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„In weiter Ferne – ganz nah!“

Autos, Eisenbahnen, Flugzeuge und nicht zuletzt der Computer mit seinen Möglichkeiten, Daten auszutauschen, haben dazu geführt, dass die Welt zusammengerückt ist. Im Jahr 2020 gibt es kaum noch einen Winkel der Welt, der nicht ausgeleuchtet ist oder einen Ort, von dem aus nicht mit Menschen rund um den Erdball kommuniziert wird. Die weite Ferne ist uns ganz nahe geworden. Kunst, Musik, Tanz und Theater sind zumindest theoretisch immer auch global, weil jedes Werk über Fernsehen und Soziale Medien der Menschheit nahegebracht werden kann. Im Jahr 2020 heißt das: Wir können gleichzeitig und ohne große Umstände afrikanische Kunst, amerikanischen Jazz, deutschen Schlager, russisches Ballett und im Netz hochgeladene Videokunst wahrnehmen und für gut befinden. Werke wie Künstler kreisen – ob nun gegenständlich und persönlich oder einfach „nur“ digital – unentwegt um den Planeten. Die Stiftung Herzogtum Lauenburg widmet sich diesem Phänomen 2020 mit dem Jahresthema unter dem Titel „In weiter Ferne – ganz nah!“. Im Zentrum dieser Veranstaltungsreihe steht der Kulturtalk am 27. April, der sich mit der Entwicklung der Kultur im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung befasst. Was kommt da auf uns zu? Wie sieht die kulturelle Welt von morgen aus. Wie lassen sich wichtige Werke der Vergangenheit samt ihren Erkenntnissen und Errungenschaften in die Zukunft hinüberretten und im kollektiven Gedächtnis der Menschen verankern? Mit derlei Fragen setzen sich am Montag, 27. April, im Herrenhaus des Möllner Stadthauptmannshofes Christine Gerberding, Redaktionsleiterin des NDR-Kulturjournals, Astrid Schwabe, Juniorprofessorin für Public History und historisches Lernen im Sachunterricht (Europa-Universität Flensburg) sowie weitere Gäste auseinander. Während Gerberding von Haus aus auf das breite Spektrum der Kultur schauen muss, hat Schwabe spezielle Themenfelder im Blick. Die Wissenschaftlerin war unter anderem an der Konzeption und Entwicklung des virtuellen Museums der deutsch-dänischen Grenzregion beteiligt. Neben dem Kulturtalk veranstaltet die Stiftung Herzogtum Lauenburg im ersten Halbjahr 2020 zweit weitere Events zum Thema „In weiter Ferne – ganz nah!“. Am Freitag, 21. Februar, lädt sie (zusammen mit dem Folkclub Mölln) im Möllner Stadthauptmannshof zu einem „Abend in New York. Past and Present“ ein. Über eine Multi-Media-Performance, die den Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart lenkt, nähern sich drei Künstler Amerikas berühmter Metropole. Die Entertainerin Rachelle Garniez widmet sich im Zusammenspiel mit Eric Della Penna und dem Gitarristen Hazmat Modine dem Sound der Stadt. Dazu streut Ulrich Balß, der Autor des Buches „New York. Past & Present“ Textee und Fotos des Leipziger Buchbinders Theodor Trampler ein. Los geht es um 19.30 Uhr. Von New York führt der Weg dann am Dienstag, 12. Mai, direkt in das Herzogtum Lauenburg. Archivar Christian Lopau zeichnet über Reiseberichte aus dem 18. und 19. Jahrhundert das Bild einer Region, die als Verkehrsknotenpunkt von diversen Pilgern, Händlern und Reisenden durchquert wurde. Im Zentrum seiner Ausführungen steht unter anderem der „Wegeweiser für Fußreisende in der Umgebung von Hamburg“, den ein gewisser James Edward Marston (1771-1855) verfasste. Der Vortrag im Stadthauptmannshof beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. „Ein Abend in New York. Past and Present“. 21. Februar, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr Kulturtalk, 27. April, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr, freier Eintritt „Zu Besuch im Herzogtum. Historische Reiseberichte“, 12. Mai, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr, freier Eintritt
Programm(e) ohne Ende!
Auf Stauffenbergs Spuren
 
 
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Aus der Stiftung

Auf Stauffenbergs Spuren

Was tut man, wenn um einen herum Willkür und Barbarei regieren? 70 Jahre Grundgesetz und freiheitliche Demokratie haben dazu geführt, dass ein Großteil der Deutschen sich diese Frage bis heute nie stellen musste. Menschen, die ab 1933 die Nazi-Diktatur miterlebten, kamen, sofern sie nicht mit dem Regime sympathisierten, um diese Frage nicht herum. Einige kehrten der Heimat den Rücken, andere zogen sich – wo immer möglich – ins Private zurück, versuchten sich unsichtbar zu machen und die Nazi-Herrschaft irgendwie zu überleben. Eine dritte Gruppe tat etwas Ungeheures: Sie sagte dem Regime den Kampf an.

Dieser Gruppe widmet sich die Stiftung Herzogtum Lauenburg 2020 mit der Reihe „Widerstand im Dritten Reich“. Zum Auftakt spricht Akademieleiter Lothar Obst am Dienstag, 28. April, im Möllner Stadthauptmannshof über die „Weiße Rose“. Deren führende Köpfe waren die Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie Alexander Schmorell, Willi Graf und Christoph Probst. Die jungen Leute, die allesamt an der Ludwig-Maximilians-Universität München studierten, verteilten Flugblätter und malten Parolen an Häuser. Zudem bemühten sie sich andere Menschen wie den Universitätsprofessor Kurt Huber für ihre Sache zu gewinnen und suchten darüber hinaus den Kontakt zu weiteren Widerstandsgruppen.

Diesen Mut bezahlten sie – wie auch Huber – am Ende mit ihrem Leben. Die Geschwister Scholl wurden am 18. Februar beim Verteilen eines Flugblattes in der Universität festgenommen. Es folgten weitere Verhaftungen und Schauprozesse vor dem berüchtigten Volksgerichtshof, die mit dem Todesurteil für die Scholls, Schmorell, Graf, Probst und Huber endeten.

Um ein weiteres dramatisches und trauriges Kapitel des deutschen Widerstandes geht es am Sonnabend, 6. Juni, wenn Lothar Obst zur Tagesexkursion nach Berlin lädt. Im Zentrum dieser Fahrt stehen die Ereignisse vom 20. Juli 1944 – der Tag, an dem der Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg ein Attentat auf Adolf Hitler verübte und die Vertreter des militärischen Widerstandes versuchten die Macht an sich zu reißen. Die Exkursion reflektiert synchronisch die Ereignisse des Tages und sucht dafür Originalschauplätze wie das Wohnhaus von Claus und Berthold Stauffenberg auf.

Wie die Mitglieder der Weißen Rose bezahlten auch die führenden Mitglieder des militärischen Widerstandes ihren Mut mit dem Leben. Das Attentat Stauffenbergs auf Hitler schlug fehl und in der Folge auch der Umsturzversuch.

Wer dieser Claus von Stauffenberg wirklich war, mit dieser Frage befasst sich am Dienstag, 21. Juli, seine Enkelin Sophie von Bechtolsheim im Stadthauptmannshof. Die Historikerin und Buchautorin erzählt unter anderem von Gesprächen mit ihrer Großmutter Nina Stauffenberg, ihren Eltern und anderen Verwandten.

„Die Weiße Rose“, Vortrag, 28. April, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr, freier Eintritt

„Widerstand im Dritten Reich“, Tagesexkursion nach Berlin, 6. Juni, ab Quellenhof, Hindenburgstraße 16, Mölln, 6 Uhr (ZOB 6.15 Uhr)

„Wer war Claus von Stauffenberg wirklich?“, Vortrag, 21. Juli, Stadthauptmannshof, Hauptstraße 150, Mölln, 19.30 Uhr

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„Der Jazz verdient mehr Aufmerksamkeit“

Kurz nach dem Jahreswechsel lädt „da capo talento“ unter dem Motto „Talente im Flow“ zum „Norddeutschen Jazzpegel“. Am 4. und 5. Januar geben 19 Musiker in der Maria-Magdalenen-Kirche (Lauenburg) vier kostenlose Konzerte. Kulturportal-Herzogtum.de sprach mit Bernhard Sdun, der den Verein ins Leben rief, über dessen Entstehung, die Rahmenbedingungen von „da capo talento“ sowie über das bevorstehende Festival.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Sdun, was bedeutet „da capo talento“ überhaupt?

Bernhard Sdun: Das ist Italienisch umgangssprachlich und heißt soviel wie ‚Talent von Anfang an‘. Wir wollen Kinder, Jugendliche und Studenten finden, die selbstbewusst sind und sagen: Ich kann was auf meinem Instrument richtig gut. Ich will Zuschauern zeigen, was ich kann. Lauenburg hat da zum Glück Ressourcen, die es gar nicht nutzen kann. Wir haben Räumlichkeiten wie die Heinrich-Osterwold-Halle, eine denkmalgeschützte und restaurierte Theaterhalle. Hier haben wir die ersten Konzerte kostenlos ausrichten können.

KP: Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. In vielen anderen Orten geht häufig die Klage, dass für die Kultur kein Platz ist.

Sdun: Wir sind hier immer in einer Situation gewesen, dass wir uns frei entwickeln konnten. Es folgten zwei weitere Spielstätten, bis wir schließlich 2018 in der Maria-Magdalenen-Kirche willkommen geheißen wurden. In einer belebten Studentenstadt wie Lüneburg wäre das so einfach nicht vorstellbar.

KP: Die guten Bedingungen machen noch keinen Verein. Wie kam es zur Gründung von „da capo talento“.

Sdun: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass „da capo talento“ heute ein gemeinnütziger, nicht eingetragener Verein ist. Wir sind somit von vielen starren Vorschriften des e.V. entbunden und können spontan agieren und reagieren. Hervorgegangen ist der Verein aus dem Kinderatelier im Künstlerhaus, einer Stipendiatenstätte für Bildende Kunst und Literatur, in dem ich mehrere Jahre im Vorstand gewesen bin. Dort hat sich über das Kinderatelier eine Konzertidee entwickelt. Ich erinnere mich noch an den Auftritt eines zwölfjährigen Cellisten aus Lauenburg. Die Zuhörenden waren zunächst sprachlos und fragten: Wieso hören wir so etwas nicht öfter? In den folgenden drei Jahren mit monatlichen ‚da capo talento‘-Konzerten mit dem Künstlerhaus als Veranstalter wurde mir klar, dass wir uns trennen müssen, wollen wir diese ausgelöste Dynamik nicht abbrechen. Kurz danach wurde der schon erwähnte Verein gegründet.

KP: „da capo talento“ hat seit 2011 zumeist Einzelkonzerte veranstaltet. Vor rund anderthalb Jahren sind Sie dazu übergegangen, Festivals zu veranstalten. Wie kam es dazu?

Sdun: Wir haben beobachtet, dass die Kinder und Jugendlichen sich nicht gegenseitig zuhören. Auch an Hochschulen soll das heute so sein. Man liefert seine Sache ab und bleibt dann weg. Das wollen wir mit unseren Festivals durchbrechen.

KP: Woran liegt das Ihrer Meinung nach, dass sich die Leute nicht zuhören?

Sdun: Ich glaube, es ist ein tiefsitzender Konkurrenzstress bei Eltern wie Kindern. Letztere sind davon oftmals richtig erschöpft und können nicht entspannen. Manchmal liegt es auch daran, dass die Eltern ihre begabten Kinder in den häuslichen Alltag integrieren müssen. Zusätzliche Zeit ist nicht vorhanden. Man hat keine Muße, um zu bleiben und zu hören, was andere Talente leisten.

KP: Inwiefern kann ein Festival das ändern?

Sdun: Es ändert sich, weil die Kinder ohne Wettbewerbsdruck in Ensembles miteinander spielen. Dabei lernen sie selbstverständlich aufeinander zu hören und Spaß aneinander zu entdecken.  

KP: Beim Sommerfestival von „Talente im Flow“ hatten Sie jede Menge klassische Interpreten im Programm. Im Winter kommen Sie nun mit einem „Norddeutschen Jazzpegel“ um die Ecke. Lässt sich das Zusammenspiel im Jazz leichter entwickeln oder warum haben Sie den Schwerpunkt gewechselt?

Sdun: Tatsächlich lässt sich das mit Jazz leichter erreichen. Wir haben außerdem das Glück, dass unser künstlerischer Leiter Martin von Hopffgarten Kinder entdeckt hat, die Jazz spielen, sich dabei entwickeln und selbst produzieren. Der Jazz verdient grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit. Jazz hat es schwerer als beispielsweise die Klassik, die Strukturen des Konzertkonsums sind dort älter und vielfältiger.

KP: Kommen wir auf das Programm zu sprechen. Auf Ihrem Plakat sind gleich mehrere Ensembles abgebildet. Stammen diese Musiker alle aus der Region?

Sdun: Der Großteil der vier Profis und 15 Semiprofis kommt aus dem Kreis, dem benachbarten Kreis Lüneburg in Niedersachsen und vom Hamburger Rand. Das sind Entdeckungen, von denen Martin von Hopffgarten richtig begeistert ist.

KP: Apropos Profis – wie finanzieren Sie die Auftritte, wenn Sie keinen Eintritt nehmen?

Sdun: Wir haben die tolle Situation, dass wir von der Hitlzer-Werft eine Immobilie zum Nießbrauch* bekommen haben und zwei Ferienwohnungen vermieten können. Dadurch können wir uns einen künstlerischen Leiter wie Martin von Hopffgarten sowie Taschengagen und Profigagen leisten. In Bezug auf das Beethovenjubiläum in diesem Jahr wird er anhand der Klaviersonate A-Dur, op. 101 zeigen, wie nah die Musik des späten Beethoven am Jazz liegt. Jeder der Musiker, der im Ensemble zeigt, wie er von Beethoven inspiriert wurde, kann seine Taschengage um 100 Prozent erhöhen. – Martin von Hopffgarten wird im Rahmen des Jazzpegels einen Vortrag über diese Sonate halten und die jazzartigen Ansätze an Beispielen erläutern. Auf dem Festival im September erwarten wir dann die Ergebnisse.

KP: Herr Sdun, ich danke Ihnen für das Gespräch.

*Das „Nießbrauch-Recht“ ermöglicht „da capo talento“ das Vermieten der Immobilie und das Erzielen von Einnahmen, ohne dass der Verein Eigentümer der Wohnung ist.

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Südlich der A24

Lauenburg wird zur „Swinging City“

Das ist mal eine Ansage – das Veranstaltungsjahr 2020 startet im Kreis Herzogtum Lauenburg gleich mit einem echten Höhepunkt. Der Verein „da capo talento“ lädt am Sonnabend, 4. Januar, und Sonntag, 5. Januar, zum „Norddeutschen Jazzpegel“ in die Maria Magdalenen-Kirche (Lauenburg) ein. Jeweils ab 16 Uhr zeigen Nachwuchsmusiker ihr Können. Die künstlerische Leitung des Festivals liegt bei Martin von Hopffgarten (Foto). Der Eintritt ist frei.

Insgesamt 19 Musikerinnen und Musikern sind an beiden Tagen zu hören. Als Ensembles vertreten sind das „Saxophonquintett“ (Foto), das „Gospodinow Trio“, die „Dusty Trombones“, sowie das Duo Bela Meinberg und Lotta Sophie Harder. Letztere haben von Kindesbeinen an bei „da capo talento“-Konzerten gespielt. Mittlerweile sind die beiden am Ende ihres Musikstudiums angekommen.

Das Ergebnis einer solchen musikalischen Entwicklung live nachvollziehen zu können, dürfte ein ganz besonderer Höhepunkt für „da capo talento“-Freunde sein. Aber auch die anderen Formationen können sich wahrlich hören lassen. Wie etwa die „Dusty Trombones“. DAs Ensemble ist nach dem gleichnamigen Stück benannt. Die Musiker kommen mit der Erfahrung diverser Live-Auftritte nach Lauenburg. Darunter waren unter anderem Konzerte beim Tag der offenen Tür der Jugendmusikschule Hamburg (JMS), bei der Eröffnung der JMS-„Sommerserenade“ in der Laeiszhalle sowie ein Konzert in Dresden.  Das Ensemble heimste in den Jahren 2014 und 2017 zwei dritte Preise beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ ein.

Schon jetzt ist klar, dass der Jazzpegel – der aufspüren möchte, was sich in der Jazzmusik in Norddeutschland tut – auch 2021 stattfinden soll. „da capo talento“ sucht dafür Ensembles vom Trio aufwärts. Geplant ist die zweite Auflage des „Norddeutschen Jazzpegels“ vom 8. bis 10. Januar. Wer Interesse hat, schreibt an dacapotalento@gmail.com.  

„Norddeutschen Jazzpegel“, 4./5. Januar, Maria Magdalenen-Kirche, Kirchplatz 2, Lauenburg, jeweils ab 16 Uhr, freier Eintritt

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/12/30/gute-zeiten-schlechte-zeiten/
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Vorfahrt für die Jugend

Die Sims 3 D

Unter dem Motto „Wanted: Junge Autor*inn*en“ beteiligten sich 2019 zahlreiche Kinder und Jugendliche am von der Stiftung Herzogtum Lauenburg ins Leben gerufenen Schreibwettbewerb. Bereits im April wurden die besten Beiträge ausgezeichnet. Insgesamt sieben Preisträger gab es in den Alterskategorien der Sechs- bis Elfjährigen, der Zwölf- bis 16-Jährigen und der 17- bis 23-Jährigen. Die Gewinnertexte können Sie auf Kulturportal-Herzogtum.de lesen. Nach Magdalena Franz‘ Geschichte „Die alte Schreibmaschine“, Maya Fausts „Herbstzauber“, Zoe Schreblowskis „Helenas Reise nach Atenia“, Thies Paaps Prosatext „Das Eis“ und Anna Franziska Stielers „Gedanken zum Sterben“ folgt nun Jette Hübners Geschichte über „Die Sims 3 D“.

Die Sims 3 D

„Die Spielart ist dieselbe wie bei Sims 3“, erklärte mir Samuel. „Du erstellst einen Charakter und kannst ihn Aktionen ausführen lassen. Allerdings bist du sozusagen selbst der Charakter, weil …“ Ich unterbrach ihn: „Ich bin dann also richtig im Spiel?“ Samuel hob seine Hände ein wenig an. „Ich weiß, das ist cool.“ Ich blickte ihn an und zog eine Augenbraue hoch. Er grinste. „Also … ja, du bist dann im Spiel, aber du kannst immer wieder zurück.“ Er holte eine schwarz-weiße Brille hervor, die ein wenig so aussah wie diese Virtual-Reality-Brillen. „Solange das dann auch funktioniert“, zweifelte ich. „Das funktioniert schon“, sagte Samuel.

„Fangen wir an“, meinte er. Sogleich öffnete sich das Menü und wir erstellten meinen Charakter. Vorname: Aileen. Nachname: Lorcen. Alter: Teenager. Ich wandte mich an Samuel und fragte verwundert: „Muss ich noch jemanden dazu erstellen?“ Er sah mich mit einem besserwisserischen Blick an. „Nein, du musst nur dich erstellen, die Brille leitet deine Erinnerungen an das Spiel weiter. Sie erstellen dann die Personen aus deinem Leben als NSC und …“ Ich fiel ihm ins Wort: „NSC? Was ist das denn?“ Er blickte mich verständnislos an, schüttelte den Kopf und sagte dann: „Du lebst wirklich hinterm Mond, was Videospiele angeht, oder? NSC heißt NICHT SPIELER-CHARAKTER. Das sind Charaktere, die vom Spiel kommen, die du nicht spielen oder kontrollieren kannst, mit denen du allerdings interagieren must.“ „Zum Glück ist das gar nicht gruselig“, sagte ich ironisch.

„Dann kann es ja losgehen“, sagte Samuel, nachdem wir fertig waren. „Wir müssen die Brille aufsetzen und auf den roten Knopf drücken.“ „Und wie kommen wir wieder raus?“, fragte ich zögerlich. „Keine Ahnung, ich glaube, man denkt einfach, dass man wieder raus will“, antwortete Samuel. Er setzte die Brille auf, drückte auf den Knopf und war im nächsten Moment verschwunden. Ich blickte verstört auf die Brille, die zurückgeblieben war. Fassungslos starrte ich auf den Bildschirm. Da war unsere Stadt, und da war auch Samuel. Er winkte mir zu. Mir war mulmig, aber ich konnte ihn ja kaum alleine da drinnen lassen. Zögernd hob ich die Brille auf. Als ich auf den Knopf drückte, fühlte es sich so an, als ob Tausende Leute an mir zerrten. Auf einmal war es vorbei und ich stand vor Samuels Haus. Es war überhaupt nicht verpixelt und sah auch nicht animiert aus. Es war so real, als wäre ich gar nicht aus meinem Leben weg. Samuel sah selbst hier im Spiel sehr gut aus. Nachdem wir uns eine Zeit lang in der virtuellen Welt umgesehen hatten, sagte ich: „Okay, ich will zurück.“ Samuel nickte. „Drück einfach auf den Knopf hinter deinem Ohr“, sagte er. Das tat ich, aber es veränderte sich nichts. Samuel sah mich stirnrunzelnd an. Ich versuchte es noch mal, doch wieder nichts. Ich wurde panisch. Auch Samuel probierte es, aber auch er verschwand nicht. „Wir kommen nicht aus dem Spiel raus!“, schrie ich angsterfüllt. „Das ist nicht lustig, Samuel!“

Samuel wurde ganz blass. „Es tut mir leid“, sagte er stockend, „aber ich finde einen Weg, wie wir wieder rauskommen.“ Ich ließ mich auf den Boden sinken und heulte. Samuel hockte sich neben mich und nahm mich in den Arm. Wir waren im Spiel gefangen und kamen hier auch nicht weg! „Ich … ich glaube, ich möchte erst mal zu mir nach Hause“, stotterte ich. Samuel nickte. Ich wohnte in der realen Welt nur zwanzig Minuten von ihm entfernt. Auf einmal stand ich vor unserem Haus – natürlich war es nicht unser Haus, aber es wirkte total echt! Ich trat an die Eingangstür und stockte. Auf dem Klingelschild stand „Familie White“. Aber das konnte nicht sein: Als meine Eltern sich trennten, hatte meine Mum ihren Mädchennamen wieder angenommen. Deswegen sollte da eigentlich „Familie Lorcen“ stehen. Zögerlich klingelte ich. Meine Mutter öffnete. „Hallo, Schatz, was machst du denn schon hier?“, flötete sie. „Aber schön, dass du früher da bist. Da können wir zusammen essen, Papa kommt auch gleich.“ „Dad kommt nach Hause?“, murmelte ich. Meine Mutter musterte mich besorgt. „Ist alles in Ordnung mit dir, Mäuschen?“, fragte sie und streichelte mir sanft über die Wange. „Ich hab nur ein wenig Kopfschmerzen“, sagte ich und lief schnurstracks in mein Zimmer. „Schatz, kommst du essen“, rief meine Mutter nach einer Weile. Als ich im Türrahmen zum Esszimmer stand, stockte mir der Atem. Mein Dad saß am Tisch und lächelte mich an. Mir stiegen die Tränen in die Augen und ich blinzelte sie weg.

Auf einmal generierte das Spiel sich neu, meine Eltern verschwanden – und plötzlich stand da ich selbst, besser gesagt, ein Mädchen, das aussah wie ich. Sie hatte mir den Rücken zugekehrt. Ich musste mir die Hand vor den Mund halten, um nicht laut aufzuschreien. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Jetzt ist es aus!, dachte ich. Doch das Mädchen bemerkte mich nicht. Langsam schlich ich zur Hintertür und stahl mich raus in den Garten. Als ich die Tür sanft hinter mir schloss und mich umdrehte, erschrak ich.

Vor mir stand Samuel – mit einem fiesen Grinsen im Gesicht. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Auf einmal fasste er mit der Hand in meine Haare und zwang mich damit zu Boden. Sein Griff war fest, es tat höllisch weh. Wie sehr ich ihn in diesem Moment verteufelte! Das hier war genauso weit von dem normalen Sims-Spiel entfernt wie der Nordpol vom Südpol! „Du gehörst hier nicht her!“, schrie Samuel wutentbrannt. „Du störst den Code!“ Er holte mit der freien Hand aus. Ich machte mich auf den Schmerz gefasst, doch nichts geschah.  Der Junge löste sich in Einsen und Nullen auf.

Ich blickte entgeistert auf meinen Retter. Vor mir stand der echte Samuel und atmete heftig. Trotzdem krabbelte ich von ihm weg. „Ich tu dir nichts, das eben war ich nicht“, sagte er behutsam. Er zog mich hoch und nahm mich in die Arme. „Ich weiß“, sagte ich leise und ließ meinen Kopf an seine Schulter sinken. „Unsere virtuellen Ichs wollen uns ausschalten“, sagte Samuel. „Ich befürchte, das Spiel kann diese Charaktere immer wieder neu erstellen, weil es unmittelbaren Zugriff auf den Code hat.“ Ich sah ihn mit aufgerissenen Augen an. „Wenn ich mich in den Code hacken kann, dann könnte ich nicht nur die NSC beseitigen, sondern uns vielleicht auch aus dem Spiel rausholen.“ Er schaute mich aufmunternd an. Ich nickte nachdenklich.

Wir liefen zu Samuel nach Hause, seinem Zuhause im Spiel. Samuel setzte sich an den Rechner und tippte. „Ich bin wieder relativ zuversichtlich“, sagte er nach einer Weile. „Ich hab unsere bösen Doppelgänger erst mal lahmgelegt.“ Er fuhr sich über die Stirn. „Aber während ich versucht hab, das System zu hacken, hat es sich verändert, damit ich nicht reinkomme. Egal was ich gemacht habe, das System war kurze Zeit später dagegen immun.“ Das gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Weil ich nichts sagte, fügte Samuel hinzu: „Das bedeutet, dass das Programm eine KI ist, eine Künstliche Intelligenz. Wer auch immer dieses Spiel entwickelt hat, muss unglaublich schlau sein. So eine ausgereifte KI zu entwickeln dauert garantiert Jahre.“

Ich starrte ihn ungläubig an und war den Tränen nahe. „Es bedeutet, dass es sein kann, dass das Spielsystem die NSC wieder neu programmiert“, erklärte Samuel weiter. „Und danach sind sie garantiert nicht mehr so freundlich wie zuvor.“ Freundlich?, dachte ich. „Könnte es nicht doch eine Lücke im System geben, so eine Art Notausgang?“, fragte ich. „Und wo soll der sein?“, fragte Samuel zurück. Dann schaltete sich der Computer mit einem großen Knall ab.

Wir hockten noch eine ganze Weile stumm da. „Weinst du?“, fragte Samuel und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich schüttelte den Kopf und wischte mir die Tränen aus den Augen.

„Mit was könnte man sich hier rausbeamen?“, fragte ich, mehr mich selbst als Samuel. Ich bekam trotzdem eine Antwort, und sie brachte mich aus dem Konzept. „Kennst du den Film E.T., der Außerirdische?“ „Ja klar“, sagte ich. Samuel deutete auf das Telefon. „Nach Hause telefonieren“, sagte er. „Meinst du, das klappt?“, fragte ich skeptisch. „Wäre das nicht zu offensichtlich?“ Er zuckte mit den Schultern und nahm den Hörer ab. „Die Leitung ist tot“, stellte er enttäuscht fest. „Wir sind auch nicht in der echten Welt, die brauchen hier keine Telefone“, stellte ich fest.

Plötzlich hörten wir, wie unten die Eingangstür geöffnet wurde. „Shit“, flüsterte ich, „das war´s wohl, da kommen die NSC.“ Ich hielt den Atem an. Schritte tappten durch den Flur. Da fiel mein Blick auf Samuels Bücherregal. Ich kannte alle seine Bücher in- und auswendig. Aber da stand eines, das ich noch nie gesehen hatte. Ich zog es heraus. Auf dem Buchdeckel stand „Anleitung“ und darunter war das Sims-Logo abgebildet.

„Samuel, schau mal!“, flüsterte ich. Die Schritte waren jetzt auf der Treppe zu hören. Samuel hatte einen Stuhl unter die Türklinke geklemmt. „Was ist? Hast du was gefunden?“, fragte er. Als Antwort hielt ich ihm das Buch entgegen. Er nahm es in die Hand und öffnete es. Es war faszinierend, die Buchstaben im Buch verschwammen und wurden zu Zahlen. „Der Code“, sagte ich gedämpft. „Was?“, fragte Samuel. „Na siehst du das nicht? Das ist der Code des Spiels, der Lebenssaft des Systems sozusagen!“ Ich nahm ihm das Buch wieder ab. „Du klingst wie unser Informatiklehrer“, bemerkte Samuel. Ich ignorierte ihn. Jemand rüttelte heftig an der Türklinke.

„Wir müssen das Buch zerstören“, sagte ich hastig. „Was hast du gesagt?“, fragte Samuel mit ungläubigem Blick. „Und wie kommen wir dann wieder zurück?“ Draußen hämmerte es jetzt wild gegen die Tür. Ich blickte Samuel fest in die Augen. „Hör zu, wenn wir es nicht zerstören, kriegen es vielleicht noch andere in die Hände, und mit denen passiert dann das Gleiche.“ Samuel setzte an zu reden, brach dann aber ab. „Wir zerstören nur so viel, dass wir noch rauskönnen“, sagte ich. „Also alles bis auf die letzte Seite. Das ist das Ende unserer Geschichte.“ Der Stuhl vor der Tür fiel polternd um.

Auf einmal griff Samuel nach meiner Hand und steckte sie ins Buch. Wir wurden hineingesogen in einen Strudel aus Einsen und Nullen und landeten hart auf dem Fußboden – in Samuels Zimmer, in der wirklichen Welt.

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„Musik zur Christnacht“

Unter dem Motto „Musik zur Christnacht“ erklingen am Heiligabend (24. Dezember) im Ratzeburger Dom Werke von Johann Sebastian Bach, Alexandre Guilmant und César Franck. Gespielt werden sie von Domorganist Christian Skobowsky. Das Konzert beginnt um 23 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Bei den Kompositionen handelt es sich um Pastoralen, die die Situation der Hirten auf dem Felde bei Bethlehem einfangen. Die Pastorale oder Pastorella ist eine Gattung der Instrumentalmusik – vor allem im Barock. Die aufbrechende Weihnachtsfreude zeigt sich zudem verhalten in einer neoklassischen Vertonung Olivier Messiaens („Die Jungfrau und das Kind“), einem elsässischen Weihnachtlied und Johann Sebastian Bachs Melodie „Ich steh an deiner Krippen hier“.

Christian Skobowsky musiziert die überwiegend romantischen Werke auf der Großen Domorgel, Bachs Musik auf der barock disponierten Chororgel.

„Musik zur Christnacht“, 24. Dezember, Dom, Domhof 35, Ratzeburg, 23 Uhr, freier Eintritt

Quelle: Wikipedia

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Nördlich der A24

Der Traum vom Weihnachtsmann

Ich weiß, dass das nicht gerade nett ist. So kurz vor Heiligabend. Aber das muss jetzt einfach mal raus: Dieser unrasierte Kerl mit seinem speckigen roten Mantel! Dieser aufgeblasene Fettwanst! Dieser Rentierschinder! Diese Erfindung eines amerikanischen Getränkeherstellers!

Und jetzt kommt mir bitte nicht mit der Mär, dass er doch nur Geschenke verteilen will. Um den Menschen eine Freude zu machen – dass ich nicht lache! Genauso gut könnte man behaupten, dass Löwen Kuscheltiere sind und Antilopen nur zum Spaß fressen.

Die „Geschenke“ der fetttriefenden Speckbulette sind genau das Problem. Damit verdreht er den Leuten seit einer gefühlten Ewigkeit den Kopf. Alle Jahre wieder wird ihnen gegeben. Kein Wunder, dass der eine oder andere Erdenbewohner mittlerweile meint, dass er 365 Tage im Jahr rund um die Uhr Anspruch auf ein „All-Inklusive-Paket“ hat. Von wegen Geiz ist geil. Das wahre Motto lautet: Alle denken an sich, nur ich denk‘ an mich!

Ins Englische übersetzt heißt das: Make Amerika great again! Was es auf brasilianisch, türkisch, ungarisch oder polnisch heißt, fällt mir gerade nicht ein. Tatsache ist aber, dass immer mehr Erdenbewohner von Weihnachtsmännern regiert werden wollen. Und das Schlimme ist – das muss ich leider zugeben – die liefern: Zölle, Steuergeschenke, Propaganda, Fremdenfeindlichkeit, Fracking, Waffen, Zäune. Sicherlich – das eine oder andere Geschenk liegt den Beschenkten schon mal quer im Magen. Etwa dass man in Ungarn per Gesetz pro Jahr mindestens 400 (!) Überstunden machen darf*.

Geschenkt! – Werden Freunde und Follower sagen. Ein Weihnachtsmann meint es schließlich immer gut. Und da wo jemand frech wird, holt er einfach die Rute raus. Jawoll! Also, jetzt mal nicht unken oder gar defätistisch werden. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Sogar bei uns in Deutschland, wo es dieses Jahr zum Fest ein dickes, fettes Klimapaket gibt. Darüber sind (fast) alle froh. So lange es der Nachbar ist, der seinen SUV in der Garage stehen lässt.

Und wehe es kommt anders! Dann sind wir Deutschen verschnupft und wählen uns einfach unseren eigenen Weihnachtsmann!

Helge Berlinke

*Das Gesetz wurde im Dezember 2018 vom ungarischen Parlament beschlossen. Es erlaubt Arbeitgebern zudem, sich mit der Bezahlung der Überstunden drei Jahre Zeit zu lassen. Offizieller Urheber des Gesetzes ist die Regierungspartei Fidesz, deren Vorsitzender Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ist.

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Frohe Weihnachten!

Was macht Weihnachten froh? Doch nicht der passende Rahmen, das traditionelle Grün Rot Gold oder die Glamour Glitzer Deko mancher Freaks? Hübsch, gemütlich, stilvoll, spektakulär, liebvertraut kann das alles sein. Das Prädikat „erhebend“ wäre mir schon zuviel.

Manche sind schon froh, wenn sie familiär einigermaßen friedliche Weihnachten erwarten dürfen. Nach dem Motto: „Hoffentlich kommen wir einigermaßen heil durch.“ Aber heilfroh ist nicht erlöst froh, es ist nur ein „Glück gehabt“, wieder einmal davongekommen.

An erster Stelle kommt die Botschaft: Euch ist ein Kind geboren.

Wer dieser Botschaft Hoffnung entnimmt, wird froh.

Mit einem Kind fängt etwas Neues an. Zumal mit diesem Kind Jesus.

In ihm wurde Gott geboren, was ja eigentlich unmöglich ist. Denn Mensch ist Mensch und Gott ist Gott. Und der Abstand unendlich.

Aber die Botschaft behauptet Gottes Anwesenheit in Menschengestalt in Jesus Christus. Man kann es deuten als Gottes bedingungsloses Ja zum Menschen.

Gott sagt eindeutig „Ja“ zum Menschen, indem er selbst Mensch wird (aber auch Gott bleibt; nun ja, des Streitens wird kein Ende sein natürlich, weil dieses ein Glaubenssatz ist).

Vielleicht sage ich es anders: „Gott ist ganz und gar hier.“

Allerdings wie ein Baby, bedürftig, angewiesen, ausgeliefert. Gott braucht unsere Sorge, unser Behüten und Pflegen. Er ist uns in den Schoß gelegt.

Wissen Sie, wie ein Baby Eltern und Großeltern motiviert, dass sie es umsorgen?

Allein dadurch, dass seine Hilflosigkeit offensichtlich ist. Und dadurch, dass die Bezugspersonen wissen, sie helfen zum Leben, zum Wachsen, zur Entwicklung.

Mit dem Anfang haben alle schon das Künftige vor Augen, den entwickelten eigenständigen Menschen. Bei der Geburt ist schon alles in Erwartung mit dabei. Aber nicht festgelegt, sondern offen.

Euch ist ein Kind geboren, das bedeutet Erfüllung und Hoffnung, Aufgabe und Arbeit. Wenn Gott unser Kind ist, lieben wir es dann ganz besonders, oder bleibt es uns fremd? Wollen wir Eltern sein, die keine Mühen scheuen, die ganz vernarrt sind in ihr Kleines, die seine Zukunft schon erträumen voller Vorfreude?

Helft Gott, groß zu werden (da fällt sicher jedem etwas ein).

Ein wenig enttäuscht sind vielleicht alle, die zu Weihnachten nur selbst das Kind sein möchten („Es muss alles so sein wie damals, als ich Kind war. Ganz genauso. Sonst habt ihr mich nicht lieb.“). Nehmt das doch nicht so wichtig. Gott ist geboren.

Dieses Baby heißt Freude, Friede, Leben, Liebe. Helft ihm zum Wachsen.

Wenn klar ist, dass die Weihnachtsdeko, geschmackvoll oder eigenwillig, Kinderzimmerausstattung ist, na dann. Im Übrigen: Frohe Weihnachten!

Pastorin Kerstin Engel-Runge

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Nördlich der A24

Wir haben es uns schon mal gemütlich gemacht!

Ab heute regiert im Möllner Stadthauptmannshof die Stille. Die Stiftung Herzogtum Lauenburg riegelt am 23. Dezember die Türen zu und macht einfach mal blau. Bis zum 1. Januar gönnen wir uns eine Schaffenspause.

Vorab wünschen wir schon mal einmal ein frohes Weihnachtfest.  Wir hoffen, Sie sehen es uns nach, dass wir es uns kurz vor Heiligabend schon mal auf dem Sofa gemütlich gemacht haben. Nach Neujahr sind wir dann wieder mit voller Kraft und Motivation für Sie da. Versprochen!

Bis dahin: Machen Sie es gut und genießen Sie die Festtage!

Ihr Team von der Stiftung Herzogtum Lauenburg

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„Weihnachten ist die Motivation bei den Chören höher“

Weihnachten naht und für Markus Götze damit die Zeit des Feinschliffs. Seit 2003 ist er Kantor der Kirchengemeinde Schwarzenbek. Am 22. Dezember dirigiert er in der St. Franziskus-Kirche Johann Sebastian Bachs berühmtes Weihnachtsoratorium. Eine Aufführung mit Solisten, mehreren Chören und Orchester. Im Gespräch mit Kulturportal-Herzogtum.de spricht er über Weihnachten, Weihnachtsmusik und seinen Weg zum Kirchenmusiker.

Kulturportal-Herzogtum.de: Herr Götze, wie klingt Weihnachten?

Markus Götze: Weihnachten klingt nach „O du fröhliche“ und Advent nach „Tochter Zion“. Beides sind sehr schwungvolle und festliche Stücke. Bei „O du fröhliche“ wartet das Publikum immer darauf, dass der Zimbelstern in der dritten Strophe zum Einsatz kommt. Wenn das nicht der Fall ist, werde ich darauf hingewiesen, dass dies beim nächsten Mal doch bitte wieder so sein möge.

KP: Wie viel haben diese Klänge mit dem Menschen Markus Götze zu tun?

Götze: Die Frage habe ich mir so noch gar nicht gestellt. Ich verbinde mit dieser Musik eine volle Kirche. Die Musik hat insofern mit mir selbst zu tun, dass ich es als etwas ganz Besonderes empfand, als ich mit 18 als Organist anfing, mit so vielen Leuten, die ich nicht einmal kannte, Musik zu machen. Ich erinnere mich auch, dass ich mit einem Trompeter zu Andachten in Altenheimen gefahren bin und Musik gemacht habe. Das fand ich reizvoll, winterliche Landschaften und Orte aufzusuchen. Das gab es nur zu Weihnachten.

KP: Sind Sie deshalb Organist geworden?

Götze: Nein. Organist wollte ich werden, nachdem ich mich das erste Mal an die Orgel gesetzt hatte. Das war der Auslöser für mich, Kirchenmusik zu studieren. Da war ich 17. Ich fand die Orgel noch faszinierender als das Klavier.

KP: Kommen wir zurück zur Weihnachtsmusik. Mein persönlicher Kindheitssound ist eine James Last-Platte mit all den Klassikern wie „Jingle Bells“, „Fröhliche Weihnacht“ oder „Stille Nacht“, die die Eltern zur Adventszeit und Heiligabend immer spielten. Wie sind Ihre Kindheitserinnerungen?

Götze: Bei uns zu Hause war es zu Weihnachten schön geschmückt, sowohl mit dem Adventskranz als auch mit Fensterschmuck. Gesungen haben wir zu Hause aber weniger. Das Interesse an den kirchlichen Weihnachtsliedern kam bei mir erst mit 17, als ich im Chor gesungen habe. Ich erinnere mich aber auch gerne an meine Grundschulzeit, in der im Advent morgens in der einen oder anderen Stunde bei Kerzenschein weihnachtliche Geschichten vorgelesen wurden.

KP: Mögen Sie die Weihnachtslieder überhaupt noch – oder haben Sie sich daran überhört? Für die Adventszeit sind das ja regelrechte Evergreens, die in jedem Supermarkt aus schlechten Lautsprechern scheppern.

Götze: Nein, das liegt daran, dass ich das ganze Jahr über andere Lieder spiele. Weihnachtslieder sind für mich nicht wichtiger als andere Kirchenlieder. Toll ist, dass die Motivation bei den Chören noch höher ist als sonst.

KP: Womit wir bei Ihrem Weihnachtsprogramm wären. Am 15. Dezember geben Sie mit den Kirchturmspatzen, dem Jugendchor und dem Posaunenchor der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schwarzenbek ein Adventskonzert. Worauf darf sich das Publikum freuen?

Götze: Der Jugendchor geht gerne auch mal in eine andere Richtung. Viele der jungen Leute haben Lieblingslieder aus dem englischsprachigen Bereich. Eigens dafür habe ich ein Liederbuch angeschafft, in dem englische und deutsche Lieder, auch weihnachtliche, gesammelt sind. Lieblingstitel sind momentan „Shout to the Lord“, „May the Lord send Angels“ und „Amazing Grace“.Ich gehe aber immer wieder in den klassischen Bereich, um die jungen Leute auch mit dieser Musik vertraut zu machen. Hinzu kommt, dass die meisten Konzertbesucher die klassischen Advents- und Weihnachtslieder besser kennen. Sie werden von uns ja auch zum Mitsingen eingeladen. Der Posaunenchor wird für den kräftigen Klang sorgen.

KP: Ein Klassiker ist auch Bachs Weihnachtsoratorium, was am 22. Dezember unter ihrer Leitung zu hören ist. Warum ist diese Komposition so beliebt?

Götze: Es ist einfach ein tolles Stück und lässt sich gut singen. Außerdem verbinden vieledas Stück mit Weihnachten. Für die ist Weihnachten ohne Oratorium kein Weihnachten. Ein Nebeneffekt ist: Kinder und Jugendliche sind beim Oratorium leichter zu motivieren, mitzumachen. Das klappt besser als bei jedem anderen Stück.

KP: Sie sagen, dass sich das Oratorium gut singen lässt. In meinen Ohren klingt es durchaus anspruchsvoll…

Götze: Die Choräle sind tatsächlich gut singbar. Es gibt aber einige anspruchsvolle Chöre. Der Ehre-Chor zum Beispiel ist schwer – wohl das schwerste Stück des Oratoriums und immer wieder eine Herausforderung für jeden Chor.

KP: Sie sind aber, was die Aufführung am 22. Dezember anbelangt, guter Dinge – oder?

Götze: Auf jeden Fall. Nach 2004, 2008 und 2014 ist es das vierte Mal, dass wir es aufführen. Viele kennen das Oratorium schon, die Neuen schwimmen einfach mit. Das macht es einfacher. Es wird in diesem Jahr auch eine Gruppe aus meinem Kinderchor und aus meinem Jugendchor im Sopran der Kantorei mitsingen. Grundsätzlich besteht die Kunst darin, zu fordern und nicht zu überfordern. Aber der Chor ist allgemein ziemlich firm geworden. Natürlich gibt es mal Stücke, wo es schwer wird und man sich fragt: Wie wollen wir das schaffen? 2015, als wir das Brahms-Requiem gemacht haben, war es beispielsweise so. Aber die Motivation unter den Sängern ist sehr groß. Deshalb hat es am Ende doch geklappt.

KP: Wie viel Zeit müssen die Sänger für eine Aufführung wie das Oratorium investieren?

Götze: Wir proben regelmäßig zwei Stunden die Woche. Dann gibt es noch eine Probefreizeit. Da singen wir von Freitag bis Sonntagmittag. Das bringt immer sehr viel.

KP: Herr Götze, ich danken Ihnen für das Gespräch.

https://kulturportal-herzogtum.de/2019/12/09/bachs-weihnachtsoratorium-in-st-franziskus-kirche-schwarzenbek/
https://kulturportal-herzogtum.de/2019/12/09/lauenburg-singt-soeren-schroeders-chor-fuer-alle/