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Nördlich der A24

„Wir haben mittlerweile 70.000 Euro gesammelt“

Als Vorsitzender des Landeskulturverbandes (LKV) fallen Guido Froese derzeit zwei Aufgaben zu. Er sammelt Spenden und er spendet Trost. Vor zwölf Tagen hat der LKV einen Nothilfefonds ins Leben gerufen. Aus diesem Topf können Kreative einen Zuschuss von 500 Euro beantragen.

„Mittlerweile haben wir 70.000 Euro gesammelt“, freut sich Froese über die beachtliche Spendenbereitschaft. Für die nächsten Wochen hoffe er auf weitere Hilfen. Eine Ausschüttung ist bereits erfolgt. „Wir haben die ersten 100 Anträge unter Aufsicht ausgelost“, so Froese. Aktuell liege die Zahl der Anträge bei 130.

Froese und Team sammeln aber nicht nur Geld, sie schenken momentan auch immer mal wieder besorgten Künstlern ein Ohr. „Bei vielen hilft schon mal das Gespräch, um ihnen die Existenzangst zu nehmen“, sagt Froese. Er versuche die Menschen zu beruhigen und für Vertrauen zu den staatlichen Institutionen zu sorgen.

Manchmal werde er auch zu Antragsformularen und Fördermitteln des Bundes und Schleswig-Holsteins befragt. Der LKV könne allerdings – stellt er klar – keine Förderberatung leisten. Umso wichtiger ist ihm, dass sich kulturelle Einrichtungen, die durch das Raster der Hilfsprogramme fallen, bei ihm melden. Es gehe darum „alle im Blick“ zu haben.

Für so etwas wäre sicherlich eine Datenbank für Kulturschaffende hilfreich. So etwas gibt es aber (noch) nicht. So freut sich Froese, dass er durch die Krise erfährt, wo welche Künstler zu Hause sind. Viele, erklärt er, kommen aus Kiel, aus Lübeck oder Flensburg. Da seien es mehr als im „Flächenbereich der Kreise“.

Wer den Nothilfefonds in Anspruch nehmen möchte, findet unter https://www.landeskulturverband-sh.de/category/kulturhilfesh/ die Auszahlungsbedingungen. Kontakt per Mail gibt es unter kulturhilfe@landeskulturverband.de.

Wer spenden möchte, kann dies unter dem Stichwort „Kulturhilfe“ tun. Das eigens dafür eingerichtete Konto hat die IBAN DE51 2145 0000 0105 0396 71 (BIC: NOLADE21RDB). Spenden werden zudem via Paypal unter www.paypal.me/kulturhilfeSH entgegengenommen.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/03/30/uebersicht-finanzhilfen-fuer-kulturschaffende/
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Südlich der A24

Kostenlos zur „Onleihe“

Mit einem kostenfreien Zugang zur Online-Ausleihe haben die Stadtbüchereien Geesthacht und Schwarzenbek auf die Corona-Krise reagiert. Der Gratis-Service gilt bis zum 30. Mai. Anmeldungen sind unter https://sb-geesch.lmscloud.net/ möglich.

„Da wir unsere Leserinnen und Leser leider in dieser außergewöhnlichen Zeit nicht mit unseren physischen Medien versorgen können, wollen wir mit unserem Online-Angebot bestmöglich für sie da sein“, heißt es in einer Pressemitteilung der beiden Stadtbüchereien. Das Angebot richtet sich an alle Interessierten.

Die „Onleihe“ der Stadtbüchereien Geesthacht und Schwarzenbek ermöglicht die digitale Ausleihe von Büchern (eBooks), Hörbüchern (eAudio) aktuellen Zeitungen & Zeitschriften (ePaper) und Videos (eVideo). Auch eLearning-Kurse aus vielfältigen Bereichen sind abrufbar.

Sie reichen von Persönlichkeitsentwicklung über Sprachkurse bis zu EDV-Trainings. Für Einsteiger gibt es unter „Hilfe“ ausführliche Anleitungen und Video-Tutorials. Bei Problemen hilft ein Blick in das Nutzer-Forum.

Die „Onleihe“ hält zudem die digitale Version des „Duden Basiswissen Schule“ vor. Das Standardwerk bietet Lernhilfen zu allen wichtigen Schulfächern von Englisch bis Physik für Klasse 5-10 sowie für das Abitur. Darüber hinaus können Nutzer auf den Brockhaus, auf das Brockhaus Kinderlexikon und die Brockhaus Online-Kurse zugreifen.

Ein weiterer Vorzug sind die Munzinger Datenbanken, die wöchentlich aktualisiert werden. Sie bieten wichtige Informationen – beispielsweise für Referate und Präsentationen. Unter anderem sind darunter 30.000 Biographien, Daten und Fakten aller Staaten, internationaler Zusammenschlüsse & Organisationen sowie alles zu aktuellem & vergangenem Weltgeschehen zu finden.

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Vorfahrt für die Jugend

„Schülerinnen@homeart“

Verlängerte Osterferien – wie cool ist das denn? Oder auch nicht. Schülerinnen und Schüler durchleben gerade aufgewühlte Tage. Ihr Leben – ihre Welt – ist durch das Virus auf den Kopf gestellt.

Unterrichtsausfall und Kontaktsperre schaffen nicht nur neue Herausforderungen, sie legen auch Emotionen frei. Die Krise erzwingt kurzfristige Veränderungen. Das alles muss keineswegs negativ sein, sondern kann durchaus zum Ausgangspunkt kreativer Prozesse werden.  

Die Kreisfachberaterinnen und Kreisfachberater für Kulturelle Bildung an den Schulen in Schleswig-Holstein haben deshalb ein bisher einmaliges Projekt entwickelt, das allen Schülerinnen und Schülern im Land die Möglichkeit bietet, sich künstlerisch mit dem Corona-Virus und der Welt im Ausnahmezustand auseinanderzusetzen. Ziel ist die erste landesweite Schüler-Ausstellung, die den Titel „Schülerinnen@homeart“ tragen soll. Dazu kann ab sofort bis zum regulären Schulbeginn jede Schülerin und jeder Schüler etwas beitragen.

„Alles ist möglich – Musik, Bilder, Fotos, Videos, Gedichte, Kurzgeschichten“, so Antje Wilkening, Kreisfachberaterin für
den Kreis Segeberg. Ihre Kollegin Frederice Graf aus Stormarn ergänzt: „Unsere virtuelle Ausstellung bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, ihre Gefühle und Gedanken auf künstlerische Art und Weise zum Ausdruck zu bringen und ihre Werke mit anderen zu teilen. So können Hoffnung und ein Gefühl von Gemeinsamkeit entstehen.“

Eine erste künstlerische Arbeit ist bereits eingegangen. „Resistenza“ heißt das Werk der Lübecker Schülerin Merit Binding (14 Jahre). „Mit dem Bild möchte ich besonders der italienischen Bevölkerung Mut machen. Was gerade um mich herum passiert, kann ich mir nicht erklären – es sind keine konkreten Formen erkennbar. Die Atemschutzmaske habe ich auf dem Bild nur lose montiert, da ich sicher bin, sie bald wieder abnehmen zu können. Und dann zeige ich euch mein Bild ohne Maske!“

Für die musikalisch Interessierten gibt es sogar ein für „Schülerinnen@homeart“ geschriebenes Lied, das die Schüler gemeinsam weiterentwickeln können. „Im Song ‚Verrückte Zeit‘ können die Schüler gemeinsam musizieren und Teil eines großen
Ganzen werden“, sagt Dirk-Lorenzen Matthiesen, Kreisfachberater für Flensburg, der dieses Stück zur interaktiven Gestaltung entwickelt hat.
Die eingesendeten Beiträge sollen dabei nicht nur im Internet bleiben. „Alle Ergebnisse haben die Chance, im nächsten Schuljahr auf einer zentralen Landes-Performance-Ausstellung präsentiert zu werden“, stellt Ingo Schlünzen aus Neumünster klar.

Alle weiteren Informationen gibt es unter http://schuelerinnenathomeart.kulturvermittler-sh.de/.

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Nördlich der A24

Grenzhus Schlagsdorf sucht Zeitzeugen

Es ist der erste Exodus, der da im 16. November 1945 von statten geht. Herden von Rindern, Schafen und Pferden drängen sich auf der Straße. Landwirtschaftliches Gerät wird abtransportiert. Hier und da ist das laute Donnern eines Panzers zu vernehmen.

Hab und Gut von Bauern, die östlich des Schaalsees zu Hause sind, verschwinden an diesem Tag Richtung Westen. Seit dem 14. November wissen die Menschen aus Lassahn, dass ihre Heimat ab dem 28. November zur sowjetischen Einflusszone gehört, die Dechower und Thurower erfahren es am Tag darauf. Im Gegenzug gehen Römnitz, Bäk, Mechow und Ziethen an die Briten. General Colin Muir Barber und Nikolai Grigorjewitsch Ljaschtschenko haben sich darauf geeinigt. Es ist ein von den Briten angeschobener Deal, weil die Gebiete östlich vom Schaalsee für sie nur schwer zu erreichen waren.

Der zweite Exodus startet eine Woche später: Die Menschen aus der Region östlich des Schaalsees verlassen in Scharen ihre alte Heimat. Allein aus Dechow fliehen mehr als 1.000 Menschen der 1.237 Einwohner. Offensichtlich schreckt es einen Großteil der Menschen ab, der Herrschaft Stalins ausgesetzt zu sein.

Rund 75 Jahre nach diesem Ereignis widmet sich das Grenzhus Schlagsdorf diesem Ereignis. Die Einrichtung sucht Zeitzeugen, die sich an das Geschehen in der Region Mitte der 40er Jahre erinnern. Welche Emotionen verbinden diese Menschen mit dem Barber-Ljaschtschenko-Abkommen? Wie blicken sie heute auf den Vertrag zurück? Was bedeutete das Abkommen kurz- und langfristig für die Region diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs? Auf diese und weitere Fragen hofft das Grenzhus Antworten zu bekommen.

Zeitzeugen können sich per Mail unter info@grenzhus.de sowie telefonisch unter der Rufnummer 038875-20326 melden. Weitere Infos zu der Einrichtung gibt es unter www.grenzhus.de.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/03/22/grenzhus-leiter-andreas-wagner-ausstellung-zum-barber-ljaschtschenko-abkommen-schlagsdorf/
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Nördlich der A24

Erinnerungen an die verschwundene Heimat

Das Grenzhus Schlagsdorf arbeitet derzeit an einer Ausstellung zum Barber-Ljaschtschenko-Abkommen – einem Gebietstausch zwischen den Besatzungsmächten Großbritannien und der Sowjetunion im November 1945 – rund ein halbes Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Tausch fand direkt vor unserer Haustür statt. Er betraf Dörfer im Lauenburgischen und Mecklenburgischen. Mit Jochen Friedrich hat das Grenzhus einen Zeitzeugen aus Hakendorf ausfindig machen können. Leiter Andreas Wagner sprach mit ihm über seine Erinnerungen. Hier lesen Sie seinen Bericht.

Jochen Friedrich ist 1931 in Schlesien geboren. Die Familie betreibt in Metkau (heute Mietków) bei Breslau eine kleine Landwirtschaft. Sie flüchtet Ende des Krieges mit vier Pferden und zwei Wagen in Richtung Westen und landet in Britz bei Eberswalde. Sieben Menschen gehören zur Gruppe, darunter Stiefvater, Mutter und Jochen Friedrich.

Ende April 1945 erreicht die Gruppe Schwerin. Von dort zieht sie weiter Richtung Westen. In Bennin, dann Tüschow (südöstlich von Zarrentin) und Granzin (bei Boizenburg) finden die Flüchtenden schließlich Unterkünfte. Das Kriegsende nehmen sie kaum wahr. Als die Briten Westmecklenburg am 1. Juli 1945 an die Russen übergeben, dürfen sie vom Stall in ein Zimmer ziehen. Von Juli bis Dezember 1945 kommen sie in einer leerstehenden Jagdhütte, ohne Strom und Wasser, unter.

Die Versorgung der Pferde gehört zu den Pflichten von Jochen Friedrich. Schon früh geht er mit ihnen los, damit sie am Wegesrand Futter finden. Eine Weide haben sie nicht. Das Hab und Gut der Flüchtlinge ist auf dem größeren und gummibereiften Wagen untergebracht: Kleidung, Waschwanne und Betten. Auf dem kleineren transportieren sie Hafer für die Pferde.

Weihnachten 1945 hört der Stiefvater von den leergezogenen Dörfern am östlichen Schaalseeufer. Fast alle Einwohner sind den abziehenden Briten gefolgt. Der Stiefvater erkundet die Lage und findet ein leeres Haus in Hakendorf.  In dem Ort sind nach Abzug der Briten nur noch zwei Häuser bewohnt: Familie Bruhn und Fischer Drostatis. Am 2. Januar 1946 zieht die Familie in das abgelegene Dorf nördlich von Zarrentin. Sie hat Glück – im Stall liegt das ungedroschene Getreide, in der Miete die Futterrüben. Die Felder sind bestellt.

Dennoch ist der Anfang schwer. Es fehlen Technik und Werkzeuge. Das Dorf ist von der Außenwelt abgeschnitten und das Grundwasser liegt tief. Im Dorf sind sowjetische Soldaten für den Grenzdienst untergebracht. Sie beanspruchen oft Pferd und Wagen für Transporte in die umliegenden Orte, was man ihnen nicht verweigern kann.

Besonders aufwändig ist der Transport der gemolkenen Milch. Jeden Tag muss sie in die 13 Kilometer entfernte Molkerei nach Zarrentin gebracht werden. Die Familien aus dem Dorf wechseln sich mit dem Transport ab.

Mangelware sind in diesen Tagen Schmiede und Eisenmaterial. So geht der Stiefvater im ersten Winter mit den Pferden über den zugefrorenen Schaalsee nach Schleswig-Holstein, um die Pferde beschlagen zu lassen oder Hufnägel und Hufeisen gegen Butter zu tauschen.

1950 verlässt Jochen Friedrich Hakendorf, um auf die Landwirtschaftsfachschule zu gehen. Nach einem schweren Unfall geben Stiefvater und Mutter die Landwirtschaft 1960 auf und verlassen Hakendorf. Der Stiefvater stirbt 1962.  

Die Häuser in Hakendorf fallen in den 1970er Jahren der DDR-Grenzsicherung zum Opfer. Auch das Haus, in dem Jochen Friedrich 1946 eine neue Heimat findet, muss weichen. Heute lebt er in Hagenow. Gleichwohl lässt ihn sein altes Zuhause nicht los. Er sucht Kontakt zu Alt-Hakendorfern, die 1945 das Dorf verlassen haben.

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Aus der Stiftung

Ostern Podcasts hören

Langsam und unaufhörlich frisst sich das Virus in die letzten Poren der Weltgesellschaft. Es tötet. Es zersetzt das wirtschaftliche und das kulturelle Leben. Ausnahmen? Gibt es nicht. Covid-19 kann nicht anders. Es folgt seiner Programmierung.

Für uns alle ist das schwer erträglich. Zumal es jenseits der eigenen vier Wände kaum noch Raum für Ablenkung gibt. Die Kontaktsperre setzt uns enge Grenzen. Kein Picknick im Freien. Kein Fahrradausflug ins benachbarte Bundesland. Mecklenburg-Vorpommern hat seine Grenzen dicht gemacht. Kein Grund zur Klage: Wir Schleswig-Holsteiner halten es genauso.

Und jetzt kommt noch Ostern. Vier freie Tage bei womöglich schönstem Wetter. Wie da Haltung wahren? Eine positive Grundstimmung gewinnen? Nicht leicht. Und es wird nicht leichter, je länger man drüber nachdenkt.

Vielleicht hilft es, wenn wir uns vergewissern, wie kostbar die Freiheiten sind, die unser Land in „normalen“ Zeiten auszeichnet. Vielleicht ist es tröstlich, dass diese Freiheiten wiederkehren werden. Vielleicht hellt es auch Ihre Stimmung auf, wenn Sie hören, wie Pastorin Hilke Lage – trotz Kontaktsperre – dem Osterfest frohen Mutes entgegenblickt. Kulturportal-Herzogtum.de hat mit der Seelsorgerin über ihre Arbeit in Zeiten von Corona gesprochen. Das Telefonat haben wir aufgezeichnet und veröffentlichen es als Podcast.

Das gilt auch für das Gespräch, das Kulturportal-Herzogtum.de mit Lothar Obst geführt hat. Der Geschichtsexperte, der sich als Tutor für die Akademie der Stiftung Herzogtum Lauenburg engagiert, erklärt im Interview die historischen Hintergründe, die zur Kreuzigung von Jesus Christus führten.

Mögen diese Podcasts Hoffnung, Ablenkung und Anlass zum Nachdenken sein.

Die Stiftung Herzogtum Lauenburg wünscht Ihnen ein frohes Osterfest!

Helge Berlinke

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Aus der Stiftung Nördlich der A24

Künstler mit Zauberkraft

Die neue Ausgabe von „Unser Herzogtum“ ist raus. Das von „Klar & Deutlich Media“ herausgegebene Magazin enthält wieder jede Menge spannende Storys aus der Region, darunter eine Fortsetzungsgeschichte über Karlheinz Goedtke, die Klaus Schlie, Präsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg und Vorsitzender des Freundeskreis Karlheinz Goedtke verfasst hat. Den ersten Teil veröffentlicht Kulturportal-Herzogtum.de mit freundlicher Genehmigung von „Klar & Deutlich Media“. Zur gesamten Ausgabe geht es hier.

Karlheinz Goedtke Bildhauer und Grafiker aus Mölln – Teil I

 „Als 1955 Schüler meiner zehnten Klasse für eine Gemeinschaftsarbeit Motive aus der Kunstlandschaft Schleswig-Holsteins suchten, da wählten sie für das Herzogtum Lauenburg neben dem Ratzeburger Dom den Eulenspiegel auf dem Möllner Marktplatz. Sie sahen in dieser lebensgroßen Figur den Geist Eulenspiegels, wie er ihnen aus der Literatur geläufig war, so vollendet eingefangen und einbezogen in die Umgebung, dass er ihnen Funktion oder Teil des historischen Marktes schien“. So beschrieb Hans Jürß in einer Laudatio 1977 das sicher bekannteste Werk des Möllner Bildhauers Karlheinz Goedtke. Bereits diese erste öffentlich aufgestellte Plastik auf dem Marktplatz in Mölln besitzt „symbolische Kraft“ für  die  Stadt  Mölln, in  der  Till  Eulenspiegel  bis  heute  „lebt“.   

„Zauber der Identifikation“ nennt es der Autor Karl Strube in einem Aufsatz über Goedtke. Dieser „Zauber der Identifikation“ wird bei uns im Kreis Herzogtum Lauenburg durch sehr viele Werke von Goedtke deutlich. Gleich, ob der „Junge Weidehengst“ in Ratzeburg als Symbol, das sich im Wappen des Kreises wieder findet oder die „Wölfe“ in Schwarzenbek, der „Lauenburger Rufer“ oder der „Taschenmann“ vor dem Kreissparkassengebäude in Ratzeburg – immer ist die Plastik Goedtkes ein Symbol für den Ort, wo sie aufgestellt ist.

Über 500 plastische Werke stehen als „Kunst im öffentlichen Raum“ auf Wegen oder Plätzen oder finden ihren Weg in die privaten Sammlungen. Unbekannter sind dagegen Goedtkes Skizzen und Zeichnungen, die in kleiner Auflage gedruckt wurden. Noch unbekannter sind eine ganze Reihe von Skizzenbüchern, die seit den frühen siebziger Jahren auf vielen Reisen durch Europa und dem afrikanischen Kontinent entstanden sind. Auf diesen Reisen fand Goedtke zahlreiche Anregungen für seine neuen Motive. 

Die Begegnungen mit den Menschen und den Tieren Afrikas, die Safaris in die Steppen, Savannen und Wüsten hat der Künstler in einer Vielzahl von Motiven verewigt. Diese „kleinen Arbeiten“ waren sicherlich auch die entscheidende Anregung zur weiteren Arbeit in seinem Atelier in Alt-Mölln. Die kompletten Darstellungen von Nashörnern, Elefanten oder die stolze Haltung einer Beduinengruppe haben ihren Ursprung in diesen Reisen, die den künstlerischen Horizont von Karlheinz Goedtke entscheidend erweitert haben. Bereits 1990 wurde in den Räumen der Stiftung Herzogtum Lauenburg als „besondere Auszeichnung des Künstlers Karlheinz Goedtke“ eine permanente Ausstellung seiner Werke im Stadthauptmannshof in Mölln eröffnet, die allerdings nicht lange Bestand hatte.“

Klaus Schlie

Teil II erscheint in Ausgabe 18 von „Unser Herzogtum“.

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Nördlich der A24

„Programm wird sich ändern“

Überall im Land ist das kulturelle Leben zum Erliegen gekommen. Es kann nicht mehr geprobt, geschweige denn aufgetreten werden. Wie lange werden diese Einschränkungen bleiben? Was für Folgen hat das für den KulturSommer am Kanal? Diese Fragen treiben Intendant Frank Düwel und Managerin Farina Klose in diesen Tagen um. In einem offenen Brief haben Sie sich nun an Künstler, Kulturträger, Helfer und Publikum gewandt. Hier das Schreiben im Wortlaut:

„Liebe Freunde, Kulturschaffende, liebe Gäste des KulturSommers am Kanal,

auch wir haben in den letzten Wochen die Entwicklungen der Covid-19-Pandemie verfolgt. Wie wahrscheinlich viele von Ihnen sind wir mit einer Situation konfrontiert, die wir so noch nicht erlebt haben und deren Entwicklung wir nicht abschätzen können.

Aus diesem Grund möchten wir mit der Entscheidung, ob der KulturSommer am Kanal innerhalb des geplanten Zeitraumes vom 07.06. – 06.07. diesen Jahres stattfinden kann, bis zum 20. April warten.

Produktionen / Proben

Sicher ist, dass sich das Programm in diesem Jahr in Umfang und Form der Veranstaltungen verändern wird, da zur Zeit alle Proben und Treffen zu den Produktionen ruhen. Dies betrifft die Eröffnung in Büchen, das Kanu-Wander-Theater, Beat ´n Dance und weitere Produktionen.

Der Reisebegleiter /Programmplanung

Angesichts der Ungewissheit werden wir den Reisebegleiter nicht im gewohnten Print-Format publizieren. Durch die große Anzahl an Einzelveranstaltungen, an denen viele Kunst- und Kulturschaffende beteiligt sind, ist das Risiko groß, dass das Heft bei Redaktionsschluss schon nicht mehr aktuell ist. Um flexibler auf mögliche Inhalts- und Terminänderungen eingehen zu können, arbeiten wir zur Zeit an einer Online-Version des Reisebegleiters.

Ungeachtet dessen widmen wir uns im Homeoffice weiter dem Programm des KulturSommers. Sobald Planungsicherheit besteht, möchten wir eine Broschüre mit allen Terminen veröffentlichen.

Ausblick

Wir hoffen, dass Kunst, Kultur, Musik und Theater und die damit verbundenen Begegnungen in nicht allzu ferner Zukunft wieder ein Bestandteil unseres gemeinsamen Lebens sein werden.

Sollte der KulturSommer am Kanal 2020 als Kunst- und Kulturfestival im seinem üblichen Zeitrahmen von vier Wochen nicht stattfinden können, beginnen wir Ideen zu entwickeln, künstlerische Projekte des KulturSommers in einer anderen Form und innerhalb eines anderen Zeitraumes zu präsentieren.

Es grüßt herzlich ihr KulturSommer Team Frank Düwel und Farina Klose“

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Aus der Stiftung

Die Kreativität bleibt

Im Internet kursieren die Videos von den Menschen in Italien. Sie stehen auf den Balkonen – und singen. Um sich Mut zu machen. Um für einen Moment die bedrückende Realität in Zeiten von Corvid-19 zu vergessen.

Kultur trotz(t) Corona – das ist für mich die Botschaft, die dahintersteht. Kulturportal-Herzogtum.de möchte sich daran ein Beispiel nehmen und weiterhin über die Kultur im Kreis berichten. Schließlich hören die Musiker, Schauspieler, Filmemacher und Künstler – Virus hin oder her – nicht auf, kreativ zu sein. Fragen kann man ja zum Glück auch übers Telefon stellen und die Antworten – der Digitalisierung sei Dank – lassen sich per Mausklick in die Öffentlichkeit bringen.

Seit heute (16. März) ist die Literaturwerkstatt das Thema der Woche. Das Gespräch mit HannaH Rau liegt schon ein paar Wochen zurück. Zu diesem Zeitpunkt war Corona noch eine weitgehend chinesische Angelegenheit. So schnell ändern sich die Zeiten…

Auch die Leiterin der Literaturwerkstatt zeigt sich angesichts des Virus trotzig. In einem Newsletter schreibt sie: „Wir brauchen jetzt Geschichten. Wir sollten uns jetzt die Geschichten erzählen, die trösten und gut tun, lesen, Filme gucken, schreiben. Wir arbeiten bereits daran, einen Teil meines Seminarprogramms ins Internet zu verlegen, damit ich dort mit Euch bald in Gruppen oder allein schreiben kann.

Falls Ihr jetzt beim Aufräumen Euren Roman in der Schublade findet und überlegt, was Ihr damit machen könnt: Sprecht oder schreibt mich an. Schreibcoaching klappt auch per Telefon und Mail. Warum das jetzt gerade auch für mich als Künstlerin wichtig ist? Himmelshaken.“

Zum Trost und Trotz hat hat HannaH Rau ihrem Newsletter dieses Gedicht beigefügt:

Sie weiß den Sonnenstand
frei Hand
und sammelt Schrauben
zu drehn den Himmel
unters Dach
mit leisem Klicken

Die meiste Zeit der Kunst
ist Warten
Die größte davon
ist Warten
Die Zeit
ist die Kunst


Bleiben Sie gesund!

Helge Berlinke

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/03/16/kurzreportage-literaturwerkstatt-stiftung-herzogtum-lauenburg-moelln/
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Nördlich der A24 Südlich der A24

„Schreiben ist meine Impulskontrolle“

Seit etwa anderthalb Jahren leitet Hannah Rau die Literaturwerkstatt der Stiftung Herzogtum Lauenburg. Im Stadthauptmannshof widmet sich die Begründerin der Lübecker Wortwerft alle vier Wochen den Schreibtalenten aus der Region. Bei den Jugendlichen punktet sie mit einer Fülle von Ideen und Anregungen und – natürlich – mit Fachkompetenz. Dabei bewegt sie sich stets auf Augenhöhe mit den Teilnehmern. Rau selbst verfasst Lyrik und Prosatexte. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihr über Schreibprozesse, die Bedeutung des Lesens und Coaching.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Rau, wie wichtig ist es, zu lesen, wenn man schreiben will?

Hannah Rau: Wenn man schreiben möchte, ist es schon gut, auch zu lesen. Wenn man schreibt, liest man anders. So wie jemand, der Häuser baut – der guckt sich Häuser einfach anders an, wenn er sie betritt.

KP: Kennen Sie einen berühmten Autor, der nicht gelesen hat?

Rau: Es gibt da ein Zitat: „Das Bisschen, was ich noch lese, schreibe ich mir selber“ – war es Sartre? Das ist natürlich ein Kokettieren. Ich glaube, Ideen und Stile entwickeln wir durch unsere Vorbilder. Wenn jemand zu mir kommt, der einen Lyrikband veröffentlichen will, dann frage ich: Wie viel Lyrik hast du im Regal? Wenn da keine Lyrik steht, sage ich, dann lass das mal mit dem Lyrik-Schreiben. Wir sollten niemals etwas schreiben, was wir nicht auch selbst lesen wollen.

KP: Wie ist es bei Ihnen? Was lesen Sie?

Rau: Gerade lese ich von Mirko Bonné „Der eiskalte Himmel“ – ein älteres Buch von ihm über Shackletons Antarktisdurchquerung. Mich begeistern Extremgeschichten. Oder Peter Wittkamps grandioses Buch über Zwangsstörungen „Für mich soll es Neurosen regnen“. Ich lese viel und oft Lyrik, Belletristik und Sachbuch gleichzeitig. Ein Gedichtband liegt immer in der Küche oder am Bett. Auf dem Kindle habe ich viel Belletristik, weil ich nicht gerne Sachen mit mir herumschleppe. Ich muss lesen, wie ich essen muss. Das Gedicht ist meine Praline. Prosa ist mein Butterbrot.

KP: Holen Sie sich aus dieser Lektüre Inspirationen fürs Schreiben?

Rau: Nein eigentlich nicht. Meine Ideen kommen aus dem Alltag. Ich stehe immer so unter Beschuss von meinen Eindrücken. Dadurch bekomme ich ganz viele Impulse. Freunde sagen manchmal zu mir: Du erlebst aber auch verrückte Sachen! Dabei geht es wahrscheinlich allen Menschen so, die meisten merken es nur nicht. Ich bin unglaublich assoziativ unterwegs. Ich sitze mit einem komischen Typ im Bus und schon entsteht eine Geschichte.

KP: Was drängt Sie an den Schreibtisch? Sind es diese Inspirationen?

Rau: Das ist keine Frage für mich. Ich schreibe und es schreibt mich. Es gibt für mich kein Leben ohne Schreiben. Wenn ich anfange zu schreiben – wenn ich fiktional schreibe, bin ich komplett weg. Das ist der klassische Flow. Ich muss schreiben, sonst platze ich. Schreiben beruhigt. Es strukturiert. Es ist Ausdruck, aber still. Es ist im Grunde meine Impulskontrolle, eine ausgelagerte Impulskontrolle.

KP: Sie schreiben auch Lyrik. – Bei Verlagen gilt diese Textform in finanzieller Hinsicht als tödlich – warum?

Rau: Die Lyrik hat eine große Nähe zur bildenden Kunst. Sie hat nichts Konkretes. Es gibt Dinge, die kannst du nicht benennen, weil sie unbenennbar sind, aber Lyrik kann es. Abstrakte Kunst kann es. Und das ist der Reiz. Ich schreibe aber auch Prosa. Gerade habe ich einen Roman in mir. Ich bin noch auf der Suche, wie ich das machen kann. Weil ich mich beim Schreiben verausgabe, brauche ich Zeit und eine klare Struktur. Der Roman ist aber schon da. Es schreibt in mir.

KP: Wie meinen Sie das – der Roman ist schon da?

Rau: Ich weiß ungefähr, was für Figuren ich habe und lasse sie machen. Ich weiß nicht, wo es hingeht. Ich schreibe einfach nur mit, was in meinem Gehirn passiert.

KP: Schriftsteller genießen den Ruf des weltabgewandten Eigenbrötlers. Sie hingegen sitzen nicht nur in Ihrem stillen Kämmerlein, sondern suchen auch das Rampenlicht – zum Beispiel bei Poetry Slams.

Rau: Auf Slams gehe ich nur noch, wenn ich eingeladen werde. Was ich mache, nennt sich Slam-Recording. Ich gehe auf Konferenzen und schreibe alles mit, was ich höre – was an Vorträgen kommt, was die Menschen neben mir in der Sitzreihe augenrollend sagen. Am Ende gehe ich auf die Bühne und fasse die Inhalte der Tagung in 15 Minuten zusammen Ich beleuchte alles anders, verrückt, höre anders zu. Wenn zum Beispiel die Suchtbeauftragte gesagt hat, das Thema Sucht muss endlich in der Gesellschaft als Krankheit wahrgenommen werden wie Hämorriden und niemand traut sich zu lachen, dann komme ich später auf die Bühne und frage: „Na, wie geht’s euren Hämorriden?“ und endlich dürfen alle lachen. Ich bin da der Narr.

KP: Im Rampenlicht stehen Sie auch, wenn Sie eine Literaturwerkstatt – wie die der Stiftung Herzogtum Lauenburg – leiten…

Rau: Nein – bei der Literaturwerkstatt bin ich nur die Leitung. Es geht da nicht um mich. Es geht darum, Teilnehmern Impulse zu geben und Freude am Schreiben zu wecken. Ich sage, stell´ dir vor, du könntest fliegen. Stell´ dir vor, du könntest eine App entwickeln, mit der du andere Menschen steuern kannst. Was würdest du tun? Die Schreibbegeisterung zu wecken, heißt für mich da anzudocken, wo die Teilnehmer sich befinden.

KP: Welche Fähigkeit braucht es noch, um eine Literaturwerkstatt zu leiten?

Rau: Wirkliche Leitung sein, heißt, zu gucken, dass jeder bekommt, was er oder sie braucht. Es gilt neben den Quirligen auch die Stillen zu beachten – ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern. Man muss Regeln einfordern – zum Beispiel Respekt und freundliche Rückmeldungen fördern. In Mölln war das von Anfang an keine Frage. Für schwierige Situationen habe ich die Poesietherapie als Zusatzausbildung gemacht. Ich habe als Teilnehmerin selbst erlebt, wie eine alte Frau bei einer Schreibaufgabe weinend den Raum verlassen hat, ohne dass die Leitung reagiert hat.. Das wollte ich nicht erleben. Die Therapieausbildung brauche ich allerdings meist fürs Autorencoaching.

KP: Wie gehen Sie mit Ihrer Schreibwerkstatt vor?

Rau: Ich gucke, was die Gruppe braucht und gehe auf das ein, was sie sich wünscht und danach organisiere ich meinen Unterricht.

KP: Macht es einen Unterschied, ob Sie beispielsweise mit Alt oder Jung oder gemischten Gruppen arbeiten?

Rau: Das ist vollkommen egal. Es spielt weder eine Rolle, welche Altersmischung ich habe, noch ob es Männer oder Frauen sind, weil wir alle schreiben. Ich verzichte gern  auf Vorstellungsrunden. Ich möchte nicht, dass Karl-Heinz aus der Verwaltung sich als Karl-Heinz aus der Verwaltung vorstellt. Ich möchte, dass Karl-Heinz sich mit seinem verrückten Text über ein Nashorn vorstellt.

KP: Frau Rau, ich danke Ihnen für das Gespräch.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/03/16/kurzreportage-literaturwerkstatt-stiftung-herzogtum-lauenburg-moelln/