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„Der Ortsbezug ist der rote Faden“

Isabelle von Schilcher (Foto: Benjamin Stumpf) hat aktuell die künstlerische Leitung des Künstlerhauses Lauenburg inne. Sie vertritt Marita Landgraf, die in Elternzeit ist. Die junge Frau, die in Münster an der Kunstakademie studiert und bereits an mehreren Standorten im organisatorischen Bereich tätig war, hat an ihrer neuen Dienststätte gleich mit mehreren Herausforderungen zu tun: Das Künstlerhaus feiert dieses Jahr 35. Geburtstag, bekommt die langersehnte Stadtgalerie und hat nebenbei – wie alle Kultureinrichtungen – mit Covid-19 zu kämpfen. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit der 37-Jährigen über ihren neuen Job.

KP: Seit November haben Sie die künstlerische Leitung inne. Wie gefällt Ihnen Ihre Aufgabe?

Von Schilcher: Ausgesprochen gut. Ich war von Anfang an begeistert von der Energie im Haus. Natürlich ist das Haus selber schon so, dass man es einfach nur toll finden kann. Die Lage an der Elbe, die Ateliers, die Möglichkeit, Stipendien zu vergeben, der Bau der Stadtgalerie und so weiter. Was mich aber am stärksten beeindruckt hat, sind die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, die im Haus arbeiten – mit welch einer Energie die hier agieren und wie viel Zeit sie investieren. Das hat es mir leicht gemacht, mich in die Arbeit hineinzuwerfen und die Fäden aufzunehmen, die mir Frau Landgraf übergeben hat.

KP: Wie viele Ehrenamtler engagieren sich für das Künstlerhaus?

Von Schilcher: Im Moment sind es 14, die im Haus aktiv sind. Da gibt es natürlich Frau Mechau-Krasemann, die den ersten Vorsitz macht. Das ist meiner Meinung nach im Moment ein Fulltime-Job. Es gibt die zweite Vorsitzende Angelika Fobian, die immer präsent ist und an allen möglichen Gesprächen und Entscheidungen beteiligt ist. Da ist Isabel Renken, die quasi die ganze Gastronomie unter ihren Fittichen hat. Da sind die Leute, die in der Technik arbeiten und gerade dabei sind, das Haus zu renovieren. Wir haben eine Ehrenamtlerin, Ingrid Bussmann, die ein ‚StipendiatInnenarchiv‘ aufbaut. Und viele mehr.

KP: Und dann ist da Isabelle von Schilcher, die hauptamtlich die künstlerische Leitung innehat. Wie viele Stunden sind Sie wöchentlich im Einsatz?

Von Schilcher: Auf dem Papier 15 Stunden.

KP: Das ist überschaubar.

Von Schilcher: Das ist abhängig von den Fördergeldern, die das Haus bekommt. Man arbeitet hier gerne, wenn das Projekt so toll ist. Ich sage aber auch: Wir brauchen dringend mehr Stunden für die künstlerische Leitung, vor allem jetzt wo wir die Stadtgalerie dauerhaft bespielen.

KP: Sie sagten gerade, dass im Künstlerhaus aktuell sehr viel passiert. Wie schaffen Sie es, Abstand zu halten und sich nicht in die Quere zu kommen?

Von Schilcher: Das entzerrt sich total. Die Leute arbeiten zu unterschiedlichen Zeiten.

KP: Haben Sie derzeit Stipendiatinnen und Stipendiaten im Haus?

Von Schilcher: Im Moment nur einen – Christian Helwing. Er arbeitet auf Einladung bei uns im Haus und das für ein ganzes Jahr. Alle weiteren Belegungen haben wir aufgrund von Corona abgesagt.

KP: Wie viele Stipendiatinnen und Stipendiaten kommen sonst zu Ihnen?

Von Schilcher: Normalerweise schreiben wir fünf Stipendien aus. Dieses Jahr läuft es anders, auch weil wir den Umbau der Stadtgalerie im Nebenhaus vor uns haben. Da soll es in Zukunft einen großen Durchbruch geben zwischen den Häusern. Allein der Baulärm und alles was da an Umstrukturierungen stattfindet, hat es uns unmöglich gemacht, die Stipendien in diesem Jahr regulär auszuschreiben. Was wir 2021 ausschreiben, ist ein viermonatiges Arbeitsstipendium ohne Residenzpflicht für eine Künstlerin beziehungsweise einen Künstler mit Kind. Da läuft die Bewerbungsfrist noch bis zum 15. Mai. Wir haben gedacht, wir machen jetzt mal etwas, was Leute anspricht, die normalerweise nicht von den Residenzstipendien bei uns profitieren können. Künstlerinnen und Künstler mit Kind sind immer gerne gesehen, aber für die ist das organisatorisch oft nicht möglich, zum längeren Aufenthalt zu kommen.

KP: 2022 kehren sie bei der Stipendienvergabe dann aber wieder zum ursprünglichen Umfang und Prozedere zurück?

Von Schilcher: Nicht ganz. 2022 schreiben wir nur noch vier Stipendien regulär aus. Zwei im Bereich bildende Kunst, eins im Bereich Komposition und eins im Bereich Literatur. Hinzu kommt ein Stipendium, das wir in Zukunft jährlich auf Einladung vergeben wollen. Da geht es dann um einen Künstler, der ortsspezifisch in Lauenburg arbeitet oder sich mit dem Thema Lauenburg auseinandersetzt, in Verbindung mit einer Ausstellung in der Stadtgalerie. Die Anbindung der Stadtgalerie bedeutet eine große strukturelle Veränderung. Da müssen wir unser Konzept jetzt einfach anpassen.

KP: Geht es auch darum, das Künstlerhaus stärker im Bewusstsein der Lauenburger zu verankern? Ich erinnere mich, dass auch Frau Landgraf dieses Ziel verfolgt hat. Moderne Kunst gilt ja bei vielen als abgehoben.

Von Schilcher: Klar geht es auch darum, die Leute vor Ort zu begeistern. Wir müssen jetzt mit der Stadtgalerie und dem Programm, was wir da machen, an sie herantreten. Wir wollen ihnen die Möglichkeit bieten, noch mehr Interesse zu entwickeln.

KP: Sie halten also an der Strategie fest, näher an die Einheimischen heranzurücken?

Von Schilcher: Genau. Wir wollen auf keinen Fall wie ein Ufo landen und völlig aus dem Kontext gerissen Dinge zeigen, mit denen keiner was anfangen kann. Das wäre tatsächlich abgehoben. Natürlich soll zeitgenössische Kunst zu sehen sein. Wir wollen beispielsweise mit der jährlichen ,StipendiatInnen-Ausstellung‘ zeigen, was hier im Künstlerhaus als Produktionsstätte entsteht. Der Ortsbezug – das habe ich auch von Frau Landgraf vermittelt bekommen – ist der rote Faden.

KP: Auf der anderen Seite bekommen Sie aber auch Unterstützung von außerhalb – zum Beispiel vom Land Schleswig-Holstein.

Von Schilcher: Genau. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holstein fördert unter anderem das Stipendienprogramm.

KP: Und Sie sind eine Adresse in der Kunstszene, wo sich Menschen aller Herren und Frauen Länder bewerben können.

Von Schilcher: Natürlich wollen wir uns nicht beschränken. Wir machen ein internationales Programm und schaffen uns damit die Möglichkeit, über Ländergrenzen hinweg namhafte Künstlerinnen und Künstler nach Lauenburg einzuladen.

KP: Neue Möglichkeiten bietet Ihnen vermutlich auch die Stadtgalerie, die Sie bereits erwähnt haben. Wie kam es zu diesem Projekt?

Von Schilcher: Die Idee der Stadtgalerie gibt es schon lange. Es gab auch schon mal einen temporären Ort für die Stadtgalerie, die bis 2016 im Hagenström* betrieben wurde. Danach gab es die ‚Stadtgalerie im öffentlichen Raum‘. In diesem Rahmen sind dann auch weitere Projekte entstanden. Jetzt stellt uns Franz Hitzler für die Stadtgalerie Teile des Nachbarhauses zur Verfügung.

KP: Die gute Nachricht lautet: Das Künstlerhaus und Lauenburg können der Kunst mehr Raum geben. Gegenwärtig haben solche Nachrichten allerdings immer einen faden Beigeschmack. Viele Galerien und Ausstellungshäuser haben aktuell geschlossen. Kunst findet vor allem im digitalen Raum statt. Wie sehen Sie das? Wie sehen die Künstlerinnen und Künstler das?

Von Schilcher: Das ist für die meisten eine große Herausforderung. Wir sind da mit vielen – auch mit unseren ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten – in Kontakt. Einige sind durch die Pandemie finanziell hart getroffen. Vielen Galerien geht es auch nicht sonderlich gut. Aber viele Leute entwickeln neue Strategien, um sich weiter zu positionieren und zu zeigen. Wenn es im analogen Raum nicht möglich ist, dann halt im digitalen Raum. Das ist auch eine Chance.

KP: Spiegelt sich das auch bei Ihnen wider?

Von Schilcher: Wir haben einige Künstler, die in Kooperation mit uns arbeiten. Da sind beispielsweise die Hamburger Künstlerinnen Ina Arzensek und Sarah-Christina Benthien vom LÜP**. Sie entwickeln prozessorientierte ortsspezifische, forschende Formate, die auch auf die aktuelle Situation eingehen.

KP: Das hört sich ziemlich abstrakt an.

Von Schilcher: Das ist es tatsächlich auch, wenn man so darüber spricht. Greifbarer sind die Ergebnisse, die sich daraus entwickeln, zum Beispiel in Form von Mailart. Da werden Kunstwerke per Email verschickt. Oder auf dem Postweg. Da ist schon sehr viel Kreativität im Spiel, wie man das Publikum erreicht oder wie Leute in den künstlerischen Prozess involviert werden können. Das geht auch unter Pandemiebedingungen.

KP: Diese Form der Kunstentwicklung und Kunstverbreitung kommt aber nicht allen Künstlerinnen und Künstlern entgegen. Es gibt Kreative, die sagen: Wenn wir unsere Kunst nur in eine virtuelle Galerie stellen können, kaufen die Leute nichts. Geht das Künstlern, die mit digitalen Möglichkeiten arbeiten und spielen genauso?

Von Schilcher: Das kann ich nicht sagen. Ich weiß, dass viele aus der Not eine Tugend machen. Aber prinzipiell lässt sich Analoges nicht ersetzen. Wenn man durch eine Ausstellung geht und Videos ansieht oder Installationen, ist es etwas anderes, als sich das Ganze beispielsweise auf vimeo.com anzusehen. Man steht da einer Sache gegenüber, die in ihrer Substanz vielleicht nicht unbedingt nur digital ist. Andererseits wächst der Anteil der komplett digital arbeitenden Künstlerinnen und Künstler. Das ist natürlich der Zeit geschuldet. Corona hat da gewisse Tendenzen vielleicht noch verstärkt.

KP: Irgendwie ist man ja auch dankbar, dass es die eine oder andere digitale Lösung gibt…

Von Schilcher: Es eröffnet unter anderem auch Möglichkeiten sich Ausstellungen anzusehen, die man sonst nicht gesehen hätte, weil sie beispielsweise zu weit weg sind. Ich habe wegen der Schließungen viele virtuelle Rundgänge gemacht, mir online Ausstellungen angeguckt und an digitalen Künstlergesprächen teilgenommen.

KP: Frau von Schilcher, ich danke Ihnen für das Gespräch.

*Ehemaliges Kaufhaus in Lauenburg

**Labor für Übergänge und Prozesse

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„Wir müssen uns für den Erhalt der Sprache gerade machen“

An der Pandemie kam in den zurückliegenden anderthalb Jahren niemand vorbei. Das Virus drang nicht nur in menschliche Körper ein, es durchzog auch sämtliche gesellschaftlichen Bereiche – wie auch die Niederdeutsch-Community. Einer, der das privat und beruflich erfahren hat, ist Thorsten Börnsen, Leiter des Zentrums für Niederdeutsch in Holstein. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihm über das Plattdeutsche in Zeiten der Pandemie und das Aufwachsen mit einer zweiten Muttersprache.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Börnsen, das Frühjahr war ja vor allem eins: heimelig. Wegen des Lockdowns und der damit verbundenen Kontaktsperre waren wir alle zumeist gezwungen, uns in den eigenen vier Wänden aufzuhalten. Haben Sie sich in dieser Zeit überhaupt mal mit jemandem von Angesicht zu Angesicht auf Plattdeutsch unterhalten können?

Thorsten Börnsen: Gelegentlich ging das schon. Einige von meinen Freunden schnacken Plattdeutsch und dann gibt es da noch einige Plattakteure, mit denen ich mich ausgetauscht habe.

KP: Sprechen in Ihrem Umfeld viele Plattdeutsch?

Börnsen: Nein, viele sind das nicht – ich wohne ja in Hamburg – ein paar aber schon. Außerdem bin ich ja auch Plattdeutschlehrer und einige von meinen Schülern schnacken schon Platt. Und was ich sowieso als Prinzip vorantreibe, ist: Selbst wenn die Leute kein Plattdeutsch schnacken, schnacke ich mit ihnen Platt.

KP: Sie gehören zur Generation der Babyboomer, deren Eltern dem Niederdeutschen zumeist skeptisch oder wenigstens gleichgültig gegenüberstanden. Warum ist es bei Ihnen anders gelaufen? Wieso ist die Sprache so prägend für Sie geworden?   

Börnsen: Das ist mehr Zufall gewesen. Ich habe Geschichte und Religionswissenschaften studiert und später dann Niederdeutsch dazu genommen – ohne mir große Gedanken darüber zu machen. Ich habe gedacht – klingt ja interessant, so als Beifang. Und dann stellte sich heraus, dass ich für kein anderes Fach so viel tun musste wie für Plattdeutsch. Ich hatte plötzlich mit der Übersetzung von Hanseurkunden aus dem Spätmittelalter zu tun. Da schwelte mir dann doch ganz schön das Fell, weil das ein vollkommen anderes Platt ist. Auf diesem Weg habe ich die plattdeutsche Literatur überhaupt erst kennen gelernt, was die Sprache für mich interessanter gemacht hat. Meine Eltern haben zwar viel gelesen, aber kein Niederdeutsch. Das hat mir das Studium sozusagen „open mokt“.

KP: Was machte die Übersetzung der alten Urkunden denn so schwer?

Börnsen: Das kann ich Ihnen genau sagen: alles! Du verstehst da vom ersten Zeichen an kein Wort. Für alles musst du ein Wörterbuch benutzen. Und wenn du meinst, dass du etwas verstehst, ist es mit Sicherheit verkehrt…

KP: Weil die Wortbedeutung eine vollkommen andere ist?

Börnsen: Weil die Wörter anders sind. Weil die Wörter sich im Laufe der Zeit verändert haben. Du hast da mit Rechtstexten zu tun, mit Wörtern, die eine ganz bestimmte Bedeutung gehabt haben. Das ist wie mit dem Juristendeutsch von heute. Das kannst du nicht mal eben aus dem Lameng verstehen.

KP: Sie sagten gerade, dass Ihre Eltern keine niederdeutschen Bücher lasen. Wie sah es sonst mit dem Plattdeutschen in Ihrer Jugend aus?

Börnsen: Also schnacken, schreiben und lesen sind verschiedene Paar Schuhe. Das merkt man immer wieder – wenn jemand wunderbar plattschnackt, aber das überhaupt nicht schreiben kann und Probleme hat, plattdeutsche Texte zu lesen. Insofern sind viele Muttersprachler auch so ein bisschen Analphabeten, was die eigene Sprache angeht. Das ist auch bei mir so gewesen. Mit meiner Oma und meinem Onkel habe ich nur Platt geschnackt, mit meinen Freunden natürlich nicht.

KP: Und Ihre Eltern?

Börnsen: Meine Eltern haben in meiner Kindheit ziemlich viel Plattdeutsch mit mir geschnackt. Sonst könnte ich das auch nicht. Ich bin das, was man als „Native Speaker“ bezeichnet. Aber es gibt da nun mal diese Spaltung zwischen dem Gesprochenen und dem Geschriebenen. Das ist im Plattdeutschen eben schon sehr ausgeprägt, wie ich schon sagte.

KP: In meinem Elternhaus wurde auch Platt gesprochen, aber nur mit Leuten, die zu Besuch kamen. Mit uns Kindern hat niemand auf Niederdeutsch geredet. Es hieß, dass das dem Erwerb des Hochdeutschen schade. Heute würde so eine These wohl niemand mehr vertreten. Menschen wie Sie sind der sichtbare Beweis, dass dem nicht so ist. Sprechen Sie eigentlich mehr Niederdeutsch als Hochdeutsch?

Börnsen: Das hängt von der Phase ab, in der ich gerade stecke. Wenn ich in einem hochdeutschen Zusammenhang bin, bleibe ich auch im Hochdeutschen. Es gibt aber auch Phasen, wo ich Platt schnacke und wo es mir nicht so leichtfällt, zu switchen. Wenn ich den ganzen Tag Platt gesprochen habe und dann jemand etwas auf Hochdeutsch von mir will, dann muss ich erst einmal zurück auf die andere Schiene.

KP: Kommen wir noch mal zurück zur Pandemie. Was haben Sie unternommen, um das Schweigen zu durchbrechen – sowohl privat als auch beruflich?

Börnsen: Die Möglichkeiten waren ja sehr eingeschränkt, weil unsere Zielgruppen – die Theatergruppen, die Vereine und alle anderen Niederdeutsch-Akteure – nicht besonders digital unterwegs sind. Das hat sich erst im Laufe von Corona in beschränktem Umfang geändert. Es hat dann beispielsweise Videoschalten gegeben.

KP: Wie haben Sie das umgesetzt?

Börnsen: Ich haben angefangen in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Hamburg, Spreekperlen zu organisieren – also Räume, in denen man frei sprechen kann.

KP: Und wie war die Resonanz?

Börnsen: Bei den Spreekperlen waren bis zu 15 Leute dabei. Das war durchaus schwierig. Wenn geschnackt werden soll, dürfen es nicht zu viele Leute sein.

KP: Wie lang waren diese Sprechperlen?

Börnsen: Das waren Intensivkurse über drei Stunden. Da mussten die Leute schon richtig ran.

KP: Gefällt Ihnen so ein Format?

Börnsen: Meine Spezialität ist das nicht und wird es wohl auch nicht werden. Aber man muss da natürlich auch ein bisschen weiterdenken. In vielen Regionen gibt es keine Plattdeutschlehrer mehr. Auf dem Land sagen die Leute oft: Wir würden so gerne einen Plattdeutschkurs anbieten. Wir können es aber nicht, weil wir keinen kennen, der das vor Ort machen kann. Da ist so ein digitaler Intensivkurs natürlich eine gute Lösung. Oder: Wenn ein Kind in der Grundschule Plattdeutsch gelernt hat und auf einer weiterführenden Schule ein Plattdeutschlehrer fehlt – dann ist der Online-Unterricht natürlich auch nach der Pandemie ein Segen. Insofern werden wir auf das Format nicht verzichten können.

KP: Wie haben denn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf das Online-Angebot reagiert?

Börnsen: Für viele Plattakteure – gerade für die älteren – war das ein Schritt, um aus der Isolation herauszukommen.

KP: Sie selbst hatten vermutlich – trotz solcher Formate – im Lockdown viel Zeit für „Stillarbeit“. Wofür haben Sie die genutzt?

Börnsen: Zum Beispiel für unsere neue Broschüre: „Wi künnt ok anners – Platt ut Holsteen“. Da zeigen wir ganz unterschiedliche Plattakteure – vom Filmer bis zur jugendlichen Punkband –, die sich auf die eine oder andere Art mit der Sprache beschäftigen. Diese Menschen habe ich porträtiert. Zudem musste der „Niederdeutsche Autorentag“ vorbereitet werden. Corona war für mich auch noch mal eine gute Gelegenheit, sich in die Sprachgeschichte des Plattdeutschen einzulesen. Für so etwas finde ich normalerweise keine Zeit.

KP: Herr Börnsen, um das Niederdeutsche zu bewahren, braucht es die Jungen. Wie sieht es da aus? Hat sich die Lage wegen der Pandemie verschlechtert?

Börnsen: Soviel mal vorweg: Mittlerweile haben wir in Schleswig-Holstein 44 niederdeutsche Modellschulen, an denen zwei Stunden pro Woche Plattdeutsch unterrichtet wird. 2018 waren es noch 29. Aber natürlich bedeutet Corona einen Schlag für den Spracherwerb. Plattdeutsch war und ist in der Krise nicht das erste Fach auf der Liste. Deutsch, Mathe, Englisch – darauf hat man sich konzentriert, wenn man in den Online-Unterricht gegangen ist. Die eine oder andere Schule hat eine AG oder ein Projekt gemacht. Aber im Großen und Ganzen lief da nicht viel. In den Kitas war das Problem ähnlich. Die Kitas leben davon, dass plattdeutsche Spraakpaten sozusagen von buten in die Kitas kommen. Das ist natürlich das Erste, was ausgeblieben ist. Das machen in der Regel Senioren, die zu den Risikogruppen gehören. Da war Corona natürlich echt ein Schlag ins Kontor.

KP: Was kann denn, was muss denn jetzt getan werden, um dem entgegenzusteuern?

Börnsen: Meine Hoffnung ist, dass sich die Impfsituation verbessert. Dann können die Senioren in Schulen und Kitas auch wieder Plattdeutsch unterrichten. Grundsätzlich sehe ich es so, dass wir da auch keinen eingebauten Minderwertigkeitskomplex haben müssen: Plattdeutsch ist ein wichtiger Teil unserer Kultur und gehört einfach mit dazu – auch an den Schulen. Da müssen wir künftig einfach noch mehr Selbstbewusstsein zeigen und uns für den Erhalt der Sprache gerade machen.

KP: Herr Börnsen, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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„En lütt Programm in dit Johr“

Dass trotz Lockerungen noch nicht wieder alles rund läuft im Niederdeutschen Kultur- und Lehrbetrieb, lässt sich am Programm des „Plattdüütschen Harvst“ ablesen. Normalerweise bis Weihnachten ein nicht enden wollender Strom an Veranstaltungen, fällt er 2021 geradezu kurz und bündig aus.

„Wi hebbt wegen Corona blotsen en lütt Programm in dit Johr“, hat denn auch Helge Walsemann, Beauftragte des Kreises Herzogtum Lauenburg zur Förderung der niederdeutschen Sprache, den Flyer überschrieben. Nach all den Wochen und Monaten im Lockdown sollte das aber kein Grund zur Klage sein. Vielmehr ist es wohl für viele Plattdüütsch-Schnacker eine Freude, dass überhaupt mal wieder etwas stattfindet.

Für den laufenden Monat stehen noch zwei Veranstaltungen an. Am Freitag, 15. Oktober, gibt es um 20 Uhr im Lauenburger Hof in Sandesneben einen plattdeutschen Abend mit Laura Kruse und am Sonntag, 17. Oktober, um 15 Uhr steht in Mölln eine plattdeutsche Stadtführung auf dem Programm. Treff ist der Markplatz.

Der November startet am 7. ab 15 Uhr mit einem plattdüütschen Nachmittag im Kulturzentrum Witzeeze. Am 11. November um 19.30 Uhr sind dann Uli Gröhn und Heinrich Querfurt in der Alten Schule Wentorf zu Gast. Unter dem Titel „Dat Johr geiht to End“ tragen sie niederdeutsche Geschichten vor.

Der Rest des Monats steht schließlich im Zeichen der Niederdeutschen Volksbühne Geesthacht, die das Stück „Schummerstünn“ im kleinen Theater Schillerstraße (kTS) auf die Bühne bringt. Geplant sind acht Vorstellungen: am 12. November, 13. November (jeweils 19 Uhr), 19. November (20 Uhr), 20. November (15 und 20 Uhr), 26. November (20 Uhr) und 27. November (15 und 20 Uhr).  

Karten für „Schummerstünn“ gibt es im kTS oder bei Zigarren Fries.

Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.

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Danz op tweii Hochtieten

Nach einer digitalen Ausgabe 2020 gab es im Juni dieses Jahres wieder ein „analoges“ Niederdeutsches Autorentreffen. Die Pandemie war dennoch präsent – hygienetechnisch und literarisch. Bei Marianne Ehlers lugt das Virus durchs Fenster, während sie die gesellschaftliche Wandlung von Ehekonzepten in den Blick nimmt. Ihre Protagonisten trennen 100 Jahre und zum Teil Welten.

Mathilde un Johannes – Hochtiet 1921

De Kraag vun de swattsieden Bluus will nich so recht sitten. Mathilde steiht vör den ovalen Spegel un treckt ehr Kledaasch torecht. Nu noch Mudders Medaillonbrosch ansteken. Naher, wenn Johannes un se vun‘t Standsamt torüchkaamt, warrt de Fotograf al dor stahn. Johannes hett em glieks bestellt, as dat mit de Hochtiet kloor weer. Un de Kinner – schöllt de ok mit op dat Bild? Oder gifft dat twee Biller? Schaad, dat fallt ehr nu eerst in, se harr vörher mit Johannes doröver snacken schullt.

Alles is anners düt Mal. Vör teihn Johr droog se Witt mit en langen Sleier – in’n Mai 1911, un de Maiklocken in ehr Hand harrn so rüükt. De grote hölten Kuffer weer vull mit Handdöker un Dischdeken, Fedderbedden un Küssens. Wat weer se jung – un ehr Nikolaus ok. Dat Leven mitenanner
kunn losgahn. Lachen un Singen, Arbeiden un avends mööd un tofreden op de Goornbank sitten. De lütt Hans stevel al vergnöögt dör de Kaat, as sien beiden Süstern Marie un Sophie op de Welt kemen, veel to fröh. Een leev man twee Stünnen, de anner twee Daag. Mathilde schuddert – nich wenen nu …

As ehr twete Marie boren weer, weer de Eerste Krieg al in de Gang. Eenmal keem Nikolaus noch na Huus, denn nich mehr. Wo geern harr se em frische Maiklocken op’t Graff leggt, man dat weer so wiet weg. He leeg in frömde Eer, in Frankriek …, un de lütt Jung, de noch keem, kreeg den Naam vun sien Vadder. Se haalt deep Luft.

Blots noch swatte Tüüch af denn un arbeiden, arbeiden, de Kinner satt kriegen. Nachts wull de Slaap so männichmal nich kamen, denn full ehr dat Snacken so swoor an’n annern Dag.

Johannes vun’t Naverdörp keem un plöög ehr dat Land. He bu ehr dat ole Backhuus wedder op, so kunn se Broot för de ganze Week backen. Bald geev se em Bescheed, wenn de Sünndagskoken mit de letzte Hitten fardig backt weer.

Mathilde sinneert un kickt noch eenmal op den smallen gollen Ring vun Nikolaus. Naher warrt se twee Ringen an’n Finger dregen.
De hoge Kragen is so stiev – un woans geiht dat noch mal mit düssen Slips? Johannes steiht in de Köök un kickt in den lütten Spegel över den Utguss. Nu noch rin in dat Jackett un noch en Taschendook in de böverste Tasch. Ach, he is dat nich wennt mit „smucke Tüüch“. Man för düssen Dag mutt dat ween. Wat Mathilde em so lieden mag? Seker warrt se dat.

Allens is anners op eenmal. Fru un Kinner hebben, nienich harr he sik dat dacht. Bet nu en Eenspänner, 43 Johr oolt, kahl al de Kopp. In’t Lazarett harrn se em de Hoor afraseert, keeneen is wedder nawussen. Blots den Snoorboort, den pleegt he. „Wat wullt du mit so en olen Mann?“ suuster annerletzt en Naversch an’n Goorntuun. Johannes kunn Mathildes Anter nich klook kriegen. Oolt, wat bedüüdt dat? He harr nu mal noch nienich wat mit en Deern hatt un de Johren güngen
doröver weg.

He kickt op den Kalenner över den Kökendisch: 10. Mai 1921 – un övermorgen warrt Mathilde 28 Johr oolt. Denn is se keen Weetfru mehr, naher warrt se sien Fru. Un de Fotograf schall man twee Biller maken: een mit Mathilde un em – un een mit Hans, Marie un Nikolaus dorbi. Dat gefallt em. Mag ween, dat sien Mathilde en lütt Lachen in’t Gesicht kriegen deit, wenn Marie ehr swattsieden Bluus strakelt. Mag aver ok ween, dat se den ganzen Dag över eernst un still bi em sitt. Se hett toveel achter sik, so jung as se noch is. He süüfzt.

Wat he ehr Glück bringen deit? He weet dat nich. He kennt sik nich ut mit dat, wo de Lüüd „Leev“ to seggt. Man he kann nu mit ehr arbeiden, ehr Land plögen, dat Backhuus anböten un de Kinner mit grootmaken. Un wenn dat naher mal twee Slag Kinner geven schull, em is ok dat mit.

Johannes smuustert un bringt noch eenmal sien Snoorboort op Schick. In de Westentasch drückt em en lütt Pappschachtel mit twee gollen Ringen.

Tilda un Hannes – Hochtiet 2021

Dat witte Kleed is so slicht un smuck. Tilda steiht vör den groten Spegel mit de bunten Steens an beide Sieden un dreiht sik hen un her. Nu noch dat Spitzen-Taschendook vun Mama insteken. Naher, wenn Hannes un se ut de Döör bi’t Standamt rutkaamt, warrt de Fotograf ok al dor ween.
Hannes hett glieks sien Fründ Dennis fraagt, wat he Biller maken kunn, as he Tilda ehr „Ja“ infungen harr. Tilda smuustert vör sik hen – ehr Hannes…

Alles is anners, as se sik dat dacht harrn. Se mööt alleen rin in‘t Standamt – keeneen vun de Familie un vun de Frünnen dörv dorbi ween. Wat is dat doch argerlich un gemeen! Man as dat rutkeem, weren se sik eenig: se heiraadt liekers in düt Johr. Ehr Kleed weer torecht, de passlichen Schoh harr se ok al inlopen. Un nu hett se sik denn noch so en smucke Spitzenmask dorto köfft. Maakt doch nix – denn gaht se anner Johr na Kark un achterna is en grote Fier mit Musik un Danz. Wenn dat Kleed noch passt, will se dat noch eenmal antrecken. Un wenn nich? Denn treckt se en kommodig Fladderkleed an.

Un wenn denn al wat Lütts dor is? Tilda mutt en beten sluken. Kunn ja ok angahn. Mama wöör sik freuen. Un se hett ganz seker noch dat ole Dööpkleed in’t Schapp hangen. Un Hannes sien lütt Marie warrt sik wiss över en Broder oder Süster freuen. Wat Hannes woll an de Maiklocken denkt? De hett se sik wünscht för den Bruutstruuß. Wo leef se em doch hett! Se haalt deep Luft.

Toeerst weer dat nich eenfach ween. Se müss noch toveel an Nico denken. Veer Johr lang weren se en Poor, man denn harr he mit eenmal en anner Deern funnen. Man, wat weer se trurig un vertwiefelt do. Denn keem Hannes – un so ganz sinnig weer de Leev kamen bi ehr.

Tilda sinneert un kickt op ehr Hannen. Naher warrt se en Ring vun Hannes an’n Finger dregen. Dat Hemd dücht em mit eenmal en beten to eng – un mutt he würklich düssen Slips umtüdern? Hannes steiht in de Baadstuuv un kickt in den groten Spegel över dat Waschbecken. Nu noch rin in dat Jackett un noch en lütt Insteekdook in de böverste Tasch. Ach, he wörr doch lever in Jeans un T-Shirt losgahn un nich in düt „smucke Tüüch“. Man för düssen Dag is dat doch heel wichtig. Wat Tilda em so lieden mag? Seker warrt se dat.

Allens is anners in düsse Tiet. Man nu schall dat so lopen, he freut sik liekers op den Dag un op de feinen Biller, de Dennis seker maken warrt. Un de grote Hochtietsfier is denn even anner Johr, dat maakt doch nix. Un wenn denn al en Baby kümmt oder al dor is, em schall dat allens passen. He hett sien Tilda doch so leef. Un he versteiht ehr nu, se hett eenfach en Tietlang bruukt, ehr dat se Nico vergeten kunn. Un sien lütt Marie? He will versöken, ehr veel bi sik to hebben, villicht ok mal wat länger as blots an’t Wekenenn. Mona un he, se hebbt dat nich henkregen mitenanner. Vörbi, vörbi …, he schuddert. Nu man nich melanchoolsch warrn.

He kickt op den Kalenner över den Schrievdisch: 10. Mai 2021 – un naher is Tilda sien Fru. Tilda, de smucke blonne Fru mit de blauen Ogen. Mitünner dünkt em, dat se to eernsthaftig is, man vundaag will he ehr lachen sehn, ehr in’n Arm nehmen un vergnöögt mit ehr in de Kamera kieken. Tildas un sien Kinner schöllt doch laterhen en glücklich Bruutpoor to sehn kriegen. Kloor, de Tieden sünd snaaksch un anners, man dat warrt ok mal beter warrn. He süüfzt liesen.

Ach ja, he mutt ja ok en Mask mitnehmen hen na dat Standsamt. He will ehr woll Glück bringen un mit ehr tosamen twee, villicht dree Kinner grootmaken. De Arbeit warrt se sik delen, dat is al mal kloor.

Hannes smuustert un bringt noch eenmal sien Hoor mit en beten Gel op Schick. In de Jackentasch drückt em en lütt Etui mit twee gollen Ringen.

Marianne Ehlers

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Keine Zeit für den Blues

Der Herbst ist da. Die Zeit, in der die Tage kürzer werden und die Sonne sich rarmacht. Und ja: Der Blues ist da nicht weit. Zu frisch die Erinnerungen an lauschige Nächte, zu fern der kommende Frühling.

Und doch – dieser Herbst könnte ein anderer, weit weniger wehmütiger werden. Warum? Weil plötzlich etwas geht. Weil Menschen wieder zusammenkommen können. Zum Singen, zum Tanzen, zum Feiern. Das Leben ist zurück und damit auch die Chance, etwas zu erleben, an das man sich später gerne erinnert.

Ja, der Herbst 2021 wird zum Frühling, weil der Frühling 2021 wegen der Pandemie nicht das halten konnte, was doch der Frühling stets verspricht: eine Zeit des Aufbruchs zu sein, eine Zeit, in der die Menschen auf Straßen und Plätze strömen, um sich zu begegnen.

Allerorten stehen in diesen Tagen Konzerte, Theater- und Kinovorstellungen, Vorträge und Ausstellungen auf dem Plan – und finden dann auch tatsächlich statt. Man mag es kaum glauben. Man muss sich kneifen, um festzustellen, dass es wahr ist. Aber so soll es sein. So darf es gerne weitergehen.

Auch die Stiftung Herzogtum Lauenburg hat im Herbst einiges auf dem Zettel. Das kulturelle Leben ist zurück im Stadthauptmannshof. Bands treten auf – so wie kürzlich die New Yorker Frauen-Combo „VickyKristinaBarcelona“. Künstler wie Meinhard Füllner (Ausstellung „Form – Farbe – Fantasie: Gestaltung ohne Grenzen“) zeigen, dass man nicht nach Hamburg fahren muss, um erstklassige Skulpturen und Bilder zu entdecken (Wer das möchte, kann dies noch bis zum 31. Oktober – immer sonnabends und sonntags von 11 bis 16 Uhr – tun).

Diese Ausstellung kann gerne auch als Fanal dafür gelesen werden, wie bunt und abwechslungsreich das Programm der Stiftung Herzogtum Lauenburg in diesem Herbst ist. Für den Blues bleibt da garantiert keine Zeit.

Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.

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Nur mal kurz die Welt schecken

Wie Kinos, Theater und Clubs füllen sich seit ein paar Wochen auch wieder die Vortragssäle. Da trifft es sich gut, dass die Stiftung Herzogtum Lauenburg für ihr Herbst-Programm gleich eine ganze Reihe interessanter Redner für sich gewinnen konnte.

Der Oktober steht vor allem im Zeichen des Naturschutzes. Zunächst spricht Wolfgang Ziegler (Naturschutzbeirat) am Dienstag, 19. Oktober, um 19.30 Uhr im Möllner Stadthauptmannshof über die Welt der Käfer und Insekten. An selber Stelle widmet sich Rainer Hering, Leiter des Landesarchivs Schleswig-Holstein, dann am Donnerstag, 28. Oktober, den „Todesanzeigen als Quellen für Genealogie und Forschung“. Auch dieser Vortrag beginnt um 19.30 Uhr.

Im Amtsrichterhaus fragt der Humanbiologe Prof. Dr. Carsten Niemitz am Donnerstag, 21. Oktober, „Fahren wir die Welt an die Wand?“. Veranstaltungsbeginn ist um 19 Uhr. Für den Vortrag kooperiert die Stiftung mit der Stadt Schwarzenbek. Anmeldungen unter mail@amtsrichterhaus.de oder Tel. 04151-881132.

Am Donnerstag, 4. November, spürt Prof. Dr. Joachim Reichstein dann im MarktTreff Gülzow der „Neuen Sehnsucht nach Heimat“ nach. Das Wort „Heimat“ war lange Zeit tabu. Die Nationalsozialisten hatten den Begriff für ihre Zwecke missbraucht und damit gesellschaftlich diskreditiert. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr.

Zu einer Reise durch die deutsche Geschichte der letzten 150 Jahre lädt am Dienstag, 9. November, Prof. Dr. Ulrich Lappenküper, Geschäftsführer der Otto-von-Bismarck-Stiftung (Friedrichsruh), im Stadthauptmannshof ein. Sein Vortrag trägt den Titel „1871 bis 2021: Vom Umgang mit der Reichsgründung“. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr.

Anmeldungen zu den Vorträgen nimmt die Stiftung Herzogtum Lauenburg unter der Telefonnummer 04542-87000 oder per Mail unter info@stiftung-herzogtum.de entgegen. Einzige Ausnahme ist der Niemitz-Vortrag „Fahren wir die Welt an die Wand?“ am 21. Oktober in Schwarzenbek. Die Anmeldungen gehen an das Amtsrichterhaus, erreichbar unter mail@amtsrichterhaus.de oder unter Tel. 04151-881132.

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Keine Angst vor großen Tieren

Meinhard Füllner hat keine Angst vor großen Tieren. Auch vor kleineren Lebewesen schreckt er nicht zurück. Im Gegenteil: Er begegnet ihnen mit Ruhe und – zumeist – auf Augenhöhe. Das Resultat dieser Herangehensweise kann sich sehen lassen. Es glänzt, es offenbart majestätische Züge. Kerzengrade entlässt Füllner einige seiner Stiere in die Freiheit. Andere scheinen ihres Daseins so froh zu sein, dass sie wirken, als seien sie kurz davor, Purzelbäume zu schlagen.

Wie schafft der Mann das? Wie schafft man das? Für Füllner ist das nicht die Frage. Er weiß ja, wie es geht und seine Antwort ist somit so sonnenklar, so poliert, so makellos wie die Tierwelt aus seiner Hand: Es braucht nur die Idee, die Skizze und das Pappmodell, dann ist die Sache so gut wie erledigt. Der Rest ist schneiden, biegen, abkanten, zusammenfügen, schweißen und schleifen.

Man sollte ihm nicht glauben. Jeder Meister wie auch jede Meisterin offenbaren dem Publikum die Geheimnisse ihres Schaffensprozesses in homöopathischen Dosen. Wenn überhaupt. Was zählt, ist das Ergebnis: der Stier, der Elefant, der Vogel – was auch immer. Die Zweifel im Schaffensprozess, das Hadern mit sich und der Materie, die physische Anstrengung, die Unausgeglichenheit, wenn die Dinge zwischendrin mal nicht so laufen wie sie sollen oder einfach mal zu viel werden – davon erzählen die Künstler in der Regel nicht.

Die Geschichte wird immer vom Ende aus erzählt. Oder um es auf die Bildhauerei zu münzen: Das Stück ist fertig. Und im Falle von Füllner kann es sich wahrlich sehen lassen. Genauer gesagt: Können sie sich sehen lassen.

Der Schöpfer hat seine Tiere ins Freie entlassen. Sie verweilen noch bis zum 31. Oktober im Herrenhaus des Stadthauptmannshofes (Mölln). Wie viel Schweiß und Hader ihnen innewohnen, weiß allein der Künstler. Sicher ist, dass die Stücke sonnabends und sonntags von 11 bis 16 Uhr zu besichtigen sind.

Die Ausstellung trägt den Titel „Form – Farbe – Fantasie: Gestaltung ohne Grenzen“.

Weitere Infos unter www.skulpturei.de.

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Meinhard Füllners liebstes Stück

Noch bis zum 31. Oktober präsentiert die Stiftung Herzogtum Lauenburg Meinhard Füllners Werkschau „Form – Farbe – Fantasie: Gestaltung ohne Grenzen“. Die Ausstellung im Möllner Stadthauptmannshof ist sonnabends und sonntags von 11 bis 16 Uhr zugänglich. Im Gespräch mit Kulturportal-Herzogtum.de stellt Füllner dem Publikum sein Lieblingsstück vor.

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Wesentliches im Fokus

Die obligatorische Herbstausstellung der Stiftung Herzogtum Lauenburg läuft. Und sie kann sich wahrlich (an-)sehen lassen. Meinhard Füllners Werkschau „Form – Farbe – Fantasie: Gestaltung ohne Grenzen“ – kuratiert von Antje Ladiges-Specht hat Klasse. Nebenbei gibt sie einen Überblick über das Schaffen des Poeezer Künstlers.

Die im Herrenhaus des Möllner Stadthauptmannshofes gezeigten Objekte belegen eindrucksvoll, dass der Ausstellungstitel kein leeres Versprechen ist. Füllner nutzt verschiedensten Materialien wie Acryl, Acrylglas, Ton, Holz, Polyester oder Stahl. Scheinbar mühelos gelingt es ihm dabei, zwischen den verschiedensten Techniken zu wechseln. Wo auch immer der Blick hinfällt, das Streben nach Perfektion springt ins Auge. Das gilt für Füllners aus einzelnen Holzmodellen zusammengefügte Vogelschwärme, für seine abstrakt gemalten Tierherden oder seine Edelstahl- und Tonskulpturen.

Vielfältig zeigt sich der Künstler auch bei der Wahl seiner Sujets. Seine Werke zeigen Tiere, Menschen und Pflanzen. Sie eint, dass sie allesamt mehr oder weniger abstrakt sind. Ein purer Naturalismus ist Füllner fremd. Die Idee eines Wesens ist ihm wichtiger als das Detail. Das Erkennen folgt der perfekten Umsetzung der Idee – beispielsweise einer bestimmten Körperhaltung. Alles Weitere überlässt er dem Auge des Betrachters.

Die Ausstellung ist noch ist bis einschließlich 31. Oktober jeweils sonnabends und sonntags von 11 bis 16 Uhr zugänglich. Der Eintritt ist frei. Parallel zur Ausstellung hat der Künstler einen Katalog herausgegeben, der vor Ort kostenlos erhältlich ist. Er kann außerdem auf www.skulpturei.de heruntergeladen werden. Mit Ausnahme einiger Leihgaben sind viele Exponate käuflich. Zudem ist es möglich, Skulpturen nachzufertigen.

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Maria Baptist und der Fluss des Spiels

Maria Baptist ist zarte 18 Jahre alt, als ihr von der Weltgeschichte die Freiheit zu Füßen gelegt wird. Die junge Frau, geboren 1971 in Ost-Berlin, nimmt das Geschenk dankbar an. Nach dem Fall der Mauer zieht sie mit Sack und Pack nach New York. Die amerikanische Metropole bietet der jungen Frau die Chance, sich musikalisch weiterzuentwickeln. Und: Sie ist eine bedeutende Wiege des Jazz. Bedeutende Größen wie Dizzy Gillespie, Charlie Parker, Thelonious Monk und Sarah Vaughn haben hier ihre Spuren hinterlassen.

Für Maria Baptist ist es der Aufbruch in eine Karriere, die scheinbar keine Grenzen kennt. Sie nutzt ihre Leidenschaft und Liebe für die Musik: an ihrem Instrument, dem Klavier, und beim Komponieren. Schwerelos wirkt es, wenn sie zwischen festgelegten Tonfolgen und Improvisationen wechselt. Sie schreibt Musik für kleine und große Besetzungen. Das Album „City Grooves“ – das sie bei ihrem Jazz Orchester-Debüt verantwortet – wird für den Echo nominiert. Die Presse überschlägt sich, wenn sie ihre Werke in kleineren Formationen präsentiert. Die Kritiker lieben Alben wie „Crazy Dreams“ (1998), „Music for my Trio“ (2005), „Spring in Berlin“ (2010) und „Gate 29“ (2012).

Das Spannende daran: So wie die Pianistin ist auch die Komponistin: Maria Baptist kann schnell und langsam, einfühlsam und kraftvoll, kompliziert und leicht. Nichts scheint ihr fremd und nichts scheint ihr unmöglich. Ihren Vater, Pianist wie sie, und ihre Großväter, die als Komponisten tätig waren, hat sie längst hinter sich gelassen.

Ihr Wissen und ihr Können gibt sie heute an die kommende Musikergenerationen weiter. Maria Baptist ist aktuell als Professorin der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin tätig. Dort unterrichtet sie ihre eigene Kompositions-, Arrangier- und Improvisationsklasse. Zudem hält sie „Masterclasses“ – unter anderem an der „Academy of the Arts“ (Reykjavik) oder an der Franz-Liszt-Musikakademie (Budapest).

All dies hindert sie nicht daran, Konzerte zu geben. Am Sonnabend, 25. September, ist sie im Rokokosaal des Kreismuseums (Ratzeburg) mit ihren Kollegen Fabian Timm (Bass) und Jesus Vega (Schlagzeug) als „Maria Baptist Trio“ zu hören. Konzertbeginn ist um 20 Uhr.

Anlass ist das zweitägige Jazzfestival von „Jazz in Ratzeburg“, mit dem der Verein seinen 20. Geburtstag feiert. Die Veranstaltung ist Teil des Projektes „Sommerkultur – Schleusen auf für Begegnung“, für das sich diverse Kulturschaffende im Kreis mit der Stiftung Herzogtum Lauenburg zusammengetan haben. Das Projekt wird im Programm „Kultursommer 2021“ durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit Mitteln aus „Neustart Kultur“ gefördert.

Foto: Maria Baptist Music

https://www.youtube.com/watch?v=0KoqfV65hUM