Kategorien
Nördlich der A24 Südlich der A24

„Wir stehen vor einer elementaren Zeitenwende“

Keine zwei Wochen sind es noch, dann steigt im Möllner Stadthauptmannshof der Kulturtalk über Künstliche Intelligenz (KI) und die offene Gesellschaft. Bevor am Donnerstag, 28. März, mit Dirk Kuchel, Chefredakteur von Computerbild, dem Medienwissenschaftler Roberto Simanowski und dem Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz (Grüne) drei Experten das Wort haben, hat Kulturportal-Herzogtum.de eine kleine Umfrage gestartet. Welche Rolle wird KI in Zukunft spielen, wollte die Redaktion wissen.

Dazu muss man wissen, dass die Meinungen hier selbst unter Forschern sehr weit auseinandergehen. Der Roboterforscher Luc Steels, der sich bereits seit den 90er Jahren mit KI befasst, hält diese für „fake intelligence“. „Auf Dauer machen den Menschen Kunst und Empathie einzigartig“, so seine Überzeugung. Eine gänzlich andere Auffassung vertritt Jürgen Schmidhuber, Direktor des schweizerischen Forschungsinstituts für KI. Er ist davon überzeugt, dass die Erde künstlichen Intelligenzen eines Tages zu eng erscheinen und sie ins All streben werden, „wo unendlich viel Energie lockt. Wir Menschen sind für die KI so interessant wie Ochsenfrösche für uns.“

Was denken die Menschen aus dem Kreisgebiet?

Meinhard Füllner (Kreispräsident): „Gott hat den Menschen gemacht mit seiner Intelligenz, Dummheit, Vernunft, seinem Bösen und seiner Kreativität. Der Mensch entscheidet nun selbst, ob er mit seinem daraus entstandenen Werk, der Künstlichen Intelligenz, zu einem Ameisenstaat mutiert oder dieses Werk zu einem segensreichen Helfer seines Daseins entwickelt.“

Susanne Raben-Johns (Sterley): „Nicht alles, was dem Menschen möglich ist, dient auch den Menschen. Auseinandersetzungen mit diesem Thema wie die der Ethik-Konferenz sind richtungsweisend. Es stellt sich ja die Frage, wie wollen Menschen in Zukunft leben.

Renate Lefeldt (Geesthachter Kulturvisionen): KI in schwacher Form gibt es ja schon lange. Sie wird ständig weiterentwickelt und immer intelligenter. Sie erleichtert uns in vielen Bereichen das Leben. In nicht allzu ferner Zukunft wird es aber vermutlich eine Künstliche Super-Intelligenz geben, die dann besser sein wird als das menschliche Gehirn. Wie auch nach der Erfindung der Atombombe wird auch hier gelten: „Was gemacht werden kann, wird auch gemacht.“ Das ist nicht aufzuhalten. Bleibt zu wünschen, dass Gesetzgeber dafür sorgen werden, dass Menschen mit emotionalen und sozialen Gefühlen das letzte Wort haben. 

Norbert Lütjens (Leiter Jugendzentrum Korona/Masterstudent gesellschaftlicher Wandel und Digitalisierung): Nach meiner Auffassung befinden wir uns in einer elementaren Zeitenwende, deren weitere Entwicklung für uns nicht absehbar ist. Wir ahnen vielleicht instinktiv, dass etwas Großes im Gange ist und wissen, dass sich die Gesellschaft fundamental verändern wird. Das wirkliche Ausmaß ist uns aber nicht bewusst. Ich glaube, es kommt darauf an, sich Zeit zu nehmen und zunächst die ethische Diskussion darüber zu führen, wie wir die „Digitale Zukunft“ gestalten wollen und wie nicht. Die Demokratie wird um eine verantwortungsvolle Kontrolle der digitalen Kommunikation nicht herumkommen, sonst werden dies andere tun, deren Motivation gewiss nicht den freiheitlichen Grundwerten unserer jetzigen Gesellschaft entspricht. Dies gilt ebenso für die Entwicklung von Superintelligenzen. Der Mensch neigt dazu, die Dinge möglich zu machen, die möglich zu machen sind. Es ist nicht die Frage, ob eine künstliche Superintelligenz entwickelt wird, sondern höchstens, wann sie entwickelt wird. Setzt man sich mit der Literatur auseinander, dann kommen die Fachleute zu dem Schluss, dass eine KSI um ein vielfaches intelligenter wäre als ein Mensch. Wenn man sich dann vorstellt, wir würden versuchen einem Affen zu erklären wie ein Faxgerät funktioniert, beschreibt dies nicht annähernd das Verhältnis von KSI zu Mensch. Wir würden nicht einmal im Ansatz verstehen, was die KSI treiben würde.

Ulrich Lappenküper (Geschäftsführer Otto-von-Bismarck-Stiftung): „Wenn die KI bei 99 Prozent der modernen Jobs menschliche Fähigkeiten und Eigenschaften entbehrlich machen wird, was fangen wir mit den ‚überflüssigen‘ Menschen an?“

Weitere Links zum Thema KI:

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/03/11/daten-bilder-diskussionen/

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/03/18/spiel-zwischen-fiktion-und-wirklichkeit-2/

Kategorien
Nördlich der A24

„NDR Bigband feat. Fiete Felsch“

[vc_row][vc_column][vc_column_text]„NDR Bigband feat. Fiete Felsch“ heißt es am Sonnabend, 23. März, im Burgtheater Ratzeburg. Ab 20 Uhr betritt Felsch dort mit Jim White, dem Saxonphonquartett „Q4“ und der NDR Bigband die Bühne. Das Konzert beginnt um 20 Uhr.

Seit 23 Jahren besetzt Fiete Felsch die Stelle des Ersten Altsaxofonisten in der NDR Bigband, zuverlässig virtuos und druckvoll, einfühlsam und wandlungsfähig in den unterschiedlichsten Projekten. Ein Musiker, der keine Probleme damit hat, sein Können ganz in den Dienst der so verschiedenartigen Arrangeure und Bandleader zu stellen, mit denen er zusammenarbeitet.

Was manchmal vielleicht in den Hintergrund gerät, ist seine eigene Vision. Mit „Fiete‘s Favorites“ schließt Fiete Felsch diese Lücke. Zunächst tritt er mit einem Saxofonquartett mit seinem britischen Altsaxofonkollegen Nigel Hitchcock, der Baritonsaxofonistin Tini Thomsen und dem Tenorsaxofonisten Björn Berger in die Fußstapfen der legendären Itchy Fingers.

Anschließend spielte er einige der Quartett-Kompositionen von Thomsen und Hitchcock in Arrangements für die NDR Bigband, bevor er schließlich mit eigenen Kompositionen in Arrangements von Geir Lysne und von befreundeten Arrangeuren das Zepter übernimmt.

Besondere Aufmerksamkeit wollte Felsch dabei auf die poetische Zartheit seines Flötenspiels lenken, das mit den Jahren als ein kreativer Ausgleich zum Hochdruck vieler Jazzproduktionen zu einem „Favorite“ geworden ist.

Tickets für das Konzert sind an der Kinokasse, erreichbar täglich ab 14 Uhr unter Tel. 04541-803080 oder über www.burgtheater-ratzeburg.de, erhältlich. Etwaige Restkarten gibt es an der Abendkasse.

„NDR Bigband feat. Fiete Felsch“, Konzert, 23. März. Burgtheater, Theaterplatz 1, Ratzeburg, 20 Uhr

[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_video link=“https://www.youtube.com/watch?v=OGb7z4Xqvws“][/vc_column][/vc_row]

Kategorien
Nördlich der A24

Sabine Stecker über „Abstrakte Kunst“

Mit Sabine Stecker haben Hans und Heidrun Kuretzky am Dienstag, 19. März, eine Malerin zum zweiten Kunstgespräch des Jahres eingeladen. Die Stintenburgerin spricht in Borstorf, Möllner Straße 23, über abstrakte Kunst. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Sabine Stecker arbeitet mit Spachtel und Ölfarbe an großformatigen Leinwänden, Holz oder auch Papier. Dabei setzt die Malerin auf satte Farben, bewegte Formen und Linien, bei denen man noch die grobe, angetrocknete Farbe auf der Malgrundlage erkennen kann. In ihren Werken beschäftigt sich die Künstlerin u.a. mit gedruckten Detailvergrößerungen ihrer Gemälde. Sie sagt über ihre Herangehensweise: „Der Prozess des Malens ist für mich eine ununterbrochene Veränderung des Bildes, und durch das Einbeziehen von digitaler Technik entstehen ganz neue Ausdrucksmöglichkeiten.“ Sie arbeitete als Lehrerin an verschiedenen Hamburger Gymnasien, bis sie ihren Beruf für ein Kunststudium und eine Tätigkeit beim Landesmedienzentrum unterbrach. 2013 verließ Stecker vorzeitig den Schulbetrieb und widmet sich seitdem ganz der Malerei.

Anmeldungen nehmen die Kuretzkys, erreichbar unter Tel. 04543-396 oder per Mail unter info@kuretzkykeramik.de, sowie die Stiftung Herzogtum Lauenburg, erreichbar unter Tel. 04542-87000 und per Mail unter info@stiftung-herzogtum.de, entgegen.

Veranstalter der Kunstgespräche ist die Stiftung Herzogtum Lauenburg.

Foto: Stecker

Kategorien
Nördlich der A24

So weit weg von Zuhause

Was ist weiter weg: Sakollnow oder Syrien? – Für meine siebenjährige Mutter (*1939) war der Weg ein knappes halbes Jahr nach dem Ende des 2. Weltkriegs jedenfalls sehr weit. Mit meiner Oma und ihrem jüngeren Bruder (*1944) machte sie sich von Sakollnow (Landkreis Flatow: 1818-1945 Preußen; 1938-1945 Provinz Pommern) auf nach Schleswig-Holstein: Ohne Wagen, Pferd, Fahrrad oder sonst ein Transportmittel zogen sie zusammen mit vielen anderen Kindern, Frauen und einigen wenigen kriegsverletzten Männern, aus der Heimat vertrieben – der Vater schon 1944 in Rumänien gefallen – zu Fuß nach Westen. Unterwegs fürchterliche Massaker. Meine Oma hat alles aufgeschrieben, grausame Schilderungen: wahllose Erschießungen, Vergewaltigungen der Frauen und Mädchen und Plünderungen. Meine Mutter und ihr kleiner Bruder konnten sich immer gerade noch rechtzeitig in irgendeinem dunklen Schuppen oder hinter einem Gebüsch verstecken, nur so haben sie überlebt. Am Ende wäre sie in einem Lager bei Stettin fast an einer durch Hunger-Typhus verursachten Lungenentzündung gestorben, doch ein Transport brachte sie in ein Lager nach Segeberg und dann begann die harte Nachkriegszeit als Flüchtling in Schleswig-Holstein.

Am Ende einer Flucht, die zwischen einigen Tagen bis zu einigen Jahren dauern kann, besitzen viele so gut wie nichts mehr. Vielleicht eine kleine Tasche, einen Rucksack,  ein kleines Bündel. Geflüchtete sind nackt. Alles geht von vorne los – ein neues Leben, gebaut auf einer Grundlage von Erschöpfung und Schrecken, Verzweiflung und Fassungslosigkeit und manchmal einem kleinen Funken Hoffnung. Hinter sich gelassen haben Geflüchtete verschollene oder getötete Angehörige, Kinder ihre Väter, Eltern ihre Kinder und eine Heimat, die es so nicht mehr gibt. Was bleibt sind Bilder im Kopf, die ganze Räume füllen und Geschichten, die erzählt werden wollen. Damals wie heute. In welcher Form auch immer.

1946 verzeichnete Schleswig-Holstein durch die Neubürger*innen aus den Ostgebieten einen Bevölkerungszuwachs von 67 Prozent, in den letzten zehn Jahren von nur etwas mehr als zwei Prozent. Heute höre ich hier die Geschichte von Imany* aus Eritrea, 20 Jahre alt, die von ihrem Mann vor zwei Jahren hochschwanger zurückgelassen wurde. Er musste über Nacht vor dem Militär fliehen, sonst wäre er verhaftet und getötet worden. Sie konnten sich nicht einmal richtig verabschieden. Bis nach Italien schaffte er es zunächst, dann ging es für ihn nicht mehr weiter. Also machte auch sie sich auf den Weg, um ihn wiederzusehen. Nach über einem Jahr haben sie und ihre Tochter es über verschiedene Etappen zu uns in den Kreis geschafft. Über das, was ihr während der Flucht passiert ist, mag Imany nicht reden. Und ich höre die Geschichte von Bassam*, gerade mal 16, der sich mit seinem jüngeren Bruder allein auf den Weg machen musste. Von seiner Heimat bei Aleppo ist nichts mehr übrig. Nach dem Tod der Eltern und der kleinen Schwester gibt es nichts mehr, was die Brüder im Kriegsgebiet hält. Es gibt nur noch sie beide. Ein Freund hat es bis nach Mölln geschafft, da wollten sie dann auch hin, weil es hier keinen Krieg gibt. Und jetzt sind beide hier, in unserer Nähe und erzählen eine ähnliche Geschichte, wie meine Mutter oder meine Oma. Damals.

Krieg ist immer Krieg, eine Flucht ist immer weit. Die Entfernung lässt sich nicht in Kilometern messen. Sie hängt ab von der Ausgangssituation zu Beginn und am Ende der Flucht, wenn sie denn überhaupt ein Ende hat. Und es gibt immer etwas, das man vermisst, wenn man seine Heimat verlässt: Einen bestimmten Ort, geliebte Menschen, Musik, ein besonderes Essen. Ich vermisse heute manchmal die karge „Kriegsküche“ meiner Oma: Brennnessel- und Brotsuppe, Prasun und Löwenzahn- und Sauerampfersalat – das ist für mich bis heute der Geschmack der Flucht, mitten in Schleswig-Holstein, genauso wie Mhalayeh (Syrischer Milchpudding) oder Injera (eritreisches Fladenbrot) heute auch zu diesem Geschmack gehören.

Und alles gleichzeitig bedeutende Erinnerungen daran, dass Flucht – egal von woher, egal wohin – für die Flüchtenden immer ein unvorstellbar weiter, kaum zu bewältigender Weg ist. Meine Aufgabe ist es heute, diesen Weg hier ein Stück weit zu begleiten und dadurch etwas erträglicher zu machen.

Uta Röpcke

* Die Namen der Personen sind frei gewählt. Die Fluchtgeschichten der beiden einigen, die mir im Rahmen meiner hauptamtlichen Tätigkeit mit Geflüchteten begegnet sind, nachempfunden.

Der Essay ist ein Beitrag zum Projekt „Fliehen – einst geflohen“. Weitere Texte, Veranstaltungen und Ausstellungen finden Sie hier:



Kategorien
Nördlich der A24

„1939: Damals war es die St. Louis“

Ein Schiff mit Flüchtlingen, das nicht anlanden darf – diese Geschichte gibt es nicht erst seit heute. Ende der 30er Jahre dampfte die St. Louis vergeblich über die Weltmeere, um ihre Passagiere auf Kuba von Bord gehen zu lassen. Die Passagiere – das waren Juden, die Nazi-Deutschland den Rücken kehren wollten. Die Kubaner verweigerten ihnen jedoch die Einreise. Die Geschichte dieser Menschen bringen

die Schüler der Gemeinschaftsschule Mölln am Donnerstag, 14. März, im Möllner Stadthauptmannshof unter dem Titel „1939: Damals war es die St. Louis“ auf die Bühne. Los geht es um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Im Mittelpunkt der Handlung steht der 16-Jährige Peter Fröhlich, der mit seinen Eltern die Heimat verlässt. In Hamburg gehen sie an Bord der St. Louis, um nach Havanna zu kommen. Als sie erfahren, dass kein anderes Land sie aufnehmen möchte, macht sich Verzweiflung breit. Die Menschen wollen unter keinen Umständen zurück nach Deutschland. Doch die Gefahr dafür besteht.

Das Theaterstück basiert auf Tagebuchaufzeichnungen und thematisiert neben dem Thema Flucht die Frage nach Heimat und Identität. Die Schüler präsentieren die Geschichte der Menschen auf der St. Louis in kurzen Szenen, die sie selbst erarbeitet haben. Es wirken mit Kim Luckmann, Alexa Behling, Lea Dähn, Marie Laubert, Leonie Lüneburg, Julja Eggers, Melina Martens, Lena Limberg, Mariella Hinz, Meltem Ceylan, Lea Dähn. Die Gesamtleitung hat Jörg-R. Geschke.

Weitere Infos, Veranstaltungen und Ausstellungen zum Thema „Fliehen – einst geflohen“:

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/02/25/der-weg-ins-ungewisse/
Kategorien
Nördlich der A24

„Judas“

[vc_row][vc_column][vc_column_text]

Der Schauspieler Hartmut Lange ist am Freitag, 8. März, mit dem Theaterstück „Judas“ in der Ratzeburger St. Petri-Kirche zu Gast. Das Ein-Mann-Stück bietet Stoff zum Nachdenken in der Passionszeit. Die Aufführung beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Worum geht es? Judas erscheint in unserer Gegenwart, um seine Geschichte zu erzählen – nicht bloß, um seinen Namen reinzuwaschen, denn er steht ohnehin unauslöschbar für Verrat. Ist es der Versuch eines Schuldbekenntnisses, oder eher der Rechtfertigung? Was waren die Gründe, die hinter seinem Tun standen? Wie wäre die folgenreichste Geschichte
des christlichen Abendlandes weitergegangen, wenn er Jesus nicht verraten und falsches Zeugnis abgelegt hätte?  In den Dramen der flämischen Autorin Lot Vekemanns geht es immer um existenzielle Themen. Sie gibt Figuren das Wort, die in der Historie immer zu kurz gekommen sind und zeigt sie jenseits der üblichen Bewertung von Gut und Böse.

Hartmut Lange lebt in der Lübecker Altstadt und ist ein renommierter Schauspieler, der seit vielen Jahren freischaffend für Bühne, Film und Fernsehen tätig ist. Fernsehzuschauer haben ihn in Folgen von „Derrick“, „Tatort“, „SoKo Wismar“ und „Küstenwache“ erleben
können.

Nach dem Stück gibt es Gelegenheit, sich bei einem Glas Wein oder Wasser mit dem Künstler auszutauschen.

 

[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_video link=“https://www.youtube.com/watch?v=jxh5fZCZjhE“][/vc_column][/vc_row]

Kategorien
Nördlich der A24 Südlich der A24

„Heimat ist etwas sehr Intimes“

Nach „Museum auf Reisen“ und „Das starke Stück“ hat die gebürtige Hamburgerin Marianne Lentz mit „Fliehen – einst geflohen“ das nächste große Veranstaltungsprojekt initiiert. Dabei spielen die Museen der Region einmal mehr eine bedeutende Rolle. Kein Wunder – die studierte Ethnologin und ausgebildete Lehrerin ist mit Leib und Seele als Museumpädagogin aktiv. „Fliehen – einst geflohen“ ist allerdings weit mehr als ein Museumsprojekt, das von den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Stormarn sowie von der Stiftung Herzogtum Lauenburg maßgeblich unterstützt wird. Zum Programm gehören außerdem Ausstellungen, Konzerte, Vorträge sowie Theater- und Filmvorführungen. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit der Initiatorin über Fremdheit, Identität und das Programm von „Fliehen – einst geflohen“.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Lentz, was fasziniert Sie an dem Thema Flucht und Vertreibung, dass Sie ihm einen regelrechten Ausstellungs- und Veranstaltungszyklus widmen? Sind Sie persönlich betroffen?

Marianne Lentz: Nein. Mein Anliegen ist es, zu Fremden Brücken zu schlagen.

KP: Dann ist ihr Impuls also eher die Begegnung nach der Flucht als die Flucht selbst. Woher rührt Ihr Interesse für das Fremde?

Lentz: Ich bin Ethnologin und weiß, dass das Fremde zwei Qualitäten hat. Auf Reisen oder im Museum finden wir es faszinierend. Aber sobald es uns nahekommt, löst es Ablehnung und Angst aus. – Ich will für das allgegenwärtig Fremde, das beispielsweise in einer Stadt wie Hamburg ist, Zugänge schaffen.

KP: Das klingt leichter gesagt als getan.

Lentz: Im Altonaer Museum läuft dazu gerade das Projekt „Herkunft, Heimat, Identität“. Dafür muss jeder, der zu uns kommt, einen Gegenstand mitbringen, der für ihn Heimat bedeutet.

KP: Und funktioniert das?

Lentz: Auf jeden Fall. Wenn so eine Gruppe ins Museum kommt, erreiche ich die auch. Es ist unglaublich, welch eine konzentrierte Atmosphäre entsteht, wenn die Besucher über ihre Gegenstände sprechen, und sie sich damit ja auch vor den anderen Teilnehmern innerlich öffnen. Heimat ist ja etwas sehr Intimes.

KP: Ich weiß nicht, ob mir das gefallen würde. Schließlich macht so etwas angreifbar.

Lentz: Die Teilnehmer lassen das immer erstmal so stehen. Man kann ja durch den Blick auf den Anderen das Eigene vergleichend modifizieren – oder im anderen Fall – sich in seiner Situation bestärkt fühlen. In jedem Fall kommt etwas in Bewegung.

KP: Sind denn die Unterschiede zwischen unserer und anderen Kulturen so groß?

Lentz: Ja, in unserer westlichen Kultur gibt es eine große Vielfalt an Existenzen, sehr individuell geprägt. Beim Islam dagegen steht traditionell das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe im Mittelpunkt. Daraus bezieht man seine Identität. Bei uns macht es das Individuum durch die eigene Leistung.

KP: Bedeutet die Vielfalt an Existenzen im Umkehrschluss, dass wir einander nicht mehr verstehen?

Lentz: Wenn man miteinander redet, versteht man schon, was der andere meint. Wenn ich beispielsweise mit jemandem telefoniere, der keine Lust hat mit mir zu sprechen, spüre ich das. Auch unsere Körpersprache verstehen wir, während die anderer Kulturen bei uns Irritationen auslösen.

KP: Das Potential, sich fremd unter Landsleuten zu fühlen, ist aber vorhanden…

Lentz: Klar. Meine Mutter, die von der Mosel stammt, hat mit meiner Tante immer Trittenheimer Platt gesprochen. Ich habe da nie ein Wort verstanden.

KP: Kommen wir auf „Fliehen – einst geflohen“ zu sprechen. Wie ist es zu diesem umfassenden Programm gekommen?

Lentz: Ursprünglich war es als ein reines Museumsprojekt gedacht, bei dem möglichst viele Facetten zu diesem Thema gezeigt werden.

KP: Ist das Thema für die Häuser denn so leicht umzusetzen?

Lentz: Ich musste mich natürlich schon nach den Sammlungen richten. Ich habe in den Museen angefragt:  Wollt ihr mitmachen? Die größte Überraschung erlebte ich im Eisenbahnmuseum Aumühle

KP: Wo man ja eher an alte Dampfloks denkt…

Lentz: …Dort gibt es Eisenbahnwaggons, mit denen Ende des Zweiten Weltkrieges Flüchtlinge hierhergebracht wurden. Das war eine ziemlich dramatische Reise. Der Zug musste unterwegs halten, weil eine Bombe auf den Gleisen lag, die die Eisenbahner unter Einsatz des eigenen Lebens beiseite schafften.

KP: Wenn man Erzählungen lauscht oder sich alte Spielfilme ansieht, wurden diese Leute nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen. Auch damals reagierten viele Menschen mit Ablehnung gegenüber dem Fremden. Hinzu kam, dass Deutschland durch den Krieg zerstört und wirtschaftlich am Boden lagen.

Lentz: Letztendlich haben sich die Flüchtlinge positiv auf Schleswig- Holstein ausgewirkt. Die Deutschen aus dem Osten brachten oft neue Ideen mit, sie fanden in den allenthalben herrschenden Mangelsituationen kreative Lösungen und beförderten mit ihrem Überlebenswillen den Fortschritt.

KP: Frau Lentz, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Weitere Infos, Veranstaltungen und Ausstellungen zum Thema „Fliehen – einst geflohen“:

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/03/04/so-weit-weg-von-zuhause/

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/02/25/vom-rentierjaeger-bis-zur-weltberuehmten-anne-franck/

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/02/25/der-weg-ins-ungewisse/

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/03/04/1939-damals-war-es-die-st-louis/

Kategorien
Nördlich der A24

„Als wir die Zukunft waren“

Eine Innenansicht über die erste DDR-Nachkriegsgeneration liefert der Dokumentarfilm „Als wir die Zukunft waren“, der am Donnerstag, 21. Februar, im Grenzhus Schlagsdorf zu sehen ist. Die Vorführung beginnt um 19 Uhr.

Die Regisseurin Gabriele Denecke und die sechs Regisseure Lars Barthel, Peter Kahane, Thomas Knauf, Ralf Marschalleck, Hannes Schönemann und Andreas Voigt erzählen aus ihrer Kindheit und Jugend in der DDR der 1950er und 1960er Jahre. Es sind sieben Geschichten aus einem verschwundenen Land. Die Zeitzeugen bearbeiten Vergangenes. Sie widmen sich ihrem kindlichen Alltag, berichten von ersten Erfahrungen mit Ängsten und Verlust. Sie erzählen von Rebellion und von Anpassung, von Geborgenheit und vom Verlassensein, vom Zweifel und vom Glauben, von abwesenden Vätern, von Westpaketen und Grenzen.

Die Dokumentation aus dem Jahr 2015 ist der Auftakt einer Reihe, die das Grenzhus zusammen mit der Politischen Memoriale und dem Filmbüro Mecklenburg-Vorpommern (MV) veranstaltet.

 „Als wir die Zukunft waren“, Dokumentarfilm, Grenzhus, Neubauernweg 1, Schlagsdorf, 19 Uhr.

Kategorien
Nördlich der A24

„Ich sehe die Kulturbrise als persönliche Bereicherung“

Wer kurz hinter Ritzerau links abbiegt und das Forstgehöft 2 ansteuert, kommt nicht so ohne Weiteres auf die Idee, dass sich hinter dieser Adresse ein Veranstaltungsort verbirgt. Ein holpriger Feldweg führt von der Straße zu den Gebäuden. Dahinter beginnt der Wald. Eingeweihte aber wissen: Dies ist die Heimstätte des Heuboden-Theaters und des Wintersalons, mit denen Gwendolin Fähser die Kulturszene des Kreises seit einigen Jahren bereichert. Auch für 2019 hat sich die 75-Jährige einiges vorgenommen. So will sie im Rahmen des KulturSommers am Kanal einen Schwerpunkt für das Kinderprogramm setzen, zusammen mit Sohn und Schwiegertochter, die seit diesem Jahr zum Team gehören. In das Veranstaltungsjahr startet sie nun schon zum vierten Mal mit der „Kleinen Kulturbrise“, für die sie den Wintersalon öffnet. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Fähser über das Format und über die Rahmenbedingungen für Kultur auf dem Land.

Kulturportal-Herzogtum.de: Frau Fähser, Ihre „Kleine Kulturbrise“ findet auf dem Land und obendrein auch noch in der Winterzeit statt. Haben Sie gar keine Sorge, dass die Leute zu Hause bleiben?

Gwendolin Fähser: Ich sehe die Kulturbrise eher als persönliche Bereicherung. Das hat mir die Angst vor einem halbleeren Raum genommen, was zum Glück noch nicht vorgekommen ist. Aber selbst dann wäre es mir das wert, wenn ich einen tollen Abend hatte.

KP: Aber die Veranstaltungen kosten doch auch Geld.

Fähser: Als Veranstalterin achte ich darauf, dass ich die Kosten einhole. Überschüsse gebe ich gerne weiter. Für die Künstler ist es zumeist der Hauptberuf – da muss das Geld stimmen!

KP: Sie deuteten gerade an, dass die Kulturbrise gut besucht wird. Wie schaffen Sie es, dass die Leute die Veranstaltung registrieren?

Fähser: Am Anfang war es mit der Werbung sehr kompliziert. In der Stadt können Sie ja plakatieren. Auf dem Land ist so etwas aufwändiger und ich weiß bis heute nicht, wie viele Leute man über diese Schiene erreicht. Ich lege in den Läden Flyer aus, und vieles läuft über Email-Adressen, die ich im Laufe der Jahre gesammelt habe. Besonders nett und kollegial ist es, wenn andere Veranstalter wie die Avantgarde Schiphorst anfragen, ob sie meine Veranstaltungsankündigungen weiterleiten dürfen. Und der Ritzerauer Bürgermeister beispielsweise schickt meine Einladung an die Bürger weiter.

KP: Was ist das für ein Publikum, das zur ‚Kulturbrise‘ kommt?

Fähser: Es ist schon so etwas wie ein Stammpublikum, zumeist Leute aus der Region. Es kommen aber auch Gäste aus Hamburg und Lüneburg hierher.

KP: Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, Kulturprogramme auf die Beine zu stellen? Als Lehrerin haben Sie sich sehr stark im Fachbereich Theaterpädagogik engagiert…

Fähser: Ich habe es an meiner Schule geschafft, Darstellendes Spiel zum Wahlpflichtfach zu machen. Ich habe Stücke inszeniert, Workshops geleitet und ich war zehn Jahre Regisseurin der KabaRettiche.

KP: Programme zu gestalten ist dann noch mal etwas ganz anderes, als Inhalte selbst auf die Bühne zu bringen. Ich sehe da schon einen Rollenwechsel…

Fähser: Jein. Wenn jemand kommt und mir eine tolle Inszenierung präsentiert, kann ich noch was lernen.

KP: Apropos Inszenierung – wo entdecken Sie eigentlich die Künstler, die bei Ihnen auftreten?

Fähser: Weil wir mit der kulturellen Landpartie im Wendland verschwägert sind, sehe ich öfter Sachen aus Berlin. Auch das Hermannshoftheater aus Wümme habe ich dort kennen gelernt. Ich frage die Künstler dann, ob sie sich vorstellen können, bei uns aufzutreten. Aber natürlich kommen auch Leute aus der Region zu uns.

KP: So wie der Cellist Peter Köhler, mit dem Sie zusammen auf die Bühne gehen. Haben Sie selbst nie mit dem Gedanken gespielt, sich ausschließlich der Kunst zu verschreiben?

Fähser: Ich komme aus einem Künstlerhaushalt. Mein Vater war Regisseur und Schauspieler. Ich erinnere mich noch, dass ich in der Abiturzeit hin- und herschwankte. Als ich eines Tages in einem Filmabspann den Schriftzug „und viele andere“ las, sagte ich mir, da willst du nicht stehen. Also nahm ich den geraden Weg zur Schule und nicht den abenteuerlichen Weg zur Kunst.

KP: So ein Stück weit, wenn ich an Ihre Regiearbeit denke, sind Sie ihrem Vater dann aber doch gefolgt. Außerdem geben Sie Lesungen – bei der Kulturbrise tragen Sie Texte von Goethe, Grass und George vor.

Fähser: Ich lese einfach wahnsinnig gerne. Irgendjemand hat mal zu mir gesagt: Sie lesen die Gedichte nicht, Sie sind das Gedicht! Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut.

KP: Frau Fähser, ich danken Ihnen für das Gespräch.

Infos zum Programm der „Kleinen Kulturbrise“:

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/02/18/spiel-mit-mythen-feuer-und-farbe/

Mal Rückzugsort, mal Konzertsaal

Kategorien
Nördlich der A24

Spiel mit Mythen, Feuer und Farbe

Tatort Wintersalon. Die „Kleine Kulturbrise“ wird zum musikalischen Spiel mit Feuer und Farben. Verursacherin ist Gwendolin Fähser. Sie hat für ihre Veranstaltungsreihe im März zwei außergewöhnliche Klangerlebnisse ins Programm geholt und obendrein dafür gesorgt, dass sich der Wintersalon zwischenzeitlich in eine Figurentheaterbühne verwandeln kann.

Der Veranstaltungsreigen beginnt am Sonnabend, 9. März, mit dem Auftritt von „HoratSeimetzOeding“ (Foto). Das Jazz-Trio kreiert einen Stilmix, der sich durch besondere Klangfarben auszeichnet. Klassisches steckt da mit drin wie auch Musical-Melodien. Hinzu kommen Kompositionen aus dem Bereich der Popmusik und des Jazz. Hinter dem Namen der Formation stecken der Pianist Tino Horat, der Schlagzeuger Ole Seimetz und der Gitarrist Christoph Oeding. Konzertbeginn ist um 20 Uhr.

Am darauffolgenden Sonntag, 10. März, heißt es dann Vorhang auf für Alexander Puschkins „Pique Dame“. Antje König und das Hermannshoftheater setzen die Erzählung als Figurenschauspiel in Szene, in dem der junge Pionieroffizier Hermann auf geisterhafte Art und Weise zum Spieler wird und sein Vermögen verliert. Die Aufführung beginnt um 17 Uhr.

„Cello in Flammen“ heißt es am Sonntag, 17. März, im Wintersalon. Ab 17 Uhr steht die Veranstalterin selbst auf der Bühne des Wintersalons. Gwendolin Fähser widmet sich mit alten und neueren Texten dem Element des Feuers. Die ausgebildete Theaterpädagogin trägt Geschichten aus der Griechischen Mythologie sowie aus den Werken von Johann Wolfgang von Goethe, Stefan George und Günter Grass vor. Musikalisch begleitet wird sie dabei von dem Cellisten Peter Köhler, in dessen Tonfolgen sich der Inhalt der Texte widerspiegelt.

Der Wintersalon liegt zwischen Ritzerau und Duvensee. Er ist umgeben von Wald und Wiesen. Die exakte Anschrift ist Forstgehöft 2, 23896 Ritzerau.

Anmeldung für die Veranstaltungen unter gwen.faehser@posteo.de oder per Tel. unter der Rufnummer 04543-7026.

Interview mit Gwendolin Fähser über „Kleine Kulturbrise“ und Kultur auf dem Land unter:

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/02/18/ich-sehe-die-kulturbrise-als-persoenliche-bereicherung/