Die Stiftung Herzogtum Lauenburg hat den Einsendeschluss für den Schreibwettbewerb „Wanted: Junge Autor*inn*en“ bis zum 1. April verlängert. „Damit möchten wir den Schulen, die durch das Pandemiemanagement aktuell sehr stark belastet sind, ein größeres Zeitfenster geben. Wir hoffen, dass dadurch vielleicht noch die eine oder andere Klasse Texte einreicht“, begründet der Juryvorsitzende Jörg-Rüdiger Geschke diesen Schritt. Für Schulen können – wenn auch im begrenzten Umfang – ein analog oder digital durchgeführtes Schreib-Coaching mit der Lübecker „Wortwerkerin“ HannaH Rau beantragen. Anfragen nimmt Jörg-Rüder Geschke per Mail unter joerg.geschke-rz@kfkb-sh.de entgegen.
Das Thema und die Textform können frei gewählt werden. Wichtig ist nur eines: Die Texte müssen der eigenen Fantasie entsprungen sein. Mitmachen können junge Menschen zwischen sechs und 23 Jahren, die im Kreisgebiet wohnen. Die Texte dürfen eine Länge von vier DIN-A4-Seiten (Word-Datei, Arial, Schriftgrad 12, Zeilenabstand 1,5) nicht überschreiten. Der Wettbewerb läuft in drei Altersgruppen (Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene). Eine fünfköpfige Fachjury bewertet die eingereichten Arbeiten. Die ausgewählten Texte der Finalisten werden bei der Abschlussveranstaltung im Mai 2021 in Mölln vor Publikum vorgelesen.
Die Beiträge schickt bitte an die Stiftung Herzogtum Lauenburg, Stichwort „Wanted: Junge Autor*inn*en“. E-Mail-Adresse: info@stiftung-herzogtum.de. Wichtige Angaben sind Name, Anschrift, Telefonnummer und Geburtsdatum. Die Stiftung Herzogtum Lauenburg hat ihren Sitz in der Hauptstraße 150, 23879 Mölln. Weitere Infos zum Wettbewerb gibt es unter www.stiftung-herzogtum.de.
Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.
Schleswig-Holstein und das Herzogtum Lauenburg: Zwei Geschichten oder eine? Mit dieser Frage befasste sich kürzlich Prof. Dr. Oliver Auge in einem von der Bismarck-Stiftung und der Stiftung Herzogtum Lauenburg initiierten Abendvortrag. Die Antwort des Gelehrten: ein entschiedenes Jein.
Oliver Auge ist Direktor der Abteilung Regionalgeschichte mit Schwerpunkt Schleswig-Holstein am Historischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie Autor und (Mit-)Herausgeber verschiedener regionalgeschichtlicher Publikationen. Für seinen Vortrag schöpfte er aus dem reichen Fundus seiner langjährigen Forschungsergebnisse. Am Beispiel ausgewählter historischer Ereignisse zeigte er auf, dass die Eingliederung des Herzogtums Lauenburg 1876 in die preußische Provinz Schleswig-Holstein keineswegs der zwangsläufige Schlusspunkt einer längeren Entwicklung war. Tatsächlich habe im Landkreis noch Jahrzehnte Unsicherheit darüber geherrscht, wohin man gehöre: 1946 sei in Mölln diskutiert worden, ob man sich statt dem neuen Bundesland Schleswig-Holstein nicht besser Niedersachsen angliedern solle. Es war der ferne Nachhall der eigenen Geschichte, die lange von askanischen und welfischen Herzögen geprägt wurde.
Das Aufgehen aller drei nordelbischen Herzogtümer – Schleswig, Holstein und Lauenburg – zunächst in einer preußischen Provinz und dann in einem gemeinsamen Bundesland war dennoch kein historischer Zufall, sondern wurzelte in vielen Gemeinsamkeiten, die sich seit der Besiedlung von Teilen des heutigen Schleswig-Holsteins durch die Slawen ausprägten. Seit dem 6. Jahrhundert entstand so ein gemeinsamer Kulturraum, wie Oliver Auge erläuterte, in dem zunächst zahlreiche Burgen (meist aus Holz, wenige aus Stein) gebaut und einige Scharmützel ausgetragen wurden. Als frühe historische Zäsuren nannte der Historiker die Eroberung des slawischen Wagriens (die Region rund um das heutige Oldenburg in Holstein) 1139 durch den Grafen von Holstein und Stormarn sowie die Schlacht bei Bornhöved 1227. Eine Koalition norddeutscher Landesherren und Städte besiegte damals den dänischen König, der dennoch seinen Herrschaftsanspruch auf die Gebiete nördlich der Elbe nicht aufgab. Die heute gültige Grenze zwischen Deutschland und Dänemark wurde erst 1920 gezogen.
Gemeinsamkeiten entstanden aber nicht nur durch Bündnisse in Kriegszeiten, sondern auch durch persönliche Verbindungen – vor allem durch die Hochzeiten von Angehörigen einflussreicher adliger Familien. Auf diese Weise wurden Dynastien und Friedensschlüsse gefestigt, wie Oliver Auge erklärte, und nebenbei möglichst auch der jeweils eigene Stand erhöht und das Vermögen vergrößert.
Das Amt Tremsbüttel, die Burg Linau (in der Nähe von Trittau), das Schloss in Trittau und das Zisterzienserinnen-Kloster in Reinbek dienten Oliver Auge als Beispiele, um das Ringen um politische Herrschaft und wirtschaftlichen Nutzen im gemeinsamen Grenzgebiet zu veranschaulichen. Es bildeten sich dabei Kooperationen und Herrschaftssysteme heraus, die in den drei Herzogtümern nicht nur die Entstehung eines formvollendeten Absolutismus wie im Königreich Dänemark verhinderten. Zugleich wurde damit ein historischer Pfad angelegt, an dem entlang sich die Geschichten Schleswig-Holsteins und Lauenburgs auch als eine gemeinsame Historie erzählen lassen.
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Jetzt geht es los mit den „Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten“. Zum Auftakt spricht Dr. Anke Mührenberg über den ersten Kreistag nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Historikerin ist eine ausgesprochene Expertin der Regionalgeschichte. Zuletzt leitete sie in Ratzeburg das Kreisarchiv, seit dem Jahreswechsel hat sie die Führung des Kreismuseums übernommen.
Es gibt Menschen, die wie ein Naturereignis über ihre Zeitgenossen kommen. Und es gibt Naturereignisse, die so groß sind, dass sie den Menschen in die Enge treiben und ihm die Luft zum Atmen nehmen. Letzteres müssen wir alle gerade ganz bitter erfahren.
Auch hier – im Kreis Herzogtum Lauenburg – schwebt Corona über, unter und zwischen allem. Seit März 2020 ist das Virus unser „primus inter pares“. Aktuell liegt die Inzidenz bei 70. Ob und wann die Pandemie verebben wird? Wir wissen es nicht. Schon jetzt ist aber klar: Eines Tages werden sich Heerscharen kluger Köpfe mit Covid-19 beschäftigen, das für die Band „AnnenMayKantereit“ schon heute berühmter ist als „Jesus und der Mauerfall“. Wissenschaftler aus allen erdenklichen Richtungen wie Soziologen, Historiker und Mediziner werden sich über die Quellen beugen, um zu analysieren, wie das, was in diesen Moment sein Regiment über uns ausübt, geschehen konnte.
Zum Glück ist der Ausnahmezustand kein Dauerzustand in der Geschichte. Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass der „Normalzustand“ uninteressant und uninspirierend und damit nicht wert wäre, erforscht zu werden. Im Strom der Geschichte treiben zahllose spannende Akteure und mit ihnen die Geschichten, die sie einst umtrieben haben. Einige davon möchte die Stiftung Herzogtum Lauenburg in den nächsten Wochen sichtbar machen. Unter dem Titel „Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten“ startet am Montag, 22. Februar, um 12 Uhr auf www.kulturportal-herzogtum.de eine neue Podcast-Reihe. Historikerinnen und Historiker aus der Region erzählen von Ereignissen oder Personen aus den lauenburgischen Städten Geesthacht, Lauenburg, Schwarzenbek, Ratzeburg und Mölln. Den Auftakt macht die Historikerin Dr. Anke Mührenberg, die bis zum Jahreswechsel Leiterin des Kreisarchivs war und seit kurzem die Führung des Kreismuseums innehat. Dr. Mührenberg berichet in ihrem Podcast von der ersten Zusammenkunft des Kreistages nach dem Zweiten Weltkrieg.
Mit einem Ereignis aus der Nachkriegszeit startet die Stiftung Herzogtum Lauenburg am Montag, 22. Februar, ihre fünfteilige Audioreihe „Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten“. Die Historikerin Dr. Anke Mührenberg rückt zum Auftakt den ersten Kreistag nach dem Zweiten Weltkrieg in den Fokus.
Als sich die Politikerinnen und Politiker des Kreises am 14. Januar 1946 auf Einladung der britischen Militärregierung in Ratzeburg versammeln, ist Deutschland noch in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die Nazidiktatur hat gerade erst den Krieg gegen die Alliierten verloren. Weite Teile des Landes sind zerstört, die Wirtschaft liegt danieder. So auch im Lauenburgischen. Wie kann, wie soll der Neuaufbau organisiert werden? Mührenberg fühlt in ihrem Vortrag, der ab 12 Uhr auf www.kulturportal-herzogtum.de zu hören ist, den Puls der Zeit.
Fortgesetzt wird die Reihe am Dienstag, 2. März, um 11 Uhr mit einer Geschichte aus Geesthacht. Helmut Knust vom Heimatbund und Geschichtsverein Herzogtum Lauenburg spricht über den Perleberger Vertrag, einem Friedensschluss zwischen Hamburg, Lübeck und dem Herzogtum Sachsen-Lauenburg aus dem Jahr 1420.
Wie der irische Schriftsteller George Bernard Shaw zum Ehrenbürger der Stadt Mölln wurde, darüber hat der Historiker und Archivar Christian Lopau recherchiert. Die daraus resultierende Geschichte ist am Dienstag, 9. März, um 11 Uhr in einem Podcast zu hören.
Die Schwarzenbekerin Gisela Berger erzählt am Dienstag, 16. März, um 11 Uhr von der Stadtwerdung Schwarzenbeks und den Besonderheiten der Kommune. Wie Helmut Knust ist auch sie im Heimatbund und Geschichtsverein Herzogtum Lauenburg aktiv.
Zum Abschluss widmet sich Dr. Lukas Schaefer am Dienstag, 23. März, um 11 Uhr den „Kaufhäusern und Läden im Lauenburger Stadtbild“. Schaefer leitet das Archiv der Stadt an der Elbe.
Die Stiftung reagiert mit der Audioreihe auf die Covid-19 bedingten Absagen der Präsenzveranstaltungen. Zumindest digital möchte sie dem Publikum ein interessantes und verlässliches Programm anbieten. Die Audiobeiträge gibt es auf www.kulturportal-herzogtum.de zu hören. Zu finden sind sie zudem auf der Plattform https://anchor.fm/.
Lesung: Wenn schon nicht leibhaftig, so können Leserinnen und Leser Feridun Zaimoglu am Donnerstag, 25. Februar, immerhin per Videoschalte erleben. Der erfolgreiche Kieler Schriftsteller liest auf Einladung der Landesbibliothek aus Texten, die sich mit dem Thema „Überlieferung“ befassen. Los geht es um 19 Uhr. Anmeldungen für die Online-Übertragungen werden bis zum 23. Februar unter di-gital@shlb.landsh.de entgegengenommen. Die Landesbibliothek versendet dann einen Zugangslinks und würde sich über Spenden für #KulturhilfeSH freuen.
Musikgottesdienst: Zu einem musikalischen Online-Gottesdienst lädt am Sonntag, 21. Februar, die Kirchengemeinde Lauenburg ein. Die Übertragung aus der Maria-Magdalenen-Kirche startet ab 11 Uhr. Mit dabei sind unter anderem „Da Capo Talento“, das Team „Dein Gottesdienst“ sowie die Jugendlichen von „teChlive“. Die Predigt hält Pröpstin Frauke Eiben. Der Livestream ist über den Youtube-Kanal Kirche Lauenburg zu empfangen.
Kulturgeschichte: Eine kulturgeschichtliche Betrachtung des Volkes der Sinti und Roma überträgt am Sonntag, 21. Februar, ab 17 Uhr Kulturzeit aus Ratzeburg. Sprecher der Sendung sind Rolf Becker und Anne Moll, Autorin ist Anja Tuckermann. Die Sendung wird am Dienstag, 23. Februar, um 9 Uhr wiederholt. Zu empfangen ist Kulturzeit auf der UKW-Frequenz 98,8 MHz (106,5 Kabel), über DAB+ und als Direktsendung im Internet unter www.okluebeck.de.
Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.
Musik liegt am Wochenende im Ratzeburger Dom in der Luft: Die Kirchengemeinde lädt am Sonnabend, 20. Februar, zu einer Orgel-Andacht sowie am Sonntag, 21. Februar zu einem musikalischen Gottesdienst ein.
Im Rahmen der Andacht spielen und singen Domkantor Christian Skobowsky und die Altistin Marlen Herzog ab 18 Uhr Werke von Michael Praetorius, Christian Erbach und Jan Pieterszoon Sweelinck. Der protestantische Komponist Michael Praetorius ist vor allem durch Werke wie die Quempas-Vertonung und sein Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“ populär. 2021 jährt sich sein Todestag zum 400 Mal.
Der Gottesdienst am 21. Februar beginnt um 10.15 Uhr. Die Predigt hält Domprobst Gert-Axel Reuß. Musikalisch stehen die Kantate „Die Versuchung Jesu“ von Willy Burkhard, Teile der Matthäus-Passion und der h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach auf dem Programm. Auch hier spielt Christian Skobowsky Orgel, gesanglich begleitet von Marlen Herzog.
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Wegen des bis zum 7. März verlängerten Lockdowns muss die Stiftung Herzogtum Lauenburg weitere Veranstaltungen absagen. Betroffen sind die Vorträge „Todesanzeigen als Quellen für Genealogie und Forschung“ (18. Februar) sowie „Totholz ist Leben – Die Welt der Käfer und Insekten“ (23. Februar). Außerdem entfällt das Kurzseminar auf der Ratzeburger Streuobstwiese (20. Februar).
Etwaige Nachholtermine stehen noch nicht fest. Sicher ist, dass das für den 7. März im Möllner Stadthauptmannshof geplante Folksfest-on-Tour-Konzert mit dem finnischen Frauenensemble „Suden Aika“ auf das kommende Jahr verschoben wird.
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Mit Poesie kämpft in diesen Tagen Matthias Kröner gegen den tristen Pandemie-Alltag an. Die Gedichte des Ratzeburger Lyrikers sollen Rettungsanker für die vom Lockdown und von Kontaktsperren gebeutelten Menschen sein. 100 Stück will er zu Papier bringen. Tag um Tag ein Gedicht.
„Meine Idee ist es, einen lyrischen Newsletter zu erstellen: Lyrische Post, die einmal am Tag in die Mailbox schneit“, sagt Kröner. Die Idee hat sich mittlerweile zu einem laufenden Projekt mit dem „Lyrische Post – 100 Gedichte an 100 Tagen“ entwickelt. Es ist Teil des „KulturFunkens“ und wird von der Lübecker Possehl-Stiftung unterstützt. Mehr als 400 Abonnenten hat Kröner bereits. Tendenz steigend. Zudem kann er sich über positive Rückmeldungen freuen. Manche Leserin und mancher Leser empfinden die Poesie in diesen Zeiten als tröstlich und nehmen Kröners Formulierungen als willkommenen Denkanstöße.
Anmeldungen für seinen Newsletter nimmt Kröner auf www.fairgefischt.de entgegen.
In einer überschaubaren Stadt wie Mölln ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass einem Hans W. Kuhlmann über den Weg läuft. Der 73-Jährige hat mit der Leitung und Pflege des Fotoarchivs eine öffentliche Aufgabe übernommen, die ihn regelmäßig durch die Gassen, Straßen und Ruhezonen der Stadt führt. Seit 2013 geht er dieser ehrenamtlichen Arbeit nach, die er selbst als Hobby betrachtet. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihm über die Zielstellung des Archivs, seine Bestände und seinen scharfen Blick für Veränderungen.
KP: Herr Kuhlmann, waren Sie schon immer an Fotografien und am Fotografieren interessiert?
Kuhlmann: Um ehrlich zu sein, überhaupt nicht. Ich bezeichne mich, was das Fotografieren anbetrifft, als ausgesprochenen Amateur. Aber: Mich hat schon immer die Geschichte, in dem Umfeld, in dem ich gelebt habe interessiert. So ging es mir auch hier in Mölln. Es ist das Interesse an den Häusern, das Interesse an der Infrastruktur, an Besonderheiten der Stadt und mehr. Das Fotografieren ist ein Nebeneffekt dieses Interesses.
KP: Sie sind kein gebürtiger Möllner?
Kuhlmann: Ich bin in Ratzeburg geboren. Meine Eltern hat es kurz nach dem Krieg aber gleich in die Ferne – zunächst an den Niederrhein, dann an die Weser – verschlagen. Ich selbst bin durch meinen späteren Beruf – nämlich bei der Luftwaffe – weltweit herumgekommen. Als es dann um das Thema Ruhestand ging und man sich überlegen musste, wo lassen wir uns nieder, sind wir dann in Mölln gelandet. Das war Zufall. Es hätte auch Ratzeburg sein können.
KP: Als Säugling entwickelt man noch keine Heimatgefühle. Was hat Sie bewogen, in den Norden zu kommen?
Kuhlmann: In Ratzeburg lebte noch Verwandtschaft – bis hin zu meiner Mutter, die ich ihre letzten Jahre im Seniorenzentrum Ratzeburg begleitet habe. Meine Großeltern und mein Onkel haben ebenfalls in Ratzeburg gewohnt. Dadurch waren wir darauf aus, uns hier irgendwo in der Nähe niederzulassen. Auch weil die Landschaft ihren Reiz hat. Nun Ratzeburg ist es nicht geworden, aber der Radius unserer Haussuche schloss Mölln mit ein.
KP: Mittlerweile hatten Sie genügend Zeit, sich einzuleben. Was gefällt Ihnen an Mölln?
Kuhlmann: Die kleine Stadt mit dem wirklich alten Stadtkern, die wunderschöne Umgebung mit den kleinen Seen und den Wäldern drumherum – das ist das, was den Reiz von Mölln für ausmacht. Und viele Wohnbereiche sind so günstig gelegen, dass man ohne Schwierigkeiten zu Fuß in die Stadt kommen kann.
KP: Ich kann mir vorstellen, dass sich diese Vorzüge im Fotobestand des Archivs widerspiegeln.
Kuhlmann: Besonders dokumentiert ist natürlich die Altstadt. Der ursprüngliche Sinn des Fotoarchivs war es, die Infrastruktur und deren Veränderung fotografisch festzuhalten. Das führt natürlich dazu, dass seit jeher die Altstadt mit allem drum und dran festgehalten wird, aber das Umfeld selbstverständlich auch. Auch ich strolche heute manchmal noch herum und schaue, wo es Gegenden gibt, die fotografisch bislang nicht erfasst sind. Da ist auch für meine Enkel noch Betätigungsfeld.
KP: Heißt das, man hat die Straßenzüge noch nicht aus allen Perspektiven abgelichtet?
Kuhlmann: Auch das. Aber wie ich eben sagte, ist der Hintergrund, warum die Dokumentation und Archivierung in den 60er Jahren ins Leben gerufen wurde, die Veränderung der Infrastruktur. Gegenwärtig ist es so, dass ich mehrmals wöchentlich durch die Altstadt streife. Fast immer entdecke ich dabei irgendwelche Veränderungen. Mal ist ein Haus teilweise renoviert, mal ist ein neuer Laden da und dergleichen mehr. Durch den Blick, den ich dafür habe, sehe ich Dinge, über die sich Möllner bei Vorträgen wundern, weil sie sie selber noch nie bemerkt haben.
KP: Sie sprechen von der Gegenwart, die davon geprägt ist, dass heutzutage jeder ein Telefon zücken und drauflos fotografieren kann. Wie ist es denn insgesamt um den Fundus bestellt? Das Fotografieren gibt es ja erst seit dem 19. Jahrhundert.
Kuhlmann: Wir haben im Archiv einen relativ großen Bestand, der aus der Zeit ab 1890 stammt. Davor wird es hier in Mölln ein bisschen spärlich. Das Älteste, was wir haben, ist eine handretuschierte Fotografie aus der Zeit um 1870 – leider in sehr schlechter Qualität. Sehr gut erhalten ist ein Foto von 1895, das Arbeiter bei der Restaurierung der Nicolai-Kirche zeigt. Aus der Zeit um die Jahrhundertwende gibt es außerdem viele Bilder von Hotels. Damals war es üblich, solche Fotos in Form von Postkarten an die Gäste zu verteilen. Wahrscheinlich ist das auch der Hintergrund für den Möllner Bestand.
KP: Um zu dokumentieren, dass man etwas auf sich hielt…
Kuhlmann: Richtig. Postkarten waren in der Zeit von um 1900 bis 1930 Standard für jeden Betrieb, der Gäste beherbergt hat.
KP: Sind denn viele dieser Postkarten erhalten geblieben?
Kuhlmann: Sehr viele. Wir haben unabhängig von den Fotos im Archiv eine große Postkartensammlung.
KP: Ich komme noch mal auf den Bestand des 19. Jahrhunderts zurück. Besitzt das Archiv aus dieser Zeit nur Fotos und Postkarten oder auch Negative?
Kuhlmann: Wir haben noch eine relativ geringe Anzahl von Negativen und von Platten – Glasplatten, die man früher beim Fotografen benutzt hat. Die heben wir natürlich sorgfältig auf. Negative und dergleichen nicht. Mein Vorgänger hat uns hauptsächlich Dias hinterlassen. Aus seiner Zeit stammen noch etwas 16.000 Fotos, die inzwischen alle digitalisiert sind. Die Dias haben wir sicherheitshalber im Keller gelagert. Aber irgendwann kommt der Moment, dass man auch die Dias nicht mehr braucht.
KP: Die Dias sind aber jüngeren Datums – oder?
Kuhlmann: Zum Teil handelt es sich um Bilder, die die Vorgänger der Stadtbildstelle, wie das Fotoarchiv damals hieß, von anderen Dingen gemacht haben. Sie haben zum Beispiel Zeichnungen fotografiert oder alte Papierfotos, um Dias herzustellen. Man muss also bei jedem alten Exemplar gucken, was die ursprüngliche Quelle war. Das Problem ist, dass sich bei Papierbildern oder Dias, egal wie gut man sie lagert, irgendwann Verfärbungen einstellen.
KP: Wann wurden die Dias gemacht?
Kuhlmann: Als die Stadtbildstelle geschaffen wurde – also in den 60er Jahren. Deren erster Verantwortlicher war der Leiter der Volkshochschule. Er hat mit einer Diasammlung angefangen.
KP: Ich springe noch mal wieder auf der Zeitachse zurück. Wie sieht es mit den Beständen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus?
Kuhlmann: Das ist die Zeit, die mich am meisten begeistert. Wir haben einen sehr großen Fundus aus den 20er und 30er Jahren. Wie viele Geschäfte, wie viele Läden es damals auch in den Nebenstraßen gab! Wenig erhalten ist leider aus der Zeit des Dritten Reiches. Ich vermute, dass viele Möllner ihr Fotomaterial 1945 sicherheitshalber weggeworfen haben.
KP: Interessant und aussagekräftig sind nicht nur die Kulissen, sondern auch die Menschen, die darin herumlaufen. Wie sieht es damit aus?
Kuhlmann: Auch da gibt es einen großen Fundus. Wir haben Porträtaufnahmen von hunderten Menschen. Das sind Fotos, die meistens Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Damals war es üblich, dass man zu bestimmten Anlässen zum Fotografen gegangen ist, um in einem Studio oder vor der malerischen Kulisse eines Sees ein Foto in Festkleidung machen zu lassen.
KP: Wie steht es denn mit dem, was wir heute „Schnappschüsse“ nennen?
Kuhlmann: Da gibt es jede Menge. Sie stammen dann allerdings aus den 20er und 30er Jahren. Interessante Aufnahmen, die das Innere von Läden zeigen, ob es nun ein Bäcker war oder ein Schlachter. Oder der berühmte Karl Vadder mit seinen Haushaltswaren und dergleichen mehr.
KP: Das Archiv soll ja den strukturellen Wandel dokumentieren. Inwiefern hat sich Mölln im Laufe der letzten 150 Jahre verändert?
Kuhlmann: Wenn ich die Stadt als Infrastrukturpaket betrachte, muss ich sagen: Die Altstadt hat sich wenig verändert. Natürlich gibt es einige traurige Beispiele, wo Dinge saniert worden sind, die nicht mehr kompatibel sind mit dem, was früher einmal war. Was sich dramatisch geändert hat, sind die Geschäfte. Früher gab es welche in der gesamten Altstadt. Allein in See- und Mühlenstraße gab es fünf, sechs Bäcker. Viele dieser Läden fangen schon in den 20er und 30er Jahren an zu verschwinden. Heute wird immer behauptet, die großen Supermärkte außerhalb der Stadt hätten alles kaputt gemacht. Anhand der Fotos kann man beweisen, dass das damit überhaupt nichts zu tun hatte.
KP: Damals gab es ja schon die großen Kaufhäuser…
Kuhlmann: Das Interessante für mich ist, dass ich anhand alter Fotos erkennen kann, wo solche Läden mal gewesen sind. Ich erkenne das an der Bauweise. Ein Musterbeispiel befindet sich auf dem historischen Markplatz – das alte Haus mit der Nummer 1, wo der Architekt heute sein Büro drin hat. Da erkennt man, dass das mal Schaufenster waren. Die Möllner wissen, dass da früher Schuster Lübbert seinen Laden hatte.
KP: Entdecken Sie auf Ihren Streifzügen auch noch alte Reklame?
Kuhlmann: Bis in die 1960er und 70er Jahre war so etwas in Mölln noch sehr häufig zu sehen. Vieles ist dann im Zuge von Fassadensanierungen verschwunden. Heute kann man so etwas noch in Einzelfällen entdecken. Hätte man kurz nach dem Krieg Interesse gehabt, solche Dinge zu konservieren, hätte man sich wahrscheinlich mit Sanierungen etwas mehr zurückgehalten. Aber nach dem Krieg ist im Norden vieles vom alten Bestand – Ratzeburg ist ja auch so ein Beispiel – einfach abgerissen worden, weil man halt was Neues haben wollte. Im Süden hat man das nicht gemacht. Deshalb gibt es da noch diese schönen mittelalterlichen Städte.
KP: Etwas Neues hinzustellen, war vermutlich günstiger…
Kuhlmann: Ganz sicher. Das war über die Jahrhunderte schon so. In Mölln gibt es 50 bis 80 Gebäude, deren Fassaden so verändert worden sind, dass man äußerlich kaum erkennt, dass es sich um alte Häuser handelt.
KP: Herr Kuhlmann, ich danke Ihnen für das Gespräch.
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