Einen Nobelpreisträger zu seinen Ehrenbürgern zählen – das kann wahrlich nicht jede Stadt. Mölln schon. Sie hat dem irischen Schriftsteller George Bernard Shaw (1856-1950) diese Ehre zuteilwerden lassen. Wie es dazu kam, hat Stadtarchivar Christian Lopau in einem Beitrag enthüllt. Diesen Text stellt er freundlicherweise der Stiftung Herzogtum Lauenburg für die Reihe „Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten“ zur Verfügung. Gelesen wird der Beitrag von Stiftungsmitarbeiterin Anett Helbig.
Der für seine Theaterstücke berühmte Shaw hätte an dieser kleinen Vorrede vermutlich nichts auszusetzen gehabt. Seine Dramen versah er gewöhnlich mit Vorworten, die länger waren als das jeweilige Stück selbst. Dieses Vorgehen soll er einst mit den Worten „Ich schreibe meine Vorworte für die Intellektuellen und meine Dramen für die Dummen.“ kommentiert haben.
Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.
Wie für so viele bringt auch für Christian Lopau die Pandemie Änderungen im Berufsleben mit sich. So muss sich nun ausgerechnet er, der die Vermittlung von Wissen gerne mal mit Bewegung kombiniert, im Archiv verschanzen. Keine Joggingtouren. Keine Radtouren zur Geschichte. Kein Seminar mit anschließendem Stadtrundgang. Keine Vorträge. Aktuell läuft für den Leiter der Archivgemeinschaft Nordkreis Herzogtum Lauenburg nichts – wenn es denn darum geht, Menschen Geschichte zu vermitteln.
Dabei sind ihm die Vermittlung und der Kontakt mit den Menschen eine Herzensangelegenheit, wie er mal im Interview mit Kulturportal-Herzogtum.de bekannte. In diesem Gespräch – das kurz vor Ausbruch der Pandemie stattfand – machte er auch deutlich, wie wichtig es sei, in der Geschichtsvermittlung neue Wege zu gehen.
Diese Wege sind nun schon seit Monaten versperrt. Wie geht es ihm damit? Wie lebt es sich als Archivar in Zeiten von Covid-19? „Ich vermisse die öffentlichen Auftritte“, sagt er. „Natürlich – und ich freue mich auch auf die Zeit, wenn es wieder losgeht.“ Doch die Pandemie habe auch einen Vorteil: Sie gebe einem die Chance, „Sachen“ zu machen, zu denen man sonst nicht komme. Sachen, die sonst liegen bleiben. So habe er sich aktuell intensiv mit dem Kartenbestand des Archivs befasst. Aus solchen Sachen würden dann immer auch neue Ideen für die historische Bildungsarbeit erwachsen.
Mit anderen Worten: Man muss sich keine Sorgen machen, dass Lopau in der Krise die Ideen ausgegangen sind. Vielmehr darf das Publikum gespannt sein, mit welchen Themen er aus der Pandemie kommt. Sicher ist nur, dass ihn Covid-19 animiert hat, eine Arbeit über Pest- und Cholera-Epidemien im Lauenburgischen anzufertigen – und dass am Dienstag, 9. März, um 11 Uhr sein Vortrag über „Möllns Ehrenbürger George Bernard Shaw“ auf www.kulturportal-herzogtum.de sowie auf dem Youtube-Kanal der Stiftung Herzogtum Lauenburg online geht. Der Beitrag ist auf beiden Plattformen dauerhaft abrufbar. Gelesen hat ihn Stiftungsmitarbeiterin Anett Helbig. Die historischen Bilder hat dankenswerterweise das Fotoarchiv Mölln zur Verfügung gestellt. Der Beitrag ist Teil 3 der Reihe „Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten“.
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Mit dem „Perleberger Vertrag von 1420“ hat sich Helmut Knust vom Heimatbund und Geschichtsverein Herzogtum Lauenburg auseinandergesetzt. Die Übereinkunft besiegelt einen Friedensschluss zwischen Hamburg, Lübeck und dem Herzogtum Sachsen-Lauenburg, in dessen Folge Geesthacht dem Herrschaftsbereich Hamburgs zugeschlagen wird. Sein Beitrag über dieses Kapitel ist der zweite Teil der von der Stiftung Herzogtum Lauenburg initiierten Vortragsreihe „Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten“. Im ersten Teil sprach Dr. Anke Mührenberg über den „Ersten Kreistag nach dem Zweiten Weltkrieg“.
Gesprochen wird der Helmut Knusts Textvorlage von Jannes Knust. Der Vortrag enthält zur Veranschaulichung einige Bilder, weshalb er unter www.youtube.com auf dem Kanal der Stiftung Herzogtum ab sofort jederzeit abrufbar ist. Auf https://anchor.fm ist er – entgegen der Ankündigung – nicht zu finden. Wir bitten das zu entschuldigen.
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Der KulturSommer am Kanal 2021 rückt näher. Das von der Stiftung Herzogtum Lauenburg veranstaltete Festival macht sich ab dem 5. Juni los – es geht an die Wegesränder, hinein in die Gärten und in die Natur. Der Highlight-Flyer, der gerade erschienen ist, dokumentiert eindrucksvoll den Freiluftcharakter der Großveranstaltung. Open Air-Event reiht sich da an Open Air-Event. Das Festival folgt damit konsequent einer Fährte, die es selbst gelegt hat.
„Wir werden mit dem KulturSommer noch landschaftlicher“, sagt dazu Intendant Frank Düwel. „Gleichzeitig sind wir noch stärker im gesamten Kreisgebiet präsent.“ Die Einbettung der Veranstaltungen in die Landschaft treibt Düwel schon länger um. Immer wieder gab es in den letzten Jahren Freiluftformate wie das „Singen am See“ oder das „Kanu-Wander-Theater“. Die Pandemie hat sich hier als Glück im Unglück erwiesen. 2020 verlegte Düwel im Zusammenspiel mit Managerin Farina Klose einen Großteil der Veranstaltungen ins Netz und nach draußen. In diesem Jahr heißt es nun: Alles ohne Netz, dafür mit doppeltem Boden – beziehungsweise alles auf lauenburgischer Erde.
Der Blick auf den Flyer zeigt: Die Kunst am Wegesrand ist wieder dabei. „Damit waren wir letztes Jahr sehr erfolgreich“, so der Intendant. 2021 sattelt das Duo nun drauf – unter anderem mit der Kunst am Wegesrand für Kids, mit Gartenkonzerten, mit einem poetischen Spaziergang auf den Geesthang und einer Begegnung mit Thomas Manns „Zauberberg“.
„Am Ufer – die Freiheit“ haben Düwel und Klose den KulturSommer getauft. Und tatsächlich eröffnen sie dem Publikum Gelegenheiten, sich in alle Himmelsrichtungen zu bewegen. „Bei uns sind die Besucherinnen und Besucher frei“, sagt Düwel. Die erste Gelegenheit bietet sich, wenn es zur Eröffnung am 5. Juni heißt „Büchen erFahren“. Mit dem Rad schickt das KulturSommer-Team das Publikum auf eine Kunsttour. In kleinen Gruppen geht es von Station zu Station, wo sich den Besucherinnen und Besuchern ungeahnte ästhetische Welten eröffnen.
Formate wie „Parkgeflüster“ – ein Event für Slammer und junge Literatinnen und Literaten – sowie Beat’n’Dance für Kids zeigen eine weitere Entwicklung des Festivals: „Der KulturSommer am Kanal soll ein Event für Jung und Alt sein, ein Ereignis für die gesamte Familie“, sagt Farina Klose. „Deshalb bieten wir auch eine ganze Reihe von Formaten für Jüngere an.“
Den Flyer können Interessierte auf www.kultursommer-am-kanal.de und auf www.kulturportal-herzogtum.de herunterladen. Darüber hinaus ist er in den Filialen der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg – Premiumsponsor der Stiftung Herzogtum Lauenburg – ausgelegt.
Foto: Marie Weinreich
Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ist Premiumpartner der Stiftung Herzogtum Lauenburg.
Für den KulturSommer am Kanal begibt sich Ingrid Kunstreich auf unbekanntes Terrain. Klar ist für sie nur, dass es nach draußen geht – ins Freie. „Es kann sein, dass wir mal an einem Fluss, mal mitten in einer Stadt oder in einem Park singen“, sagt die Kastorferin.
Schlaflose Nächte bereitet ihr das nicht. Kunstreich ist nicht nur eine erfahrene Sängerin. Sie ist ein Vollprofi. Die 60-Jährige hat Gesang studiert, Chorleitung an einer Akademie gelernt und jede Menge Erfahrung angehäuft. Seit zig Jahrzehnten leitet sie Gesangensembles. Aktuell ist sie für vier Chöre verantwortlich. Dazu zählen die Baltic Jazz Singers, der Frauenchor Ratzeburg, der Berkenthiner Kirchenchor sowie in Schiphorst ein großer gemischter Chor.
Und dennoch: Das Singen unter dem Dach der Welt ist etwas Besonderes und durchaus eine Herausforderung. „Ich weiß nicht, ob es regnet“, sagt Kunstreich, „ich weiß nicht, wie der Wind weht. Wir müssen da ganz spontan sein. Aber ich freue mich auf die Begegnung mit den Menschen.“
Der Chor formiert sich immer erst vor Ort. Proben ist nicht. Das KulturSommer-Format „Singen und Klänge in der Natur“ bedeutet: Wer da ist, kann mit einstimmen. Um die Hemmschwelle herunterzusetzen, hat sich Kunstreich die Unterstützung ihrer „Baltics“ gesichert. Der gemischte Chor soll auch die schüchternen Männer und Frauen zum Singen ermutigen. Zudem werden die Sängerinnen und Sänger von einem Instrumentalisten begleitet. Und: Die Songs, die Kunstreich aufrufen will, kennt jede(r). Dazu gehören bekannte Volkslieder und legendäre Schlager von Udo Jürgens bis Vicky Leandros.
Wenn es dann endlich losgeht, werden die Sängerinnen und Sänger einen Moment brauchen, um sich an die Open Air-Kulisse zu gewöhnen. „Man hört sich mit allem, was man zu bieten hat“, sagt Kunstreich, „Man nimmt sich selbst sehr stark wahr.“ Die akustische Situation sei eine komplett andere als in einem Saal.
Dafür winkt das Gefühl von Freiheit in der Gemeinschaft: Sich draußen versammeln zu können, zu spüren, wie etwas Gemeinsames erwächst und ein Teil davon zu sein. Für Fragen der Akustik bleibt da kein Raum – schon gar nicht, wenn mit Chorleiterin Kunstreich eine so professionelle Impulsgeberin am Start ist, die sich das Motto des KulturSommers am Kanal „Am Ufer – die Freiheit“ offenbar auf die Fahnen geschrieben hat: „Ich freue mich darauf“, sagt sie, „mit Chor und Publikum neue Räume zu erobern“.
Die Orte und Termine für das „Singen und Klänge in der Natur“ werden während des KulturSommers am Kanal über die Webseite und über die App des Festivals veröffentlicht. Auch die Liedtexte werden Online zur Verfügung gestellt. Das Festival findet vom 5. Juni bis 5. Juli statt.
Foto: Sonja Filitz
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Der Flyer für den KulturSommer am Kanal ist da. Blau auf Gelb listet er die Höhepunkte auf. 13 Stück sind es an der Zahl, die das Festival der Stiftung Herzogtum Lauenburg für das Publikum vom 5. Juni bis 5. Juli parat hält. Viel Neues ist dabei und viele Veranstaltungen finden unter freiem Himmel statt.
Den Weg ins Programm gefunden haben mit der Kanu-Wander-Inszenierung von Shakespeares „Was ihr wollt“ und der Komödie „6 Tanzstunden in 6 Wochen“ auch zwei große Schauspielinszenierungen. Beide mussten im vergangenen Jahr wegen der Pandemie abgesagt werden. Eröffnet wird der KulturSommer am Kanal 2021 in der Gemeinde Büchen.
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In einer überschaubaren Stadt wie Mölln ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass einem Hans W. Kuhlmann über den Weg läuft. Der 73-Jährige hat mit der Leitung und Pflege des Fotoarchivs eine öffentliche Aufgabe übernommen, die ihn regelmäßig durch die Gassen, Straßen und Ruhezonen der Stadt führt. Seit 2013 geht er dieser ehrenamtlichen Arbeit nach, die er selbst als Hobby betrachtet. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit ihm über die Zielstellung des Archivs, seine Bestände und seinen scharfen Blick für Veränderungen.
KP: Herr Kuhlmann, waren Sie schon immer an Fotografien und am Fotografieren interessiert?
Kuhlmann: Um ehrlich zu sein, überhaupt nicht. Ich bezeichne mich, was das Fotografieren anbetrifft, als ausgesprochenen Amateur. Aber: Mich hat schon immer die Geschichte, in dem Umfeld, in dem ich gelebt habe interessiert. So ging es mir auch hier in Mölln. Es ist das Interesse an den Häusern, das Interesse an der Infrastruktur, an Besonderheiten der Stadt und mehr. Das Fotografieren ist ein Nebeneffekt dieses Interesses.
KP: Sie sind kein gebürtiger Möllner?
Kuhlmann: Ich bin in Ratzeburg geboren. Meine Eltern hat es kurz nach dem Krieg aber gleich in die Ferne – zunächst an den Niederrhein, dann an die Weser – verschlagen. Ich selbst bin durch meinen späteren Beruf – nämlich bei der Luftwaffe – weltweit herumgekommen. Als es dann um das Thema Ruhestand ging und man sich überlegen musste, wo lassen wir uns nieder, sind wir dann in Mölln gelandet. Das war Zufall. Es hätte auch Ratzeburg sein können.
KP: Als Säugling entwickelt man noch keine Heimatgefühle. Was hat Sie bewogen, in den Norden zu kommen?
Kuhlmann: In Ratzeburg lebte noch Verwandtschaft – bis hin zu meiner Mutter, die ich ihre letzten Jahre im Seniorenzentrum Ratzeburg begleitet habe. Meine Großeltern und mein Onkel haben ebenfalls in Ratzeburg gewohnt. Dadurch waren wir darauf aus, uns hier irgendwo in der Nähe niederzulassen. Auch weil die Landschaft ihren Reiz hat. Nun Ratzeburg ist es nicht geworden, aber der Radius unserer Haussuche schloss Mölln mit ein.
KP: Mittlerweile hatten Sie genügend Zeit, sich einzuleben. Was gefällt Ihnen an Mölln?
Kuhlmann: Die kleine Stadt mit dem wirklich alten Stadtkern, die wunderschöne Umgebung mit den kleinen Seen und den Wäldern drumherum – das ist das, was den Reiz von Mölln für ausmacht. Und viele Wohnbereiche sind so günstig gelegen, dass man ohne Schwierigkeiten zu Fuß in die Stadt kommen kann.
KP: Ich kann mir vorstellen, dass sich diese Vorzüge im Fotobestand des Archivs widerspiegeln.
Kuhlmann: Besonders dokumentiert ist natürlich die Altstadt. Der ursprüngliche Sinn des Fotoarchivs war es, die Infrastruktur und deren Veränderung fotografisch festzuhalten. Das führt natürlich dazu, dass seit jeher die Altstadt mit allem drum und dran festgehalten wird, aber das Umfeld selbstverständlich auch. Auch ich strolche heute manchmal noch herum und schaue, wo es Gegenden gibt, die fotografisch bislang nicht erfasst sind. Da ist auch für meine Enkel noch Betätigungsfeld.
KP: Heißt das, man hat die Straßenzüge noch nicht aus allen Perspektiven abgelichtet?
Kuhlmann: Auch das. Aber wie ich eben sagte, ist der Hintergrund, warum die Dokumentation und Archivierung in den 60er Jahren ins Leben gerufen wurde, die Veränderung der Infrastruktur. Gegenwärtig ist es so, dass ich mehrmals wöchentlich durch die Altstadt streife. Fast immer entdecke ich dabei irgendwelche Veränderungen. Mal ist ein Haus teilweise renoviert, mal ist ein neuer Laden da und dergleichen mehr. Durch den Blick, den ich dafür habe, sehe ich Dinge, über die sich Möllner bei Vorträgen wundern, weil sie sie selber noch nie bemerkt haben.
KP: Sie sprechen von der Gegenwart, die davon geprägt ist, dass heutzutage jeder ein Telefon zücken und drauflos fotografieren kann. Wie ist es denn insgesamt um den Fundus bestellt? Das Fotografieren gibt es ja erst seit dem 19. Jahrhundert.
Kuhlmann: Wir haben im Archiv einen relativ großen Bestand, der aus der Zeit ab 1890 stammt. Davor wird es hier in Mölln ein bisschen spärlich. Das Älteste, was wir haben, ist eine handretuschierte Fotografie aus der Zeit um 1870 – leider in sehr schlechter Qualität. Sehr gut erhalten ist ein Foto von 1895, das Arbeiter bei der Restaurierung der Nicolai-Kirche zeigt. Aus der Zeit um die Jahrhundertwende gibt es außerdem viele Bilder von Hotels. Damals war es üblich, solche Fotos in Form von Postkarten an die Gäste zu verteilen. Wahrscheinlich ist das auch der Hintergrund für den Möllner Bestand.
KP: Um zu dokumentieren, dass man etwas auf sich hielt…
Kuhlmann: Richtig. Postkarten waren in der Zeit von um 1900 bis 1930 Standard für jeden Betrieb, der Gäste beherbergt hat.
KP: Sind denn viele dieser Postkarten erhalten geblieben?
Kuhlmann: Sehr viele. Wir haben unabhängig von den Fotos im Archiv eine große Postkartensammlung.
KP: Ich komme noch mal auf den Bestand des 19. Jahrhunderts zurück. Besitzt das Archiv aus dieser Zeit nur Fotos und Postkarten oder auch Negative?
Kuhlmann: Wir haben noch eine relativ geringe Anzahl von Negativen und von Platten – Glasplatten, die man früher beim Fotografen benutzt hat. Die heben wir natürlich sorgfältig auf. Negative und dergleichen nicht. Mein Vorgänger hat uns hauptsächlich Dias hinterlassen. Aus seiner Zeit stammen noch etwas 16.000 Fotos, die inzwischen alle digitalisiert sind. Die Dias haben wir sicherheitshalber im Keller gelagert. Aber irgendwann kommt der Moment, dass man auch die Dias nicht mehr braucht.
KP: Die Dias sind aber jüngeren Datums – oder?
Kuhlmann: Zum Teil handelt es sich um Bilder, die die Vorgänger der Stadtbildstelle, wie das Fotoarchiv damals hieß, von anderen Dingen gemacht haben. Sie haben zum Beispiel Zeichnungen fotografiert oder alte Papierfotos, um Dias herzustellen. Man muss also bei jedem alten Exemplar gucken, was die ursprüngliche Quelle war. Das Problem ist, dass sich bei Papierbildern oder Dias, egal wie gut man sie lagert, irgendwann Verfärbungen einstellen.
KP: Wann wurden die Dias gemacht?
Kuhlmann: Als die Stadtbildstelle geschaffen wurde – also in den 60er Jahren. Deren erster Verantwortlicher war der Leiter der Volkshochschule. Er hat mit einer Diasammlung angefangen.
KP: Ich springe noch mal wieder auf der Zeitachse zurück. Wie sieht es mit den Beständen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus?
Kuhlmann: Das ist die Zeit, die mich am meisten begeistert. Wir haben einen sehr großen Fundus aus den 20er und 30er Jahren. Wie viele Geschäfte, wie viele Läden es damals auch in den Nebenstraßen gab! Wenig erhalten ist leider aus der Zeit des Dritten Reiches. Ich vermute, dass viele Möllner ihr Fotomaterial 1945 sicherheitshalber weggeworfen haben.
KP: Interessant und aussagekräftig sind nicht nur die Kulissen, sondern auch die Menschen, die darin herumlaufen. Wie sieht es damit aus?
Kuhlmann: Auch da gibt es einen großen Fundus. Wir haben Porträtaufnahmen von hunderten Menschen. Das sind Fotos, die meistens Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Damals war es üblich, dass man zu bestimmten Anlässen zum Fotografen gegangen ist, um in einem Studio oder vor der malerischen Kulisse eines Sees ein Foto in Festkleidung machen zu lassen.
KP: Wie steht es denn mit dem, was wir heute „Schnappschüsse“ nennen?
Kuhlmann: Da gibt es jede Menge. Sie stammen dann allerdings aus den 20er und 30er Jahren. Interessante Aufnahmen, die das Innere von Läden zeigen, ob es nun ein Bäcker war oder ein Schlachter. Oder der berühmte Karl Vadder mit seinen Haushaltswaren und dergleichen mehr.
KP: Das Archiv soll ja den strukturellen Wandel dokumentieren. Inwiefern hat sich Mölln im Laufe der letzten 150 Jahre verändert?
Kuhlmann: Wenn ich die Stadt als Infrastrukturpaket betrachte, muss ich sagen: Die Altstadt hat sich wenig verändert. Natürlich gibt es einige traurige Beispiele, wo Dinge saniert worden sind, die nicht mehr kompatibel sind mit dem, was früher einmal war. Was sich dramatisch geändert hat, sind die Geschäfte. Früher gab es welche in der gesamten Altstadt. Allein in See- und Mühlenstraße gab es fünf, sechs Bäcker. Viele dieser Läden fangen schon in den 20er und 30er Jahren an zu verschwinden. Heute wird immer behauptet, die großen Supermärkte außerhalb der Stadt hätten alles kaputt gemacht. Anhand der Fotos kann man beweisen, dass das damit überhaupt nichts zu tun hatte.
KP: Damals gab es ja schon die großen Kaufhäuser…
Kuhlmann: Das Interessante für mich ist, dass ich anhand alter Fotos erkennen kann, wo solche Läden mal gewesen sind. Ich erkenne das an der Bauweise. Ein Musterbeispiel befindet sich auf dem historischen Markplatz – das alte Haus mit der Nummer 1, wo der Architekt heute sein Büro drin hat. Da erkennt man, dass das mal Schaufenster waren. Die Möllner wissen, dass da früher Schuster Lübbert seinen Laden hatte.
KP: Entdecken Sie auf Ihren Streifzügen auch noch alte Reklame?
Kuhlmann: Bis in die 1960er und 70er Jahre war so etwas in Mölln noch sehr häufig zu sehen. Vieles ist dann im Zuge von Fassadensanierungen verschwunden. Heute kann man so etwas noch in Einzelfällen entdecken. Hätte man kurz nach dem Krieg Interesse gehabt, solche Dinge zu konservieren, hätte man sich wahrscheinlich mit Sanierungen etwas mehr zurückgehalten. Aber nach dem Krieg ist im Norden vieles vom alten Bestand – Ratzeburg ist ja auch so ein Beispiel – einfach abgerissen worden, weil man halt was Neues haben wollte. Im Süden hat man das nicht gemacht. Deshalb gibt es da noch diese schönen mittelalterlichen Städte.
KP: Etwas Neues hinzustellen, war vermutlich günstiger…
Kuhlmann: Ganz sicher. Das war über die Jahrhunderte schon so. In Mölln gibt es 50 bis 80 Gebäude, deren Fassaden so verändert worden sind, dass man äußerlich kaum erkennt, dass es sich um alte Häuser handelt.
KP: Herr Kuhlmann, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Hans W. Kuhlmann ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein Volkshochschulkurs durchaus einschneidende Veränderungen im Leben nach sich ziehen kann. Weil er sich für seine Wahlheimat interessierte – Kuhlmann war 2009 als Ruheständler mit seiner Familie nach Mölln gezogen – , besuchte er noch im selben Jahr eine Lehrveranstaltung von Stadtarchivar Christian Lopau. Titel: „Geschichte der Stadt Mölln“.
Dass es in diesem Kurs auch um die Rekrutierung möglicher Stadtführer ging, war ihm nicht klar. Umso beeindruckender lesen sich rückblickend die Folgen dieser Weiterbildung: Kuhlmann gibt heute Stadtführungen und er ist seit 2013 Möllns Fotoarchivar und damit Kollege von Lopau. Die beiden Männer sitzen sich unter dem Dach des Stadthauses quasi gegenüber.
„Lopau fragte damals, ob jemand Lust hätte, die Fotosammlung, die im Archiv unsortiert herumlag, zu kategorisieren und eventuell zu digitalisieren“, erinnert sich Kuhlmann. Er, der gerade erst nach Mölln gezogen war, machte sich an die Arbeit, die rund 10.000 Papierfotos, um die es ging, zu ordnen. Es war der erste Schritt hin auf dem Weg zum ehrenamtlichen Fotoarchivar. 2010 wurde dieses Amt noch Wolfgang Amberg ausgeübt.
2020 ist das Fotoarchiv dank Kuhlmann längst im digitalen Zeitalter angekommen. Der 73-Jährige hat mittlerweile den Großteil der alten Bestände gescannt und kategorisiert. Der Gesamtbestand beläuft sich aktuell auf rund 50.000 Bilder. 16.000 davon sind in den vergangenen zehn Jahren dazu gekommen. Das macht rund 1.000 Fotografien jährlich. Dokumentiert werden neben Baumaßnahmen und infrastrukturellen Veränderungen auch besondere Veranstaltungen wie das Schützenfest oder die Eulenspiegel-Festspiele. Gelegentlich steigt auch mal ein Möllner oder eine Möllnerin die Treppen des Stadthauses hinauf, um einen Karton mit alten Papierfotos vorbeizubringen. Auch hier gibt es immer mal wieder etwas zu entdecken und damit auch aufzubewahren.
Grund zur Sorge, dass der Bestand irgendwann mal zu groß werden könnte, hat Kuhlmann nicht. „Man hat heutzutage ja unbegrenzte Speichermöglichkeiten“, sagt er. Gleichwohl müsse man ein wenig haushalten. „Sonst verliert man irgendwann mal den Überblick.“
Was nützen all die Fotografien, wenn sie in irgendwelchen Kartons verstauben oder sich digital in einer Cloud verstecken? Eine Frage, die wohl viele Fotoarchivare der Republik quälen dürfte. In Mölln hat man aus dieser Frage eine Handlung abgeleitet. Auf der Homepage der Stadt gibt es die Rubrik „Foto des Monats“, die regelmäßig Bilder zu einem bestimmten Thema präsentiert.
Aktuell zeigt das Fotoarchiv Bilder, die sich um das Thema Mobilität drehen. Die Fotos dokumentieren die Revolution, die sich seit dem 19. Jahrhundert in diesem Bereich abgespielt hat. Waren die Menschen im 18. Jahrhundert an Land noch zu Fuß und zu Pferd unterwegs, fährt im Juni 1817 ein gewisser Karl Freiherr von Drais mit einem Fahrrad – oder besser seiner „Laufmaschine“ – durch die Gegend. Im September 1825 verkehrt zwischen den englischen Städten Stockton und Darlington erstmals eine Eisenbahn. Im Januar 1886 meldet Carl Benz Patent für sein „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ an.
Die Erfindungen wurden zu Standards und drangen somit auch in Städte wie Mölln vor. Aktuell zeigt das Fotoarchiv Bilder von Fahrzeugen, die in den 50er Jahren zum Fuhrpark der Firma Feinkost gehörten. Um auf direkt auf die Seite zu kommen, klicken Sie hier.
Stadthauptmannshof im Frühjahr 2021. Es ist die Zeit der leeren Stühle. Die Zeit, in der die für Januar und Anfang Februar angekündigten Veranstaltungen schon im Dezember Schnee von gestern waren. Hier rührt sich nichts. Keine Stimme, die nach kurzem Räuspern einen Vortrag beginnt. Kein Zuhörer, der mit dem Hosenboden auf seinem Platz unruhig hin- und herrutscht, um eine wichtige Frage loszuwerden. Die Mikros sind abgebaut, verstauben mit dem restlichen Equipment im Lager.
Um dem Virus keine Bühne zu bieten, hält sich die Stiftung Herzogtum Lauenburg wie alle anderen Kulturträger auch an die staatlich verordnete Eventpause. Einerseits. Andererseits klappert es in den Büros. Fliegen Finger über Tastaturen, klingeln Telefone, reden sich die Leute in Videoschalten die Köpfe über die Zukunft heiß.
„Trotz Lockdown muss es ja weitergehen“, sagt Geschäftsführerin Andrea Funk. Nach der Planung ist für sie vor der Planung. Wenn wie aktuell ein Event des Halbjahresprogramms nach dem anderen der Pandemiebekämpfung zum Opfer fällt, wird halt umdisponiert. „Ab Mitte Februar starten wir unsere digitale Reihe ‚Geschichte(n) aus den lauenburgischen Städten‘“, so Funk. Gleichzeitig geht ihr Blick schon über das erste Halbjahr hinaus. „Wir hoffen, dass sich die Lage im Sommer verbessert und wollen der Kulturszene im August erneut kostenlos eine Open Air-Bühne zur Verfügung stellen.“
Für Vizepräsident Wolfgang Engelmann sind es solche Projekte wie auch die diversen digitalen Veranstaltungsformate, mit denen sich die Stiftung in den vergangenen Monaten immer wieder als „Rettungsanker“ für Künstler und Kulturschaffende erwiesen habe. „Die Mitarbeiter gehen sehr kreativ mit der Situation um“, lobt Engelmann. Lob hat er auch für Frank Düwel parat. Der Intendant des KulturSommers am Kanal habe nicht gezaudert, als es darum gegangen sei, das von der Stiftung veranstaltete, bedeutendste Festival der Region umzuplanen und auf pandemietaugliche Beine zu stellen. „Diese Flexibilität werden wir auch in den kommenden Monaten benötigen“, betont Engelmann.
Die gute Nachricht, die sich dahinter verbirgt, lautet: Wie 2020 setzt die Stiftung auch 2021 alles daran, dass der KulturSommer am Kanal wieder stattfindet. Die Planungen dafür laufen bereits auf Hochtouren. Der Flyer mit den Veranstaltungshighlights ist in Arbeit. Pandemiebedingte Unwägbarkeiten werden vom Intendanten und seinem Team mit eingeplant. Düwel bezeichnet dieses Planen in Was-wäre-wenn-Szenarien als „Jonglieren mit vier Bällen“.
Hygiene, Abstand halten und Kontaktbeschränkungen sind aber nicht die einzigen Hürden, die der KulturSommer am Kanal 2021 nehmen muss. Auch finanziell muss das Festival wohl zurückstecken. „Viele unserer Sponsoren leiden unter der angespannten Lage“, erklärt Stiftungspräsident Klaus Schlie den Rückgang des Budgets um knapp ein Achtel. Dem KulturSommer stehen damit mehr als 20.000 Euro weniger zur Verfügung. Sollte es dabei bleiben, müsste der zweite Veranstaltungstag des Kanu-Wander-Theaters gestrichen werden.
Aber so weit ist es noch nicht. Klaus Schlie hofft auf weitere Sponsoren. Er setzt da auch auf die Arbeit der Fördergesellschaft der Stiftung Herzogtum Lauenburg. „Ich glaube schon, dass der neue Vorstand um Meinhard Füllner noch stärker ins Bewusstsein bringen kann, dass wir im Kreis Herzogtum Lauenburg die zuständige Stelle für die Kultur sind und dann auch Privatpersonen dazu bringen können, uns zu unterstützen.“ Selbst die Krise und die damit anstehenden Verteilungskämpfe machen ihn nicht bange: „Ich glaube, dass den Menschen die Bedeutung der Kultur bewusster geworden ist.“
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