Landauf, landab bemüht sich die Politik, den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise entgegenzuwirken. Dabei stehen auch die Künstler und Kulturschaffenden im Fokus. So hat das Land Schleswig-Holstein ein Soforthilfeprogramm auf den Weg gebracht, das zeitnahe und unbürokratische Hilfen für Freiberufler, Selbständige, Kulturschaffende und Unternehmen ermöglicht. Die von der Landeregierung als Schutzschirm bezeichnete finanzielle Unterstützung beläuft sich auf 100 Millionen Euro.
An
der Umsetzung des Hilfsprogramms wird derzeit gearbeitet. Wirtschaftsminister
Bernd Buchholz (FDP) hofft, dass noch in dieser Woche Anträge gestellt werden können.
„Sobald
dies der Fall ist, werden das Land und die Förderinstitute darüber öffentlich
informieren. Wir bitten darum dringend, vorher noch keine Anfragen zu stellen“,
so Buchholz.
Speziell
um Hilfe für Künstler und Freischaffende bemüht sich der
Landeskulturverband Schleswig-Holstein (LKV). Unter #KulturhilfeSH hat der LKV einen
Nothilfefonds für Künstler und Freischaffende der Kulturwirtschaft ins Leben
gerufen. Bis zum vergangenen Freitag (20. März) waren dort bereits 45.000 Euro
eingegangen. Das eigens dafür eingerichtete Konto hat die IBAN DE51 2145 0000
0105 0396 71 (BIC: NOLADE21RDB). Das Stichwort lautet „Kulturhilfe“. Spenden
werden zudem via Paypal unter www.paypal.me/kulturhilfeSH
entgegengenommen.
Anna Malten ist eine vielseitige und kreative Frau. Sie hat Grafik-Design studiert und Fähigkeiten erworben, die ihr heute noch für ihre Kunst – Anna Malten malt – von Nutzen sind. Außerdem ist sie Märchenerzählerin und seit ein paar Jahren Puppenspielerin. Zusammen mit ihrem Mann Wolf Malten, mit dem sie in Siebeneichen lebt, erweckt sie die Figuren des Wasser Marionetten Theaters zum Leben. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihr über den langen Weg zur „Bühnen“-Künstlerin.
Kulturportal-Herzogtum.de: Frau
Malten, sind Sie ein Mensch, der gerne im Rampenlicht steht?
Anna Malten: Ich habe zumindest
kein Problem damit. Ich lege es aber nicht drauf an. Ich bin ja keine
Schauspielerin. Ich spiele keine Rolle. Wenn ich etwas auf der Bühne mache,
suche ich nach der richtigen Facette in mir. Ich kann nur etwas verkörpern, was
in mir angelegt ist.
KP: In Ihrem Stück „H2Upps“
spielen Sie aber schon eine Rolle – oder?
Malten: Wolf und ich sind in dem
Stück Wolf und Anna und der Wassertropfen spricht mit mir. Ich kann mir
vorstellen, mich mit einem Wassertropfen zu unterhalten. Ich kann auch mit einem
Baum sprechen. Wenn ich mit dem Wassertropfen spreche, ist der auch für mich
da.
KP: Menschen, die Sie nicht
kennen, muss man sagen, dass Sie eher spezielle Formate des Bühnenspiels
bevorzugen. Sie erzählen Märchen und Sie betreiben mit Ihrem Mann ein Wassertheater.
Woher kommen diese besonderen Vorlieben?
Malten: Wie wird man
Märchenerzählerin? Ich glaube, dass man damit geboren wird und es eines Tages
merkt. Ich brauche dafür keine Bühne. Ich kann auch in der Fußgängerzone, in
einer Scheune oder im Café erzählen. Dass ich auf der Bühne gelandet bin, hängt
mit meiner Hochzeit zusammen. Das Wassertheater wurde vor 27 Jahren von Wolf Malten und Simone Frömming gegründet. Simones
Tod hätte das Ende des Theaters sein können, denn so etwas kann einer nicht
allein machen. Aber dann sind Wolf und ich uns begegnet und ich habe meine
Begabung, Geschichten zu erzählen, mit in das Theater eingebracht.
KP: Kommen wir noch einmal auf
die Märchenerzählerin Anna Malten zurück. Wie haben Sie gemerkt, dass das Märchenerzählen
in Ihnen schlummert?
Malten: Vor 30 Jahren habe ich die
keltischen Märchen für mich entdeckt und sie im Freundeskreis vorgelesen. Das
wurde auch sehr gut angenommen. Ich habe dann aber gemerkt: Das geht nicht. Du
guckst das Publikum gar nicht an. Eine Freundin hat mir dann den Tipp mit der
Europäischen Märchengesellschaft gegeben, die seit Jahrzehnten Märchenerzähler
ausbildet. Da habe ich vor 20 Jahren angefangen. Als ich meinem Mann begegnete,
war ich schon 15 Jahre im Geschäft.
KP: Ärgert es Sie, dass Sie das
Märchenerzählen relativ spät für sich entdeckt haben?
Malten: Nein. Man muss sein Leben
schon ein Stück weit gelebt haben, bevor man in die Märchenwelt einsteigen
kann. Märchen sind ja uralte Weisheitsgeschichten, die kann ich mit 20 so gar
nicht erfassen.
KP: Was für Märchen sind das, die
Sie erzählen?
Malten: Ich erzähle Volksmärchen,
keine Kunstmärchen. Weisheit steckt in erster Linie in Volksmärchen. Da merkt man
sofort, wenn eine Geschichte konstruiert ist. Das Volksmärchen spricht in
Archetypen, das sind alles uralte Bilder. Es ist eine alte Bildsprache, in der die
Menschheit sich wiederfindet – unabhängig von der Kultur.
KP: Sie sagten, dass Märchen
„uralte Weisheitsgeschichten“ sind. Was sind das für Weisheiten? Inwieweit
lassen sich die Märchen analysieren?
Malten: Natürlich kann man Märchen
interpretieren. Ich rate aber nicht dazu. Märchen funktionieren im
Unterbewusstsein. Man sollte ihnen nicht die Eingeweide rausholen. Dann verlieren
sie ihren Zauber. Man kann davon ausgehen, dass jedes Bild tiefere Bedeutung
hat. Das sind alles Archetypen, die über diesen Zauber funktionieren.
KP: Diese Archetypen gibt es beim
Wassertheater nicht. Wie funktioniert diese Kunstform?
Malten: Die Brücke zum Wassertheater
ist, dass wir fantastische Bilder unter Wasser zeigen – Dinge, die es
eigentlich nicht gibt. In Märchen sind ja auch fantastische Dinge möglich. Da
mache ich sie über Sprache sichtbar. Im Wassertheater mache ich es über die Figuren.
Der Effekt ist ganz ähnlich. Die Menschen tauchen wie beim Märchenerzählen ab. Ich
behaupte, die sind dann bei sich selbst.
KP: Worin liegt für Sie der Reiz
beim Wassertheater?
Malten: Es ist die Mischung. Ich muss
mich wahnsinnig konzentrieren – auf die Musik, die läuft und auf die Figuren im
Wasserbecken. Ich begleite die Figuren unter Wasser bei der Geschichte, die sie
sich erzählen. Die Geschichte haben wir uns vorher überlegt. Was die Figuren
tun, ist bei jeder Aufführung neu. Das ist nie identisch.
KP: Fiel es Ihnen leicht, sich
auf dieses Spiel einzulassen?
Malten: Ich würde es so formulieren:
Als ich die Figuren zum ersten Mal ins Wasser gehalten habe, habe ich mich auf
sie eingelassen, ihnen nichts aufgezwungen und ihnen „zugehört“. Auf diese
Weise sind neue Geschichten entstanden, die Wolf live am Flügel begleitet.
KP: Sie haben also quasi etwas
Neues kreiert?
Malten: Ja. Die Figuren, die wir aus
dem Fundus übernommen haben, stammen aus mehr als 20 Jahren Wassertheater. Die
Geschichten, die diese Figuren erzählen, habe ich leider nie gesehen, kann also
auf nichts Bekanntes zurückgreifen.
KP: Wenn Sie jemanden in eine
Ihrer Aufführungen locken wollten, was würden Sie ihm sagen?
Malten: Kommen Sie und gucken Sie!
Wir zeigen Träume in 3.000 Liter Wasser. Wir haben die Figuren und malen mit Licht
unter Wasser, ohne Drehbuch, lebendig und augenblicklich. So ist Wassertheater.
KP: Frau Malten, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Wolf und Anna pusten die Lampen im Schützenhaus aus. Es wird dunkel im Raum und nahezu mucksmäuschenstill. Neugierig blicken die Jungen und Mädchen, die es sich auf Matten und Stühlen bequem gemacht haben, auf das leuchtende Aquarium. Im Hintergrund spielt Musik.
Das Wassertheater Lübeck gibt an diesem Morgen zwei
Gastspiele in Müssen. Das Publikum sind die Klassen 1 bis 4 und einige Lehrerinnen*.
Wolf und Anna Malten spielen „H2Upps“, eine Geschichte über die Bedeutung und
Wandelbarkeit des Wassers.
„Es war einmal ein Wassertropfen, der lebte in einem
Wasserkocher“, eröffnet Anna Malten die Geschichte, die sie mit ihrem Partner
und Ehemann erzählen will. „Kinder können auch mit Socken reden“, hat sie eben
noch – unmittelbar vor der Aufführung – gesagt. Tatsächlich sind die Kinder
ganz Ohr, was dieser Tropfen Anna zu sagen hat. Es irritiert sie auch nicht,
dass der Tropfen im Laufe des Stücks Gestalt annimmt und sich in eine blaue
Puppe verwandelt. Mit dem Augenblick, in dem das Spiel beginnt, sind sie
abgetaucht und folgen der Story, mit der die Maltens immer mal wieder auf Tour
sind.
Das Wasser kocht jetzt, der Tropfen verdampft und steigt in
den Himmel auf, um wenig später durch ein krachendes Gewitter im Aquarium zu
landen. Es blitzt und donnert auf der provisorischen Bühne. Der Aggregatzustand
kann dem „Upps“ nichts anhaben. „Upps-Dampfwolken und Gewitter-Uppsis stürzen
ins Meer“, erzählt Anna Malten.
Ganz anders sieht es aus, als plötzlich der Mensch ins Spiel kommt. Eine finstere Gestalt, ein mieser Kerl, der nichts anderes im Sinn hat, als das Wasser mit seinem Dreck zu versauen. Anna und Wolf sind in ihrem Element. Es läuft – und zwar von Anfang an. Sogar beim Tüttellüüt – der Moment, in dem der Wassertropfen ein Gesicht bekommt – sind sie synchron. Eben noch – bei der ersten Aufführung – war Anna Malten zu schnell. Ihr Mann hat das kritisiert: „Wenn du das Tüttellütt** machst, muss das schon übereinstimmen, mit dem, was ich mache. Gerade, Punkt, Kurve!“
So eine Kritik, sagt Anna Malten später, sei für sie „völlig
unproblematisch“. Empfindsamkeiten kann und will sie sich nicht erlauben. Es
gehe um das gemeinsame Werk und das müsse so gut wie möglich werden.
Das Abenteuer von Upps und den anderen Uppsis steuert jetzt
auf sein dramatisches Ende zu. Anna Malten steht hinter dem Aquarium, wo plötzlich
Müll und Fischgerippe herumschwimmen. „Böse Menschen können Upps verändern“, sagt
sie und fordert, dass man sich immer um das Upps kümmern muss. „Man darf nicht
aufgeben!“
Der für die ungewisse Zukunft gesetzte Imperativ
funktioniert schon mal auf der Bühne: Das Aquarium ist am Ende vom Dreck
befreit. Das Licht geht an. Die Musik endet. Die Kinder tauchen auf. Schüler
und Lehrer applaudieren.
*Möglich gemacht hat die beiden Aufführungen der Blunck-Fonds
der Stiftung Herzogtum Lauenburg.
**Das Foto stammt von einer Aufführung in Breitenfelde im Frühjahr 2018. In Müssen konnte während der Aufführung nicht fotografiert werden.
Ein Wasser Marionetten Theater – das gibt es bislang nur in Lübeck. Es ist also – Stand heute – einzigartig in der Welt – und nicht nur das. Zuletzt wurden die Betreiber Wolf und Anna Malten im Rahmen einer Dissertation ein Jahr von einer Schweizer Wissenschaftlerin begleitet. Das Ergebnis ist ein Adelsschlag. Die Forscherin kam zu dem Schluss, dass es sich beim Wassermarionetten-Spiel um eine eigenständige Kunstform handelt.
Wer sich davon überzeugen will, hat in den kommenden Wochen
mehrfach in der Kanalstraße 108 (Lübeck) Gelegenheit dazu. Die Marionetten
werden dort in einem 3.000 Liter-Becken zum Leben erweckt.
Am Freitag, 6.
März, sowie am Freitag, 3. April spielen Anna und Wolf Malten das Stück „Waterstories“.
Das Stück ist zudem sonnabends am 4. April und am 11. April zu sehen. Die
Aufführungen beginnen jeweils um 19.30 Uhr.
Für Kinder ab dem
vierten Lebensjahr hat das Wasser Marionetten Theater das Stück „H2Upps“ im
Programm, das am Sonnabend, 4. April, und Sonnabend, 11. April, jeweils um 15
Uhr aufgeführt wird.
Anna Malten tritt
darüber hinaus im Rahmen des KulturSommers auf. Sie erzählt am 14. Juni in
Berkenthin und am 28. Juni in Wentorf die Legende von Europa und Zeus und geht
dabei dem Gründungsmythos des Kontinents auf den Grund.
Über „Die Lebenserinnerungen des Hamburger Architekten Martin Haller“ spricht am Donnerstag, 6. Februar, in der Otto-von-Bismarck-Stiftung (Friedrichsruh) der Historiker Dr. Claus Gossler.
Gossler,
der in Wentorf zu Hause ist, habe mit den Aufzeichnungen des Mannes, der unter
anderem die Laeiszhalle entwarf, „einen autobiografischen Schatz“ gehoben,
heißt es in der offiziellen Ankündigung der Stiftung. Die Veranstaltung beginnt
um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Martin
Haller (1835 bis 1925) war der führende Kopf des siebenköpfigen Hamburger
Rathausbaumeisterbundes. Er hat das Gesicht der Hansestadt nachhaltig geprägt. Er
baute unter anderem Bankhäuser und luxuriöse Privatvillen. Seine reichen
Lebenserinnerungen hielt er als Ruheständler handschriftlich in elf Kladden
fest. Darin schrieb er über seine Familie, seine Schulzeit am Johanneum, seine
Ausbildung in Potsdam, Berlin und vor allem Paris sowie über seine Rolle als Auftraggeber.
„Die
Lebenserinnerungen des Hamburger Architekten Martin Haller“, 6. Februar, Otto-von-Bismarck-Stiftung,
Am Bahnhof 2, Friedrichsruh, 19.30 Uhr, freier Eintritt
Langeweile dürfte für Gitta Neemann-Güntner ein Fremdwort sein und vermutlich auch ein Graus. Wenn die Büchenerin – die von sich selbst sagt, dass sie ein „Bewegungsmensch“ sei – nicht gerade ihrem Job in der Erwachsenenbildung nachgeht, ist die „Freizeit“ oft genug verplant. Für die Sozialdemokraten sitzt sie im Kreistag, hat das Amt der Vorsitzenden des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschusses inne und ist obendrein stellvertretende Kreispräsidentin. Zudem ist sie Mitglied im Rat der Stiftung Herzogtum Lauenburg und dann ist da noch ihr Faible für Fernreisen, Sport und Kultur. Hinzu kommen Interview-Anfragen wie die von Kulturportal-Herzogtum.de. Wir sprachen mit ihr über ihr politisches Aufgabenfeld und den Ist-Zustand von Kultur und Kulturförderung im Kreis.
Kulturportal-Herzogtum.de: Was
macht die Arbeit einer Vorsitzenden des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschusses
im Kreis Herzogtum Lauenburg aktuell aus?
Gitta Neemann-Güntner: Die
Arbeit im Ausschuss hat viele Facetten und ist sehr vielschichtig. In diesem
Jahr wird die Pflege ein großes Thema für uns und im August werden wir den
Kreisaktionsplan verabschieden. Da geht es um die Beteiligung von Menschen mit
Behinderung in allen Lebensbereichen. Im Bildungsbereich realisieren wir zum
Beispiel aktuell den Anbau des Berufsbildungszentrums Mölln und kümmern uns um Baumaßnahmen
an unseren Förderzentren in Mölln und Geesthacht.
KP: Wie oft kommen Sie mit ihren Kolleginnen
und Kollegen zusammen, um solche Dinge zu besprechen?
Neemann-Güntner: Wir
treffen uns alle vier Wochen und zwar immer bei unterschiedlichen Trägern und
Institutionen des Kreises. Wir wollen die Arbeit vor Ort kennen lernen und ins
Gespräch kommen.
KP: Kommen wir noch mal auf die
inhaltliche Ausrichtung des Ausschusses zu sprechen. Soziales und Bildung sind
sowohl finanziell als auch inhaltlich sehr bedeutsame Politikfelder. Wie groß
ist die Gefahr, dass die Kultur da unter die Räder kommt?
Neemann-Güntner: Sehr groß. Leider ist die Kultur immer der Bereich, wo am ehesten gespart wird. In der Politik haben andere Themen Priorität. Ich sehe das anders. Jeder in die Kultur investierte Euro bringt zwei Euro zurück. Nicht kurzfristig, aber mittel- und langfristig.
KP: Eine Möglichkeit, der Kultur
einen größeren Schub zu geben, wäre es, Bildung und Kultur sowie Soziales und
Kultur auch mal zusammenzudenken.
Neemann-Güntner: Das
wäre wünschenswert. Aber in der Bildungspolitik haben wir als Kreis
beispielsweise gar nicht die Zuständigkeit*. Allerdings werden Anträge aus dem Kultur-Bereich
vom Kreis auch separat bezuschusst, zuletzt gab es bei den Haushaltsberatungen 12.000
Euro für die Galerie im Künstlerhaus Lauenburg und 10.000 Euro für das Projekt
„Barlach GoYoung“*. Nicht zu vergessen sind die Mittel an die Stiftung
Herzogtum Lauenburg, zuständig für die Kulturarbeit im Kreis.
KP: Ganz allgemein gefragt: Wie
steht es um die Kultur im Kreis Herzogtum Lauenburg?
Neemann-Güntner: Wir
sind auf einem guten Weg. Als ich 2003 in den Kreistag kam und die Stiftung
Herzogtum Lauenburg die Kulturarbeit für den Kreis übernehmen sollte, sah alles
nach einer sehr einspurigen Kulturpolitik aus. Darüber haben wir lange und
heftig gestritten. Das Ganze hat sich allerdings im Laufe der Jahre zum
Besseren gewandelt. Das Team Engelmann/Schlie*** hat die Stiftung mehr geöffnet
und die inhaltliche Kulturarbeit in den Vordergrund gestellt. So gibt es
mittlerweile einige Angebote für Jugendliche Veranstaltungen im Südkreis. Wir sind
uns von allen Seiten in diesem Prozess
nähergekommen.
KP: Sie sehen aber noch
Nachbesserungsbedarf?
Neemann-Güntner: Mir
fehlen nach wie vor Angebote für junge Leute, etwas mehr als nur das Pegasus-Festival****
eben. Der Kreis-Ausschuss wird sich in diesem Jahr auch mit der Ausstattung
unserer Museen beschäftigen, dabei wird moderne Technik eine Rolle spielen
müssen, um auch jüngere Besucher anzusprechen. Auch die kulturelle Einbindung
der Geflüchteten muss besser werden. Es gibt hier und da immer mal wieder ein
Projekt, aber ohne Nachhaltigkeit, das ist sehr schade.
KP: Jenseits dieser Kritikpunkte:
Was zeichnet das kulturelle Leben im Kreis aus?
Neemann-Güntner: Wenn
ich im Ausland unterwegs bin, sind meine Lieblingsorte Wochenmärkte und Häfen. Das
bunte Treiben, die Offenheit und die Gerüche, die man dort antrifft, sind für
mich Türöffner für die Kultur eines Landes. Dazu kommt die Geschichte, Kirchen
und so weiter. Wenn ich das auf unseren Kreis runterbreche, haben wir Wasser
und Märkte, kulinarische Treffpunkte, Museen und Künstlerateliers, Kirchen und
eine interessante Historie. Das, worauf ich im Ausland neugierig bin, treffe
ich auch in unserem Kreis an. Das Problem ist nur, wenn der Besucher oder
Bürger in unserem Kreis etwas sehen und erleben will, muss er viel fahren.
Veranstaltungsorte wie das Viehhaus in Segrahn oder das Heubodentheater müssten
besser erreichbar sein – zum Beispiel über einen kleinen E-Bus. Dadurch würde
die Attraktivität von Kultur im ländlichen Raum gestärkt, zum Beispiel auch für
die ältere Generation, wenn ein kleiner Kulturbus zu Verfügung stünde.
KP: Wie wichtig ist Kultur für
eine Gesellschaft?
Neemann-Güntner: In einer Welt der Digitalisierung sind Kulturangebote das Salz in der Suppe. Gerade vor dem Hintergrund einer sehr oberflächlichen Betrachtung über soziale Medien halte ich eine Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur für sehr wichtig. Kunst und Kultur sind Balsam für die Seele und der Kitt der Gesellschaft. Deshalb ist es schade, dass das Interesse bei der jüngeren Generation nachlässt. Wir müssen Jugendliche stärker dazu bewegen, sich intensiver mit kulturellen Ereignissen auseinanderzusetzen.
KP: Kommen wir zu Ihnen und Ihren
kulturellen Interessen. Auf Ihrer Facebook-Seite habe ich Fotos von der HipHop
Academie Hamburg entdeckt. Sind Sie eine Hiphopperin?
Neemann-Güntner: Ich
bewege mich sehr gerne und bin oft auf modernen, interessanten Tanzevents wie zum
Beispiel nächste Woche auf Kampnagel bei „Romeo und Juliet“ von „The Rock
Ballet“.
KP: Was fasziniert sie am Tanz?
Neemann-Güntner: Die
Darstellung von Handlungen über Bewegung mit Musik und Fantasie. Es werden
Geschichten erzählt, es gibt viele Einblicke in die Kultur eines Landes und
durchaus auch Gesellschaftskritik. Die Inszenierungen können auch mal schrill
sein, Hip-Hop, klassisches Ballett, Tango oder ein Musical, ich bin da sehr
offen und neugierig.
KP: Frau Neemann-Güntner, ich
danke für das Gespräch.
*Für die inhaltliche Ausrichtung der Schulen ist das Land
Schleswig-Holstein zuständig. Der Kreis kann Baumaßnahmen unterstützen – wie
aktuell den Anbau des Berufsbildungszentrums Mölln – oder eigenständige
Kulturförderungen wie die Kreismusikschule auf den Weg bringen.
**Barlach GoYoung ist ein Projekt des Ernst Barlach Museums
Ratzeburg, in dem junge Menschen Kunst entwickeln und öffentlich präsentieren.
Dafür sollen Probleme der Gegenwart mit Blick auf eine nachhaltige Zukunft
einbezogen werden.
***Gemeint sind Klaus Schlie, Präsident der Stiftung
Herzogtum Lauenburg, und Wolfgang Engelmann, Vizepräsident.
****Das Pegasus-Open-Air-Festival ist eine jährlich von der Kultur-Community der Stiftung Herzogtum Lauenburg organisierte Veranstaltung, bei der diverse Musiker verschiedener Genres wie Pop, Rock oder Hiphop auftreten.
Kurz nach dem Jahreswechsel lädt „da capo talento“ unter
dem Motto „Talente im Flow“ zum „Norddeutschen Jazzpegel“. Am 4. und 5. Januar
geben 19 Musiker in der Maria-Magdalenen-Kirche (Lauenburg) vier kostenlose
Konzerte. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Bernhard Sdun, der den Verein
ins Leben rief, über dessen Entstehung, die Rahmenbedingungen von „da capo
talento“ sowie über das bevorstehende Festival.
Kulturportal-Herzogtum.de: Herr
Sdun, was bedeutet „da capo talento“ überhaupt?
Bernhard Sdun: Das
ist Italienisch umgangssprachlich und heißt soviel wie ‚Talent von Anfang an‘.
Wir wollen Kinder, Jugendliche und Studenten finden, die selbstbewusst sind und
sagen: Ich kann was auf meinem Instrument richtig gut. Ich will Zuschauern
zeigen, was ich kann. Lauenburg hat da zum Glück Ressourcen, die es gar nicht
nutzen kann. Wir haben Räumlichkeiten wie die Heinrich-Osterwold-Halle, eine
denkmalgeschützte und restaurierte Theaterhalle. Hier haben wir die ersten
Konzerte kostenlos ausrichten können.
KP: Das klingt fast zu schön, um
wahr zu sein. In vielen anderen Orten geht häufig die Klage, dass für die
Kultur kein Platz ist.
Sdun: Wir sind hier immer in einer
Situation gewesen, dass wir uns frei entwickeln konnten. Es folgten zwei
weitere Spielstätten, bis wir schließlich 2018 in der Maria-Magdalenen-Kirche
willkommen geheißen wurden. In einer belebten Studentenstadt wie Lüneburg wäre
das so einfach nicht vorstellbar.
KP: Die guten Bedingungen machen
noch keinen Verein. Wie kam es zur Gründung von „da capo talento“.
Sdun: Zunächst einmal möchte ich
sagen, dass „da capo talento“ heute ein gemeinnütziger, nicht eingetragener
Verein ist. Wir sind somit von vielen starren Vorschriften des e.V. entbunden
und können spontan agieren und reagieren. Hervorgegangen ist der Verein aus dem
Kinderatelier im Künstlerhaus, einer Stipendiatenstätte für Bildende Kunst und
Literatur, in dem ich mehrere Jahre im Vorstand gewesen bin. Dort hat sich über
das Kinderatelier eine Konzertidee entwickelt. Ich erinnere mich noch an den
Auftritt eines zwölfjährigen Cellisten aus Lauenburg. Die Zuhörenden waren
zunächst sprachlos und fragten: Wieso hören wir so etwas nicht öfter? In den folgenden
drei Jahren mit monatlichen ‚da capo talento‘-Konzerten mit dem Künstlerhaus als
Veranstalter wurde mir klar, dass wir uns trennen müssen, wollen wir diese
ausgelöste Dynamik nicht abbrechen. Kurz danach wurde der schon erwähnte Verein
gegründet.
KP: „da capo talento“ hat seit
2011 zumeist Einzelkonzerte veranstaltet. Vor rund anderthalb Jahren sind Sie
dazu übergegangen, Festivals zu veranstalten. Wie kam es dazu?
Sdun: Wir haben beobachtet, dass
die Kinder und Jugendlichen sich nicht gegenseitig zuhören. Auch an Hochschulen
soll das heute so sein. Man liefert seine Sache ab und bleibt dann weg. Das
wollen wir mit unseren Festivals durchbrechen.
KP: Woran liegt das Ihrer Meinung
nach, dass sich die Leute nicht zuhören?
Sdun: Ich glaube, es ist ein
tiefsitzender Konkurrenzstress bei Eltern wie Kindern. Letztere sind davon
oftmals richtig erschöpft und können nicht entspannen. Manchmal liegt es auch
daran, dass die Eltern ihre begabten Kinder in den häuslichen Alltag
integrieren müssen. Zusätzliche Zeit ist nicht vorhanden. Man hat keine Muße, um
zu bleiben und zu hören, was andere Talente leisten.
KP: Inwiefern kann ein Festival
das ändern?
Sdun: Es ändert sich, weil die
Kinder ohne Wettbewerbsdruck in Ensembles miteinander spielen. Dabei lernen sie
selbstverständlich aufeinander zu hören und Spaß aneinander zu entdecken.
KP: Beim Sommerfestival von
„Talente im Flow“ hatten Sie jede Menge klassische Interpreten im Programm. Im
Winter kommen Sie nun mit einem „Norddeutschen Jazzpegel“ um die Ecke. Lässt
sich das Zusammenspiel im Jazz leichter entwickeln oder warum haben Sie den
Schwerpunkt gewechselt?
Sdun: Tatsächlich lässt sich das mit Jazz leichter erreichen. Wir haben außerdem das Glück, dass unser künstlerischer Leiter Martin von Hopffgarten Kinder entdeckt hat, die Jazz spielen, sich dabei entwickeln und selbst produzieren. Der Jazz verdient grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit. Jazz hat es schwerer als beispielsweise die Klassik, die Strukturen des Konzertkonsums sind dort älter und vielfältiger.
KP: Kommen wir auf das Programm
zu sprechen. Auf Ihrem Plakat sind gleich mehrere Ensembles abgebildet. Stammen
diese Musiker alle aus der Region?
Sdun: Der Großteil der vier Profis
und 15 Semiprofis kommt aus dem Kreis, dem benachbarten Kreis Lüneburg in Niedersachsen
und vom Hamburger Rand. Das sind Entdeckungen, von denen Martin von Hopffgarten
richtig begeistert ist.
KP: Apropos Profis – wie
finanzieren Sie die Auftritte, wenn Sie keinen Eintritt nehmen?
Sdun: Wir haben die tolle
Situation, dass wir von der Hitlzer-Werft eine Immobilie zum Nießbrauch*
bekommen haben und zwei Ferienwohnungen vermieten können. Dadurch können wir
uns einen künstlerischen Leiter wie Martin von Hopffgarten sowie Taschengagen
und Profigagen leisten. In Bezug auf das Beethovenjubiläum in diesem Jahr wird er
anhand der Klaviersonate A-Dur, op. 101 zeigen, wie nah die Musik des späten
Beethoven am Jazz liegt. Jeder der Musiker, der im Ensemble zeigt, wie er von
Beethoven inspiriert wurde, kann seine Taschengage um 100 Prozent erhöhen. – Martin
von Hopffgarten wird im Rahmen des Jazzpegels einen Vortrag über diese Sonate
halten und die jazzartigen Ansätze an Beispielen erläutern. Auf dem Festival im
September erwarten wir dann die Ergebnisse.
KP: Herr Sdun, ich danke Ihnen
für das Gespräch.
*Das „Nießbrauch-Recht“ ermöglicht „da capo talento“ das Vermieten der Immobilie und das Erzielen von Einnahmen, ohne dass der Verein Eigentümer der Wohnung ist.
Das ist mal eine Ansage – das Veranstaltungsjahr 2020 startet im Kreis Herzogtum Lauenburg gleich mit einem echten Höhepunkt. Der Verein „da capo talento“ lädt am Sonnabend, 4. Januar, und Sonntag, 5. Januar, zum „Norddeutschen Jazzpegel“ in die Maria Magdalenen-Kirche (Lauenburg) ein. Jeweils ab 16 Uhr zeigen Nachwuchsmusiker ihr Können. Die künstlerische Leitung des Festivals liegt bei Martin von Hopffgarten (Foto). Der Eintritt ist frei.
Insgesamt 19 Musikerinnen und Musikern sind an beiden Tagen zu hören. Als Ensembles vertreten sind das „Saxophonquintett“ (Foto), das „Gospodinow Trio“, die „Dusty Trombones“, sowie das Duo Bela Meinberg und Lotta Sophie Harder. Letztere haben von Kindesbeinen an bei „da capo talento“-Konzerten gespielt. Mittlerweile sind die beiden am Ende ihres Musikstudiums angekommen.
Das Ergebnis einer solchen musikalischen Entwicklung live nachvollziehen zu können, dürfte ein ganz besonderer Höhepunkt für „da capo talento“-Freunde sein. Aber auch die anderen Formationen können sich wahrlich hören lassen. Wie etwa die „Dusty Trombones“. DAs Ensemble ist nach dem gleichnamigen Stück benannt. Die Musiker kommen mit der Erfahrung diverser Live-Auftritte nach Lauenburg. Darunter waren unter anderem Konzerte beim Tag der offenen Tür der Jugendmusikschule Hamburg (JMS), bei der Eröffnung der JMS-„Sommerserenade“ in der Laeiszhalle sowie ein Konzert in Dresden. Das Ensemble heimste in den Jahren 2014 und 2017 zwei dritte Preise beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ ein.
Schon jetzt ist klar, dass der Jazzpegel – der aufspüren möchte, was sich in der Jazzmusik in Norddeutschland tut – auch 2021 stattfinden soll. „da capo talento“ sucht dafür Ensembles vom Trio aufwärts. Geplant ist die zweite Auflage des „Norddeutschen Jazzpegels“ vom 8. bis 10. Januar. Wer Interesse hat, schreibt an dacapotalento@gmail.com.
„Norddeutschen Jazzpegel“, 4./5. Januar, Maria Magdalenen-Kirche, Kirchplatz 2, Lauenburg, jeweils ab 16 Uhr, freier Eintritt
Weihnachten naht und für Markus Götze damit die Zeit des Feinschliffs. Seit 2003 ist er Kantor der Kirchengemeinde Schwarzenbek. Am 22. Dezember dirigiert er in der St. Franziskus-Kirche Johann Sebastian Bachs berühmtes Weihnachtsoratorium. Eine Aufführung mit Solisten, mehreren Chören und Orchester. Im Gespräch mit Kulturportal-Herzogtum.de spricht er über Weihnachten, Weihnachtsmusik und seinen Weg zum Kirchenmusiker.
Kulturportal-Herzogtum.de: Herr
Götze, wie klingt Weihnachten?
Markus Götze: Weihnachten klingt
nach „O du fröhliche“ und Advent nach „Tochter Zion“. Beides sind sehr
schwungvolle und festliche Stücke. Bei „O du fröhliche“ wartet das Publikum
immer darauf, dass der Zimbelstern in der dritten Strophe zum Einsatz kommt.
Wenn das nicht der Fall ist, werde ich darauf hingewiesen, dass dies beim
nächsten Mal doch bitte wieder so sein möge.
KP: Wie viel haben diese Klänge
mit dem Menschen Markus Götze zu tun?
Götze: Die Frage habe ich mir so
noch gar nicht gestellt. Ich verbinde mit dieser Musik eine volle Kirche. Die
Musik hat insofern mit mir selbst zu tun, dass ich es als etwas ganz Besonderes
empfand, als ich mit 18 als Organist anfing, mit so vielen Leuten, die ich
nicht einmal kannte, Musik zu machen. Ich erinnere mich auch, dass ich mit
einem Trompeter zu Andachten in Altenheimen gefahren bin und Musik gemacht
habe. Das fand ich reizvoll, winterliche Landschaften und Orte aufzusuchen. Das
gab es nur zu Weihnachten.
KP: Sind Sie deshalb Organist
geworden?
Götze: Nein. Organist wollte ich
werden, nachdem ich mich das erste Mal an die Orgel gesetzt hatte. Das war der
Auslöser für mich, Kirchenmusik zu studieren. Da war ich 17. Ich fand die Orgel
noch faszinierender als das Klavier.
KP: Kommen wir zurück zur
Weihnachtsmusik. Mein persönlicher Kindheitssound ist eine James Last-Platte
mit all den Klassikern wie „Jingle Bells“, „Fröhliche Weihnacht“ oder „Stille
Nacht“, die die Eltern zur Adventszeit und Heiligabend immer spielten. Wie sind
Ihre Kindheitserinnerungen?
Götze: Bei uns zu Hause war es zu
Weihnachten schön geschmückt, sowohl mit dem Adventskranz als auch mit
Fensterschmuck. Gesungen haben wir zu Hause aber weniger. Das Interesse an den
kirchlichen Weihnachtsliedern kam bei mir erst mit 17, als ich im Chor gesungen
habe. Ich erinnere mich aber auch gerne an meine Grundschulzeit, in der im
Advent morgens in der einen oder anderen Stunde bei Kerzenschein weihnachtliche
Geschichten vorgelesen wurden.
KP: Mögen Sie die
Weihnachtslieder überhaupt noch – oder haben Sie sich daran überhört? Für die
Adventszeit sind das ja regelrechte Evergreens, die in jedem Supermarkt aus
schlechten Lautsprechern scheppern.
Götze: Nein, das liegt daran, dass
ich das ganze Jahr über andere Lieder spiele. Weihnachtslieder sind für mich
nicht wichtiger als andere Kirchenlieder. Toll ist, dass die Motivation bei den
Chören noch höher ist als sonst.
KP: Womit wir bei Ihrem
Weihnachtsprogramm wären. Am 15. Dezember geben Sie mit den Kirchturmspatzen,
dem Jugendchor und dem Posaunenchor der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schwarzenbek
ein Adventskonzert. Worauf darf sich das Publikum freuen?
Götze: Der Jugendchor geht gerne
auch mal in eine andere Richtung. Viele der jungen Leute haben Lieblingslieder
aus dem englischsprachigen Bereich. Eigens dafür habe ich ein Liederbuch
angeschafft, in dem englische und deutsche Lieder, auch weihnachtliche,
gesammelt sind. Lieblingstitel sind momentan „Shout to the Lord“, „May the Lord
send Angels“ und „Amazing Grace“.Ich gehe aber immer wieder in den
klassischen Bereich, um die jungen Leute auch mit dieser Musik vertraut zu
machen. Hinzu kommt, dass die meisten Konzertbesucher die klassischen Advents-
und Weihnachtslieder besser kennen. Sie werden von uns ja auch zum Mitsingen
eingeladen. Der Posaunenchor wird für den kräftigen Klang sorgen.
KP: Ein Klassiker ist auch Bachs
Weihnachtsoratorium, was am 22. Dezember unter ihrer Leitung zu hören ist.
Warum ist diese Komposition so beliebt?
Götze: Es ist einfach ein tolles
Stück und lässt sich gut singen. Außerdem verbinden vieledas Stück mit
Weihnachten. Für die ist Weihnachten ohne Oratorium kein Weihnachten. Ein
Nebeneffekt ist: Kinder und Jugendliche sind beim Oratorium leichter zu
motivieren, mitzumachen. Das klappt besser als bei jedem anderen Stück.
KP: Sie sagen, dass sich das
Oratorium gut singen lässt. In meinen Ohren klingt es durchaus anspruchsvoll…
Götze: Die Choräle sind tatsächlich gut
singbar. Es gibt aber einige anspruchsvolle Chöre. Der Ehre-Chor zum Beispiel
ist schwer – wohl das schwerste Stück des Oratoriums und immer wieder eine
Herausforderung für jeden Chor.
KP: Sie sind aber, was die
Aufführung am 22. Dezember anbelangt, guter Dinge – oder?
Götze: Auf jeden Fall. Nach 2004,
2008 und 2014 ist es das vierte Mal, dass wir es aufführen. Viele kennen das
Oratorium schon, die Neuen schwimmen einfach mit. Das macht es einfacher. Es
wird in diesem Jahr auch eine Gruppe aus meinem Kinderchor und aus meinem
Jugendchor im Sopran der Kantorei mitsingen. Grundsätzlich besteht die Kunst
darin, zu fordern und nicht zu überfordern. Aber der Chor ist allgemein
ziemlich firm geworden. Natürlich gibt es mal Stücke, wo es schwer wird und man
sich fragt: Wie wollen wir das schaffen? 2015, als wir das Brahms-Requiem
gemacht haben, war es beispielsweise so. Aber die Motivation unter den Sängern
ist sehr groß. Deshalb hat es am Ende doch geklappt.
KP: Wie viel Zeit müssen die
Sänger für eine Aufführung wie das Oratorium investieren?
Götze: Wir proben regelmäßig zwei
Stunden die Woche. Dann gibt es noch eine Probefreizeit. Da singen wir von
Freitag bis Sonntagmittag. Das bringt immer sehr viel.
KP: Herr Götze, ich danken Ihnen für das Gespräch.
Die gute Nachricht von der Geburt Jesu kommt in Schwarzenbek in Form eines musikalischen Meisterwerkes daher: Am Sonntag, 22. Dezember dirigiert Kantor Markus Götze in der St. Franziskus-Kirche mit Chören, Orchester und Solisten Johann Sebastian Bachs berühmtes Weihnachtsoratorium. Aufführungsbeginn ist um 18 Uhr.
„Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“ –
heißt es zu Beginn des Stücks. Es ist ein Vorgriff: Bevor Bach auf die Geschichte
von Maria und Josef und der Geburt des Heilandes zu sprechen kommt, lässt er einen
Chor schon mal die gute Nachricht verbreiten. In Schwarzenbek sind es die rund
50 Sängerinnen und Sängern der St. Franziskus-Kantorei, die dies tun.
Das Chorensemble hat für den 22. Dezember die Kantaten I bis III einstudiert. Das Gesamtwerk beinhaltet sechs Kantaten, die sich über den gesamten Rahmen des Weihnachtsfestes verteilen. Die einzelnen Teile wurden erstmals vom Thomanerchor in Leipzig in den sechs Gottesdiensten zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertg 1734 und dem Epiphaniasfest 1735 in der Nikolaikirche und in der Thomaskirche aufgeführt.
Feierliche Eröffnungs- und Schlusschöre, die Vertonung der Weihnachtsgeschichte in den Rezitativen, eingestreute Weihnachtschoräle und Arien der Gesangssolisten prägen das Oratorium. Die Kantaten 1-3 gehören zu den eigentlichen Weihnachtsfeiertagen, die Kantaten 4-6 sind am Sonntag nach Weihnachten, am Neujahrstag und am Tag der Heiligen drei Könige (6. Januar), auch Epiphanias genannt, an der Reihe. Damit ist klar: Das Weihnachtsfest erstreckt sich vom 24. Dezember bis zum 6. Januar (und noch darüber hinaus).
Gemeinsam
mit der St. Franziskus-Kantorei auf der Bühne steht das Orchester Sinfonietta
Lübeck. Das Ensemble spielt vor allem in der Kantate I und III mit Pauken und
Trompeten. Die Trompeten gelten in der Barockmusik als Instrumente des Königs.
Sie künden von der Geburt Jesu. Die zweite Kantate erzählt die Geschichte der
Hirten. Als „Hirteninstrumente“ verwendet Bach zwei Flöten und vier Oboen. Die
Oboen stellen sich im Eingangssatz der zweiten Kantate in den Dialog mit den
Streichern.
Als
Solisten hat Markus Götze Armine Nersisjan (Sopran), Melina Meschkat (Alt),
Luca Raupers (Tenor) und Christoph Liebold (Bass) gewinnen können. Die Proben
für die Aufführung laufen seit August. Götze bescheinigt seinen Sängerinnen und
Sängern „eine großartige Leistung“ und blickt dem Konzert mit Vorfreude entgegen.
Finanziell
unterstützt wird die Aufführung vom Ev.- Luth. Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg
sowie vom Freundeskreis Schwarzenbeker Kirchenmusik.
Karten
im Vorverkauf gibt es im Kirchenbüro, Markt 5b, sowie in der Buchhandlung
LeseZeit, Markt 3, in Schwarzenbek.
Bachs Weihnachtsoratorium (I. bis III), 22. Dezember, St. Franziskus-Kirche, Compestraße 4, Schwarzenbek, 18 Uhr
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.