb wird Kindern und Jugendlichen einiges geboten: Das Jugendzentrum Lauenburg plant die gemeinsame Gestaltung ihres Außengeländes, die christlichen Pfadfinder haben für Krummesse eine Outdoorwoche durchgeführt und mit der Katholischen Jugend in Mölln ging es bereits „Raus aus der Quarantäne – hinein in die Natur!“.

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Ab in die Wüste

Die Sommerferien haben begonnen. Zeit die Welt zu entdecke. Uralte Fossilien und noch viel ältere Gesteine warten auf ihre Entdecker. Wer weiß schon, dass es hier im Norden Fossilien der ersten höheren Lebewesen gibt und dass man hier Steine findet, die auf der anderen Seite der Erde entstanden sind. Es gibt in den norddeutschen Gesteinen viel Spannendes und Aufregendes zu entdecken.

Mit über 25 Veranstaltungen geht das neue Ferienprogramm des GeoParks Nordisches Steinreich (Kehrsen) in diesem Jahr an den Start. Wegen Covid-19 mussten neue Konzepte erarbeitet werden, um die Hygieneanforderungen erfüllen zu können. Glücklicherweise hat der GeoPark einen Mitarbeiter, der aus dem Fachgebiet der Mikrobiologie. So konnten alle Angebote professionell den hygienischen Anforderungen der aktuellen Regelungen in Schleswig-Holstein und denen in Mecklenburg-Vorpommern angepasst werden.

Mit „Ab in die Wüste“ ist sogar noch ein neues Format hinzugekommen. Dieses Angebot ermöglicht Eltern und Kinder gemeinsam physikalische und chemische Experimente durchzuführen und so dem Material von Gesteinen auf den Grund zu gehen. Ob Hammer, Salzsäure, Spiegel oder Feuerzeug, man kann mit spannenden Experimenten selbst naturwissenschaftliche Experimente durchführen – gemäß dem Motto „Wo Natur Wissen schafft“. Natürlich kommt auch der Spaß und die Bewegung nicht zu kurz bei diesen fünfstündigen Spiel- und Experimentierexkursionen. Hier werden Kinder zu Forschern und Erwachsene werden beim Sandberge herunter rollen wieder zu lachenden Kindern. Alle Kinder, die ihre Eltern lieber abgeben wollen, sollten zu „Steine für Kids“ kommen. Denn bei dieser Ostseeküstenexkursion gibt es parallel zu der Kinderveranstaltung eine Erwachsenen-Exkursion am Kliff zwischen Travemünde und Timmendorfer Strand. In einem spannenden Suchspiel lernen die Kinder in anderthalb Stunden die verschiedenen Gesteinsfamilien selbst zu erkennen, entdecken Fossilien aus der Zeit der Dinosaurier und begeben sich auf die Suche nach echten Edelsteinen. Wenn es das Kind erlaubt, dürfen die Eltern aber auch das Suchspiel mitmachen.

Das dritte Ferienformat sind die zweistündigen Familienexkursionen in verschiedene Kiesgruben im GeoPark Nordisches Steinreich, bei denen Seeigel, Schwämme und viele verschiedene Gesteine gesammelt werden können. In zwei Gruben kann man mit Glück auch ein paar Bernsteine finden.

Das komplette Ferienangebot, die Treffpunkte und viele weitere Veranstaltungen findet man wie immer unter: www.geopark-nordisches-steinreich.de/veranstaltungen. Die Gruppengröße ist beschränkt und daher ist eine Anmeldung unter info@geopark-nordisches-steinreich.de oder per Telefon unter der Rufnummer 04547-159315 erforderlich.

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Gedanken zum Sterben

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2018 und 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Die Gewinnertexte wie Anna Franziska Stielers „Gedanken zum Sterben“ sind jetzt unter diesem Titel in einem Buch erschienen, das ab sofort bei der Stiftung Herzogtum Lauenburg und in einigen Buchhandlungen der Region erhältlich ist. Zudem kann „Wanted Junge Autor*inn*en“ beim Osburg Verlag nachbestellt werden.

Gedanken zum Sterben

Jedes Mal, wenn ich in Büchern einen Satz lese wie „Meine Eltern sind tot“, kommt es mir für einen kurzen Moment so vor, als gäbe es diesen Tod nur in Büchern, als würde er zwischen den Buchdeckeln stecken bleiben. Dann könnte man, genauso wie man zwischen Krimi, Roman und Science Fiction unterscheidet, solche Themen in die Kategorie „reale science fiction“ einordnen, den Darsteller bemitleiden, müsste aber nie darüber nachdenken, dass es jeden von uns treffen kann, immer und überall. Weil man sich nicht vorstellen möchte, dass der Tod zum Leben gehört. Weil man denkt, man sei abgesichert. So vieles kann man heutzutage berechnen, kontrollieren, vorhersehen. Aber das Leben und den Tod nicht. Es gibt keine Gewissheit, die dir zusichert „Dein Leben liegt noch vor dir“. Das Leben ist eine Formel: X, unbekannt.

Ich erinnere mich gut an den ersten Tod, der mir in Gestalt unseres Nachbarn begegnete. Er war alt und krank und ich war noch klein. Jedes Mal, wenn ich im Garten war, damals trug ich täglich einen Haarreif, lachte er herüber und sagte: „Was du für eine schöne Blume im Haar hast.“ An einem Wochenende im Frühling ist er gestorben. Ich war zum Fenster gegangen, hatte in den strahlenden Himmel geschaut und gedacht: „Jetzt bist du im Himmel.“ Natürlich war ich traurig, aber es war tröstlich, dass er ein langes Leben gehabt hat. Ich hatte das Gefühl, dass er immer noch vom Himmel auf die kleine lila Blume in meinem Haar lächelte. Er hatte gewusst, dass er sterben würde und ich ging davon aus, dass er es gewollt hatte. Er war doch alt, alles war doch in Ordnung. Ich dachte, dass er gut aufgehoben war. Viel später erst erfuhr ich, wie schwer es ihm fiel, zu sterben, wie gerne er noch geblieben wäre.

Ich war deutlich älter, als ich vom Tod einer weiteren Person erfuhr, auch wenn ich sie nie gesehen hatte: Der Vater einer Mitschülerin. Es war eine Mathestunde und die ganze Klasse saß müde und gelangweilt auf die Tafel starrend im Klassenraum, als es an die Tür klopfte und unsere Klassenlehrerin eintrat. Ich weiß noch, wie ich hoffte, dass irgendetwas Abwechslungsreiches passiert sei. Die Lehrerin begann dann ziemlich schnell zu reden, bemüht nach den richtigen Worten suchend. Dann machte sie eine Pause, während die ganze Klasse sie mit großen Augen anstarrte. „Der Vater eurer Mitschülerin ist gestorben“, sagte sie dann. Das war ein Moment, an dem es mir vorkam, als habe die ganze Welt sich verändert und ich hätte es nicht mitbekommen. Dieser Tod war nicht in Ordnung. Was war wohl das letzte Wort, das sie zu ihm gesagt hat? Wie es wohl für sie war, in sein Zimmer zu gehen? Sie konnte sich noch nicht einmal verabschieden. Nein, es war ganz und gar nicht in Ordnung, aber diese Unordnung kommt nur ganz, ganz selten vor, so hoffte ich damals.

Inzwischen erscheint es mir so, dass, kaum hat man einen Tod betrauert, ein nächster kommt. Wie eine Faust, die aus dem Dunkeln immer zuschlägt, wann sie will. Man sieht nicht, wann sie wieder zuschlägt, wen sie trifft, aber man spürt es.

Eine weitere Person, die aus dem Leben gerissen wurde, war eine Lehrerin an unserer Schule. Mitten in den Sommerferien bekam ich es mit. Irgendjemand hatte ein Bild eines Berichts über eine gestürzte Bergsteigerin in die Klassengruppe geschickt. Aber warum? Im Herunterscrollen fiel mein Blick auf ein Wort „Frau P.“ Ich las den Chat zweimal und konnte es immer noch nicht glauben. Sie war wirklich gestorben, unsere Lehrerin? Einfach gestürzt? War sofort tot? Was war ihr letzter Gedanke gewesen? Was hatte sie noch für Ziele gehabt? Hätte sie nur 5cm entfernt von der Kante gestanden, hätte sie noch ihr Leben. Als ich den Artikel gelesen hatte, hatte ich zunächst an eine unbestimmte Person gedacht. Irgendeine. Und für alle, die Frau P. nicht kannten, ist sie immer noch irgendeine Tote. Zurzeit habe ich in ihrem alten Klassenraum Unterricht und es fühlt sich immer noch komisch an. Ich sehe auf alten Plakaten ihren Namen oder Zettel von ihr an der Wand hängen, als wäre sie immer noch da. Als wolle ein unsichtbarer Geist einen daran erinnern, dass eine Person fehlt und nie wieder zurückkehren wird. Ein Geist, der uns mahnt, das Leben in vollen Zügen zu genießen.

Eigentlich müsste ich mein ganzes Leben lang dankbar sein, dass ich leben darf. Warum gerät das nur so schnell in Vergessenheit? Wir vergessen, dass das Leben kostbar ist, vergessen, dankbar zu sein und vergessen zu genießen. Wenn mein Leben gut geht, wird es vielleicht 85 Unendlichstel lang sein. Das ist zu kurz, um undankbar zu sein.

Der Tod ist wie ein Stein, der ins Wasser fällt. Die auslaufenden Ringe treffen jeden, der die verstorbene Person vermisst. Was habe ich für ein Glück, dass ich bis jetzt immer weit weg genug vom einschlagenden Stein stand. Hätten die Verstorbenen gewusst, dass sie so früh sterben, wie hätten sie ihr Leben dann gelebt? Wie würde ich mein Leben gestalten, wenn ich wüsste, dass es früh enden wird? Oder noch viel wichtiger: Wie würde ich Mitmenschen behandeln, die früh sterben? Wenn ich wüsste, dass sie bald wie von einem scharfen Messer von mir abgetrennt werden?

Der Tod gehört zum Leben, man kann versuchen ihn zu ignorieren, aber das hat wenig Sinn. Man kann ihm einen Sinn verleihen. Indem man sein Leben bewusster lebt.

Anna Franziska Stieler

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Das Alloliton ist ein Tier aus dem Herzen Afrikas

Seit 2018 gibt es unter dem Dach der Stiftung Herzogtum Lauenburg die Literaturwerkstatt für Nachwuchsschriftstellerinnen und Nachwuchsschriftsteller. Anstoß für die Gründung war der Schreibwettbewerb „Wanted Junge Autor*inn*en“. Nun liegt ein weiterers Ergebnis dieses Wettstreits auf den Tisch: Das Buch „Wanted Junge Autor*inn*en“ mit den Gewinnertexten der Jahre 2018 und 2019. Es ist ab sofort bei der Stiftung Herzogtum Lauenburg und in einigen Buchhandlungen der Region erhältlich. Zudem kann das Buch Wanted Junge Autor*inn*en“ beim Osburg Verlag nachbestellt werden. Anbei eine Kurzreportage aus der Literaturwerkstatt.

Thies ist fertig mit seinem Text. Wohin mit sich jetzt? Sein Blick wandert zur Decke. Dort oben ist er fix. Die anderen brüten noch über ihrem Papier. Die Kulturremise ist in diesem Moment Ort der stillen Konzentration. Ohne sie keine Ode an die Worte, die Hannah Rau – die die von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufene Literaturwerkstatt leitet – hier regelmäßig anstimmen lässt.

Anabel, Magdalena und Meike schreiben an einem Akrostichon. „Kennst du nicht, ne?“ fragt Hannah den Redakteur. Nöö. Keine Ahnung. Nie gehört. Klingt sperrig, ist aber ziemlich simpel. Es ist ein Gedicht oder Text, bei dem die Buchstaben der Zeilenanfänge ein Wort ergeben.

Thies hat ein Gedicht geschrieben. „Tage wie diese“, liest er.

Heute“

Irgendwie seltsames“

Esoterisches Verlangen“

Schreiben, schreiben bis die Welt auseinanderbricht“

„Das Esoterische passt gar nicht zu dir“, findet Hannah. Thies widerspricht nicht. Sein Text bringt ihn nach Hause. „Immer wenn ich etwas schreibe, höre ich: Ich verstehe das nicht.“

„Aber du versuchst es immer wieder“, sagt Hannah.

„Meiner Familie fehlt das literarische Verständnis. Dabei verschlingt mein Vater viele Bücher.“

„Wem lest ihr in der Familie vor?“ fragt Hannah.

„Ich lese keine Texte vor. Aber wenn, dann würde ich zu meiner Mutter gehen“, meint Anabel.

„Ich gehe zu meinem Papa“, stellt Magdalena klar, die mit Abstand die Jüngste in der Runde ist. Meike und Anabel sind schon volljährig, Thies ist 16. Magdalena hat offensichtlich ein Faible für Tiere: Maus, Affe, Giraffe, Dachs, Ameise, Lachs, Ente, Nashorn und ein Alloliton haben sich bei ihr auf dem Papier versammelt.

Alloliton? „Das ist ein Tier, das im Herzen Afrikas zu Hause ist.“ Nie gehört. Thies zückt sein Handy. Gibt es nicht. Reingelegt! Magdalena lacht.

Anabel und Meike sind bei sich selbst gelandet. Wer bin ich? Was bin ich? Niemals gemein, Alles andere als engstirnig, Bodenständig, Einfühlsam, Loyal steht auf Anabels Zettel. Meike verbindet ihre ausgemalten Großbuchstaben mit den Attributen Musikalisch, Ehrgeizig, Italienverliebt, Kreativ, Erzieherin.

„Akrostichon macht Spaß“, stellt Hannah fest. „Vor allen Dingen, wenn man nicht weiß, was man schreiben soll.“

Was die Arbeit mit ihren Nachwuchsliteraten angeht, gehen ihr die Ideen offensichtlich nicht aus. Schon jetzt steht fest: Wenn der Frühling kommt, möchte sie mit der Gruppe rausgehen. Über Till würde sie gerne schreiben lassen. Zum Beispiel. Jetzt aber ist erst einmal Zeit für ein Ungeheuer. Lange nichts gehört von Nessi. Ist der Klimawandel schuld? Die Umweltverschmutzung? Der Brexit? Wo ist das schottische Ungeheuer hin? Ist es vielleicht hier – im Schulsee?

Anabel, Magdalena, Meike und Thies nehmen die Stifte in die Hand. Die Kulturremise verwandelt sich wieder in einen Ort der stillen Konzentration. Geschichten wollen gefunden und erfunden werden. Die Vier machen, was sie so gerne tun – sie schreiben. Es ist Zeit für die nächste Ode an die Worte.

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„Schülerinnen@homeart“

Verlängerte Osterferien – wie cool ist das denn? Oder auch nicht. Schülerinnen und Schüler durchleben gerade aufgewühlte Tage. Ihr Leben – ihre Welt – ist durch das Virus auf den Kopf gestellt.

Unterrichtsausfall und Kontaktsperre schaffen nicht nur neue Herausforderungen, sie legen auch Emotionen frei. Die Krise erzwingt kurzfristige Veränderungen. Das alles muss keineswegs negativ sein, sondern kann durchaus zum Ausgangspunkt kreativer Prozesse werden.  

Die Kreisfachberaterinnen und Kreisfachberater für Kulturelle Bildung an den Schulen in Schleswig-Holstein haben deshalb ein bisher einmaliges Projekt entwickelt, das allen Schülerinnen und Schülern im Land die Möglichkeit bietet, sich künstlerisch mit dem Corona-Virus und der Welt im Ausnahmezustand auseinanderzusetzen. Ziel ist die erste landesweite Schüler-Ausstellung, die den Titel „Schülerinnen@homeart“ tragen soll. Dazu kann ab sofort bis zum regulären Schulbeginn jede Schülerin und jeder Schüler etwas beitragen.

„Alles ist möglich – Musik, Bilder, Fotos, Videos, Gedichte, Kurzgeschichten“, so Antje Wilkening, Kreisfachberaterin für
den Kreis Segeberg. Ihre Kollegin Frederice Graf aus Stormarn ergänzt: „Unsere virtuelle Ausstellung bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, ihre Gefühle und Gedanken auf künstlerische Art und Weise zum Ausdruck zu bringen und ihre Werke mit anderen zu teilen. So können Hoffnung und ein Gefühl von Gemeinsamkeit entstehen.“

Eine erste künstlerische Arbeit ist bereits eingegangen. „Resistenza“ heißt das Werk der Lübecker Schülerin Merit Binding (14 Jahre). „Mit dem Bild möchte ich besonders der italienischen Bevölkerung Mut machen. Was gerade um mich herum passiert, kann ich mir nicht erklären – es sind keine konkreten Formen erkennbar. Die Atemschutzmaske habe ich auf dem Bild nur lose montiert, da ich sicher bin, sie bald wieder abnehmen zu können. Und dann zeige ich euch mein Bild ohne Maske!“

Für die musikalisch Interessierten gibt es sogar ein für „Schülerinnen@homeart“ geschriebenes Lied, das die Schüler gemeinsam weiterentwickeln können. „Im Song ‚Verrückte Zeit‘ können die Schüler gemeinsam musizieren und Teil eines großen
Ganzen werden“, sagt Dirk-Lorenzen Matthiesen, Kreisfachberater für Flensburg, der dieses Stück zur interaktiven Gestaltung entwickelt hat.
Die eingesendeten Beiträge sollen dabei nicht nur im Internet bleiben. „Alle Ergebnisse haben die Chance, im nächsten Schuljahr auf einer zentralen Landes-Performance-Ausstellung präsentiert zu werden“, stellt Ingo Schlünzen aus Neumünster klar.

Alle weiteren Informationen gibt es unter http://schuelerinnenathomeart.kulturvermittler-sh.de/.

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Poesie aus Passau, Soul aus der Schweiz

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Musikalische Poesie aus Passau, Soul aus der Schweiz und ein Talk über Kunst und Kultur stehen am Freitag, 28. Februar, auf dem Programm des Sofaabends im Korona Jugendzentrum. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr.

Zum Auftakt begibt sich der Gitarrist und Songpoet Colbinger aus Passau auf die Bühne. Sein Musikstil umfasst Elemente aus den Genres Folk, Rock, Country und Funk. Seine Texte beschreiben nach eigener Aussage die „Höhen und Tiefen, das Licht und die Schatten“, die er in wundervolle und klare Worte zu kleiden vermag.

Seine in deutscher und englischer Sprache verfassten Lieder sind für ihn Gefährten, mit denen sich das Leben erschließen lässt und die dem Motto folgen: „Machen wir uns auf und bleiben dran.“ Colbinger hat im Rahmen seiner musikalischen Karriere bereits mit vielen Musikern Berührung gehabt und stand, zum Beispiel mit Tito & Tarantula, Eb Davis, Sophie Hunger, Oneida James Rebeccu und Jesper Munk zusammen auf der Bühne.

In der kurzen Gesprächsrunde zwischen den beiden musikalischen Acts wird diesmal das Thema „Kunst & Kultur – (alles) Ehrensache?“  besprochen. Hier freut sich das Korona-Team Helge Berlinke, Redakteur von Kulturportal-Herzogtum.de und Mitarbeiter der Stiftung Herzogtum Lauenburg,  auf der Bühne begrüßen zu dürfen. Im Rahmen seiner Arbeit für die Stiftung Herzogtum Lauenburg hat er einen Einblick in die kreisweite Kulturarbeit und die hier tätigen Protagonisten.

Als zweite Künstlerin präsentiert sich schließlich die Schweizer Soul Sängerin Licia Chery auf der Bühne des Korona. Sie befindet sich zurzeit auf Deutschlandtour und legt in Schwarzenbek einen Zwischenstopp ein. Ihre bisher veröffentlichten Alben „Blue Your Mind“ und „Inspiration“ enthalten sowohl poppige Mainstreamelemente als auch eher rockige Töne. Aber egal, welche Elemente sie beim jeweiligen Song nutzt, den Kern der Musik bildet stets der Soul. Ihr aktueller Titel lautet „Dance your pain away“ und soll den Hörer dazu motivieren, auch die leichten Seiten des Lebens betrachten zu dürfen. „Jeder kann sein eigener Held im Leben sein“, sagt Licia und möchte damit Menschen machen, ihre Träume zu verwirklichen. Ihr jüngstes Album ist eine Art musikalische Retrospektive der 60er, 70er und 80er Jahre, die mit modernen Elementen die Verbindung zur Gegenwart herstellt.

Platzreservierungen sind unter der Telefonnummer 04151-5617 möglich.

Sofaabend, 28. Februar, Korona Jugendzentrum, Hans-Böckler-Straße 2a, Schwarzenbek, 20 Uhr

 

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Ein Sonnenstrahl am Horizont

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Bereits im April wurden die besten Beiträge ausgezeichnet. Insgesamt sieben Preisträger gab es in den Alterskategorien der Sechs- bis Elfjährigen, der Zwölf- bis 16-Jährigen und der 17- bis 23-Jährigen. Die Gewinnertexte können Sie auf Kulturportal-Herzogtum.de lesen. Nach Magdalena Franz‘ Geschichte „Die alte Schreibmaschine“, Maya Fausts „Herbstzauber“, Zoe Schreblowskis „Helenas Reise nach Atenia“, Thies Paaps Prosatext „Das Eis“, Anna Franziska Stielers „Gedanken zum Sterben“ und Jette Hübners Geschichte über „Die Sims 3 D“ folgt nun zum Abschluss Marie Schröders Erzählung „Ein Sonnenstrahl am Horizont“.

Ein Sonnenstrahl am Horizont

Als Robert die Tür öffnet und die Nachmittagssonne zum ersten Mal seit Ewigkeiten seine Haut küsst, verändern sich die Dinge grundlegend. Sanft wie eine Feder streicheln die goldenen Strahlen sein Gesicht und zupfen begierig an seinen Ärmeln. Obwohl draußen winterliche Temperaturen herrschen, wandert ein Gefühl der Wärme durch seinen Körper, fast wie die Körperwärme seiner geliebten Susi, an Abenden, als sie nach einem langen Tag gemeinsam unter der rotkarierten Baumwolldecke gekuschelt hatten. Einen zittrigen Atemzug lang stellt Robert sich vor, sie wäre hier, hätte an der Tür geklingelt, wieder und wieder, nur um ihn in eine innige Umarmung zu ziehen, ihn anzustrahlen mit ihren Grübchen und den honigweichen Augen. Er blickt in die Sonne, in ihr gleißend helles Licht und seufzt. Vielleicht ist sie dort oben, direkt in der Sonne und wartet auf ihn. Trotz der blauen Lichtpunkte, die in seinem Blickfeld tanzen, entdeckt er die Dose, die vor seiner Tür steht. Die Falten auf seiner Stirn vertiefen sich. Er bückt sich um sie aufzuheben und schnauft dabei. Er hätte die Klingel nicht so lange ignorieren sollen. Obwohl sein Körper nach den orangeroten Strahlen lechzt, geht er zurück ins Haus und schließt die Tür. Er atmet tief durch, lockert mit ungeschickten Fingern den Kragen seines muffelnden Poloshirts. Seine Augen können kaum den Türrahmen zum Wohnzimmer ausmachen. Vielleicht wäre es das Beste die Gardinen zu öffnen. Fuß vor Fuß setzend, schlängelt Robert sich durch das alte Geschirr und die Bücherstapel. Im Wohnzimmer angekommen, lässt er sich in seinen Sessel fallen. Er starrt die Dose mit wässrigen Augen an. Er fragt sich nicht, wer sie dorthin gestellt haben könnte, denn er weiß es nicht. Ihm fällt nicht ein einziger Name ein, der in Frage kommen könnte, denn die meisten dieser Namen zieren schon einen Grabstein und die anderen haben sich seit Susis Tod nicht bei ihm gemeldet. Nicht zum ersten Mal wünscht er sich, dass es andersherum gekommen wäre. Susi hätte der Welt noch so viel mehr geben können! Schließlich hebt er den Deckel an und lugt hinein. Ein köstlicher Duft steigt ihm in die Nase. Seine Nackenhaare stellen sich auf. Mit zitternden Fingern fischt er einen Zettel aus der Dose und liest:

Lieber Herr Bützlow, es tut mir sehr leid, dass mein Sohn Elijah Ihren Gartenzwerg kaputt geschossen hat. Er ist leider besessen vom Fußballspielen und als Anfänger noch nicht besonders gut. Ich habe den Zwerg zum Kleben mit nach Hause genommen. Da ich Sie nie persönlich antreffe, hoffe ich, dass Sie zumindest auf diesem Weg meine Nachricht erreicht. Mit freundlichen Grüßen, Johanna Fichtendorf (Albertastraße 8a)

Robert lässt den Zettel sinken. Ihm ist nicht aufgefallen, dass einer von Susis Gartenzwergen kaputt gegangen war, geschweige denn, dass einer fehlte, aber der betörende Geruch, der aus der Dose aufsteigt, verdrängt diesen Gedanken sowieso. Mohnkuchen! Frisch, saftig und weich im besten Fall. Er nimmt sich einen krümmelbedeckten Teller vom Tisch und beißt in den Kuchen. Sein Mund verzieht sich zu einem Lächeln. Köstlich, würde Susi rufen, absolut köstlich und er würde ihr lautstark zustimmen. Spätestens jetzt ist ihm klar, dass er sich bei der jungen Frau Fichtendorf melden muss, ihr sagen muss, dass sie den alten Gartenzwerg nicht kleben müsse und… Ihm kommt eine weitere Idee. Er steht auf und durchsucht die Vitrinen, in denen sich allerlei Zeug ansammelt. Als er fündig wird, erstrahlt ein zufriedenes Lächeln sein Gesicht. Er nimmt den Fußball mit einem Original-Autogramm von seinem Lieblingsspieler in die Hand und schaut gen Himmel. „Mein Engel, du warst ja immer der Überzeugung, dass Freundlichkeit die Menschen einander näher bringe… Bist jetzt wahrscheinlich mächtig stolz auf deinen alten Mann hier unten, dass ihm so etwas ohne dich einfällt, wa?“

Er schmunzelt und geht zur Garderobe um seine Jacke überzuziehen. Eine merkwürdige Euphorie hat ihn gepackt. Die frische Luft beflügelt ihn, während er zur Albertastraße geht. Es ist ein schöner, junger Abend. Kalt, aber klar. Vor dem Haus mit der Nummer 8a bleibt er stehen. Er drückt auf die Klingel, dann sieht er sich im Glas der Haustür. Sein Spiegelbild guckt ihn aus trüben Augen an, mustert seinen nicht gestutzten Bart, seine schlaffen Lachfalten. Er kommt sich vor wie ein Blödmann. Was hat er sich nur dabei gedacht? Er ist ein fremder, alter Mann – ein trauriger, einsamer Spinner. Wie hatte er sich nur einreden können, es sei Susi gewesen, die ihn durch die Sonne angestrahlt hatte? Die Tür öffnet sich. Johanna Fichtendorf mustert ihn mit Augen, so weich und wach wie zwei Frühlingsblumen. „Guten Abend.“, sagt sie. Ihre Stimme erinnert ihn an eine andere, eine, die er nie wieder zu hören geglaubt hatte. „Guten Abend, Frau Fichtendorf…“, nuschelt Robert in seinen grauen Bart. Er nimmt den Ball unter seinen Armen hervor und stottert. „Vielen Dank für den Kuchen… Er war… Er war köstlich. Absolut köstlich.“ Johanna scheint ein Licht aufzugehen. „Ach Herr Bützlow, richtig?“ Er nickt. „Der Gartenzwerg ist leider noch nicht geklebt. Ich hätte mich bei Ihnen gerne persönlich entschuldigt, aber Sie sind ja ein vielbeschäftigter Mann. Elijah, komm mal runter!“ Röte steigt Robert die Wangen hoch. „Ich bin eigentlich nicht viel beschäftigt…“, gibt er zu. Laut plärrend taucht ein kleiner Junge neben Johannas Beinen auf. „Da ist der kleine Übeltäter.“, lächelt sie. „Mama, wer ist das?“, fragt Elijah und streckt die Hände nach ihr aus. Sie nimmt ihn auf den Arm. „Das ist der Mann, dessen Gartenzwerg du kaputt gemacht hast. Sagst du bitte Entschuldigung?“ Robert ist es unangenehm. Er hält Elijah den Ball hin. „Ich hab dir etwas mitgebracht, weil deine Mutter mir geschrieben hat, dass du so gerne Fußball spielst.“ Die kleinen Augen beginnen zu Leuchten. Selbst, wenn er noch nichts mit dem Original-Autogramm anfangen kann, würde er sicher mehr Freude daran haben als Robert. Elijah hampelt und Johanna ist gezwungen ihn wieder runterzusetzen. Bevor er jedoch den Fußball in die Finger bekommt und damit im Haus herumschießen kann, nimmt sie den Ball entgegen. Robert beobachtet wie sie ihren Sohn anguckt, amüsiert, sanft, mit so viel Liebe in den Augen. Er und Susi – sie hätten auch so gerne Kinder gehabt! „Ich gehe dann mal w…“

Zwei Kinderarme, nicht viel stärker als Grashalme, schließen sich um seine Beine. Elijah gibt ein Lachen von sich und hüpft ins Haus zurück, während Robert wie festgefroren auf den Steinplatten stehen bleibt. Tränen füllen seine Augen. Ach Susi, denkt er, wärst du doch nur hier! Johanna beobachtet ihn. „Herr Bützlow, könnten Sie uns vielleicht unter die Arme greifen? Ich bin Schriftstellerin und könnte jemanden gebrauchen, der auf Elijah aufpasst, während ich im Arbeitszimmer schreibe… Ich meine natürlich nur, wenn Sie Zeit dafür hätten und…“ Robert blickt sie an. Er denkt an die Last auf seiner Brust, an Susi und an sein muffiges Zuhause, dass sich nicht mehr wie sein eigenes anfühlt. Er wischt sich unangenehm berührt über die Wangen. Sein Körper bebt. „Wissen Sie, Frau Fichtenberg, ich hatte noch nie für etwas mehr Zeit.“ Und so verändert ein kleiner Sonnenstrahl, das Leben von Robert, Johanna und Elijah grundlegend.