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Quartett um Skobowsky spielt das Weihnachtsoratorium

Gänzlich still und leise wollen die Ratzeburger Dommusiken das Weihnachtsfest dann doch nicht an sich und der Gemeinde vorbeiziehen lassen: Aus diesem Grund hat Organist Christian Skobowsky Bachs Weihnachtsoratorium für ein vierköpfiges Ensemble zusammengefasst. Diese kürzere Version, eingespielt im Ratzeburger Dom, ist nun am Heiligabend auf Youtube zu sehen und zu hören – im Rahmen eines Weihnachtsgottesdienstes.

Eigentlich hatte der Ratzeburger Domchor das Weihnachtsoratorium von Johan Sebastian Bach am 4. Advent live für die Gemeinde singen wollen. Die Pandemie machte den Sängerinnen und Sängern allerdings einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen zeichnete ein Kamerateam die Weihnachtsansprache von Domprobst Gert-Axel Reuß, die Lesungen und Gebete von Anne Gidion (Rektorin des Ratzeburger Pastoralkollegs) sowie die Bachsche Musik auf. Der Hamburger Tenor Mirko Ludwig singt dabei die Partie des Evangelisten und eine Auswahl von Chören, Arien und Chorälen. Begleitet wird er von Anna Reisener (Violoncello), Julius Lorscheider (Orgelpositiv) und Christian Skobowsky (Chororgel). Der Domorganist steuert im Abspann die Hirtensinfonie in einer an der Großen Domorgel eingespielten Fassung bei.

Der Youtube-Link zum Video findet sich unter www.ratzeburgerdom.de. Wer an den Feiertagen persönlich in den Dom gehen will, hat dazu am 25., 26. und 27. Dezember jeweils um 11 Uhr Gelegenheit. In überschaubarem Rahmen bieten die evangelischen Gemeinden gemeinsame Festgottesdienste für 50 Teilnehmer an, in denen der Sorge um die Sicherheit der Besucher durch sehr großzügige Abstände Rechnung getragen werden kann. Dafür ist im Dombüro, erreichbar unter Tel. 04541-3406 oder per Mail unter domkirchgemeinde@ratzeburgerdom.de, zwingend notwendig. Anzugeben sind der vollständige Name, die Anschrift sowie Telefonnummer oder eine Email-Adresse.

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Weihnachten Kulturzeit hören

Weihnachtszeit ist Kulturzeit. Gleich mehrere Beiträge stehen in den kommenden Tagen auf dem Programm. Zum Auftakt am Mittwoch, 23. Dezember, sendet Kulturzeit aus Ratzeburg um 15 Uhr „Weihnachten auf Amerikanisch“. Es folgt am Freitag, 25. Dezember, um 16 Uhr „Weihnachten im alten Ostpreußen“ – ein Beitrag, der zum Teil in Mundart ausgestrahlt wird.

Anschließend widmet sich Kulturzeit der Literatur. Am Sonntag, 27. Dezember, wird ab 17 Uhr in einem ersten Teil aus Adalbert Stifters „Bergkristall“ gelesen. Diese Sendung wird am Dienstag, 29. Dezember, um 9 Uhr wiederholt. Am Donnerstag, 31. Dezember, steht dann ab 17 Uhr ein zweiter Teil auf dem Programm.

Zu empfangen ist Kulturzeit auf der Frequenz 98,8 MHz (106,5 Kabel) und als Direktsendung im Internet unter www.okluebeck.de.

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Es gibt sie doch – die Saure-Gurken-Zeit

So etwas wie eine Saure-Gurken-Zeit für die schreibende Zunft gibt es in Wirklichkeit gar nicht – auch wenn das gemeinhin gerne behauptet wird. Irgendwas ist ja immer los in der Welt. Im Moment ist es ein Virus, das alle auf Trab hält und das dazu beiträgt – dass es dann doch so etwas wie eine Saure-Gurken-Zeit gibt – nämlich in der Kulturszene.

Die Kulturszene ist und bleibt vorerst lahmgelegt und die Berichterstattung somit mühselig. Deshalb werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, in den kommenden Wochen auch mit weniger Berichten, Meldungen, Interviews und Essays versorgt werden, als Sie es auf Kulturportal-Herzogtum.de gewohnt sind.

Veranstaltungen, die es nicht gibt, lassen sich schlecht ankündigen. Und weil die Redaktion die für 2020 übriggebliebenen Urlaubstage noch nehmen muss, muss eben auch die darüber hinaus gehende Berichterstattung zwischen dem 24. Dezember und 10. Januar heruntergefahren werden. Ausnahmsweise. Immerhin: Die eine oder andere Meldung erwartet Sie auch in den kommenden Tagen und wie gewohnt geht montags ab 11.02 ein neues Thema der Woche online. Und: Ab dem 11. Januar sind wir dann wieder wie gewohnt für Sie da.

Für die kommende Zeit empfiehlt die Redaktion auch mal den Blick zurück. Trotz Krise gab es auf Kulturportal-Herzogtum.de das ganze Jahr hindurch Interessante Menschen und Kunstwerke aus der Region zu entdecken. Hier eine kleine Textauswahl:

  1. Interview mit Möllns Kantor Thimo Neumann über Stille
  2. Interview mit Kreisarchivarin Dr. Anke Mührenberg über die laufende Sammlung von Covid-19-Dokumenten
  3. Porträt der Kulturpreisträgerin 2020 Claudia Bormann
  4. Interview mit der Folkclub-Vorsitzenden Susan Sojak
  5. Oper am Wegesrand im Rahmen des KulturSommers
  6. Interview zum 80. Geburtstag des Bildhauers Hans-Werner Könecke

Die Redaktion wünscht einen guten Rutsch und ein frohes neues Jahr. Bleiben Sie uns gewogen!

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„Der Weg nach Bethlehem III“

Lothar Obst ist nicht nur in der antiken Geschichte bewandert, er ist auch ein Kenner des Neuen Testaments. Zuletzt hat er sich aus der Perspektive des Historikers intensiv mit diversen Fragen rund um die Geburt Christi befasst. Im Folgenden widmet er sich Bethlehem und Nazareth und der Reisezeit zwischen den beiden Orten zur Geburt Christi. Kulturportal-Herzogtum.de veröffentlicht den Text in mehreren Abschnitten. Hier lesen Abschnitt III. Zu Abschnitt II geht es hier.

Das antike Straßennetz als Pilgerwege für die jüdischen Wallfahrtsfeste

Den Ausbau des antiken Straßennetzes von Galiläa durch Samarien nach Judäa müssen wir nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Fernhandels von Syrien nach Ägypten, sondern auch im Rahmen der alljährlichen jüdischen Wallfahrtsfeste sehen. Im 23. Kapitel des Buches Leviticus des Pentateuchs beschreibt Mose die Gesetze über den Sabbat und die jährlichen Feste, welche im Einzelnen sind:

PASSAH (3. Mose 23,5-8)

Fest der ungesäuerten Brote

14. bis 22. Nisan (ca. März/April)

Erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten

SCHAWUOT (3. Mose 23,16-22)

Wochenfest

6. bis 7. Siwan (ca. Mai)

Erinnert an den Wiederempfang der zehn Gebote

ROSCH HA-SCHANA (3. Mose 23,23-25)

Neujahrsfest (Jahrestag der Schöpfung)

1.bis 2. Tischri (September)

Erinnert an die Erschaffung der Welt

(nach dem jüdischen Kalender am 6. Oktober 3761 v. Chr.)

JOM KIPPUR (3. Mose 23,26-32 und 16,29)

Versöhnungsfest (höchster jüdischer Feiertag)

10. Tischri (September)

SUKKOT (3. Mose 23,33-43)

Laubhüttenfest

15. bis 23. Tischri (September/Oktober)

Erinnert an die 40-jährige Wanderschaft der Israeliten durch die Wüste

Nach dem Buch Deuteronomium sind das Passahfest (5. Mose 16,1-8), das Wochenfest (5. Mose 16,9-12) und das Laubhüttenfest (5. Mose 16,13-15) zugleich Wallfahrtsfeste zum Tempel nach Jerusalem („Dreimal im Jahr soll alles, was männlich ist in deiner Mitte, vor dem Herrn, deinem Gott, erscheinen, an der Stätte, die der Herr erwählen wird“, vgl. 5. Mose 16,16). König Salomo ließ den ersten Tempel in einem Ausmaß von 30 m Länge, 10 m Breite und 15 m Höhe auf dem Tempelberg erbauen, der im Jahr 586 v. Chr. durch die Babylonier unter Nebukadnezar II. zerstört wurde. Es kam zur Entführung und Verbannung der hebräischen Oberschicht nach Babylon (sog. Babylonische Gefangenschaft). Nach der Rückkehr der Hebräer wurde unter dem persischen Statthalter Serubbabei 515 v. Chr. der Tempel wieder aufgebaut (Zweiter Tempel), der nach dem jüdisch-römischen Schriftsteller Flavius Josephus schon 145 m lang und 45 m breit und damit deutlich größer als der Tempel Salomos war. In den Jahren 167 bis 164 v. Chr. schändeten die Griechen den jüdischen Tempel, entfernten die Leuchter und stellten einen Altar für ihren Göttervater Zeus auf. Nach dem erfolgreichen Aufstand der Makkabäer und der Befreiung von den Griechen wurde der alte Tempelkult wiederhergestellt, der Zeus-Altar entfernt und nur noch ein siebenarmiger Leuchter (Menora) aufgestellt. An diese Einweihung des zweiten Tempels 164 v. Chr. (= im jüdischen Jahr 3597) erinnert das auch heute noch gefeierte Lichterfest CHANUKKA vom 25. Kislew bis 2. Tevet (ca. Dezember). König Herodes schließlich ließ in den Jahren 21 bis 19 v. Chr. das Plateau des Tempelberges deutlich erweitern. Der Herodianische Tempel war trapezförmig und hatte mit einer Gesamtfläche von ca. 140.000 Quadratmetern riesige Ausmaße (über 400 m x rund 300 m); davon steht heute nur noch ein kleiner Teil der westlichen Umrandungsmauer (Klagemauer).

Die jahrhundertelangen Wallfahrten zum Tempel nach Jerusalem brachten alljährlich Tausende jüdische Männer auf die Straßen und führten zu einem Ausbau des Wegenetzes nach Jerusalem, im Wesentlichen über eine Westroute entlang des Mittelmeeres, eine Ostroute entlang des Jordantales und eine dritte quasi Transitstrecke durch Samarien nach Judäa. Maria und Joseph dürften im Jahr 7/6 v.u.Z. genau diese Transitstrecke genutzt haben wie viele Jahre und Jahrhunderte vor ihnen Pilger zum Tempel nach Jerusalem zu den drei jüdischen Wallfahrtsfesten.

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„De buckige Äsel un de söte Distel“

Geschichten kann man ja ohnehin nie genug bekommen. Wenn sie dann noch auf dem Silbertablett serviert werden, umso besser. Kulturportal-Herzogtum.de freut sich, dass sich die Plattdeutschbeauftragte Inge Pusback vors Mikro gesetzt hat. Das Ergebnis sind drei Storys op Platt, die es nun in der Adventszeit zu hören gibt. Nachdem Inge Pusback „De plietsche Ganther“ von Inge Rohwer und „Een van de Hirten“ von Rudolf Kienau gelesen hat, ist von ihr nun die dritte und letzte niederdeutsche Geschichte zum Advent zu hören. Dafür hat die Möllnerin eine Erzählung von Karl Heinrich Waggerls ins Niederdeutsche übersetzt. Der Titel lautet „De buckige Äsel un de söte Distel“. Zur Geschichte geht es hier.

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Keine Weihnachtsgottesdienste im Stadthauptmannshof

Es hätte so schön sein können. Heiligabend wollte die Kirchengemeinde Mölln gleich mehrere Gottesdienste im Stadthauptmannshof abhalten. Wegen der sich rasant ausbreitenden Covid-19-Pandemie sind diese Pläne nun Makulatur. Sowohl die Gemeinderäte der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Mölln als auch deren Kolleginnen und Kollegen in Breitenfelde beschlossen, ab sofort sämtlich Gottesdienste bis zum 10. Januar auszusetzen.

Ob auch sonst die Gotteshäuser und Plätze im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg verwaist bleiben, entscheiden die Verantwortlichen jeweils vor Ort. Gottesdienste sind grundsätzlich erlaubt. In Kirchen dürfen sich bis zu 50 Menschen versammeln, unter freiem Himmel bis zu 100. Darüber hinaus gelten eine Anmelde- und Maskenpflicht sowie die Einhaltung der vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen. Nichtsdestotrotz werden wohl viele Kirchengemeinden dem Möllner und Breitenfelder Beispiel folgen.

Die Kirche ist darauf offensichtlich eingestellt: „Wir sind zu Weihnachten auf jeden Fall für die Menschen da“, stellt Pröpstin Frauke Eiben klar. Neben den alternativen geistlichen Angeboten sei es Aufgabe der Kirchengemeinden dafür zu sorgen, dass Menschen seelsorgerlich betreut werden – in Krankenhäusern und Heimen, aber auch mit offenen Ohren am Telefon oder als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner über Post und digitale Medien. Zudem macht die Telefonseelsorge wie gewohnt ihren Dienst. Sie ist unter den Rufnummern 0800-1110111 und 0800-1110222 erreichbar.

Aber natürlich soll es an Weihnachten nicht nur um Seelsorge, sondern auch um die Freude am Weihnachtsfest gehen. Hier beweisen viele Kirchengemeinden große Kreativität – so auch die Möllner und die Breitenfelder.

Um den Menschen eine Freude zu bereiten, startet die Kirchengemeinde Mölln beispielsweise die Aktion „Weihnachten in der Tüte“, die am 24. Dezember ab 10 Uhr vor der St. Nicolai-Kirche und der Heilig-Geist-Kirche anläuft. Die Tüten enthalten allerlei Geschenke wie Bastelideen und Anregungen für die anstehenden Weihnachtsfeierlichkeiten.

Auf den Homepages der Kirchengemeinden Mölln und Breitenfelde (www.kirche-breitenfelde.de) finden sich zudem ein Weihnachtsfilm mit Grußbotschaft, den die Kirchengemeinden Mölln, Breitenfelde und Gudow gemeinsam erstellt haben. Er ist auch auf YouTube zu finden unter dem Kanal „Kirchengemeinde Breitenfelde“.

Weiterhin gibt es Links zu Online-Gottesdiensten, zum Beispiel zum liveline-Gottesdienst des Kirchenkreises. Pastor Lotichius gestaltet eine Sendung mit Musik und Texten zu Weihnachten um 14 Uhr auf dem „Offenen Kanal Lübeck“ (UKW 98.8, es gibt einen Live-Stream im Internet. Weitere Infos und mehr Gottesdienst im Offenen Kanal finden Sie hier.). Die Kirchengemeinde Breitenfelde verteilt noch vor Weihnachten einen kleinen Gemeindebrief mit Texten, Liedern und Hinweisen auf die Onlineangebote.

Wer wissen möchte, ob in seiner Heimatgemeinde nicht doch ein Gottesdienst stattfindet, sollte sich direkt vor Ort – beim Pastor oder im Kirchenbüro – erkundigen.

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Seit wann feiern Christen Weihnachten?

Kein anderes Fest auf der Welt ist heute so populär wie das Weihnachtsfest. Doch seit wann wird die Geburt Christi eigentlich gefeiert? Und wie kam es dazu? Antworten auf diese und weitere Fragen rund um die kalendarischen Festlegungen für den Advent gibt Lothar Obst in einem rund 20-minütigen Vortrag. Zum Podcast geht es hier.

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„Die Stille ist auch eine soziale Stille“

Was macht der Kantor einer evangelischen Gemeinde, wenn er ausgerechnet in der Weihnachtszeit zur Tatenlosigkeit verdammt ist? Wie gut kommt der Musiker mit der aus gesundheitspolitischen Gründen verordneten Stille klar? Diese und weitere Fragen hat Kulturportal-Herzogtum.de Thimo Neumann von der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Mölln gestellt.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Neumann, sind Sie ein Mensch, der gut mit Stille klarkommt?

Thimo Neumann: Das kann ich nicht so einfach mit „ja“ oder „nein“ beantworten. Es gibt Phasen, wo ich Stille brauche. Und Phasen, wo genau das Gegenteil der Fall ist.

KP: Momentan sind Sie ja zur Stille verdammt…

Neumann: Für mich kann ich das akzeptieren. Mir tut es nur für die Sänger leid, dass man jetzt diese Stille hat. Weil es ja nicht nur um das Singen geht, sondern auch um den gesellschaftlichen Aspekt. Im übertragenden Sinne ist das auch eine soziale Stille. Das ist ein weitaus größeres Problem, als dass wir keine Konzerte gebe können. Was schade ist – aber ich bin Realist genug und weiß, dass das jetzt so sein muss.

KP: Stille und Philharmonie erscheinen in der Pandemie wie maximale Gegensätze. Welche Rolle spielt die Stille in musikalischen Werken?

Neumann: Die Stille ist Teil der Musik, Teil der Komposition. Es gibt Generalpausen. Das ist Stille – da geschieht nix. Der Spannungsverlauf steigert sich und die Idee der Musik geht in der Stille weiter. Das ist eine ganz spannende Sache. Der Komponist John Cage hat ein Stück geschrieben, das heißt ‚4:33‘ – das meint die Länge 4 Minuten 33. Das ist ein Stück für alle Besetzungen. Es wurde auch schon von großen Orchestern aufgeführt. Die Noten bestehen nur aus Pausen. Das heißt, die Musiker spielen keinen einzigen Ton. Drei Sätze hat das Stück, und diese Sätze sind permanente Stille. Nichts passiert. Der Komponist hat sich gefragt, was macht Stille mit einem? Gehört Stille zur Musik? Das ist total interessant, weil man trotzdem einen Spannungsverlauf merkt. Auch bei den Musikern. Der Dirigent steht vorne. Es gibt den Auftakt und dann geht es los. Die Musiker haben eine unglaubliche Grundspannungspräsenz, weil sie trotzdem Musik machen. Es ist ein Musikstück. Und das Spannende ist, wenn man als Zuhörer dort sitzt, hört man jedes kleinste Geräusch – jedes Husten.

KP: Gab es da gar keinen Aufschrei in der Musikwelt? Keine erbitterte Diskussion in den Feuilletons?

Neumann: Es gab auch negative Reaktionen. Natürlich. Die Frage, die dahinterstand, war: Ist das noch Musik, was der da macht? Oder verarscht er uns? Dahinter steckt ja auch die Frage: Was ist Musik? Wo beginnt sie? Wo hört sie auf? Ich glaube, genau das hat Cage auch gewollt.

KP: Das ist natürlich ein sehr krasses Beispiel. Unabhängig davon betonen Sie die Bedeutung der Stille. Würden Sie so weit gehen, zu sagen, dass der Umgang mit der Stille die Arbeit des Dirigenten oder Musikers auszeichnet?

Neumann: Auf jeden Fall. Es steht ja nicht alles in den Noten. Es kommt immer darauf an, was man da vor sich hat. In der Barockmusik beispielsweise finden sich nur wenige Anhaltspunkte, wie etwas zu interpretieren ist. Dafür braucht man den musikwissenschaftlichen Background.

KP: Gibt es im Barock überhaupt keine Tempovorgaben?

Neumann: Es gibt ungefähre Tempoangaben, die sind dann aber anders gemeint als beispielsweise in der Romantik. In der Romantik geht so eine Tempobezeichnung zumeist mit einer Charakterbezeichnung des Stückes einher. Das ist schon ein Unterschied. Man muss sich ein bisschen in den Epochen auskennen und sehen, dass Tempo nicht immer gleich Tempo ist. Was man sagen kann, ist: Je älter die Musik, desto weniger Angaben stecken in den Noten. Umso mehr muss man sich reinfuchsen, um zu verstehen, wie das eigentlich gemeint ist. Bei spätromantischer Musik – zum Beispiel bei Gustav Mahler – ist das anders. Er hat wirklich alles reingeschrieben, was man sich vorstellen kann. Wenn man es dann so macht, macht man es auch gut.

KP: Die Umstände dürften verglichen mit dem 19. Jahrhundert in der Barockzeit auch gänzlich andere gewesen sein – beispielsweise das Ausmaß der Schriftlichkeit, die Anlässe fürs öffentliche Musizieren…

Neumann: Selbst die Instrumente waren ganz anders gebaut. Das muss man alles bedenken. So etwas umzusetzen, ist immer auch eine Sache der Ressourcen und des eigenen Anspruchs. Ich bin da nicht perfekt und weiß auch nicht alles. Wenn man beispielsweise ein Orchester dirigiert, lernt man miteinander. Das ist spannend und sehr facettenreich. So ist es bei vielen Arbeiten aus der Barockzeit.

KP: Zumindest sind die Rollen klar verteilt. Hier das Ensemble und der Dirigent, da das Publikum…

Neumann: Exakt. Als Musiker – ob ich selbst spiele oder ob ich dirigiere – hat man die Aufgabe, die Emotion und die Idee eines Stückes zu übertragen, dass dann der berühmte Funke überspringt. Das ist das Ziel des Ganzen. Und insofern hofft man als Musiker, dass man das Publikum emotional mitnimmt.

KP: Die Zuhörer müssen sich also wie beim klassischen Theater voll einlassen. Wegen der Covid-19-Pandemie gibt es nun weder Live-Musik noch Publikum. Wie viele Striche wurden Ihnen da durch die Rechnung gemacht?

Neumann: Die Weihnachtszeit wäre Hochsaison gewesen. Normalerweise hätten wir mit allen Gruppen der Gemeinde große Konzerte gegeben. Diese Auftritte und auch einige Fremdkonzerte mussten wir absagen. Da muss man erstmal schlucken, weil es die freiberuflichen Musiker, die ich engagiere, gerade richtig schwer haben. Diese Musiker leben davon, dass sie Konzerte spielen und dafür Gage bekommen.

KP: Haben Sie die gesamte Zeit pausiert oder konnten sie unter den gesetzlichen Hygienebedingungen zumindest proben?

Neumann: Nach dem Komplettverbot im Frühjahr haben wir angefangen, draußen zu singen – vor der Kirche. Dass man sich sieht und wieder singt, war total wichtig für das Soziale. Bei zwei Meter Abstand ist es aber nicht so erquicklich. Im September durfte man dann auch in geschlossenen Räumen proben. Der Saal im Polleyn-Zentrum war groß genug dafür, dass da viele rein konnten. Das war dann OK, aber man hatte trotzdem kein Ziel. Ich fühlte mich außerdem ein bisschen unwohl, weil dieses Virus im Raum steht. Man weiß: Mit den Aerosolen ist die Ansteckungsgefahr einfach da.

KP: Neben den Proben haben sie bis Mitte Oktober alle 14 Tage halbstündige Orgelkonzerte gegeben.

Neumann: Das Konzept habe ich zusammen mit meiner Kollegin Andrea Battige ausgearbeitet. Wir wollten damit ein Zeichen setzen. Auch wenn der Besuch relativ mau war, war es eine gute Sache. Wir haben gezeigt, wir sind da. Wir bemühen uns. Wir gehen nicht unter. Wir sitzen in keiner Schockstarre mehr.

KP: Hatten Sie darüber hinaus auch einen Plan B für Weihnachten in der Schublade?

Neumann: Da war ich zum Glück vorsichtig und habe mich mit Kollegen im Kreis abgestimmt. Man hatte ja überhaupt keine Planungssicherheit. Konzerte, die wir hätten machen wollen, hätten immer auch die Chöre betroffen. Und mit den Chören kann man das aktuell einfach vergessen. Deswegen habe ich mir überlegt, eine CD zu erstellen – von der eigenen Gemeinde für die Gemeinde – mit allen Sängerinnen und Sängern. Die letzte Woche bestand nur aus Aufnahmesessions – Fünf-Minuten-Turns mit den einzelnen Sängern. Dies Stücke bearbeite ich gerade. Wenn man das nur zusammenlegen würde, würde das echt schlecht klingen. Den Sängern fehlt beim Singen ja der Chor. Da hat man kein Gefühl für Intonation und Timing.

KP: Das hört sich nicht nur aufwändig, sondern auch technisch anspruchsvoll an.

Neumann: Ich habe da eine Software, damit die CD nachher nicht nach Kraut und Rüben klingt. Sie soll dann an die Leute der Gemeinde in Mölln gehen, die allein sind. An die ältere Generation plus 80 beispielsweise, die im Altenheim lebt – auch als Zeichen von der Kirche und der Kirchengemeinde.

KP: Ich komme zum Schluss noch mal auf das Thema Stille zurück. So ganz still wird Weihnachten ja nun nicht, wenn Sie die CD produzieren.  Aber ist nicht gerade die Nacht, in der Jesus geboren wurde, eine stille Nacht gewesen? Ist die Pandemie nicht eine gute Gelegenheit, zu diesem Ursprung zurückzukehren und die Stille wieder in den Mittelpunkt zu rücken?

Neumann: Ich weiß gar nicht, ob wir uns entfernt haben. Wie die ersten Weihnachtsfeste der Christenheit waren, können wir ja gar nicht beurteilen. Wahrscheinlich fanden sie eher in Verstecken und im Geheimen statt. Aber Weihnachten ist ja auch ein Fest der Freude und der Freiheit gewissermaßen. Für viele Menschen sind Konzerte im Advent im Übrigen ein Ruhepol. Auch die Weihnachtsgottesdienste sind so eine Tradition. Sie bringen ein bisschen runter. Genauso ist es mit den Konzerten. Ohne beides wäre mir das auch zu viel Stille.

KP: Herr Neumann, ich danke Ihnen für das Gespräch.

https://kulturportal-herzogtum.de/2020/12/14/wo-ist-loors-weihnachstfilm-fuer-kinder-stiftung-herzogtum-lauenburg/
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Kurz notiert – unterwegs im Südkreis

Schnackzeit: Cooler und zeitgemäßer werden möchte die Stadtbücherei Schwarzenbek und hat damit gleich mal losgelegt. Seit kurzem veröffentlicht die Einrichtung unter dem Titel „Hinterm Tresen“ eigene Podcasts. In der ersten Folge spricht Leiterin Patricia Fasheh mit Dennis Splettstößer, der als Bundesfreiwilliger aktuell seinen Dienst in der Stadtbücherei ableistet. Zudem kommt Schwarzenbeks neuer Bürgermeister Norbert Lütjens zu Wort. Zum Podcast geht es hier.

Amtszeit: William Boehart feiert Jubiläum. Seit nunmehr 30 Jahren ist er Vorsitzender des Lauenburgischen Kunstvereins (LKV). Der LKV bedankt sich auf seiner Internetseite für die geleistete Arbeit und ehrt den Jubilar mit einem Gedicht.

Spielzeit: Die mobile Spieliothek bleibt wegen der Pandemie in der Garage. Damit Kinder, Jugendliche und Familien auf Gesellschaftsspiele nicht verzichten müssen, hat der Kreisjugendring einen Lieferdienst eingerichtet. Bestellungen werden per Mail unter spieliothek@kjr-herzogtum-lauenburg.de oder unter der Rufnummer 04542-8501849 entgegengenommen.

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Kurz notiert – unterwegs im Nordkreis

Amtszeit: William Boehart feiert Jubiläum. Seit nunmehr 30 Jahren ist er Vorsitzender des Lauenburgischen Kunstvereins (LKV). Der LKV bedankt sich auf seiner Internetseite für die geleistete Arbeit und ehrt den Jubilar mit einem Gedicht.

Auszeit I: Die Tourist-Information im Ratzeburger Rathaus bleibt wegen des Lockdowns bis mindestens 10. Januar geschlossen. vom 23. bis zum 31. Dezember geschlossen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind allerdings bis zum 22. Dezember telefonisch und per Mail zu den Öffnungszeichen erreichbar. Kontakt unter 04541-8000-886 oder über tourist-info@ratzeburg.de.

Auszeit II: Schotten dicht heißt es für die Artothek und die Stadtbücherei Mölln. Wegen des Lockdowns müssen die beiden Einrichtungen mindestens bis zum 10. Januar geschlossen bleiben.

Kulturzeit: Festliche Musik zum Advent sendet am Sonntag, 20. Dezember, Kulturzeit aus Ratzeburg. Die Übertragung beginnt um 17 Uhr. Eine Wiederholung der Sendung ist am Dienstag, 22. September, um 9 Uhr geplant. Zu empfangen ist Kulturzeit auf der Frequenz 98,8 MHz (106,5 Kabel) und als Direktsendung im Internet unter www.okluebeck.de.