Überall im Land ist das kulturelle Leben zum Erliegen gekommen. Es kann nicht mehr geprobt, geschweige denn aufgetreten werden. Wie lange werden diese Einschränkungen bleiben? Was für Folgen hat das für den KulturSommer am Kanal? Diese Fragen treiben Intendant Frank Düwel und Managerin Farina Klose in diesen Tagen um. In einem offenen Brief haben Sie sich nun an Künstler, Kulturträger, Helfer und Publikum gewandt. Hier das Schreiben im Wortlaut:
„Liebe Freunde, Kulturschaffende, liebe Gäste des KulturSommers am Kanal,
auch wir haben in den letzten Wochen die Entwicklungen der Covid-19-Pandemie
verfolgt. Wie wahrscheinlich viele von Ihnen sind wir mit einer Situation
konfrontiert, die wir so noch nicht erlebt haben und deren Entwicklung wir
nicht abschätzen können.
Aus diesem Grund möchten wir mit der Entscheidung, ob der
KulturSommer am Kanal innerhalb des geplanten Zeitraumes vom 07.06. – 06.07.
diesen Jahres stattfinden kann, bis zum 20. April warten.
Produktionen / Proben
Sicher ist, dass sich das Programm in diesem Jahr in Umfang
und Form der Veranstaltungen verändern wird, da zur Zeit alle Proben und
Treffen zu den Produktionen ruhen. Dies betrifft die Eröffnung in Büchen, das
Kanu-Wander-Theater, Beat ´n Dance und weitere Produktionen.
Der Reisebegleiter /Programmplanung
Angesichts der Ungewissheit werden wir den Reisebegleiter
nicht im gewohnten Print-Format publizieren. Durch die große Anzahl an Einzelveranstaltungen,
an denen viele Kunst- und Kulturschaffende beteiligt sind, ist das Risiko groß,
dass das Heft bei Redaktionsschluss schon nicht mehr aktuell ist. Um flexibler
auf mögliche Inhalts- und Terminänderungen eingehen zu können, arbeiten wir zur
Zeit an einer Online-Version des Reisebegleiters.
Ungeachtet dessen widmen wir uns im Homeoffice weiter dem
Programm des KulturSommers. Sobald Planungsicherheit besteht, möchten wir eine
Broschüre mit allen Terminen veröffentlichen.
Ausblick
Wir hoffen, dass Kunst, Kultur, Musik und Theater und die
damit verbundenen Begegnungen in nicht allzu ferner Zukunft wieder ein
Bestandteil unseres gemeinsamen Lebens sein werden.
Sollte der KulturSommer am Kanal 2020 als Kunst- und
Kulturfestival im seinem üblichen Zeitrahmen von vier Wochen nicht stattfinden
können, beginnen wir Ideen zu entwickeln, künstlerische Projekte des
KulturSommers in einer anderen Form und innerhalb eines anderen Zeitraumes zu
präsentieren.
Es grüßt herzlich ihr KulturSommer Team Frank Düwel und Farina Klose“
Im Internet kursieren die Videos von den Menschen in Italien. Sie stehen auf den Balkonen – und singen. Um sich Mut zu machen. Um für einen Moment die bedrückende Realität in Zeiten von Corvid-19 zu vergessen.
Kultur
trotz(t) Corona – das ist für mich die Botschaft, die dahintersteht. Kulturportal-Herzogtum.de
möchte sich daran ein Beispiel nehmen und weiterhin über die Kultur im Kreis
berichten. Schließlich hören die Musiker, Schauspieler, Filmemacher und Künstler
– Virus hin oder her – nicht auf, kreativ zu sein. Fragen kann man ja zum Glück
auch übers Telefon stellen und die Antworten – der Digitalisierung sei Dank –
lassen sich per Mausklick in die Öffentlichkeit bringen.
Seit heute (16. März) ist die Literaturwerkstatt das Thema der Woche. Das Gespräch mit HannaH Rau liegt schon ein paar Wochen zurück. Zu diesem Zeitpunkt war Corona noch eine weitgehend chinesische Angelegenheit. So schnell ändern sich die Zeiten…
Auch die Leiterin der Literaturwerkstatt zeigt sich
angesichts des Virus trotzig. In einem Newsletter schreibt sie: „Wir brauchen jetzt
Geschichten. Wir sollten uns jetzt die Geschichten erzählen, die trösten und
gut tun, lesen, Filme gucken, schreiben. Wir arbeiten bereits daran, einen Teil
meines Seminarprogramms ins Internet zu verlegen, damit ich dort mit Euch bald
in Gruppen oder allein schreiben kann.
Falls Ihr jetzt beim Aufräumen Euren Roman in der Schublade findet und
überlegt, was Ihr damit machen könnt: Sprecht oder schreibt mich an.
Schreibcoaching klappt auch per Telefon und Mail. Warum das jetzt gerade auch
für mich als Künstlerin wichtig ist? Himmelshaken.“
Zum Trost und Trotz hat hat HannaH Rau ihrem Newsletter dieses Gedicht beigefügt:
Sie weiß den Sonnenstand frei Hand und sammelt Schrauben zu drehn den Himmel unters Dach mit leisem Klicken
Die meiste Zeit der Kunst ist Warten Die größte davon ist Warten Die Zeit ist die Kunst
Seit etwa anderthalb Jahren leitet Hannah Rau die Literaturwerkstatt der Stiftung Herzogtum Lauenburg. Im Stadthauptmannshof widmet sich die Begründerin der Lübecker Wortwerft alle vier Wochen den Schreibtalenten aus der Region. Bei den Jugendlichen punktet sie mit einer Fülle von Ideen und Anregungen und – natürlich – mit Fachkompetenz. Dabei bewegt sie sich stets auf Augenhöhe mit den Teilnehmern. Rau selbst verfasst Lyrik und Prosatexte. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihr über Schreibprozesse, die Bedeutung des Lesens und Coaching.
Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Rau, wie wichtig ist es, zu lesen, wenn man schreiben will?
Hannah Rau: Wenn man schreiben möchte, ist es schon gut, auch zu lesen. Wenn man schreibt, liest man anders. So wie jemand, der Häuser baut – der guckt sich Häuser einfach anders an, wenn er sie betritt.
KP: Kennen Sie einen berühmten Autor, der nicht gelesen hat?
Rau: Es gibt da ein Zitat: „Das Bisschen, was ich noch lese, schreibe ich mir selber“ – war es Sartre? Das ist natürlich ein Kokettieren. Ich glaube, Ideen und Stile entwickeln wir durch unsere Vorbilder. Wenn jemand zu mir kommt, der einen Lyrikband veröffentlichen will, dann frage ich: Wie viel Lyrik hast du im Regal? Wenn da keine Lyrik steht, sage ich, dann lass das mal mit dem Lyrik-Schreiben. Wir sollten niemals etwas schreiben, was wir nicht auch selbst lesen wollen.
KP: Wie ist es bei Ihnen? Was lesen Sie?
Rau: Gerade lese ich von Mirko Bonné „Der eiskalte Himmel“ – ein älteres Buch von ihm über Shackletons Antarktisdurchquerung. Mich begeistern Extremgeschichten. Oder Peter Wittkamps grandioses Buch über Zwangsstörungen „Für mich soll es Neurosen regnen“. Ich lese viel und oft Lyrik, Belletristik und Sachbuch gleichzeitig. Ein Gedichtband liegt immer in der Küche oder am Bett. Auf dem Kindle habe ich viel Belletristik, weil ich nicht gerne Sachen mit mir herumschleppe. Ich muss lesen, wie ich essen muss. Das Gedicht ist meine Praline. Prosa ist mein Butterbrot.
KP: Holen Sie sich aus dieser Lektüre Inspirationen fürs Schreiben?
Rau: Nein eigentlich nicht. Meine Ideen kommen aus dem Alltag. Ich stehe immer so unter Beschuss von meinen Eindrücken. Dadurch bekomme ich ganz viele Impulse. Freunde sagen manchmal zu mir: Du erlebst aber auch verrückte Sachen! Dabei geht es wahrscheinlich allen Menschen so, die meisten merken es nur nicht. Ich bin unglaublich assoziativ unterwegs. Ich sitze mit einem komischen Typ im Bus und schon entsteht eine Geschichte.
KP: Was drängt Sie an den Schreibtisch? Sind es diese Inspirationen?
Rau: Das ist keine Frage für mich. Ich schreibe und es schreibt mich. Es gibt für mich kein Leben ohne Schreiben. Wenn ich anfange zu schreiben – wenn ich fiktional schreibe, bin ich komplett weg. Das ist der klassische Flow. Ich muss schreiben, sonst platze ich. Schreiben beruhigt. Es strukturiert. Es ist Ausdruck, aber still. Es ist im Grunde meine Impulskontrolle, eine ausgelagerte Impulskontrolle.
KP: Sie schreiben auch Lyrik. – Bei Verlagen gilt diese Textform in finanzieller Hinsicht als tödlich – warum?
Rau: Die Lyrik hat eine große Nähe zur bildenden Kunst. Sie hat nichts Konkretes. Es gibt Dinge, die kannst du nicht benennen, weil sie unbenennbar sind, aber Lyrik kann es. Abstrakte Kunst kann es. Und das ist der Reiz. Ich schreibe aber auch Prosa. Gerade habe ich einen Roman in mir. Ich bin noch auf der Suche, wie ich das machen kann. Weil ich mich beim Schreiben verausgabe, brauche ich Zeit und eine klare Struktur. Der Roman ist aber schon da. Es schreibt in mir.
KP: Wie meinen Sie das – der Roman ist schon da?
Rau: Ich weiß ungefähr, was für Figuren ich habe und lasse sie machen. Ich weiß nicht, wo es hingeht. Ich schreibe einfach nur mit, was in meinem Gehirn passiert.
KP: Schriftsteller genießen den Ruf des weltabgewandten Eigenbrötlers. Sie hingegen sitzen nicht nur in Ihrem stillen Kämmerlein, sondern suchen auch das Rampenlicht – zum Beispiel bei Poetry Slams.
Rau: Auf Slams gehe ich nur noch, wenn ich eingeladen werde. Was ich mache, nennt sich Slam-Recording. Ich gehe auf Konferenzen und schreibe alles mit, was ich höre – was an Vorträgen kommt, was die Menschen neben mir in der Sitzreihe augenrollend sagen. Am Ende gehe ich auf die Bühne und fasse die Inhalte der Tagung in 15 Minuten zusammen Ich beleuchte alles anders, verrückt, höre anders zu. Wenn zum Beispiel die Suchtbeauftragte gesagt hat, das Thema Sucht muss endlich in der Gesellschaft als Krankheit wahrgenommen werden wie Hämorriden und niemand traut sich zu lachen, dann komme ich später auf die Bühne und frage: „Na, wie geht’s euren Hämorriden?“ und endlich dürfen alle lachen. Ich bin da der Narr.
KP: Im Rampenlicht stehen Sie auch, wenn Sie eine Literaturwerkstatt – wie die der Stiftung Herzogtum Lauenburg – leiten…
Rau: Nein – bei der Literaturwerkstatt bin ich nur die Leitung. Es geht da nicht um mich. Es geht darum, Teilnehmern Impulse zu geben und Freude am Schreiben zu wecken. Ich sage, stell´ dir vor, du könntest fliegen. Stell´ dir vor, du könntest eine App entwickeln, mit der du andere Menschen steuern kannst. Was würdest du tun? Die Schreibbegeisterung zu wecken, heißt für mich da anzudocken, wo die Teilnehmer sich befinden.
KP: Welche Fähigkeit braucht es noch, um eine Literaturwerkstatt zu leiten?
Rau: Wirkliche Leitung sein, heißt, zu gucken, dass jeder bekommt, was er oder sie braucht. Es gilt neben den Quirligen auch die Stillen zu beachten – ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern. Man muss Regeln einfordern – zum Beispiel Respekt und freundliche Rückmeldungen fördern. In Mölln war das von Anfang an keine Frage. Für schwierige Situationen habe ich die Poesietherapie als Zusatzausbildung gemacht. Ich habe als Teilnehmerin selbst erlebt, wie eine alte Frau bei einer Schreibaufgabe weinend den Raum verlassen hat, ohne dass die Leitung reagiert hat.. Das wollte ich nicht erleben. Die Therapieausbildung brauche ich allerdings meist fürs Autorencoaching.
KP: Wie gehen Sie mit Ihrer Schreibwerkstatt vor?
Rau: Ich gucke, was die Gruppe braucht und gehe auf das ein, was sie sich wünscht und danach organisiere ich meinen Unterricht.
KP: Macht es einen Unterschied, ob Sie beispielsweise mit Alt oder Jung oder gemischten Gruppen arbeiten?
Rau: Das ist vollkommen egal. Es spielt weder eine Rolle, welche Altersmischung ich habe, noch ob es Männer oder Frauen sind, weil wir alle schreiben. Ich verzichte gern auf Vorstellungsrunden. Ich möchte nicht, dass Karl-Heinz aus der Verwaltung sich als Karl-Heinz aus der Verwaltung vorstellt. Ich möchte, dass Karl-Heinz sich mit seinem verrückten Text über ein Nashorn vorstellt.
Landauf, landab bemüht sich die Politik, den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise entgegenzuwirken. Dabei stehen auch die Künstler und Kulturschaffenden im Fokus. So hat das Land Schleswig-Holstein ein Soforthilfeprogramm auf den Weg gebracht, das zeitnahe und unbürokratische Hilfen für Freiberufler, Selbständige, Kulturschaffende und Unternehmen ermöglicht. Die von der Landeregierung als Schutzschirm bezeichnete finanzielle Unterstützung beläuft sich auf 100 Millionen Euro.
An
der Umsetzung des Hilfsprogramms wird derzeit gearbeitet. Wirtschaftsminister
Bernd Buchholz (FDP) hofft, dass noch in dieser Woche Anträge gestellt werden können.
„Sobald
dies der Fall ist, werden das Land und die Förderinstitute darüber öffentlich
informieren. Wir bitten darum dringend, vorher noch keine Anfragen zu stellen“,
so Buchholz.
Speziell
um Hilfe für Künstler und Freischaffende bemüht sich der
Landeskulturverband Schleswig-Holstein (LKV). Unter #KulturhilfeSH hat der LKV einen
Nothilfefonds für Künstler und Freischaffende der Kulturwirtschaft ins Leben
gerufen. Bis zum vergangenen Freitag (20. März) waren dort bereits 45.000 Euro
eingegangen. Das eigens dafür eingerichtete Konto hat die IBAN DE51 2145 0000
0105 0396 71 (BIC: NOLADE21RDB). Das Stichwort lautet „Kulturhilfe“. Spenden
werden zudem via Paypal unter www.paypal.me/kulturhilfeSH
entgegengenommen.
Der Mann ist ein – zeitloser – Superstar, ein Magier, ein Joker, ein Monument. Wie kaum ein zweiter hat William Shakespeare in menschliche Abgründe geschaut und sie in seinen Figuren verewigt. Wer´s nicht glaubt, hat beim Kanu-Wander-Theater Gelegenheit, sich davon zu überzeugen. Auf dem Spielplan steht 2020 Shakespeares „Was ihr wollt“.
Michelle Affolter hat sich für diese Komödie entschieden. Sie
führt beim Kanu-Wander-Theater erstmals Regie. Die handfesten Gründe, die für die
Shakespeare-Inszenierung sprechen, kann sie vermutlich im Schlaf runterbeten.
Doch bei Affolter kommt noch etwas anderes hinzu: Aus ihr spricht die pure Begeisterung
für den Dramatiker, die Freude, sich seines Stoffes anzunehmen und ihn in die
heutige Zeit zu übersetzen.
Die Begeisterung ist so authentisch, dass sie im Grunde sagen kann, was sie will. Etwa den Satz: „Ich bin wahnsinnig verliebt in Shakespeare.“ Bei manch anderem klingt so ein Satz einfach nur aufgesetzt. Bei Affolter denkt der Zuhörer: Verdammt – vielleicht sollte ich mal (wieder) einen Shakespeare zur Hand nehmen!
Das Stück „Was ihr wollt“ fasziniert die junge Regisseurin vor
allem wegen der Erwartungshaltung, die sich durch das Stück zieht. Eine Art
Wasserzeichen, das Affolter mit dem Imperativ „Es muss etwas passieren“ umschreibt.
Unter diesem Blickwinkel erscheint es geradezu logisch, dass sie das Stück als
Silvestersause inszeniert.
Für den Zuschauer bedeutet diese Spielauffassung vor allem
eines: Spannung! Was wird sich da im Laufe der Handlung entladen? Wie gehen die
Liebesgeschichten um Olivia, Orsino und Cesario aus? Wie löst die Regisseurin
das Geflecht aus Intrigen und Verwechslungen auf. Gibt der Ausgang Anlass zur
Hoffnung oder bleibt ein bitterer Nachgeschmack?
So ganz sicher ist sich Affolter da – noch – nicht.
Shakespeare – der Superstar, Magier, Joker, das Monument – hat ihr mit seiner
offenen Dramaturgie Spielraum für einen Dreh am Ende des Stücks eröffnet. Auf
dem Ausgang wird sie noch eine Weile herumkauen.
„Was ihr wollt“, Kanu-Wander-Theater, KulturSommer am Kanal, 12. & 13. Juni, ab Schmilauer Brücke, Schaalseekanal, Freitag ab 15 Uhr, Sonnabend ab 11 Uhr
Hanne Lenze-Lauch muss das Große und Ganze im Blick haben. Auf Details zu achten, sagt sie, bringe relativ wenig. Die junge Frau weiß, wovon sie spricht. 2019 war sie erstmals bei dieser sehr speziellen Produktion dabei. Sie kennt das Gelände am Schaalseekanal – die Bühne des Kanu-Wander-Theaters. Sie ist theoretisch wie praktisch in der Lage, die besonderen Umstände der Aufführungen in ihre Ideenwelten miteinzubeziehen.
Zwei Dinge nennt sie, auf die es für die Produktion
ankommt: Die Kleider müssen für das Publikum, das sich mit dem Kanu von Szene
zu Szene vorarbeitet, gut sichtbar sein. „Eine Signalwirkung haben“, wie die
Kostümbildnerin es ausdrückt. Und: Für die Helden des Stücks, die an den
verschiedenen Stationen von verschiedenen Darstellern gespielt werden, müsse
man sich etwas einfallen lassen, dass einen „Wiedererkennungswert“ habe.
Die aktuelle Produktion – 2020 steht William Shakespeares
„Was ihr wollt“ auf dem Spielplan – dürfte für die erfahrene Kostümbildnerin* in
dieser Hinsicht ein Klacks sein. Viola, Orsino und Co. sollen mit ihrer Kluft im
modetechnisch schillernden und schrägen Zeitalter von Boy George, Nena und Co. landen.
„Ich finde, dass in den 80er Jahren viel aus Shakespeares
Zeiten drinsteckt“, begründet Lenze-Lauch den Schritt, sich dem Neobarock
zuzuwenden. Vom Grundschnitt, stellt sie klar, hätte auch der große Dramatiker des
16. Jahrhunderts solche Kleider tragen können.
Die schrillen Textilien haben natürlich auch einen
dramaturgischen Hintergrund: Regisseurin Michelle Affolter inszeniert das Stück
als berauschende Silvestersause. Dementsprechend „überschäumend“ sollen die
Kleider sein. Zudem unterstreichen sie das Melodramatische der Shakespearschen
Verwechslungskomödie.
Affolter – 2019 noch Regieassistentin – führt nach dem
Fortgang von Kerstin Steeb erstmals Regie. Affolters alte Rolle füllt nun Lisa
Pottstock aus. Geblieben sind der Spaß und die gute Stimmung im Team, was Lenz-Lauch
sehr wichtig ist. „Der Humor ist die Basis von allem“, stellt sie fest. Wichtig
sei aber auch, dass man ähnliche ästhetische Vorstellungen habe.
Diese Vorstellungen müssen jetzt, da die heiße Vorbereitungsphase für die Produktion beginnt, nach und nach endgültig Gestalt annehmen. Die Frauen werden deshalb in den kommenden Wochen immer mal wieder die Köpfe zusammenstecken, um zu entscheiden, wie die Charaktere am Ende optimal angezogen sind. Dabei werden sie darauf achten, dass die Kostüme für die Darsteller auch praktikabel sind – und nicht zum Klotz am Bein mutieren. Das vorauszusehen, sei nicht immer einfach, sagt Lenze-Lauch. Abgesehen davon kann sie sich auf eine gewisse „Leidensfähigkeit“ der Darsteller verlassen. Beim letzten Mal, sagt die Kostümbildnerin hätten einige einen Wollpullover tragen müssen – mitten im Sommer!
*Hanne Lenze-Lauch entwirft seit 2007 Kostüme für Theateraufführungen. Grundlage ihrer Arbeit ist der äußerst praktisch orientierte Studiengang Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis, den die geborene Aumühlerin in Hildesheim absolviert hat.
„Was ihr wollt“ , Kanu-Wander-Theater, KulturSommer am Kanal, 12. & 13. Juni, ab Schmilauer Brücke, Schaalseekanal, Freitag ab 15 Uhr, Sonnabend ab 11 Uhr
„Vier Frauen – vier Perspektiven“ – dieser Ausstellungstitel lässt keine Fragen offen. Er ist schlicht Programm, wenn ab Sonntag, 8. März, Ute Wilke, Marianne Schäfer, Birke Kästner und Anke Meixner eine Auswahl ihrer Werke im Möllner Stadthauptmannshof vorstellen. Die vier Künstlerinnen zeigen im Rahmen der Frühjahrsausstellung der Stiftung Herzogtum Lauenburg dem Publikum bis zum 29. März ihren (ästhetischen) Blick auf die Welt.
Die
Zarrentinerin Ute Wilke malt. Marianne Schäfer, die in Koberg zu Hause ist, hat
sich der Bildhauerei verschrieben. Die Dalbergerin Birke Kästner arbeitet mit
Keramik und Anke Meixner aus Testorf mit Papier. Unterschiedlicher könnte die
Herangehensweise an das Schöpferische kaum sein. Dementsprechend vielfältig
sind die Exponate, die die Besucherinnen und Besucher vorfinden. Dargeboten
werden sie im Herrenhaus des Stadthauptmannshofes. Dort treten je zwei
Künstlerinnen in einen Dialog: Ute Wilke trifft auf Marianne Schäfer, Birke
Kästner auf Anke Meixner.
Ute Wilke präsentiert mit den „Gefiederten“ eine große Werkgruppe. Dabei möchte Wilke die Wesensferne zum Menschen nachempfinden auf der Suche nach „einer neuen Wildnis“. Mit verschiedenen Stilmitteln versucht sie, der Wildheit und der natürlichen Würde der Gefiederten als fremdes Gegenüber Ausdruck zu verleihen.
Marianne
Schäfers Skulpturen thematisieren oft das Miteinander der Menschheit und deren
Umgang mit der Natur. Zudem widmet sie sich der Darstellung der Tierwelt. Als
Material verwendet sie überwiegend Ton, der mittels verschiedener
Brenntechniken bearbeitet wird.
Die
Keramikerin Birke Kästner gilt als ausgewiesene Spezialistin für den Holzbrand.
Dabei belegen insbesondere ihre gedrehten oder gebauten Gefäßobjekte als
regelrechte Individuen in Form und Oberfläche den künstlerischen Anspruch auf
die Freiheit außerhalb der Funktion.
Das
Ziel der Papierkünstlerin Anke Meixner ist immer in einem grafisch-malerischen
Sinne das Bild. Ihre besondere Spezialität zeigt sich in inhaltlich
anspruchsvollen Kompositionen im Sinne der Collage. Ergänzt werden diese durch
federleichte, aber raumgreifende skulpturale Objekte aus Japanpapier.
Zur Vernissage am 8. März stellt Organisatorin Antje Ladiges-Specht die Künstlerinnen vor, ehe sie selbst das Wort ergreifen. Musikalisch umrahmen Christina Sophie Meier am Klavier und Lucja Wojdak am Cello die Eröffnung. Los geht es um 11.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
„Vier
Frauen – vier Perspektiven“, Vernissage, 8. März, Herrenhaus,
Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 11.30 Uhr, freier Eintritt
„Vier Frauen – vier Perspektiven“, bis 29. März, Herrenhaus, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, sonnabends und sonntags 11 bis 16 Uhr, freier Eintritt
Was soll das? Diese Frage fällt oft, wenn Menschen mit Gegenwartskunst konfrontiert sind. Nicht selten wirkt das, was sich da auf den ersten Blick offenbart, unverständlich. Für Marita Landgraf ist das kein Argument, um sich abzuwenden. Die Expertin für Kunst- und Kulturvermittlung empfiehlt Neugier und Offenheit als Eigenschaften, um sich der modernen Kunst anzunähern. Am Donnerstag, 12. März, spricht sie darüber im Möllner Stadthauptmannshof. Der Vortrag beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Nicht
nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis weiß Landgraf, wovon sie
spricht. Seit 2016 fungiert sie als Künstlerische Leiterin des Künstlerhauses
Lauenburg, in der die moderne Kunst per se eine Heimat hat. Das Künstlerhaus
vergibt jedes Jahr fünf Stipendien an junge Menschen, die mit ihren Konzepten
und Werken in der Ästhetik des 21. Jahrhunderts verankert sind. Reine Retro-Kunst
hat dort keine Chance. Im Künstlerhaus geht es immer auch um das Neue, das Bahnbrechende,
das Avantgardistische.
Künstlerinnen und Künstler stehen im 21. Jahrhundert eine Vielzahl von Materialien und Methoden zur Verfügung: von Fotografie, Malerei, Zeichnung und Bildhauerei bis hin zu Video, Performance, Sound, Licht oder Installation. Gewählt wird in der Regel das Medium, das die Arbeit am besten zum Ausdruck bringt. Diese unterschiedlichen und für viele immer noch ungewohnten Ausdrucks- wie ästhetischen Erscheinungsformen geben ihren Inhalt meist nicht auf den ersten Blick preis.
Anmeldungen für den Vortrag werden
unter Tel. 04542-87000
oder per
Mail unter info@stiftung-herzogtum.de entgegengenommen.
„Eine Annäherung an die zeitgenössische Kunst“, 12. März, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr, freier Eintritt
Auf die Idee kommt es an – sagt Ai Weiwei und er muss es wissen. Schließlich ist er ein international anerkannter Künstler. Im Zusammenspiel mit einer Baumarkt-Kette hat er jetzt ein Kunstwerk zum Nachbauen kreiert. Dafür braucht es ein paar Stangen, neonfarbene Jacken – und Kabelbinder. Gibt es alles vor Ort und ist „facile á faire“, wie die Franzosen sagen.
Die Idee dahinter? Ai Weiwei hat sie nicht verraten. Was
man sieht ist, dass die Jacken beim Aufstellen des Kunstwerkes in die Höhe schießen.
Sie leuchten orange-rot. Ein symbolisches Rettungsboot, das sich entfaltet?
Oder sollen die vielen herren- und frauenlosen Jacken an Menschen erinnern, die
verschwunden sind? Auf jeden Fall muss man Ai Weiwei unterstellen, dass hinter
seinem Kunstprodukt eine Portion Ethik steckt. Einer wie er, der seine Heimat
aus politischen Gründen verlassen musste, macht so etwas nicht ohne Hintersinn.
Dass es Betrachter gibt, die dennoch an der Sinnhaftigkeit eines solchen Objektes zweifeln, ist Ai Weiwei nicht anzukreiden. Das Zweifeln an sich hat die moderne Kunst schon vor Urzeiten gesät. Es hat Heerscharen von Kunstignoranten und Kunstmuffeln hervorgebracht, die bis heute erfolgreich Abstand zu unverständlichen Ismen – Dadaismus! Kubismus! – halten.
Doch das war gestern. Dank Ai Weiwei ist die moderne Kunst hier und heute in den Baumarkt – Ausdruck des Massenkonsums und Inbegriff von Praktikabilität und Nützlichkeit – umgezogen und mitten in der Gesellschaft angekommen. Wo alle hingehen, um Lösungen für den Alltag zu finden, kann es sich kein Mensch mehr erlauben, zu behaupten, er verstehe nur Bahnhof und mache deshalb einen Bogen um die Sache. Dank Ai Weiwei sind wir alle nun gezwungen, zu Experten zeitgenössischer Kunst zu werden. Für Künstler dürfte das eine tolle Nachricht sein. Die Frage ist, was das für den Baumarkt von morgen bedeutet.
„Jazz in Ratzeburg“ macht 2020 da weiter, wo der Verein 2019 aufgehört hat. Nach dem Gastspiel des virtuosen Pianisten Iiro Rantala gibt mit dem Emile Parisien Quartett am Sonnabend, 29. Februar, eine der besten französischen Jazz-Formationen der Gegenwart ihre Visitenkarte in der Stadtkirche St. Petri ab. Die Combo um den Sopransaxophonisten Emile Parisien stellt in Ratzeburg ihre aktuelle Platte „Double Screening“ vor. Konzertbeginn ist um 20 Uhr.
Emile Parisien gilt als ein Jazzvisionär, der sich auf innovative Art und Weise dem Sopransaxophon verschrieben hat. Dabei verknüpft er Elemente der Vergangenheit mit innovativen, zukunftsträchtigen Ideen. Emile Parisien ist ein Musiker, der den Jazz mit Leib und Seele lebt. Authentizität und Ehrlichkeit schwingen in jedem der von ihm erzeugten Töne mit.
Der Musiker liebt die dichte Struktur, aber auch griffige Pointen. Dabei klingen die Kompositionen stets nach ihrem Verfasser, obwohl dieser den Jazz aus einer Vielzahl verschiedener Quellen schöpft. Emilie Parisiens Musik ist ein furioser Mix aus Chanson, zeitgenössischer ernster Musik sowie französischer und nordafrikanischer Folklore.
Das neue, wieder im ursprünglichen Quartettformat aufgenommene Album „Double Screening“ sprüht vor Tempo und neuen Ideen. Dabei geht die Band nie den einfachen Weg. Die von der Combo und Emile Parisien stammenden Kompositionen erzeugen eine mitreißende Energie und besitzen anspruchsvolle Spannungsbögen. Grenzen zwischen Komposition und Improvisation verschwinden.
Neben wichtigen Jazzpreisen in Frankreich erhielt Emile Parisien 2015 in Deutschland für sein Album mit dem Akkordeonisten Vincent Peirani den Echo Jazz 2015 in der Kategorie „Bestes internationales Ensemble“. Für „Double Screening” gab es 2019 den Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik.
Karten für das Konzert gibt es bei der Buchhandlung Weber, Herrenstraße 10, in Ratzeburg, erreichbar unter Tel. 0451-3449, sowie bei der Stiftung Herzogtum Lauenburg, Hauptstraße 150, in Mölln, erreichbar unter Tel. 04542-87 000. Vorreservierungen sind per Mail unter mail@jazzinratzeburg.de möglich.
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